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Neu in der Homöopedia: 28 Varianten der Homöopathie, die peinliche Willkür illustrieren

| 17 Kommentare

In der Homöopedia ist der Hauptartikel der Serie „Varianten der Homöopathie“ erschienen.

Er umfasst mehr als 35 Schreibmaschinenseiten, 176 Quellenangaben und 40 Fußnoten – also ein echtes Monumentalwerk.

Es geht um insgesamt 28 Homöopathie-Varianten, zu der beschreibende/definierende Literatur auffindbar war und die tatächlich praktiziert wurden oder werden, von „Astrologischer Homöopathie“ über „Quantenlogische Homöopathie“ bis zur Homöopathie zum Aufmalen.

Die verschiedenen Methoden überlappen sich teils etwas, teils gar nicht, widersprechen sich mitunter fundamental und beruhen nicht selten auf abenteuerlichen Annahmen, zu denen selbst wir gerne mal Hahnemanns Meinung gewusst hätten. Denn die strittigen Punkte betreffen praktisch alle, auch die zentralsten Thesen der homöopathischen Lehre.

Alle Methoden eint indes nicht nur die stets fehlende Evidenz, sondern dass sie auch untereinander in keinerlei Wettbewerb um Angemessenheit oder Wirksamkeit stehen.

Aber möglicherweise ist das gar kein Problem:

Die Aufspaltung stellt in der Praxis auch eine willkommene Immunisierung gegen Kritik von außen dar.

Wo nicht mehr gesagt werden kann, was eigentlich für die Homöopathie wichtig ist (die Diskrepanzen betreffen schließlich zentrale homöopathische Themen wie Ähnlichkeitsprinzip, Potenzierung und Repertorisation), wo also uneindeutig wird, was die homöopathische Lehre eigentlich ausmacht, kann bei Kritik von außen immer einfach entgegnet werden, dass die Kritik an der „wahren Lehre“ vorbeigehe.

Das Gebilde „Homöopathie“ wird (wie die Astrologie) nicht falsifizierbar, weil es keine durchgehend von allen Homöopathen als notwendig akzeptierte Grundlage gibt.

Zum Weiterlesen:

  • Homöopedia: Varianten der Homöopathie
  • Neu in der Homöopedia: Konstitutionstypen, GWUP-Blog am 1. September 2018
  • Neu in der Homöopedia: Die Korsakow-Methode, GWUP-Blog am 25. Juli 2018
  • SkepKon-Video mit Dr. Natalie Grams: Homöopathie-Kritik von 1834 bis 2018, GWUP-Blog am 21. Juli 2018
  • Homeopathy for preventing complications of immunisation: another study and another negative result, edzardernst am 17. September 2018
  • 2017: Kassen gaben 10,5 Millionen Euro für Homöopathie aus, DAZ.online am 25. September 2018
  • Spahn will Wahltarife für Homöopathie abschaffen, DAZ.online am 25. September 2018

17 Kommentare

  1. Bei Euch wird man ja zum Homöopathie-Fachmann ;-)

    Grüße

    Mario

  2. Die Aufsplitterung der Homöopathie erinnert mich an die christlichen Konfessionen, jede mit ihren eigenen Glaubensgrundsätzen und Dogmen. Alle Homöopathievarianten besitzen DIE WAHRHEIT (TM).

  3. Beeindruckend, ganz schön viel Arbeit, die Ihr da Euch gemacht habt. Meine Anerkennung und herzlichen Dank!

    Vielleicht kann mir ja einer der Leser hier eine Frage beantworten, die sich mir stellt. Ich nehme einfach mal das Beispiel Arsen. Ich habe da ein Problem mit der Logik, das Potenzierung die Wirkung verstärkt, aber die Hauptwirkung der Ursubstanz nach wenigen Potenzierungsschrtten verloren geht.

    1.
    Ein Heilpraktiker schrieb, Arsen unverdünnt erzeuge dieselben Symptome wie eine Lebensmittelvergiftung. So weit so gut.

