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Zum Download: „Rechtliche Aspekte bei zweifelhaften Therapieangeboten“

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Bei der Fachtagung 2017 der „Initiative zur Hilfe gegen seelische Abhängigkeit und religiösen Extremismus“ referierte die Juristin Anja Gollan vom Sekten-Info NRW über „Rechtliche Aspekte hinsichtlich zweifelhafter Heilungs- und Therapieangebote“.

Im Tagungsband der EBI ist eine schriftliche Version des Vortrags erschienen. Es geht darin um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erlaubnispflicht beim „geistigen Heilen“, um Werbe- und wettbewerbsrechtliche Einschränkungen für „Geistheiler“ und um das Bundesverwaltungsgerichtsurteil zur „Synergetik-Therapie“.

Der Tagungsbericht (100 Seiten) steht hier als PDF zum Download bereit.

Zum Weiterlesen:

  • Interview: Zwangsprostitution, Voodoo- Zauber und das Strafrecht, GWUP-Blog am 17. August 2017
  • Recht: Welche Leistung ist „objektiv unmöglich“ – und wer bestimmt das? GWUP-Blog am 8. August 2013
  • Bericht über die Arbeit des Sekten-Info NRW und die Aktivitäten neuer religiöser Gemeinschaften 2017, Sekten-Info NRW am 20. April 2018
  • Geistheilerei: Das Ende einer Karriere – ein Gastbeitrag aus dem „Skeptiker“, Susannchen braucht keine Globuli am 7. Juli 2018
  • Konsumentenbund erwirkt Verfügung gegen „Krebsheilerin“, GWUP-Blog am 25. März 2016
  • Schluss mit Geistheilen – der Imbiss ist die wahre Berufung, GWUP-Blog am 25. März 2018
  • Aus für die Werbekategorie „Heilpraktiker für Krebstherapie“ bei Jameda, GWUP-Blog am 26. April 2018

7 Kommentare

  1. Ich zitiere eine GeistHeilerin aus Berlin:

    „Das Heilobjekt im Geistigen Heilen und im Schamanismus ist die Seele. Nach dem es die Seele im medizinischen Sinne bzw. Recht nicht gibt,ist deren Behandlung uneingeschränkt erlaubt,denn was im rechtlichen Sinne nicht existiert ,entbehrt jeden Rechtsverstosses…“

    Mit dieser Argumentationskette erlaubt man diesen Scharlatanen ,die wahrscheinlich selbst psychisch eine an der KLatsche haben, dass sie mit der der Psyche anderer Menschen herumexperementieren.

    Egal was passiert, sie sind in jedem Fall straffrei, da der Gesetzesgeber ihnen das Ausleben ihrer WahnsinnsIdeen und irren TherapieMethoden erlaubt.Die Schuld trägt für mich in jedem Fall hier der Gesetzgeber(die Gesellschaft) , die solche „Behandlungsmethoden“ legalisiert.

    Ich selbst befasse mich seit längerer Zeit mit dem metaphysischen Begriff „Geist“ und kann feststellen, dass ich diese dubiosen Machenschaften dieser „Geistheiler“ inzwischen durchauen kann(Geschäftsidee auf der Basis der Unkenntnis und Naivität der Menschen ). Seele und Geist sind nichtwissenschaftliche Begriffe aus einer Zeit, da Menschen noch nichts um die evolutionären Zusammenhänge von Gehirnstrukturen (Denken/Fühlen/Erkenntnis etc.) wußten.

  2. @Martin: Das ist bürgerlich-rechtlich schon mal geistheilerisch sehr, sehr falsch gesehen: Mit dieser Argumentation räumt sie ein, dass sich ihre Tätigkeit auf etwas objektiv Unmögliches richtet, auf die „Seele als Heilobjekt“. Das hat zur Folge, dass bei einer Vereinbarung über eine Gegenleistung zu einer solchen, von ihr eingeräumt objektiv unmöglichen Leistung, der Schuldner nach § 275 Abs. 1 „ohne Geltendmachtung (einer Einrede) von der Gegenleistung befreit. Man darf also nach den Dienstleistungen der Dame einfach aufstehen und gehen.

