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Im Kaninchenbau: Podcast der New York Times über Verschwörungstheorien

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Das Beste kommt gleich zu Beginn dieses Podcasts mit Katharina Nocun und Karl Hepfer:

Nämlich der Appell von Christian Drosten aus dem Übergabe-Podcast vom 24. September:

Eine Sache, die einfach wichtig ist: dass man allen Leuten, die mitdenken, sagt: Schaut auf eure Umgebung, schaut, wer gerade dabei ist umzukippen, in den Bereich der Irrlehre, die im Moment tatsächlich immer gefährlicher wird und immer weiter um sich greift.

Die in anderen Ländern schon viel größeren Schaden angerichtet hat als bei uns, aber auch bei uns nimmt das Formen an, die so langsam besorgniserregend werden. Das ist etwas, das jeder nur im privaten Bereich beobachten und vielleicht auch kommentieren kann und einfach die Information auch transportieren muss, die gebraucht wird, um bestimmte Prinzipien zu verstehen und nicht nur bis morgen zu denken, sondern auch für die nächsten zwei bis vier Monate vorwärts zu denken.

Danach vergeht die erste halbe Stunde mit einer nicht ganz leicht nachvollziehbaren, kontroversen Diskussion zwischen Nocun und Hepfer, bei der der Philosoph von der Uni Erfurt zumindest partiell den Eindruck erweckt, dass ihm der Unterschied zwischen toxischem und konstruktivem Zweifel, zwischen Verschwörungsglauben und Kritik nicht recht geläufig ist.

Erst in den letzten paar Minuten der Aufzeichnung kommt Hepfer nochmal darauf zurück und stellt klar, dass nicht jede „Interpretation von Wirklichkeit“ gleichberechtigt sei und es natürlich auch „völlige irrsinnige Modelle“ gebe.

Mehr zu diesem Thema gibt es in der Podcast-Reihe Die Bamberger Psychokalypse zu hören (mit Marius Raab und Claus-Christian Carbon, die Autoren von „Am Anfang war die Verschwörungstheorie“), etwa in den Folgen „Wie erkennen wir Wahrheit?“ und „Was ist Realität?“

Nocun weist schließlich noch auf den interessanten Podcast Rabbit Hole der New York Times hin, der versucht, dem „Kaninchenbau“ auf den Grund zu gehen:

Der Mehrteiler begleitet und dokumentiert anfänglich den Weg von Caleb Cain, einem scheinbar typischen Opfer von Verschwörungsmythen.

Einzelgänger schon in der Schule, das College abgebrochen. Massiver Medienkonsum, speziell der von YouTube-Videos mit erklärenden Botschaften zu verschiedenen „Wahrheiten“ hinter gesellschaftspolitischen Phänomenen. Cain tappt in die Alt-Right-Falle.

Irgendwann lädt er selbst ein Video hoch, in dem er seinen Irrweg durch die „rabbit holes“ der rechtsideologischen Bewegtbilder zum Thema macht.

Von Rezensenten in Deutschland wird „Rabbit Hole“ unterschiedlich bewertet.

Das Online-Magazin Das Filter kritisiert die mangelnde Continuity („Immer wieder muss man sich vergegenwärtigen, worum es gerade im Einzelnen geht und warum“), während Übermedien die „fesselnde Geschichte“ lobt – „aufwendig produziert, stets klug reflektierend, was einerseits wir mit dem Internet machen und was andererseits das Internet mit uns macht“.

Dankenswerterweise gibt es zu jeder Folge auch das Transcript.

Zum Weiterlesen:

  • Rabbit Hole: Ein neuer NY-Times Podcast erzählt, wie (und warum) Radikalisierung auf YouTube abläuft, piqd am 30. April 2020
  • „Rabbit Hole“: Die Geschichte einer Radikalisierung als Grundkurs Internetkultur, uebermedien am 5. September 2020
  • Rein in den Bau, raus aus dem Bau, Das Filter am 3. Juni 2020
  • Verschwörungstheorien: „Toxischer“ vs. gesunder Zweifel, GWUP-Blog am 29. April 2019
  • Video: Verschwörungsgläubige und Leistungsindividualisten, GWUP-Blog am 14. November 2020
  • Video: QAnon und „der Helfer, der in Berlin lebt“, GWUP-Blog am 13. November 2020
  • Verschwörungstheorien: Die Heimwerker der alternativen Wissenskonstrukte, GWUP-Blog am 5. November 2020
  • Im Kaninchenbau mit Sebastian Bartoschek: Antisemitische Verschwörungstheorien, ruhrbarone am 26. April 2020

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