    2.
    Nach dem Ähnlichkeitsprinzip gibt man dann also bei Magenproblemen Arsen. Na ja.

    3.
    Per Potenzierung nimmt man aber dem Stoff seine Giftigkeit. Glaube ich gern.

    Jetzt das, was mir nicht schlüssig erscheint:
    Die Potenzierung nimmt dem Stoff seine Giftigkeit, aber je höher die Potenz, umso wirksamer sei die Arznei sagt man.

    Meine offenen Fragen:
    Wird für die Hochpotenzen noch irgendein Bezug zur Ursubstanz behauptet? Wenn ja, was haben Arsen D0 und Arsen D200 miteinander zu tun?
    Wenn die homöopathische Arzneimittelprüfung für Arsen D200 ganz andere Symptome erzeugt als die Ursubstanz, wo ist da noch der Zusammenhang?

    Logisch wäre doch nur:
    Arsen D0 ist tödlich.
    Arsen D1 ist noch tödlicher
    Arsen D2 ist noch noch tödlicher

  4. Endlich mal ein echtes unerklärliches Phänomen!

    Während Physiker und Chemiker bei ihren Experimenten weltweit zu praktisch identischen Resultaten kommen und auch in der Medizin die Ergebnisse und Erfahrungen weitgehend konvergieren, praktiziert anscheinend jeder Homöopath seine Privatmethode – und eine Debatte darüber innerhalb der Szene findet nicht statt.
    Esoterik pur.

  5. @Ich

    Ein gutes Beispiel, das du hier bringst.

    Mit Logik darf man den Homöopathen nicht kommen, weil „es gibt mehr zwischen Himmel und Erde…“ „wer heilt hat recht“, “ die Wissenschaft ist noch nicht so weit“ usw.

    Das oder Ähnliches waren die Antworten, die ich bekam, wenn ich auf mal auf ein Logikproblem hingewiesen habe.
    Meine Hoffnung besteht darin, Menschen aufzuklären, was Homöopathie wirklich ist und sie endlich den Nimbus der „Naturheilkunde“ verliert.

    Dass immer mehr Menschen erkennen „der Kaiser ist doch nackt!“

    Es gibt noch immer viel zu viele die sich nie mit diesem Thema beschäftigt haben und immer noch glauben eine sanfte, nebenswirkungsfreie Medizin zu sich zu nehmen.

  6. @Ursula
    Nun ja, für mich stellt sich nun die Frage, verstehe ich etwas falsch? Oder ist dieser Logikfehler tatsächlich vorhanden? Ich habe zweimal versucht, es mir im Netz durch Homöopathen erklären zu lassen, aber es gab keine Antwort.

  7. @ Ich

    Zu Ihren Fragen:

    Ja, nach der homöopathischen Lehre werden den Hochpotenmzen Wirkungen zugeschrieben, die durch die Ursubstanz bestimmt sind.

    Der Zusammenhang, wenn unter verschiedenen Randbedingungen unterschiedliche Symptome erprüft werden, liegt einfach darin, dass das Mittel vorher nicht ausgeprüft war und man jetzt neue Symptome gefunden hat.

    Dazu muss man bedenken, dass das, was Homöopathen als Symptome sehen, nicht viel mit dem zu tun hat, was man in der Medizin unter dem gleichen Begriff versteht.

    Bei Hering, Leitsymptome unserer Materia Medica, in der nach dem Titel offensichtlich nur die wesentlichen Symptome aufgeführt sind, nehmen die Symptome für Arsenicum Album 67 Buchseiten ein.

    Beispiel eines Aresen-Symptoms:

    „Periodisch auftretender Kopfschmerz, beginnt um 7:00 Uhr morgens, erreicht seinen Höhepunkt um 11:00, fängt um 2:00 Uhr nachmittags an abzunehmen.“

  8. @Ich
    Berechtigte Frage, wenn man von der logischen/chemischen Seite her denkt. Das Problem, das Hahnemann mit dem Wissen seiner Zeit zu lösen suchte, war, den damaligen als „wirksam“ (=oft sehr giftig wie etwa Arsen) bekannten Mitteln die Giftigkeit zu nehmen, ohne ihre medizinische (heilende) Wirksamkeit zu beeinträchtigen.

