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Homöopathie: Die Phantom-„Studie“ der Securvita

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Auch in unserem Blog gab es Anfragen zu einer neuen „Studie“ der Securvita, die wieder einmal die Wirksamkeit von Homöopathie belegen soll (zum Beispiel hier).

Was allerdings erstaunt:

Was immer in dieser Studie Gutes über die Homöopathie steht – wir werden es möglicherweise nie erfahren. Denn die Securvita, die sich schon in der Vergangenheit als eine der Homöopathie sehr aufgeschlossen gegenüberstehende Betriebskrankenkasse präsentiert hat, berichtet zwar darüber, die Studie selbst aber wurde bislang nicht veröffentlicht. Auch auf Anfrage wird kein Termin einer Veröffentlichung genannt. Auch einen Abzug bekommt man nicht,

schreibt das INH in einer Analyse.

Das Wenige, was man aus der Pressemitteilung schließen kann, fasst das INH so zusammen:

Bei dieser Securvita-Studie handelt es sich nach allem, was in dem veröffentlichten Artikel erkennbar ist, um ein pseudowissenschaftliches Papier, denn es erfüllt keine der Kriterien, die an eine nachvollziehbare wissenschaftliche Arbeit nach geltenden Standards zu stellen sind. Es mag allein Marketingzwecken dienen, besitzt aber keinerlei wissenschaftliche Validität.

Zum Weiterlesen:

  • Neue Securvita-Studie in Sachen Homöopathie – spektakulär oder business as usual? INH am 5. November 2020
  • Studienauftrag zu Homöopathie und Antibiotika – die Schräglage, INH am 5. November 2020
  • Ich bin Arzt – und stehe dazu! – Ein Gastbeitrag von „Skeptic Saturnist“, INH am 4. November 2020
  • Der gemeinsame Nenner von Homöopathie, Esoterik und Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 17. Oktober 2020
  • Mogelpackung: Homöopathie soll ins bayerische Gesundheitsministerium, hpd am 2. November 2020
  • Wer finanziert die Skeptiker? Eine homöopathische Märchenstunde, Kritisch gedacht am 6. November 2020

4 Kommentare

  1. Mehr und mehr treibt mich der Gedanke um, dass wir die Strategie und die Denkmuster der Homöopathie-Gläubigen – nämlich eine Wirklichkeitsverweigerung durch das Heraufbeschwören des Bildes einer wissenschaftlich ungeklärten und noch ergebnisoffenen Angelegenheit – nicht nur in der Vergangenheit (bei Ölindustrie und Tabaklobby) finden.

    Sondern dass sie sich in großer Breite in der gegenwärtigen Coronaprotest-Szene manifestiert, die Privatwissenschaft per Suchmaschine mit dem Ergebnis eines Abschieds aus der Welt des Rational-Diskursfähigen betreibt.

    Siehe den Artikel von Eva Horn in der Berliner Zeitung, weiter unten in diesem Blog erwähnt.

    Ich will jetzt wahrlich nicht behaupten, wir hätten diese Szene und ihre Positionierung, die sich um eine Annäherung an Wirklichkeit nicht mal mehr bemüht, durch die jahrzehntelange „offizielle“ Legitimierung der Homöopathie heraufbeschworen.

    Aber ich schrieb schon zu Zeiten, als kein Gedanke an Corona im Raum stand (und wiederhole das oft und ungern):

    „Die Homöopathie ist zugleich Symptom und Ursache einer grundsätzlichen Verankerung von Irrationalität und Wissenschaftsskepsis in der Bevölkerung. Die Kritik an ihr ist daher weit mehr als nur Kritik an einer medizinischen Methode. Die Homöopathie ist nicht nur ein Hindernis auf dem Weg zu einer insgesamt besseren Medizin; sie steht auch einem dringend notwendigen, tieferen Verständnis der Bevölkerung von Rationalität und Wissenschaftlichkeit im Wege.

    Und letzteres wiederum ist eine Grundvoraussetzung für die Bewältigung der Probleme des 21. Jahrhunderts. Solange es gelingt, auf breiter Front den Menschen wirkungslose Zuckerkugeln als Medizin zu verkaufen, solange wird es nicht gelingen, Akzeptanz für wissenschaftlich fundierte Problemlösungen in anderen Bereichen zu wecken.“

    Das wäre zu flankieren mit einer Anmerkung, die in einer Buchveröffentlichung (2020) zum INH in einem Sammelwerk zu gesundheitsbezogenen ThinkTanks enthalten ist:

    „Dadurch (durch das ständige Erscheinen immer neuer Homöopathie-Studien und die Notwendigkeit einer Auseinandesetzung mit diesen) wird allerdings auch – im Sinne interessierter Kreise – eine Diskussion über die Wirksamkeit der Homöopathie stets neu befeuert und in der Öffentlichkeit als wissenschaftlicher Streit um gleichwertige Positionen wahrgenommen.

