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Verschwörungstheorien und die „Lügenpresse“ bei Skeptics in the Pub in Köln

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Es ist ebenso skandalös wie unglaublich, was die „Lügenpresse“ uns alles verschweigt.

Nehmen wir nur den Germanwings-A320-Absturz am 24. März:

Warum hat bislang nicht ein deutscher Journalist auf die Sicherheitsprobleme beim A320 in Zusammenhang mit kontaminierter Kabinenluft (TCP-/ Aerotoxisches Syndrom) hingewiesen? […]

Warum schweigen unsere Medien dazu? Warum lassen sie nur Sicherheits- und Luftfahrtexperten zu Worte kommen, die ständig gebetsmühlenartig wiederholen, es gäbe keine Sicherheitsprobleme?“

wollte der Alternativ-Auflärer Udo Ulfkotte am 26. März bei Kopp-Online wissen.

Harte Frage. Gehen wir ihr doch mal auf den Grund.

Ganze 48 Stunden vor Ulfkottes konspirologischer Suada, noch am Unglückstag, schrieb Spiegel-Online:

Erneut in den Fokus geraten könnten nun aber die Zwischenfälle mit offenbar giftigen Kabinendämpfen. Das knapp verhinderte Unglück in Köln 2010 war der dramatischste Fall, aber auch danach wurden mehrfach Flüge wegen verdächtigen Geruchs abgebrochen – zuletzt im Mai 2014.“

Focus-Online spekulierte am 25. März:

Airbus-Absturz: Verloren die Piloten durch giftige Gase das Bewusstsein?“

Am selben Tag berichtete tagesschau.de:

Triebwerksausfall, giftige Dämpfe in der Kabine, Druckabfall? Luftfahrtexperte Spaeth schildert mögliche Ursachen für den Absturz von Flug 4U9525.“

Offenbar schreibt der Herr Ulfkotte seine „Lügenpresse“-Kritik aus der „Lügenpresse“ ab und lügt dabei.

Weiteres Beispiel gefällig?

Warum verschweigen ausnahmslos alle deutschsprachigen Medien, dass auch schon eine Air France-Maschine an der gleichen Stelle mit 44 Passagieren am Berghang zerschellte?“

Äh, wer verschweigt da was?

Wiederum zwei Tage vor Ulfkottes Echauffiertheit stand bereits bei Welt-Online zu lesen:

Es ist nicht das erste Mal, dass die unwirtliche Bergregion bei Barcelonnette Schauplatz eine Flugzeugabsturzes wird. Am 1. September 1953 verunglückte dort eine Lockheed Constellation von Air France auf dem Weg von Paris nach Saigon in Vietnam.

42 Menschen kamen seinerzeit ums Leben, als die Maschine nachts am 3100 Meter hohen Mont Cimet zerschellte, darunter der Violinist Jacques Thibaud und der Komponist René Herbin.“

Und am 25. März bei n-tv:

Kein einmaliger Unglücksort – Bereits zweiter Absturz in der Alpen-Region.“

Oder nehmen wir Ken „Aluhut“ Jebsen, der neuerdings vom Stapel lässt, die …

… amerikanische Regierungskaste hat den IS, den Islamischen Staat, erfunden.

Wenn ich das vor zwei Wochen hier offen gesagt hätte, dann hätten wieder die „richtigen“ Leute gesagt: „Verschwörungstheorie“. Experten hätten gesagt: „Das ist ja jetzt nichts Neues.“

Aber jetzt kann ich das beweisen, und zwar aufgrund einer Organisation, die sich Judicial Watch nennt. Die hat nämlich die amerikanische Regierung gezwungen, geheime Papiere offenzulegen, und in diesen Papieren steht eben drin, dass die Vereinigten Staaten bewusst den IS gefördert haben, ihn erfunden haben gewissermaßen, um was zu tun? Um die syrische Opposition zu stärken, um Assad zu stürzen.“

Mitnichten.

Das besagte Dokument datiert von 2012 und beschreibt lediglich verschiedene Szenarien, wie sich der Konflikt entwickeln könnte – darunter auch ein mögliches Erstarken des IS, begünstigt „durch Heuchelei und Versagen der US-Regierung“, wie Spiegel-Online kommentiert.

Alles in allem ist es wahrlich nicht weit her mit den angeblichen „Alternativen“ zur angeblichen „Lügenpresse“.

Die Schweizer Fachstelle „infosekta“ merkt dazu an:

Verschwörungstheoretiker reagieren auf bestimmte Stichworte mit Herzklopfen und einer erwartungsvollen Erregung. Sie tauschen ihre Theorien im engen Kreis von Gleichgesinnten aus, kommen aber, was die Fakten ihrer Theorien angeht, nicht wirklich weiter. Ist ja auch klar warum: Die Verschwörer spielen mit verdeckten Karten.

Da sind Journalisten, die in jahrelanger Arbeit – mit viel Schweiss und ohne Herzklopfen – Quellen kontaktieren und Archive auswerten, im Vorteil. Sie werden nicht von einer grundlegenden Frustration der Welt gegenüber und einem Ohnmachtsgefühl angetrieben.

Sie wissen nichts von allmächtigen Vaterfiguren, die dafür verantwortlich wären, aber Einiges über banale Ungerechtigkeit, die nur mit Arbeit und Objektivität zu bekämpfen ist.“

Darüber spricht der Psychologe Dr. Sebastian Bartoschek am Dienstag (7. Juli) bei Skeptics in the Pub in Köln:

Sie sind wieder da. Oder waren sie immer da? Verschwörungstheorien. In der Mitte der Gesellschaft.