    Es führt sogar noch weiter. Da sie hier selbst einräumt, auf objektiv unmöglicher Basis zu „arbeiten“, rückt sie gefährlich nahe an einen strafrechtlichen (womöglich gewerblichen) Betrugsversuch heran, indem sie ihre Leistungen offeriert. Und das kann sehr unangenehm werden – Geistheilerurteil hin oder her (das bezieht sich nur auf die Legitimation zu staatlicher Regulierung).

    Ein schöner Tritt ins eigene Knie mit Küchenjuristerei.

  3. Das ist lustig.

    Gerade das Nichtvorhandensein von irgendwelchen Phänomenen oder Gegebenheiten ist in rechtlicher Hinsicht relevant: in allen Bereichen nämlich, in denen eine Täuschung, also die Erregung eines Irrtums, sanktioniert wird. Betrug nennt man das im Strafrecht, arglistige Täuschung im Zivilrecht.

    Es kommt nicht darauf an, ob es das vorgespiegelte Ding gibt oder nicht, sondern darauf, ob es zum Gegenstand einer Täuschungshandlung gemacht wird. Das Rechtsgut – das ist der Punkt, den die Geistheulerin übersieht – ist das subjektive Recht des Einzelnen, nicht aufs Glatteis geführt zu werden.

  4. Ich habe mir gerade diese oben avisierte „Geistheilerurteil“ angeschaut.

    Ich zitiere daraus:“…Ausreichend sind vielmehr charakterliche Zuverlässigkeit und verantwortungsbewusstes Handeln…“

    Wie bitte !?

    Der Volksmund würde darauf antworten: Das können sie einen erzählen, der die Hose mit der Kneifzange anzieht ! Diese Interpretation trägt für mich den Charakter einer naiven juristischen Weltsicht, da ich diese geforderten Werte mühelos schauspelerisch umsetzen kann. Scharlatane haben, so meine Erfahrung, von dieser schauspielerischen Begabung sehr sehr viel.

    Allein hier kann der Tatbestand einer arglistigen Täuschung bereits mit Hilfe dieser schwammigen Formulierungen völlig legal erfolgen,hauptsache es wird überzeugend gelogen.Solange es um Geld, viel Geld geht, habe ich starke Probleme mit der charalterlichen Zuverlässigkeit von Menschen.

    Auch stellt dieses Gesetz diese „Heilform“ in die Nähe der Spiritualität, was wiederum eine Beziehung zu Religionen herstellt.

    Letzteres bedeutet wiederum eine Aufwertung dieser „Heiler“ in den Augen der Bevölkerung da ihnen damit übersinnliche gottgleiche Begabungen unterstellt werden.

    Wiegesagt, dieses Gesetz ist zum Hose anziehen mit der Kneifzange gedacht, jedenfalls für mich.

  5. Zu U. Endruscheit
    „….Seele als Heilobjekt “

    Diesen Vorwurf kann ich juristisch auch auf die „Geistheiler“ beziehen, da der GEIST hier Heilobjekt ist und GEIST juristisch wohl auch etwas Unmögliches ist, oder ?

    Jedenfalls kann man ihn juristisch nur schwammig definieren und umgangssprachlich ist er für ein breites Spekkrum von allgemeinen Bewertungen zuständig

    ( Geisteskraft,Geistesgröße, Geist aus der Flasche, Geisteskrank,geistlos etc….) Sogesehen arbeitet der Gesetzesgeber hier für mich mit einem Phantom, was eine Gesetzgebung dazu eigentlich nicht möglich macht.Wie will man etwas heilen, was sicht nicht definieren läßt ?