    Heute weiß jedes Schulkind, dass das ein Widerspruch ist. Bzw. könnte es wissen. Auch manch Erwachsener hat sich ja einen Wunderglauben bewahrt, zumal wenn er sich mit wissenschaftlich klingenden Begriffen zulullen lässt.

    Hahnemann verfiel auf den Akkord von Verdünnung gegen die Toxizität und Verschüttelung zur Übertragung der heilenden Kraft auf das Produkt und hat zeitlebens – man hat Grund anzunehmen: aufrichtig – um die Optimierung der Mischverhältnisse, Schüttelmethoden und Anzahl der „Potenzierungs“-Durchgänge gerungen.

    Seine Publikationen, insbesondere die sechs stets fortentwickelten Auflagen des „Organon der Heilkunst“, dokumentieren dieses Bemühen sehr gut. Ebenso wie die Einführung zusätzlicher Konzepte wie etwa der „Lebenskraft“, um sein sich zunehmend als wackelig erweisendes Theoriegebäude zu stützen.

    Der Artikel „Potenzen“ (http://www.homöopedia.eu/index.php/Artikel:Potenzen) widmet sich dem Verständnis von schädlicher „Stärke“ und wünschenswerter „Milde“ von Hahnemann selbst und seinen (aus heutiger naturwissenschaftlicher Sicht) vor sich hin dilettierenden Nachfolgern.

  9. Zur Ehre der Autorin: Es sind 176 Quellenangaben :-)

  10. @2xhinschauen:

    Ich werde es korrigieren.

  11. Vielen Dank für die Antworten. Ich verstehe das jetzt so:

    Arsen verursacht dieselben Symptome wie eine Lebensmittelvergiftung
    Daher gibt man z.B. bei Durchfall Arsen.
    Das potenziert man aber vorher.
    Potenzieren verstärkt die Wirkung.
    Daher geht die Giftigkeit zurück.
    Mit der Hochpotenz macht man eine Arzneimittelprüfung.
    Die erzeugt keine Symptome einer Lebensmittelvergiftung.
    Daher nimmt man Arsen bei anderen Symptomen, aber nicht bei Lebensmittelvergiftung.

  12. Eigentlich reduziert sich das auf zwei Probleme, die ich habe:

    Potenzieren verstärkt die Wirkung, aber Arsen D2 wirkt weniger als D0 -> Widerspruch
    Ursubstanz verursacht Symptom, Hochpotenz nicht, bleibt aber Arznei für Symptom der Ursubstanz -> Widerspruch

  13. @ Ich

    „Potenzieren verstärkt die Wirkung, aber Arsen D2 wirkt weniger als D0 -> Widerspruch“

    Streng genommen würden die meisten Homöopathen nicht zustimmen, wenn man das Potenzieren nur als eine „Verstärkung“ der Wirkung bezeichnen würde. Homöopathen sehen das eher als eine __Veränderung__.

    (Also damit wir uns nicht falsch verstehen: Potenzieren ist naturwissenschaftlich betrachtet nichts anderes als Verdünnen mit ein bissi Schütteln zwischendurch und Verdünnen bis zum Entfernen der Substanz entfernt auch die Wirkung. Punkt. Aaaaber wir wollen ja wissen, wie Homöopathen das sehen.)

    Hahnemann ging davon aus, dass er beim Vorgang des Potenzierens etwas „Verborgenes“ in den Mitteln zum Vorschein bringt – ähnlich wie ein Plastikstab, an dem man reibt, plötzlich elektrostatisch ist. Er bezeichnete das als „geistartige Kraft“ – ein Begriff, dem man zumindest dem jungen Hahnemann bei Weitem nicht so esoterisch auslegen sollte, wie er es heute ist. Man muss bedenken: Hahnemann schrieb das auf, als Newtons Idee der unsichtbaren Gravitation so brandneu war wie es heute ein Radio ist.

