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Die „Bestie von Gévaudan“: Werwolf, Hybride oder Serienmörder?

| 16 Kommentare

Heute vor 250 Jahren fand die „Bestie von Gévaudan“ ihr erstes Opfer.

Darüber berichtet Welt-Online.

Aber auch bei Hoaxilla und in einem meiner Bücher finden sich ausführliche Schilderungen des Falls:

Am 30. Juni 1764 wird 14-jährige Jeanne Boulet aus der Pfarrei Saint-Etienne-de-Lugdarès in den Wäldern der Auvergne von einem mysteriösen Raubtier angefallen und stirbt einen grausamen Tod.

Kurz davor, im April, war eine Bäuerin, die ihre Kühe weidete, von einem riesigen Ungeheuer angegriffen worden. Die Hunde liefen in Panik davon, aber mehrere Ochsen stellten sich dem merkwürdigen Biest entgegen, und die Frau überlebte.

Sie und andere Augenzeugen beschreiben ein furchterregendes Wesen:

Es war weitaus größer als ein Wolf und hatte eher den Umfang und das Gewicht einer Kuh. Der riesige Kopf besaß breite, rötlich gefärbte Kiefer, die spitz zuliefen. Wenn das schreckliche Maul mit den riesigen Zähnen geöffnet war, klaffte ein Rachen von knapp einem halben Meter Weite.

Die Ohren der Bestie erschienen eher klein, das Fell war hellgrau und an der Brust weiß, ziemlich kurz und mit einer Zeichnung entlang dem Rückgrat. Mit den großen, krallenbewehrten Klauen konnte das Monster kräftig zupacken und sein Schweif war so lang wie der eines Wolfes oder eines Pferdes.

Das Untier war sehr flink. Man beobachtete es manchmal am selben Tag an mehreren, weit auseinander liegenden Orten. Auf der Jagd bewegte es sich schleichend mit dem Bauch am Boden fort, so als ob es kriechen würde.

Wenn es ein Beutetier oder einen Menschen ausfindig gemacht hatte, sprang es ihn an wie eine Katze. Danach ging es ihm an die Kehle und verschlang dann Herz und Lungen. Auch die Kraft der Bestie war geradezu furchteinflößend. Ein Schäfer behauptete, sie sei fähig gewesen, sich auf die Hinterbeine zu stellen und dabei ein Schaf hochzuheben.

Die Hunde, so hieß es, flohen vor ihr.“

In den folgenden Monaten terrorisiert die Bestie von Gévaudan den Süden des französischen Zentralmassivs.

Vor allem Frauen, Kinder und Heranwachsende werden bestialisch zugerichtet tot aufgefunden.

Am Ende zeugen die Akten von 240 Überfällen und 112 Todesopfern. 53 Menschen kommen mit Verletzungen davon.

König Ludwig XV. schickt eine Dragonereinheit in die entlegene Region in der Auvergne und setzt eine hohe Belohnung auf den Kopf des Menschenschlingers aus.

Abenteurer und berühmte Wolfsjäger machen sich auf in das Gévaudan und veranstalten Treibjagden, bei denen Hunderte Wölfe getötet werden. Doch die Serie von Überfällen reißt nicht ab.

Im September 1765 schießt der königliche Armbrustträger und Zweite Jäger des Königs François Antoine de Beauterne in der Nähe von Pommier einen ungewöhnlich großen Wolf. Er wartet einige Wochen ab, ob sich weitere Gräueltaten ereignen.

Als nichts geschieht, reist er zurück nach Paris und kassiert die Belohnung.

Aber das Morden geht weiter.

Am Südhang des Mont Mouchet werden am 2. Dezember 1765 erneut zwei Kinder angefallen. Der Bischof von Mende predigt vom Zorn Gottes und zitiert aus dem Buch Deuteronomium:

Den Zahn der Raubtiere lasse ich auf sie los.“

Bei den verängstigten Bewohnern verdichtet sich die Überzeugung, nur eine Ausgeburt der Hölle könne derart unvorstellbare Bluttaten begehen und seine Verfolger zum Narren halten – etwa ein Werwolf.

Und in Wirklichkeit? Wer oder was war die Bestie von Gévaudan?

