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Neuerscheinung: „Am Anfang war die Verschwörungstheorie“

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Interessante Neuerscheinung bei Springer:

Am Anfang war die Verschwörungstheorie“

Skeptiker-Autor Marius Raab, Claus-Christian Carbon und Claudia Muth leisten mit diesem Buch einen überaus lesenswerten Beitrag zu der Problematik.

Denn trotz der Allgegenwart des Themas „Verschwörungstheorien“ in den Medien ist der wissenschaftliche Forschungsstand dazu erstaunlich mager – und stark segmentiert. Philosophen, Psychologen, Soziologen, Politologen, Historiker, Medienwissenschaftler, Erzählforscher, Komparatistiker und andere beschäftigen sich von unterschiedlichen Prämissen aus mit Verschwörungstheorien und gelangen zu teils widersprüchlichen Ergebnissen.

9783662538821

Raab et al. benennen unter anderem das Definitionsproblem des Begriffs „Verschwörungstheorie“, eliminieren einige bestehende Erklärungsdefizite (etwa zwischen der komplexitätsreduzierenden Funktion einer Verschwörungstheorie einerseits und der Attraktivität hochkomplexer Verschwörungstheorien andererseits) und arbeiten auch den den narrativen Gehalt von Verschwörungstheorien heraus.

Erklärtes Ziel der Autoren ist es, den Leser in die Lage zu versetzen, „besser und souveräner“ auf Verschwörungstheorien zu reagieren. Dieser Absicht geht ein Kapitel über „Möglichkeiten und Grenzen der wissenschaftlichen Methode“ voran, um hernach zu attestieren, dass drei der gebräuchlichsten Testkriterien – Ockhams Rasiermesser, Falsifizierungsmöglichkeit und das „Immer- wieder-die-alte-Leier-Prinzip“ – nur sehr eingeschränkt für die Differenzierung von kritisch-vernünftigem Denken und abstrusem Verschwörungsglauben geeignet seien.

Stattdessen plädieren Raab/Carbon/Muth für eine fallweise Betrachtung:

Prüfen Sie Verschwörungstheorien auf Vorbedingungen, Relevanz, Folgen und Widersprüche, schätzen Sie Wahrscheinlichkeiten und suchen Sie nach Hinweisen für und gegen die Annahme.“

In Form einer mehrstufigen „Faustregel zur Einzelfallanalyse“ stellen die drei Verfasser eine eigene Methode vor, die als Rüstzeug dienen kann, um die vermittelten Werte und die präsentierten Informationen einer Verschwörungstheorie kritisch einzuordnen.

An den Leser appellieren sie, die Gräben zwischen nüchternen Zeitgenossen und Verschwörungsgläubigen („hier die Vernünftigen, dort die Spinner“) nicht zu vertiefen, miteinander ins Gespräch zu kommen, die Ängste vieler Konspirologen angesichts konkreter gesellschaftlicher Ereignisse und Probleme ernst zu nehmen.

„Am Anfang war die Verschwörungstheorie“ ist nicht das letzte Wort zum Thema, weist aber den Weg, in welche Richtung sich der öffentliche und wissenschaftliche Diskurs über Verschwörungstheorien und Verschwörungstheoretiker bewegen muss.

Eine ausführliche Rezension gibt’s im nächsten Skeptiker, der Mitte Juni erscheint.

Zum Weiterlesen:

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