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Sind Corona-Teststäbchen und Masken mit gefährlichen „Morgellons“ kontaminiert?

| 30 Kommentare

Faszinierend, was „Querdenker“ und Verschwörungsgläubige noch alles auffahren, um Corona-Tests und Masken zu diskreditieren.

Der neueste Hype: Morgellons oder „Morgellonen“.

Eine Sammlung solcher Postings gibt’s bei Professor Schwurbelstein.

Mit dem Thema selbst haben wir uns schon 2011 und 2015 beschäftigt:

Betroffene […] berichten, dass ihnen bunte Fasern aus der Haut wachsen und quälende Symptome wie Juckreiz, Läsionen und Ausschläge verursachen. Manche Patienten vermuten, bei den Fusseln handele es sich um Abfallprodukte mysteriöser Lebewesen, die sich unter der Haut eingenistet haben [oder auch um die „Lebewesen“ selbst].

Zahllose Verschwörungsseiten im Internet bringen die angebliche „Faserkrankheit“ mit „Geo-Engineering“, „Chemtrails“ oder „künstlichen Nanopartikeln“ in Verbindung.

Tatsächlich handelt es sich bei der „Morgellonen-Krankheit“ wohl um eine Variante des sogenannten Dermatozoenwahns, bei der Betroffene (schätzungsweise 166 000 in Deutschland) fest davon überzeugt sind, von Erregern, Parasiten oder anderen kleinen Lebewesen befallen zu sein.

  • Was hat das jetzt mit Corona zu tun?

In den letzten Tagen haben einige Videos auf WhatsApp, Telegram und Co., in denen frisch verpackte Corona-Teststäbchen unter einem Mikroskop untersucht werden, für eine ganze Menge Aufsehen gesorgt.

Darin scheinen nämlich kleine, schwarze Streifen entdeckt zu werden. Angeblich soll es sich hierbei um sogenannte Morgellons handeln, kleine Würmchen, oder besser gesagt Parasiten, die von der Regierung auf den Stäbchen der Schnelltests platziert worden sind, um sie der Bevölkerung in die Nase zu führen.

Um ihren Standpunkt zu verdeutlichen, hauchen einige der Leute in den Videos noch einmal auf das Stäbchen, wodurch sich der kleine „Wurm“ zu bewegen beginnt.

Tatsächlich zeigt dieses Youtube-Video anschaulich, wie leicht man mit einem ausgezupften Faden vom eigenen Pullover solche Filmchen faken kann.

Und selbst wenn Morgellon-Gläubige völlig aufrichtig Teststäbchen oder Masken mikroskopieren, finden sie dort alles Mögliche – nur keine „Morgellons“.

Gehen wir der Reihe nach:

  • Wer sucht nach „Morgellons“?

Die Personen, die aktuell „Morgellon“-Videos verbreiten, sind zum einen weder erfahrene Mikroskopiker noch arbeiten sie in einem Reinraum:

Zum anderen lassen sie sich von ihren Erwartungen täuschen:

In vielen Videos und Fotos [sehen wir] exakt ein Vorgehen, wie es nicht sein sollte: Menschen entdecken Fädchen auf einem Wattestäbchen und sehen damit ihre Erwartung erfüllt: Da befindet sich etwas, was nicht sein sollte, unter Umständen bewegt es sich sogar auch. Ganz klar, das muss ein Lebewesen sein, vielleicht sogar ein „Morgellon“ – Beweis erbracht, dass man uns mit Wattestäbchen töten will!

  • Was sehen diese Leute unterm Mikroskop?

Schon bei früheren Untersuchungen haben sie „Morgellons“ stets als Kleidungsfasern, Hautschuppen, Dreck oder Pflanzen- und Insektenteile herausgestellt.

So auch hier:

Ein sehr verbreitetes Video zeigt, wie eine Frau ein Teststäbchen von einem COVID-19 Test mit einer Pinzette auseinander zupft. Sie erkennt, dass das Wattestäbchen nicht komplett aus Watte besteht, sondern sich silberne Fädchen darin befinden, die sich scheinbar bewegen und sogar gegeneinander zu kämpfen scheinen.

