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„Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung onkologischer PatientInnen“ jetzt verfügbar

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Für die Behandlung und Beratung von Krebspatienten in puncto „Alternativmedizin“ steht erstmals eine Medizinische Leitlinie zur Verfügung.

Die S3-Leitlinie

Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patient*innen

formuliert 155 Empfehlungen und Statements zu den vier Themenblöcken

  • Medizinische Systeme (zum Beispiel Akupunktur, Homöopathie)
  • Mind-Body-Verfahren (zum Beispiel Meditation, Yoga)
  • Manipulative Körpertherapien (zum Beispiel Reiki, Therapeutic Touch)
  • Biologische Therapien (zum Beispiel Vitamine, Phytotherapeutika)

Damit soll für alle in der Onkologie Tätigen (Ärztinnen, Pflegekräfte, Psychologinnen und andere Berufsgruppen) ein präzises Nachschlagewerk geschaffen werden, das es ermöglicht, Fragen von Krebsbetroffenen evidenzbasiert zu beantworten und ggf. aktiv Empfehlungen auszusprechen bzw. von konkreten Maßnahmen und Verfahren abzuraten,

heißt es in einer Pressemitteilung.

Erarbeitet wurde die 630-seitige Zusammenfassung vom „Leitlinienprogramm Onkologie“ unter Federführung der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie:

Die umfangreiche Dokumentation in dieser Leitlinie zeigt, dass für die meisten Methoden der komplementären Medizin nur wenig wissenschaftliche Daten vorliegen. Hinzu kommt, dass viele Studien eine kleine Proband*innenzahl aufweisen oder eine adäquate Vergleichsgruppe fehlt. Solche Studien sind methodisch kritisch zu betrachten und die Interpretation der Ergebnisse ist damit eingeschränkt.

Während einige Studien zeigen, dass sich die Anwendung komplementärmedizinischer Methoden günstig auf bestimmte Nebenwirkungen der onkologischen Therapie oder auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirken kann, gibt es nur in wenigen Studien systematisch erfasste Daten zu potenziellen Schäden in Form von Nebenwirkungen und Interaktionen komplementärer oder alternativer Methoden.

Kurz- und Langversion der Leitlinie Komplementärmedizin finden sich hier.

Zum Weiterlesen:

  • Grams‘ Sprechstunde: Erfahrungen in der Krebsbehandlung, detektor.fm am 22. Juli 2021
  • Grams‘ Sprechstunde: „Keine Alternative bei Krebs“ vom 18. März 2021
  • Chemophobie, Aprikosenkerne und andere Krebsmythen, GWUP-Blog am 3. Februar 2019
  • Verschwörungsmythen rund um Krebs im „Skeptiker“, GWUP-Blog am 20. März 2019
  • Scharlatane haben praktisch Narrenfreiheit: Interview mit Jutta Hübner in der „Welt“, GWUP-Blog am 1. Juli 2020
  • Alternative Medizin: Keine Alternative bei Krebs, Dtsch Arztebl 2020; 117(10): A-498 / B-427
  • „Der Einsatz homöopathischer Mittel in der Onkologie verbietet sich“, GWUP-Blog am 1. Oktober 2019
  • Homöopathie, Ganzheitlichkeit und die sprechende Medizin, GWUP-Blog am 20. April 2013
  • Homöopathie bei Krebs: „Die Evidenz besteht nur in der Überzeugung des Autors“, GWUP-Blog am 27. September 2018
  • Krebs: “Alternativmedizin tötet”, GWUP-Blog am 15. August 2017
  • Mistel und Ginko in der Krebstherapie? GWUP-Blog am 13. Mai 2011

3 Kommentare

  1. Normalerweise schaue ich regelmäßig in den Leitlinienportalen nach, ob es etwas neues gibt – diesmal muß ich das, der Verlinkung hier sei Dank, nicht tun – die LL kann ich direkt bei meiner Arbeit verwenden :-).

  2. Homöopathie in der S3-Leitlinie zur Komplementärmedizin in der Onkologie – ein Erfolg?

    https://netzwerk-homoeopathie.info/homoeopathie-in-der-leitlinie-komplementaermedizin/

  3. Nach erstem Überfliegen bin ich auch nicht mehr so überzeugt von der Leitlinie: Daß bei fast allen Themen wenig Evidenz vorhanden ist, kann den Autoren nicht zum Vorwurf gemacht werden.

    Daß aber mit zweierlei Maß gemessen wird, schon – ich zitiere aus S. 55 des LL-Reports:

    „Zwischen den Kapiteln, die sich mit substanzgebundenen Methoden wie Vitaminen, Spurenelementen und anderen Nahrungsergänzungsmitteln oder Phytotherapeutika beschäftigen, gab es basierend auf den Vorschlägen der Arbeitsgruppen in den Konsenskonferenzen durch die Experten zwei grundsätzlich unterschiedliche Haltungen und damit Entscheidungen im Empfehlungsgrad.

    In der Arbeitsgruppe A („Medizinische Systeme“) wurde zu Methoden wie Akupunktur und Akupressur, die in kontrollierten Studien im Vergleich zu Placebo oder Standard Care nicht besser abschnitten oft ein Empfehlungsgrad 0 (kann) konsentiert. Bei den Substanzgebundenen Verfahren (Arbeitsgruppen D und E: „Biologische Therapien I und II“) und den Themen der Arbeitsgruppe C (Manipulative Körpertherapien wurde bei fehlendem Nachweis einer Verbesserung des Endpunktes ein Empfehlungsgrad B „Sollte nicht“ ausgesprochen oder auf die Formulierung einer Empfehlung verzichtet (Statement).“

    Unabhängig davon, daß die Leitlinie relativ viele Orthographiefehler hat, ist vollkommen unklar, worauf die vollkommen unterschiedlichen Herangehensweisen beruhen. Wissenschaftlich begründet aber ist es nicht. An Frau Prof. Hübner wird es kaum gelegen haben.

    Fakt ist jedoch, daß die Vorgehensweise der Arbeitsgruppe A massiv auch vom Prozedere in anderen Leitlinien abweicht. Im Sinne des Verbraucherschutzes (denn immerhin sind Anthroposophische Medizin und Homöopathie oftmals Selbstzahlerleistungen) ist ein „Hilft nichts, kann aber auch nicht schaden!“ ein wenig hilfreich, verwirrend und u.U. der Adhärenz bezüglich der konventionellen onkologischen Therapie gegenüber kontraproduktiv.

    Allerdings stellt sich bei näherer Betrachtung heraus, daß Frau Prof. Claudia Witt die Co-Vorsitzende der AG A ist. Nachtigall, ick hör‘ Dir trapsen …

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