    Hahnemann ging nun also davon aus, dass seine Prozedur eine Veränderung in den Mitteln erzeugt: Während die Giftwirkungen verschwanden, glaubte er (aufgrund der beobachteten Besserungen, performative Täuschung, etc.). dass die von ihm zur Entfaltung gebrachten „geistartigen Kräfte“ auch und gerade in den Hochpotenzen am Werke wären.

    Während also die Giftwirkungen auf die Substanz (Arsen) zurückgeführt werden, behauptet der Homöopath durch das Potenzieren erzeugte, von der Substanz losgelöste Wirkungen der Mittel, die auch in den Hochpotenzen noch vorhanden sind, weil sie ja gerade erst durch das Potenzieren „aktiviert“ wurden.

    „Ursubstanz verursacht Symptom, Hochpotenz nicht, bleibt aber Arznei für Symptom der Ursubstanz -> Widerspruch“

    So sagen das Homöopathen auch nicht.

    Wie Norbert erklärt hat, entstehen die Symptomlisten der Repertorien und Materia Medicae durch die „Homöopathische Arzneimittelprüfung“ am Gesunden (http://www.homöopedia.eu/index.php/Artikel:Homöopathische_Arzneimittelprüfung ). Hahnemann empfiehlt im Organon hierfür die C30, also eine Hochpotenz. Nur zusätzlich und oft später hat man die Listen um Symptome erweitert, die aus bekannten Symptomen der tatsächlich vorhandenen Substanzen stammen… sowie um Symptome, die in dokumentierten Kasuistiken nach der Gabe eines Mittels verschwanden.

    Also: Homöopathen gehen sehr wohl davon aus, dass auch ihre Hochpotenzen beim Gesunden Prüfsymptome hervorrufen würden.

    Grüße

  14. @Ich:

    Nicht verzweifeln.

    Die innere Inkosistenz ist ein Markenzeichen der Homöopathie. Für Hahnemann war ja nur ganz am Anfang seiner Lehre die Ursubstanz irgendwie von Bedeutung. Später kam er ja zu C30 als seiner bevorzugten Prüfpotenz, Wirkungen der Ursubstanz waren für ihn damit nicht mehr von Interesse.

    Aus seiner Sicht logisch – die spezifische geistige Arzneikraft war ja nach seiner Sichtweise noch in der Ursubstanz „gebunden“ und konnte sich noch gar nicht im Sinne eines homöopathischen Arzneimittels bemerkbar machen.

    Insofern bleiben Symptome, die die Ursubstanz hervorruft, allenfalls zufällig in Bezug zu den Symptomen von Mittel- und Hochpotenzen in der Arzneimittelprüfung.

    Deshalb argumentiert der Homöopath, der einen Bezug zwischen Wirkung der Ursubstanz und der eines potenzierten Mittels herstellt, im homöopathischen Sinne völlig falsch. Er würde nämlich auch die Prämisse „Ähnliches heilt Ähnliches“ unbeachtet lassen, und statt dessen das Prinzip der „Isopathie“ vertreten, das Hahnemann genauso verwarf wie die Allopathie – zugunsten seines „Ähnliches heilt Ähnliches“.

    Auf den Unterschied zwischen Isopathie und Homöopathie sind die Homöopathen ja z.B. angewiesen, wenn sie erklären sollen, wieso bei einer Vergiftung die Gabe zusätzlichen Giftes (meinetwegen auch Arsen) ja wohl niemals eine Vergiftung beheben könne. Nein, sagen die dann, ist ja auch nicht so: Wir geben nicht die gleiche Substanz, sondern eine, die in hoher Prüfpotenz „ähnliche Symptome“ hervorruft!

    Man sieht, das ist alles noch viel komplexer als sich das der durchschnittliche Homöopath so vorstellt… ;-)

    Das Problem setzt sich ja auch mit der Frage fort, warum die in den Lösungsmitteln vorhandenen Reststoffe (die bei etwa D6 bereits weit mehr in der Dilution ausmachen als der Rest der Ursubstanz) nicht „mitpotenziert“ werden, zumal es sich teils um Substanzen handelt, die selbst wiederum als Ursubstanzen Verwendung finden.