Die Teststäbchen stammen, wie man am Anfang des Videos auch gezeigt bekommt, aus einem FLOQSwab-Testkit. Schauen wir nun mal in die Anleitung dieses Tests, erfahren wir, dass die Stäbchen nicht nur aus Baumwolle, sondern auch aus Polyester und Viskose (Fasern, die aus den Zellstoffen aus Buche, Eukalyptus oder Fichte hergestellt werden) bestehen. Beide Materialien glänzen silbrig.

  • Warum bewegen sich die „Morgellons“?

Als häufigsten Grund (neben kleinsten Luftzügen) nennt Mimikama elektrostatische Ladung:

Exakt so verhalten sich Fussel und Fädchen: Sie verformen sich bei Wärme und bewegen sich bei kleinsten Luftzügen. Lebendig sind sie deshalb allerdings nicht […]

Gerade Polyester ist eigentlich recht bekannt dafür, sich elektrostatisch aufzuladen. Die Fäden kämpfen nicht etwa, sondern ziehen sich durch die elektrostatische Ladung gegenseitig an.

Update vom 29. März

  • Woher stammen diese Fusseln oder Fasern?

Masken und Teststäbchen werden nicht in steriler Umgebung hergestellt.

Wenn die Teststäbchen ausgepackt werden, lösen sich einzelne Faser von dem Tupfer. Darunter kann dann auch mal eine schwarze oder blaue Faser sein, die sich von den weißen abhebt und deswegen aussieht wie ein „Wurm“ o.ä. Sie kann zum Beispiel von der Arbeitskleidung des Personals in der Produktion stammen.

Erst nach der Herstellung wird das Stäbchen sterilisiert, etwa mit dem Gas Ethylenoxid oder durch Bestrahlung. Dabei werden aber keine ungewollten Textilfasern beseitigt, siehe auch: „Schwarze Fäden an Abstrichstäbchen für Corona-Tests sind Stofffasern – keine Parasiten“ (Correctiv) und „Warum es keine Morgellons auf Teststäbchen gibt“ (Pharmazeutische Zeitung).

Zum Weiterlesen:

  • Die Fussel und Fädchen auf den Wattestäbchen, mimikama am 27. März 2021
  • Morgellons – das neue Spielzeug der Querdenker, clausnehring.com am 25. März 2021
  • Hoaxilla #273: „Morgellons“ vom 31. März 2021
  • #Faktenfuchs: Keine Parasiten auf Schnelltest-Stäbchen, BR24 am 31. März 2021

30 Kommentare

  1. Die Dinger bewegen sich aber auch in einem verschlossenen Testkit. Das ist schon seltsam. Allerdings sollte man mal so ein Ding vom Stäbchen abmachen und direkt unter ein Mikroskop legen. Dann klärt sich bestimmt die Sache für alle 100%ig auf. Nur so ein Video gibts noch leider nicht.

  2. Gegen Morgellonen hilft vermutlich nur Beten: https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/vorgang/d18-3535.pdf, die Volksverpetzer haben es aufgespießt.

  3. @Michael Nahrwood:

    Zeigen Sie uns bitte mal so ein Video, in dem ein „verschlossenes Testkit“ mikroskopiert wird.

    Allerdings sollte man mal so ein Ding vom Stäbchen abmachen und direkt unter ein Mikroskop legen. Nur so ein Video gibts noch leider nicht.

    Genau solche Videos gibt es unzählige. Hier (offenbar eines der meistverbreiteten) sieht man z.B. deutlich, dass durch die Folie zwar ein Faden zu sehen ist (wenn es kein Fake ist), aber keine Bewegung – erst nach dem Auspacken:

    https://www.youtube.com/watch?v=7e9Lt6IkuSA

  4. Mark Benecke hat sich der Sache auch in einem Video angenommen:

    https://www.youtube.com/watch?v=-00ggi_QJxA

    Sehr nachvollziehbar und kann man gut als Antwort auf ein Morgellonen-Behauptungsfilmchen verwenden. Seine (in den Videos) einfache Sprache findet sicher häufiger einen Zugang.