Am 19. Juni 1767 gelingt es einem Bewohner der Region namens Jean Chastel, das Monster zur Strecke zu bringen – angeblich mit Silberkugeln.

Man schafft den Kadaver in eine nahe Adelsresidenz, wo der königliche Notar aus Langeac, Maître Etienne Marin, folgenden Bericht anfertigt:

Herr Marquis hatte dieses Tier in sein Schloss in Besques, Pfarrei Charraix tragen lassen. So haben wir uns entschlossen, uns dorthin zu begeben, um es dort zu untersuchen. […]

Herr Marquis ließ uns dieses Tier vorführen. Es schien ein Wolf zu sein, doch ein sehr außergewöhnlicher und sehr verschieden von den anderen Wölfen dieser Gegend. Das haben uns mehr als 300 Personen aus der Umgegend bezeugt.

Einige Jäger und viele Fachleute haben ausgesagt, dass dieses Tier nur durch den Schwanz und dem Hinterteil dem Wolf ähnelt. Sein Kopf ist ungeheuerlich. […]

Sein Hals ist bedeckt von einem sehr dichten Fell von einem rötlichen Grau, durchzogen von einigen schwarzen Streifen; es hat auf der Brust einen großen weißen Fleck in Form eines Herzens.

Die Pfoten sind bestückt mit vier Krallen, die viel mächtiger sind als die anderer Wölfe; besonders die Vorderbeine sind sehr dick und haben die Farbe des Rehbocks, eine Farbe, die Fachleute noch nie bei einem Wolf sehen konnten.

Die Maße, die wir feststellen konnten: Länge: 1,50 m, Schulterhöhe 0,77 m, Maulspannweite 19 cm, Länge Schwanzwurzel bis zum Kopfoberteil: 99 cm, […] Schulterbreite: 30 cm, Durchmesser des Schwanzes: 9,5 cm.“

Aus heutiger Sicht deutet diese Beschreibung auf einen Wolfshybriden hin, also eine Mischverpaarung, wahrscheinlich mit einer Dogge.

Spekulationen über eine Streifenhyäne, eine exotische Großkatze oder gar einen Pavian können wir wohl ins Reich der Fabeln verweisen, da die Untersucher ausdrücklich von einem „außergewöhnlichen Wolf“ sprechen – und nicht von etwas völligem anderem.

Allerdings ist der erfolgreiche Monsterjäger Jean Chastel eine höchst zwielichtige Gestalt.

Gerüchte gehen um, der Bauernsohn habe die Bestie von Gévaudan selbst gezüchtet und als Mordwerkzeug abgerichtet, um sich anschließend an den Leichen zu vergehen.

Andere sagen, Chastel erschoss und präsentierte der Öffentlichkeit die wolfsähnliche Kreatur, um den wahren Täter – einen Serienmörder – zu decken: entweder einen seiner Brüder. Oder seinen Sohn Antoine.

Denn einer der Überlebenden, der zwölf Jahre alte Schuljunge Jacques André Portefaix, der im Januar 1765 attackiert wurde, will einen Mann im Wolfsfell gesehen haben.

Auch Hütekinder, die einen Überfall überlebt hatten, berichteten, dass das Tier direkt auf sie zugelaufen sei und die Schafe oder Ziegen, die eine leichte Beute gewesen wären, einfach ignorierte.

Der französische Spielfilm „Pakt der Wölfe“ wartete gar mit einer großangelegten Verschwörung gegen den König auf.

Wie auch immer:

Leider wird versäumt, die Kreatur sorgfältig einzubalsamieren, und als die Überreste in Versailles eintreffen, findet man in der Transportkiste nur noch stinkendes Aas vor. Der König befiehlt, die Tierleiche zu verscharren.

Und so ist das Rätsel um das Killerbiest zumindest nicht vollständig gelöst.

Zum Weiterlesen:

16 Kommentare

  1. <>
    Hehe, der Name erinnert mich doch an jemanden…

    Vielleicht sollte derjenige mal eine Hypnose oder so etwas machen, vielleicht hatte er ein früheres Leben.

    Dann könnte man das ganze sozusagen aus erster Hand auflösen.