    Dies kann sich als besonderes Problem der Kritik darstellen, da einerseits diese vorgeblichen Belege pro Homöopathie nicht einfach ignoriert werden können, andererseits durch die Gegenvorstellungen seitens der Kritik dem erwähnten Eindruck einer „Debatte auf Augenhöhe“ ungewollt auch ein gewisser Anschein von Glaubwürdigkeit verliehen wird.“

    Angesichts der Entwicklungen, die wir derzeit erleben – nämlich das Abdriften vieler, allzu vieler Menschen in einen eigenen Wirklichkeitsbegriff, der sogar über die klassische Wissenschaftsignoranz noch weit hinausgeht – kann man dies nicht mehr als marginal ansehen.

    Und deshalb sehe ich die pseudowissenschaftlich grundierte, nicht einmal transparente Irreführung ihrer Mitglieder durch die Securvita auch als eine ethisch zu betrachtende Kategorie. Mit so etwas wird eben nicht „nur“ der Irrationalität Homöopathie Vorschub geleistet. Q.e.d.

    Es ist zwar gerade nicht die richtige Zeit für eine politische Diskussion zur Homöopathie – aber die Frage sei erlaubt, ob man sich auch unter diesem Aspekt eine Privilegierung aufgrund von „Beliebtheit“ weiter erlauben – besser gesagt: überhaupt noch verantworten kann.

    Zu gegebener Zeit wird diese Entscheidung klar einzufordern sein.

  2. Interessanter Gedanke: Jede (Meta-)Studie zur Homöopathie, egal was drinsteht, hält im Publikum den Irrtum aufrecht, diese sei ein wissenschaftlich valides Thema. „Die“ Wissenschaft kann ja eh nicht alles erklären, und streiten tun die sich ja auch dauernd.

    Man müsste die Forschung zur Homöopathie eigentlich verbieten, wenn das nicht total prinzipwidrig wäre.

    Das gibt den Homöopathie-Profiteuren eine wirklich gute und preiswerte Strategie an die Hand, der wir eigentlich immer nur hinterherlaufen können. Einfach alle paar Monate *irgendeine* „Studie“ in die Presse hieven und gut is.

    Wie Udo feststellt: Wir müssen viel tiefer ansetzen, an der Volksbildung und am Bildungssystem! Wenn schon die meisten Uniabsolventen nie gelernt haben, was Wissenschaft überhaupt ist. Holt Euch mal eine Tüte Popcorn, setzt Euch bequem hin und fragt den nächstbesten Nichtnawi, was seiner Meinung nach eine „Theorie“ ist.

    Viel Vergnügen. Ihr wundert Euch dann auch nicht mehr, warum die Globuli für wirksam halten.

  3. @2xhinschauen:

    Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter.

    Die Homöopathen missbrauchen die EBM (wie in ganz erheblichem Maße z.B. auch die Vertreter der Akupunktur). Denn beim empirischen Teil der EBM hat man nun mal die ganzen methodischen und statistischen Unwägbarkeiten „an der Backe“, die dem allgemeinen Publikum völlig unzugänglich sind. Also wird „nach EBM-Kriterien geforscht“, was das Zeug hergibt. Und damit Material fürs Cherry-Picking produziert. Aber keine ernstgemeinte ergebnisoffene Forschung betrieben.

    Die braucht die Homöopathie bekanntlich ja für sich selbst gar nicht, weil da die Hahnemannschen Gesetze herrschen.

    Dabei berufen die sich auch noch auf Sackett und reklamieren – wie erst vor kurzem Frass in einem Paper zur Tierhomöopathie – auf „die evidenzbasierte Homöopathie“. Steven Novella schrieb mal, kein Mensch sei bei der Konzeption der EBM auf die Idee gekommen, dass sich Proponenten unplausibler Methoden erdreisten könnten, überhaupt die Methode des „blank sheet“, der völlig unvoreingenommenen Empirie in der EBM, für ihren Mist in Anspruch zu nehmen.

    Ein Irrtum, wie wir heute wissen. Leider ist ja auch mit der reinen Empirie der EBM die wissenschaftliche Plausibilität allzu sehr in den Hintergrund geraten, was aber m.E. vielen Forschern langsam dämmert.

    Klar schreckt man aus Gründen der Redlichkeit davor zurück, irgendetwas völlig von der Forschung auszuschließen. Christian Weymayrs Szientabilität ging ja insofern wohl wirklich einen Schritt zu weit. Aber man müsste innerhalb der EBM ein System etablieren, das jede Einzelstudie in ein System der jeweiligen Gesamtevidenz einordnet.

    Novella und Co. schlagen vor, in die statistische Bewertung nicht nur lineare Faktoren aufzunehmen, sondern auch nach der Bayesschen Methode die bisher vorliegende Gesamtevidenz in die Einzelbewertung einfließen zu lassen. Im Grunde beides das Gleiche – nur jeweils vom anderen Ende her aufgezogen.

    Die EBM wird sich m.E. sehr bald weiterentwickeln und dabei hoffentlich auch das Problem des Missbrauchspotenzials für „Bestätigungsforschung“ wahrnehmen.

  4. „Das Heu im Nadelhaufen?“

    https://keineahnungvongarnix.de/?p=7810

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