  5. @Sebastian Taege:

    Für „Gläubige“ ist etwas limitierend, dass das seine alten Untersuchungen sind – er hätte wenigstens mal ein Corona-Teststäbchen zeigen können, auch wenn das Prinzip natürlich immer und überall dasselbe ist, egal was man unters Mikroskop legt.

  6. Leider nur ein Satire-Account, nicht der original Rossmann-Kundendienst:

    https://twitter.com/stratmannk/status/1375881221557911552

  7. @Bernd/Sebastian:

    Vielleicht besser:

    „Großes Lob an Jona, er hat meinen Aufruf von gestern, „Mogellonen“ einfach mal zu untersuchen, super umgesetzt“:

    https://www.facebook.com/markbenecke/posts/3919436534743685

  8. Nur nebenbei: Weiß man eigentlich, was aus dem Entdecker der Morgellonen, Kurt Morgel, geworden ist? Lebt er noch? Gerüchten zufolge soll er ja von Außerirdischen entführt und mit 5G-Strahlen gefoltert worden sein.

  9. Und, die Morgelonen gibts nur in schwarz? Und wenn die nun weiß sind? Dann sind die Wattestäbchen völlig durchseucht? Wer kann das testen?
    Ich stelle nur Fragen.
    :-)

  10. @ Schrauber2:

    Albino-Morgellonen gibt es nur selten. In der Regel sind sie schwarz mit schwarzen Streifen. Querstreifen bei den Männchen, Längsstreifen bei den Weibchen.

  11. Och menno! Ich wollte mich doch mit meinem Morgellonen Zirkus selbstständig machen. Das kann ich wohl vergessen, wenn Sie hier alles verraten. Nicht fair!

  12. und alle ein paar Jahre wieder…. Morgellons! *gg

    Dabei habe ich diese „Fadenwürmer“ aus der Requisitenkiste der Schwurbler schon längst vergessen.

  13. Humunkuli – dazu gab es lange nichts mehr. Das wäre doch mal erfrischend. Morgellons habe ich jeden Tag in meinem Bauchnabelfussel. Langweilig.

  14. Die Morgellonen sollten endlich mal einen Eintrag im Psychrembel bekommen, ähnlich der Steinlaus:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Steinlaus

    Man weiß ja kaum was über diese Spezies. Wie pflanzen sie sich fort, wie lange leben sie? Wie springen sie von einem Aluhut zum nächsten über und warum befallen sie nur Aluhüte? Sind sie geschlechtlich binär oder divers? Müssten sie auf die Rote Liste?

    Haben Sie natürliche Feinde wie die Steinlaus? Sind Chemtrails ein Versuch, sie zu bekämpfen? Oder wäre ein homöopathischer Lockdown hilfreich? Was sagt Herr Lauterbach dazu? Was Bhakdi? „Fehlalarm Morgellonen“?

  15. Danke, das Nachschlagewerk Pschyrembel kannte ich noch nicht.
    Die Steinlaus war als wissenschaftlicher Witz wohl nicht so erfolgreich wie das Glutamat. Liegt es daran, das Loriot wohl hauptsächlich im deutschen Sprachraum bekannt ist?

    Der Morgellonen Pulli ist aber auch eine gute humoristische Arbeit.

  16. Angst vor Fusseln: Nein Schnelltests enthalten kein Würmer der Regierung (Morgellons-Wahn)

    https://www.volksverpetzer.de/corona-faktencheck/panik-wuermer-fusseln-schnelltests/

  17. Da sagen die „Querdenker“ immer, die Regierung würde Angstmache betreiben, dabei sind die es die sogar Angst vor Fusel verbreiten wollen.

  18. Der Herr xxx ist ja ganz schön schlau und (vor) witzig! Vielleicht kann er uns auch erklären, wie Textilfasern und andere Fussel auf steril verpackte sowie unter strengsten hygienischen Bedingungen hergestellte (wovon man ausgehen sollte) Teststäbchen gelangen!

  19. @Alex Harvey:

    Können Sie auch eine Frage formulieren, ohne dabei andere persönlich anzugreifen?

    „Steril“ bedeutet „keimfrei“ – nicht „faserfrei“.