  2. Ich meine den Namen des zwielichtigen Monsterjägers…

  3. Im Lauf der Jahre 1764-67 wurde im Gévaudan etwa ein halbes Dutzend Wölfe als angebliche Bestien erlegt. Die Beschreibungen dieser Wölfe wurden jeweils so zurechtgebogen, dass sie Beschreibungen der tatsächlichen Bestie entsprachen. Im Prinzip dasselbe Theater (Zeugen, Autopsie usw.), das 1767 mit Chastels Wolf veranstaltet wurde, war bereits zwei Jahre zuvor mit Antoines Wolf veranstaltet worden. Chastels Wolf wog 53 Kilogramm, der Hirnschädel war kaum größer als eine menschliche Faust. Wie soll dieses Tier erwachsene Menschen über große Distanzen verschleppt, Neunmetersprünge absolviert, Pferde angegriffen und Menschen mit seinen Krallen attackiert haben? Es kann aus zoologischer Sicht kein vernünftiger Zweifel sein, dass die Bestie eine aus Gefangenschaft entkommene Großkatze war. Der kleine Jacques Portefaix hat ganz sicher nicht behauptet, er sei von einem Mann im Wolfsfell angegriffen worden. Da hat offenbar jemand im Nachhinein unter Jacques’ Namen Nonsense zusammengereimt. Eine Analyse unter anderem des umfangreichen Archivmaterials, das die Äbte Pourcher und Fabre in vergangenen Jahrhunderten zusammengetragen haben, findet man bei Amazon: Die Bestie des Gévaudan; Kindle Edition.

  4. @Jacques:

    Ich habe ja ein gewisses Verständnis dafür, dass Sie Werbung für Ihr Buch machen möchten.

    Trotzdem fällt es mir schwer, hier einen sinnvollen Diskussionsansatz zu erkennen.

    Haben Sie den Artikel überhaupt gelesen?

    Sowohl ein normaler Wolf als auch Chastels Wolf als auch ein Mann im Wolfsfell als auch eine Großkatze können mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden und entsprechen auch nicht dem Fazit unseres Beitrags.

    Ihr Archivmaterial in allen Ehren, aber unkritisch „Augenzeugenberichte“ von „Neunmetersprüngen“ wiederzugeben, zeugt nicht gerade von einem tieferen Verständnis des sogenannten Zeugenproblems bzw. von einer wissenschaftlichen Analyse.

  5. @ Bernd Hader:

    Da Sie in Ihrem Artikel selbst auf eines Ihrer Bücher hinweisen, freut es mich sehr, dass Sie auch Kommentatoren dieses Recht einräumen. Doch, ich habe Ihren Artikel gelesen, selbstverständlich. Ich lese immer, was ich kommentiere. Haben Sie die grundlegenden Werke von Pourcher und Fabre gelesen? Den Neunmetersprung (28 Fuß) können Sie in Pierre Pourchers Buch auf Seite 258 nachlesen; vermessen wurde der Sprung, ebenso wie der über eine 17 bis 18 Fuß hohe Hecke von d’Enneval senior. Dieser Herr d’Enneval, Grand louvetier und damit Jäger in königlichen Diensten, ist gänzlich unverdächtig, sich zu Übertreibungen hinreißen zu lassen, denn er beharrte bis kurz vor seiner Abreise aus dem Gévaudan darauf, die Angriffe seien von einem ganz normalen Wolf durchgeführt worden. Wissenschaftliches Denken ist mir keineswegs fremd, auch wenn Sie einen anderen Eindruck von mir haben. Ich habe über ein säugetierkundliches Thema promoviert und kann eine Katze selbst dann erkennen, wenn sie mir lediglich in Gestalt alter Texte begegnet. Umso mehr bin ich gespannt, anhand welcher Kriterien Sie eine Großkatze ausschließen.

  6. @Jacques:

    „Den Neunmetersprung (28 Fuß) können Sie in Pierre Pourchers Buch auf Seite 258 nachlesen.“

    Ich schätze, dazu benötigt man eine „Abstoß-“ und eine „Aufprall“-Stelle.

    Die gibt es – aber keine Abdrücke der Pfoten oder Tatzen, die man leicht einem Wolf oder einem anderen Tier hätte zuordnen können? Vielleicht hatte der Herr d’Enneval ja gute Gründe, auf einem Wolf zu beharren.