Egal ob es um die drohende Islamisierung Deutschlands oder antizionistische Kapitalismuskritik (a.k.a. Antisemitismus) geht: dank PEGIDA & Charlie Hebdo sind alte Ressentiments wieder neu in aller Munde. Nur die Presse soll angeblich zu allem lügen. Und deswegen gehört sie beschimpft, bedroht, beschränkt.

Sebastian Bartoschek kennt beide Seiten: die der Zahlen und Fakten zu Verschwörungstheorien und was man als Journalist einstecken muss, der gegen linke und rechte Trotteltheoretiker zu Felde zieht. Davon berichtet er.“

Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr im Herbrand’s.

Einen ähnlichen Vortrag hielt Bartoschek vor einigen Tagen in Münster:

Update: Das Vortrags-Video ist jetzt online.

Zum Weiterlesen:

  • DIA-Dokument: Das Märchen vom US-Masterplan für den „Islamischen Staat“, Spiegel-Online am 29. Mai 2015
  • UFO-Nazis, „kriminelle Ausländer“ und BRD GmbH: Was schreibt die „Wahrheitspresse“? Vice am 22. Juni 2015
  • Verschwörung der Woche: Ist der IS eine Machenschaft von CIA und Mossad? Zeit-Online am 6. November 2014
  • Medienkritik, Paranoia und “Alternativ-Journalismus”, GWUP-Blog am 2. November 2014
  • Vor Ken Jebsen ziehen alle den Aluhut, GWUP-Blog am 1. Juni 2015
  • “Inszenierter Terror”: Die Geistesblitze des Ken Jebsen, GWUP-Blog am 11. Januar 2015
  • Beate Zschäpe hört U2 und Ken Jebsen kann nichts dagegen tun, GWUP-Blog am 11. Februar 2015
  • Viagra in Chemtrails und anderer Nonsens: Verschwörungsfans sind leichtgläubiger, GWUP-Blog am 4. Juni 2015
  • Sind Verschwörungstheoretiker “vernünftiger“? Natürlich nicht, GWUP-Blog am 18. Januar 2015
  • Haben wir eine “Systempresse”? Was ist das überhaupt? Kann man denn noch guten Gewissens Zeitung lesen? Indub.io am 3. November 2014
  • Die Wahrheit über die Lügen der Journalisten, Krautreporter am 24. Oktober 2014
  • Sebastian Bartoschek: Bekanntheit von und Zustimmung zu Verschwörungstheorien. JMB-Verlag, Hannover 2015
  • Sebastian Bartoschek – Verschwörungstheorien – eine empirische Grundlagenarbeit (Rezension), Natur des Glaubens am 9. Mai 2015

8 Kommentare

  1. Ich denke, Ulfkotte hat seine Vermarktungsnische gefunden bzw ist langsam in sie hineingewachsen. Und ich denke, er hat das Potential sich zum deutschen David Icke zu entwickeln.

  2. @trixi
    Dieser „ehrenwerte“ Ulf ist sich im übrigen nicht zu schade bei seinem eigenen Vortrag einen 15 jährigen SPDler der ihm widerspricht zuerst gegen die Wand und dann auf den Boden zu drücken – flankiert von seinen Security die u.a. NPD Leute waren.
    Soviel zur Meinungsfreiheit.

  3. Weil zwei Spinner vermeintliche „Lügen“ der Presse anprangern, die gar keine Lügen sind, sind all die vielen anderen – na sagen wir mal: – „Ungenauigkeiten“ der Presse natürlich nicht automatisch verschwunden oder entschuldigt; es gibt da jeden Tag immer noch reichlich Unsinn, Quatsch, Irrtümer, ja, auch Lügen (ich erinnere nur an all die Russenhetze; hingegen die Kriege, Morde, militärische Drohgebärden in Europa, das weltweite Ausspionieren, und die offizielle Weltherrschafts-Politik etc. einer anderen Großmacht wird – wie von der deutschen Politik – von der Presse kleingehalten und kleingeschrieben).

    Kennt man sich in einem Thema sehr gut aus und liest dann etwas darüber in ZEIT, FAZ, SZ oder Spiegel, kann man sehr oft nur den Kopf schütteln über soviel Ahnungslosigkeit. Manchmal allerdings, da möchte man einem Schreiber gerne gratulieren, nämlich dann, wenbn er tatsächlich mal recherchiert hat, zeigt, dass er Ahnung hat. Kommt auch vor, aber äußerst selten. Ein paar Willi Winkler-Artikel fallen mir da ein… oder wenn man mal einen Gastautor ranläßt; Max Goldt und z.B. sein Artikel nach „NineEleven“ in der Zeit…

  4. Ich wundere mich wie manche Leute davon Leben, anstatt bei McDonalds zu arbeiten

  5. Interessante Betrachtung:

    „Was die Putinversteher missverstehen“

    http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-12/russland-wladimir-putin-kreml-russophobie

  6. Bisher mochte ich diese Journalistin nicht. Aber diese Rede zum Thema Journalismus und Rassismus hat mich überzeugt:
    http://web.de/magazine/unterhaltung/tv-film/goldene-kamera-tv-journalistin-dunja-hayali-31334494

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