    In Ergänzung zu meinem Kommentar von oben möchte ich erwähnen, dass diesen Geist-Heilern mit diesem „Geistheilergesetz“ diese übersinnliche und gottgleiche Begabung impliziert wird, was meiner Ansicht nach auch den Tatbestand von Betrug und Täuschung entspricht, da Menschen sich bestenfalls im WAHN für Götter halten können. Dieser Wahn wird hier offenbar juristisch legitimiert….

  6. @Martin
    Das Geistheilerurteil ist ein beklagenswertes Beispiel dafür, dass (auch) hohe Gerichte völlig an der Realität vorbeiurteilen können. Es kommt hier sogar noch dazu, dass der Rechtsweg in diesem Fall vom Dachverband der Geistheiler geradezu provoziert wurde, weil sie das für sie günstige Ende kommen sahen.

    Das Gericht hatte dabei keineswegs im Fokus, „Geistheilerei“ irgendwie innerhalb des objektiv Möglichen rechtlich zu qualifizieren. Im Gegenteil. Kern des Urteils war das Diktum des Gerichts, jedermann leuchte doch ohnehin ein, dass keine irgendwie geartete Korrespondenz zu den Angeboten von Ärzten und Heilpraktikern (letztes begleite ich mal mit einem lauten „hüstel…“) angenommen werden könne.

    Somit sei die ganze Sache nicht erlaubnispflichtig, solange nicht offen mit Ausübung der Heilkunst geworben würde, denn die Unterstellung unter staatliche Ordnungsaufsicht sei letztlich unverhältnismäßig.

    Bei zivilrechtlichen und auch strafrechtlichen Verfahren findet dieses Urteil denn auch keine Berücksichtigung, wenn die üblichen Tatbestandsmerkmale vorliegen. Seltsamerweise neigen jedoch die Gerichte in solchen Fällen zu unangebrachter Milde – geistheilerische Beeinflussung?

    https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.urteil-des-stuttgarter-amtsgerichts-dubiose-heilerinnen-vor-gericht-erfolgreich.7e01e383-9093-4f2d-95d6-8e383540f4c2.html

  7. Zu Udo Endruscheit
    „solange nicht offen mit der Ausübung der Heilkunst geworben wurde…“

    Ich denke, dass schon die Bezeichnung „Geist-Heiler“ bereits eine Werbung beinhaltet, impliziert sie doch , dass diese Menschen „Heiler“ sind, heilen können.

    Der Begriff „Heiler“ ist schon eine Werbung an sich.

    In diesem Land benötige ich wahrscheinlich zehn Genehmigungen von Ämtern,bevor ich einen Nagel in ein denkmalgeschütztes Haus schlagen darf. Meinen PKW darf ich nur benutzen,wenn ich TÜV habe. Wo bleibt der „TÜV“ für diese „Heiler“ ?

    In dieser Szene kann sich jeder, der ansonsten nichts kann und Langeweile hat bzw. schnell mal Geld machen will , GeistHeiler nennen, ohne irgendwelche staatlichen und medizinische Kontrollen und Auflagen zu durchlaufen. Motto: Den Begriff GEIST versteht eh keine Sau. Juristisch gesehen herrscht quasi Narrenfreiheit wie im Kölner Karneval. Dieses Urteil aus der Stuttgarter Zeitung zeigt, dass man rechtlich zwar gegen den Fakt des Wuchers vorgeht, aber den Umstand, dass hier eine Lüge zum Geschäftsmodell gemacht wurde, außen vor läßt.

    Dass diese materiell Geschädigte auch noch psychisch geschädigt wurde (stationäre Einweisung) spielt in der Urteilsfindung leider überhaupt keine Rolle.Mit solchen Urteilen werden der Hydra „Geistheiler“ nur noch weitere Köpfe wachsen, sprich es werden weitere Personen in sich die geistige Gabe des Heilens entdecken…Kölle Alaaf !kann man da nur rufen (Die Narren sind los)

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