    „Umso mehr bin ich gespannt, anhand welcher Kriterien Sie eine Großkatze ausschließen.“

    Sie können mich gerne korrigieren, aber auch das ist in dem Text erwähnt: Keiner der Überlebenden hat von einer Katze oder einem exotischen Raubtier berichtet.

    Dagegen sprechen würden ferner heutige Erfahrungen mit exotischen Raubkatzen, die in Europa aus Gefangenschaft (Zoo, Tierpark etc.) geflohen sind.

    keines dieser Tiere hat je – nach meinem Wissen – einen Menschen angegriffen, schon gar nicht Dutzende oder Hunderte, sondern verhält sich extrem scheu und noch dazu sehr unbeholfen in freier Wildbahn, was in der Regel nach wenigen Stunden bereits zum Abschuss oder zur neuerlichen Gefangennahme führt.

    Zahlreiche Beispiel brauche ich sicher nicht detailliert aufzuzählen:

    http://www.express.de/panorama/aus-zirkus-ausgebrochen-entlaufener-loewe-erschossen,2192,8244144.html

    http://www.20min.ch/wissen/history/story/30611689

  7. D’Enneval hat seine Wolfs-Hypothese kurz vor seiner Abreise und nach wochenlangen vergeblichen Treibjagden revidiert. Er stand unter anderem vor dem Problem, dass sich seine zur Wolfsjagd abgerichteten Hunde nicht für die Fährte der Bestie interessierten und dass diese ‚Bluthunde‘, als es schließlich doch zur Konfrontation mit der Bestie kam, selbst zu sechst nicht in der Lage waren, die Bestie zu überwältigen. Ein anderer Zeuge, der Kurat Ollier, vermaß die Trittsiegel der Bestie unmittelbar nach einem Angriff. Er übersandte dem Intendanten einen (zumindest zu Fabres Zeiten noch erhaltenen) Papierstreifen mit der von ihm abgenommenen Trittsiegellänge von 16,2 Zentimetern. „Quod vidi testor“ hatte Ollier darauf geschrieben, also: „ich bezeuge, es so gesehen zu haben“. 16 Zentimeter sind Großkatzenniveau, dieses Maß ist lediglich ein weiteres von vielen Mosaiksteinen, die sich harmonisch ins Katzenbild fügen.

    „Keiner der Überlebenden hat von einer Katze oder einem exotischen Raubtier berichtet.“

    Doch, es stand immer wieder das Thema ‚Katze’ im Fokus, das Thema exotisches Raubtier ohnehin, so wurde wegen des fremdartigen Erscheinungsbilds der Bestie im Herbst 1764 spekuliert, das Tier könne eine Hyäne sein. Der Dragoneroffizier Duhamel schrieb: „Dieses Tier ist ein Monster, dessen Vater ein Löwe ist“. Mehrfach wurde auf die katzenhafte Wendigkeit hingewiesen, darum attestierte man Chastels Wolf bei der Autopsie eine besondere Anordnung (welcher Art?) der Rippen, die diese Wendigkeit erklären sollte. Wenn die Bestie auf der Lauer liege, „spiele“ sie mit ihrem Schwanz wie eine Katze hieß es, usw.

    „keines dieser Tiere hat je – nach meinem Wissen – einen Menschen angegriffen“

    Löwen zum Beispiel entwickeln sich immer wieder zu Serienkillern, vor allem, wenn man ihnen ihr gewohntes Nahrungsspektrum raubt. Und das hatte man indirekt mit der Bestie gemacht. Berüchtigt wurden unter anderem die Tsavo Man-Eaters in Kenia und die Man-Eaters of Njombe in Tansania. In Tansania sterben noch heute in manchen Jahren bis zu hundert Menschen durch Löwenangriffe. Auch Tiger können zu Menschenfressern werden.

    „verhält sich extrem scheu und noch dazu sehr unbeholfen in freier Wildbahn, was in der Regel nach wenigen Stunden bereits zum Abschuss oder zur neuerlichen Gefangennahme führt.“

    Die Verhältnisse vor 250 Jahren im Gévaudan waren völlig anders als heute. Das Gévaudan war ein extrem unzugängliches Land mit Schluchten, Höhlen, Mooren. Mit den damaligen Waffen konnte man Wölfe erlegen, aber keine Großkatzen. Die Bestie wurde mehrfach aufgespürt und angeschossen, sie überlebte alle Schussverletzungen, selbst wenn die Schüsse aus geringer Distanz abgefeuert wurden. Verlassen Sie sich besser nicht darauf, dass eine Großkatze Menschen gegenüber scheu ist. Gerade die aus Gefangenschaft geflohenen Tiere sind verhaltensgestört und allein schon deswegen ‚hoch explosiv’.