    Wenn Sie so ein Stäbchen auspacken, lösen sich einzelne Faser von dem Tupfer. Darunter kann dann auch mal eine schwarze oder blaue Faser sein, die unter den weißen hervorsticht und deswegen aussieht wie ein „Wurm“ oä. Die kann zum Beispiel von der Arbeitskleidung des Personals in der Herstellung stammen.

    Erst *nach* der Herstellung wird das Stäbchen sterilisiert, indem man z.B. das Gas Ethylenoxid drüberleitet.

  20. @Alex Harvey

    Danke sehr freundlich. Fühle mich geehrt. Mir ist Humor deutlich lieber.

    Sie kommen nicht aus dem Textil verabeitenden Gewerbe? Ich weiß nämlich genau wie die Morgellonen in meinen Bauchnabel kommen.

  21. @ Alex Harvey:

    Wenn man Sie fragen würde, wie lebende Organismen, egal welche, in sterilen Produkten sein können, wie würden Sie denn antworten?

  22. Da sehe ich glatt diese Nachricht vor mir:

    Kreativ-Krise bei der NWO: Da es offensichtlich an Ideen für neue Geschichten mangelt, musste nun für die aktuelle False Flag Operation die alte Mär von den Morgellons wieder aufgewärmt werden.

    „Die Irreführungsspezialisten haben sich einfach in eine kreative Sackgasse manövriert“, so ein anonymer Insider. „Wie will man denn auch den überbordenden Unsinn von Flat Earth und Qanon noch weiter toppen? Da hat man einfach zu schnell zu viel gewollt und nicht an Morgen gedacht.“

    Im NWO-Hauptquartier in Bielefeld gibt man sich hingegen zuversichtlich. „Morgellons sind eine solide Geschichte, die alle wichtigen Klischees bedient, aber deren Zeit einfach noch nicht gekommen war,“ so Klaus-Luzifer Bröhmann, Abteilungsleiter für Desinformation. „Jetzt haben wir aber gemeinsam mit ARG-Entwicklern und Brand Developern aus der Textilbranche eine frische neue Kampagne ins Leben gerufen, die dem sanften Fressflausch endlich den verdienten Durchbruch bescheren wird. Glauben sie mir, Morgellons werden die Längsfaser im Kopf sein, die Querdenken zusammen hält.“

  23. So könnte man es wirklich interpretieren, dass den Verschwörungsapologeten in ihrer Aufmerksamkeits- und Empörungsökonomie langsam die Puste ausgeht, wenn sie jetzt wieder Morgellons aus dem angestaubten Hut ziehen.

    Wir haben jetzt allerhand abstruses und gefährliches durch, da wirkt die neuerliche Fusselphobie, wie der Griff nach dem letzten Strohhalm.

    Wenn die Apokalyptiker sich jetzt gegenseitig ihre Fussel untersuchen, sind sie wenigstens beschäftigt. Find ich nicht verkehrt. Kann man auch noch nach bewährter Gellersche Methode, den Faden durch geschicktes Pusten, ein wenig tanzen lassen.

    Dann bleibts auch spannend.

  24. @ dalbert Hichel

    Fast hätte ich Ihren Text so gelesen:
    „…sich jetzt gegenseitig ihre Würmchen untersuchen… durch geschicktes Pusten …ein wenig tanzen lassen…“ (-:

  25. @ Peter Friedrich

    Hab ich auch nichts dagegen. Jeder wie er mag. Habt Spaß! Das Leben ist kurz ;)

  26. Fortsetzung …

    „Corona-Tests: Es gibt keine Hinweise auf eine Gesundheitsgefahr durch Ethylenoxid auf Abstrichstäbchen“:

    https://correctiv.org/faktencheck/2021/04/01/corona-tests-es-gibt-keine-hinweise-auf-eine-gesundheitsgefahr-durch-ethylenoxid-auf-abstrichstaebchen/

  27. „Der meist abonnierte Kanal in der Ukraine“ (https://adfluencer.de/slivki-show-de):

    WÜRMER IN MEDIZINISCHEN MASKEN !? SONDERAUSGABE!

    https://www.youtube.com/watch?v=oZ5TRjOBbjw

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