    Woher „wissen“ die, dass sie im konkreten Dilutionsvorgang nur ungebetene Gäste sind und wie machen sie das, sich dem Herausschütteln ihrer „geistigen Arzneikraft“ in diesem Falle zu entziehen?

    Nun, man bekommt von Homöopathen meist – wenn überhaupt – die Antwort, das sei nun mal so (kann man auch in Schriften hochmögender Spezialisten so nachlesen). Es führt nun mal kein Weg daran vorbei, dass mit Verdünnen und Schütteln kein „Mehr“ aus einer Ursubstanz „herauspotenziert“ werden kann. Weder Masse noch Energie noch sonstwas.

    Man kann schlicht keine sinnvollen Antworten auf derartige Fragen erwarten. Weil es sie nicht gibt. Und dass Antwort- und Deutungsversuche sich dann im Dschungel der Unlogik verirren, ist nahezu zwangsläufig.

  15. @Ute
    Brillant erklärt

    @Ich
    Ich hatte in meiner Kurzfassung das „Geistartige“ unterschlagen, das wie die „Lebenskraft“ schlussendlich die Hinzunahme weiterer Annahmen ist, um eine wankende Theorie zu stützen – ein auch heute bisweilen beobachtbares Verhalten in der Wissenschaft, jedenfalls bei den nicht so harten Fächern.

    Man kann aber Hahnemann durchaus ein ehrliches, wenn auch zunehmend fehlgeleitetes Bemühen unterstellen, die mitunter grausame Medizin seiner Zeit zu verbessern. Dies halt in Unkenntnis von Zellen, Blutgruppen, Genen, Bakterien, Viren, Organfunktionen, des Immunsystems und nahezu allem anderen für uns heute selbstverständlichem physiologischen Wissen. Selbst Simples wie das Fieberthermometer kam erst später.

    Der damalige Begriff vom „Fieber“ war fast gleichbedeutend mit „Krankheit“ und war keineswegs auf erhöhte Körpertemperatur beschränkt, weil man die ja eh nicht dingfest zu machen vermochte, geschweige denn ihren Sinn und ihre Ursachen.

    Und dann kommt einer und beobachtet positive Heilungsverläufe nach Gabe „potenzierter“ Mittel, begeht den absolut menschichen „post hoc ergo procter hoc“ Irrtum („danach, nicht deswegen“), glaubt fortan an die heilende Kraft seines Tuns (weil er seine Patienten nicht wie mancher Kollege einfach vergiftet, so dass deren Immunsystem eine Chance bekommt, zu funktionieren) und baut darauf, und hier kommt eine gewisse Selbstüberschätzung ins Spiel, eine Wissenschaft.

    Und als die sich als nicht tragfähig erwies (eine der ersten medizinischen Studien nach auch heute noch gültigen Standards war noch zu Hahnemanns Lebzeiten 1835 der „Nürnberger Kochsalzversuch“ – http://www.homöopedia.eu/index.php/Artikel:Nürnberger_Kochsalzversuch), machten seine Nachfolger einen Kult daraus, eine Glaubensfrage. Widerspruch wurde zwecklos.

    Man muss da immer ein paar Kellertüren in seinem rational/kausal orientierten Bewusstsein aufmachen, um der inneren „Logik“ einer Disziplin wie der Homöopathie folgen zu können.

    Selbstverständlich führt das Ignorieren von Fakten und das Hinzunehmen von Annahmen schnell zur Beliebigkeit, zur mangelnden Falsifizierbarkeit mit normaler Alltagslogik, weil den solcherart Angegriffenen die Ausweichargumente gar nicht ausgehen können.

  16. Vielen Dank für die ausführlichen Antworten! Ich versuche eine Zusammenfassung, wie Homöopathen es sehen:

    1.
    Die homöpathische Arzneimittelprüfung erzeugt Symptome. Diese Symptome sind entscheidend bei der Arzneimittelfindung. Das war auch bisher mein Verständnis.