  8. @Jacques:

    Das ist interessant, aber offenkundig kommen wir nicht über Spekulationen hinaus.

    „16 Zentimeter sind Großkatzenniveau“

    Was hat denn die „Größe“ damit zu tun? Selbst ein Laie kann doch einen Pfotenabdruck einer Katze von dem eines Hundes unterscheiden? Da gibt es doch andere Merkmale als nur die „Größe“.

    „Doch, es stand immer wieder das Thema ‚Katze’ im Fokus, das Thema exotisches Raubtier ohnehin, so wurde wegen des fremdartigen Erscheinungsbilds der Bestie im Herbst 1764 spekuliert“

    Sorry, meine Frage ging nach „Augenzeugenberichten“ und Belegen, nicht nach dem, was im Raum stand oder was aus welchen Gründen auch immer spekuliert wurde oder was gewesen sein „könnte“.

    In dem Notarbericht, der oben zitiert wird, heißt es:

    „Es schien ein Wolf zu sein, doch ein sehr außergewöhnlicher und sehr verschieden von den anderen Wölfen dieser Gegend.“

    Ich nehme an, auch im 18. Jahrhundert wäre man in der Lage gewesen, eine Raubkatze eindeutig von einem wolfsähnlichen Wesen zu unterscheiden?

    „Berüchtigt wurden unter anderem die Tsavo Man-Eaters in Kenia und die Man-Eaters of Njombe in Tansania. In Tansania sterben noch heute in manchen Jahren bis zu hundert Menschen durch Löwenangriffe. Auch Tiger können zu Menschenfressern werden.“

    Aber nicht hierzulande, fernab von ihrem natürlichen Lebensraum. Aus diesem Grund habe ich ausdrücklich von ausgerissenen exotischen Raubkatzen in Europa geschrieben.

    „Mit den damaligen Waffen konnte man Wölfe erlegen, aber keine Großkatzen.“

    Der Sinn dieses Satzes erschließt sich mir nicht wirklich und deutet aus meiner Sicht wiederum stark ins Mythenhafte.

    „Verlassen Sie sich besser nicht darauf, dass eine Großkatze Menschen gegenüber scheu ist.“

    Ich „verlasse“ mich auf das, was bekannt und belegt ist.

    Nennen Sie mir bitte Fälle, bei denen hier in Europa ausgerissene exotische Großkatzen Menschen angegriffen oder getötet haben, gerne auch länger zurückliegend.

    Ich kann Ihnen zahlreiche Fälle (zwei habe ich Ihnen genannt) belegen, wo das eben gerade nicht der Fall war.

    „Wenn die Bestie auf der Lauer liege, „spiele“ sie mit ihrem Schwanz wie eine Katze hieß es“

    Wer konkret hat denn je die Bestie wo genau auf der Lauer beobachtet? Wäre dies der Fall gewesen, müsste doch eine genaue und eindeutige Beschreibung/Identifizierung überliefert sein?

    Alle „Mosaiksteinchen“, die Sie schildern, deuten nach heutiger Erfahrung mit kryptozoologischen Mythen eher auf eine Legende hin, die aus zahlreichen und zum großen Teil widersprüchlichen Episoden und Beobachtungen zusammengesetzt worden ist.

    Trotzdem danke für die interessante Diskussion, gerne schaue ich in Ihr Buch mal rein.

    Ich denke aber, „lösen“ werden wir dieses Rätsel mit den zur Verfügung stehenden Informationen wohl nicht mehr.

  9. @ trixi

    Pareidolie, was es nicht alles gibt, wieder ein Wort gelernt. Ich habe keine Ahnung von Psychologie, dafür weiß ich, wie man in den Naturwissenschaften Erkenntnisse gewinnt. Man stellt Hypothesen auf und überprüft die dann auf ihre Richtigkeit, etwa indem man das Datenmaterial statistisch aufbereitet, und zwar so, dass das Ergebnis von jedermann nachvollziehbar ist. Genau das habe ich mit den Bestiendaten gemacht. Dabei ist zunächst einmal herausgekommen: Mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit lassen sich die Angriffe der Bestie nicht durch Angriffe von Wölfen erklären.