    2.
    Arsen D200 soll geeignet bei Symptomen sein, die einer Lebensmittelvergiftung ähneln. Das bleibt aus meiner Sicht unlogisch, denn man gibt ja die Hochpotenz, deren Wirkung aber durch die Arzneimittelprüfung bestimmt wird.

    3.
    Höhere Potenzierung bedeutet mehr Wirkung. Aber eben irgendwie anders, jedenfalls nicht chemisch, denn die letale Dosis Arsen D0 ist deutlich geringer als D2.

    Punkt 1 wäre in sich schlüssig, wenn es denn funktionieren würde. Punkt 2 stellt eine unlogische Verbindung Ursubstanz-Hochpotenz her. Punkt 3 ist jenseits von gut und böse.

    Eigentlich halte ich mich nicht für blöd. Aber ich habe schon allein Schwierigkeiten dabei zu verstehen, WIE Homöopathen es sehen…

  17. @Ich

    In der Argumentationskette, etwa in Höhe Deines Punkts 2, fehlt noch das Ähnlichkeits- oder Simile-Prinzip. Stark vereinfacht: Was beim Gesunden Symptome auslöst, heilt sie beim Kranken. Das Mittel muss also wissen, ob jemand gesund oder krank ist, um zu entscheiden, ob es giftig oder antitoxisch tätig werden soll.

    Was uns mit heutigem Wissen hanebüchen vorkommt, ist nur mit dem damaligen Krankheitsbild erklärbar, das seinerseits noch antike und mittelalterliche Vorstellungen mitgeschleppt hat, etwa die Vier-Säfte-Lehre (Humoralpathologie) und die Sache mit der Lebenskraft (Animalismus).

    Der Therapeut sucht also vorzugsweise das eine, sonst eben bzw. je nach praktizierter Variante die Symptome, die bestimmend für den Zustand des Patienten sind, und gibt ihm die Arznei, dessen Symptombild dem des Patienten am ähnlichsten ist (daher der Name). Soviel zum Thema „die Homöopathie behandelt den ganzen Patienten und nicht nur Symptome“.

    Wenn man es nur pharmazeutisch sieht, kann man es falscher gar nicht ausdrücken.

    Und dann gibt der Therapeut, folgt er Hahnemanns Anweisungen, genau ein (1) Mal das gefundene Mittel, übrigens ohne Vorgabe der Dosierung (gibt es in der gesamten Homöopathie nicht), und das ist dann entweder richtig („wer heilt, hat recht“) oder wurde zum falschen Zeitpunkt gegeben („Erstverschlimmerung“, das wird schon), oder es erweist sich als falsch, dann muss man ein anderes Mittel geben, auf keinen Fall nochmal dasselbe, weil dieses ja dessen spezifischen Symptome, die der Patient bis dahin offenbar gar nicht hatte, dann erst hervorrufen würde.

    Und dann: da capo al fine.

    Man muss, wie Du siehst, praktisch das gesamte biologische, chemische, anatomische, physiologische, medizinische und pharmazeutische Wissen der Neuzeit, so man denn überhaupt etwas davon erworben hat, ausblenden, um die Homöopathie praktizieren und von ihr überzeugt sein zu können.

    Aber gräme Dich nicht. Das Problem haben die Homöopathen doch auch, wenn sie ein wenig nachdenken.

    Nur dass sie sich, bevor sie dabei intellektuell absaufen, auf argumentatives Treibeis retten wie etwa dem Hamlet-Argument („mehr zwischen Himmel und Hölle als sich Eure Schul(!)-weisheit träumen lässt“) oder Debattenkillern wie „Gottes Wege sind unergr…“, ups, pardon, falscher Film: „wir wissen ja auch nicht, wie es funktioniert, muss man ja in der evidenzbasierten Medizin auch nicht, aber wir sehen ja, *dass* es funktioniert“.

    Niemand sonst sieht das, aber naja: Es gibt eben weiteren Forschungsbedarf.

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