    Ich erkläre das gern im Detail, allerdings würde das den Diskussionsrahmen hier sprengen. Wenn es also mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Wölfe waren: Was war es dann? Die historischen Quellen (ich meine nicht die kümmerlichen Textfragmente, die im Internet kursieren) sprudeln über vor Informationen. Was berichteten die Menschen im Gévaudan über die Größe des Tieres? Mit welchen Einschränkungen darf man die Rinder im Gévaudan zum Größenvergleich heranziehen? Was berichteten Zeugen über das Verhalten der Bestie? Welche Rückschlüsse kann man aus den exakt vermessenen Verletzungen ziehen, die die Bestie einem Pferd zugefügt hat? Was können wir aus dem Opfertransport über die Kraft der Bestie ableiten? Was wissen wir über das Aussehen des Tieres? Und siehe da: Es läuft auf eine bestimmte Katzenart hinaus. Dieses Ergebnis kann selbstverständlich infrage stellen, wer immer das möchte: Aber bitte mit konkreten Belegen und ohne Herrn Däniken zu bemühen.

    Das Buch von Herrn Smith kann auch ich wärmstens empfehlen. Smith ist ein hervorragender Kenner des damaligen geschichtlichen Umfelds. Der Untertitel seines Buches heißt „The Making of a Beast“, und das sehe ich, allerdings ein wenig umgedeutet, auch so: Diese Bestie wurde von Menschen zur Bestie gemacht, indem man sie nach Europa verschleppt hat.

    @ Bernd Harder

    „Was hat denn die “Größe” damit zu tun?“

    Ist jetzt aber nicht ernst gemeint, oder? Ein Trittsiegel von 16 Zentimetern übersteigt ganz erheblich die Dimension eines Wolfspfotenabdrucks. Allein damit wird das infrage kommende Artenspektrum dramatisch eingeschränkt. Krallenabdrücke wurden unmittelbar am Angriffsort und auf verfestigtem Boden festgestellt, im letzteren Fall also genau dort, wo die Pfotenabdrücke von Wölfen in aller Regel keine Krallenspuren hinterlassen.

    „Sorry, meine Frage ging nach “Augenzeugenberichten“

    Ja, sicher geht es um Augenzeugenberichte. Die Augenzeugen haben versucht, ihre Beobachtungen einer Tierart zuzuordnen.

    „Ich nehme an, auch im 18. Jahrhundert wäre man in der Lage gewesen, eine Raubkatze eindeutig von einem wolfsähnlichen Wesen zu unterscheiden?“

    Die Angegriffenen waren Bauern, die weder lesen noch schreiben konnten. Ihr Problem war es, dem täglich drohenden Hungertod zu entkommen. Sie hatten kein Geld, um mit ihren Kindern exotische Tiere in Wandermenagerien zu bestaunen. Und schon gar nicht hatten sie Buffons Tier-Enzyklopädie im Regal stehen. Aber sie waren nicht blöd: Klar war ihnen, dass die Bestie kein Wolf sein konnte.

    „Der Sinn dieses Satzes erschließt sich mir nicht wirklich und deutet aus meiner Sicht wiederum stark ins Mythenhafte.“

    Also bitte … Was hat denn das mit Mythenbildung zu tun, wenn eine Schusswaffe zwar genug Durchschlagkraft hat, um einen Wolf zu töten, aber nicht genug, um eine Großkatze zu töten. Fakt ist, dass immer wieder Wölfe mit ein/zwei Schüssen getötet wurden, dass die Bestie dagegen sämtliche Schüsse, von denen wir wissen, überlebt hat.

    „Nennen Sie mir bitte Fälle, bei denen hier in Europa ausgerissene exotische Großkatzen Menschen angegriffen oder getötet haben, gerne auch länger zurückliegend.“

    Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, ein ausgerissener Tiger oder Löwe sei harmlos? Warum soll eine Raubkatze, die nach Europa verschleppt wurde, harmloser sein als in ihrer Heimat? Allein in Frankreich gab es mehrere Angriffsserien, für die nur Großkatzen infrage kommen. Fast alle ereigneten sich zu einer Zeit, als Menagerien in Mode kamen. 1630er und 1650er Jahre: im Gâtinais, über 300 Tote und Verletzte; 1677-1683: südlich von Versailles und in Rambouillet, über 190 Tote; 1690-1692: bei Orléans, 200 Tote und Verletzte;
1693-1694: in der Touraine, mindestens 130 Tote; 1698-1700: im Limousin, Opfer waren „viele Männer, Frauen, Jungen und Mädchen“; 1752-1756: im Dauphiné, „zig Opfer“.

    „Wer konkret hat denn je die Bestie wo genau auf der Lauer beobachtet? Wäre dies der Fall gewesen, müsste doch eine genaue und eindeutige Beschreibung/Identifizierung überliefert sein?“

    Ja, selbstverständlich wurde die Bestie eindeutig beschrieben, darum geht es mir ja. Sie wurde wieder und wieder beschrieben – mit Details, die nur jemand nennen kann, der das Tier tatsächlich gesehen hat und die nicht erfunden worden sein können, weil sie in ihrer Gesamtheit stimmig sind. Am 8. Oktober 1764 lauerte die Bestie beispielsweise hinter einer Mauer, nachdem ihr erster Angriff auf einen jungen Hirten fehlgeschlagen war. Sie wurde nicht nur von dem Hirten gesehen, sondern auch von einer eintreffenden Jägertruppe.

    „Alle “Mosaiksteinchen”, die Sie schildern, deuten nach heutiger Erfahrung mit kryptozoologischen Mythen eher auf eine Legende hin, die aus zahlreichen und zum großen Teil widersprüchlichen Episoden und Beobachtungen zusammengesetzt worden ist.“

    Die von mir als Mosaiksteinchen bezeichnete Größe des Trittsiegels ist eine Legende? Woran sind die rund hundert Angriffsopfer gestorben? An einem „kryptozoologischen Mythos“? In welcher Hinsicht basiert mein Gesamtbild auf „widersprüchlichen Episoden und Beobachtungen“? Es basiert schlicht und einfach darauf, dass ich mir die Zeit genommen habe, historische Quellen zu lesen.

  10. @Jacques:

    Wir drehen uns um Kreis, ich sehe nicht, zu was konkret die Diskussion noch führen soll?

    „Wahrscheinlichkeit keine Wölfe waren: Was war es dann?“

    Auch das wird in dem obigen Beitrag ausgeführt, deshalb habe ich nachgefragt, ob Sie diesen gelesen haben.

    Es wird angenommen, dass es sich um einen Wolfshybriden handelte, also weder um einen normalen Wolf noch um „Wölfe“.

    Sie konstruieren fortwährend einen Gegensatz, der gar nicht zur Debatte steht.

    „und das sehe ich, allerdings ein wenig umgedeutet, auch so: Diese Bestie wurde von Menschen zur Bestie gemacht, indem man sie nach Europa verschleppt hat.“

    Verglichen mit dem besagten Buch ist das aber eine sehr eigenwillige Umdeutung.

    Darf ich nochmal daran erinnern, was trixi geschrieben hat: Wenn die Interpretation im Kopf bereits feststeht, kann man alles so „umdeuten“, dass es zur eigenen Anschauung passt.

    „Ein Trittsiegel von 16 Zentimetern übersteigt ganz erheblich die Dimension eines Wolfspfotenabdrucks.“

    Von einem Wolf ist auch keine Rede, siehe oben.

    „Die Angegriffenen waren Bauern, die weder lesen noch schreiben konnten.“

    Wieder weichen Sie aus: Ich habe keine Bauern zitiert, sondern den königlichen Notar, der „die Bestie“ untersucht hat. Konnte der auch nicht lesen und schreiben?

    „Klar war ihnen, dass die Bestie kein Wolf sein konnte.“

    Ich wiederhole mich: Das behauptet auch niemand.

    „Also bitte … Was hat denn das mit Mythenbildung zu tun, wenn eine Schusswaffe zwar genug Durchschlagkraft hat, um einen Wolf zu töten, aber nicht genug, um eine Großkatze zu töten.“

    Dass hat insofern etwas mit „Mythenbildung“ zu tun, als dass ich dafür gerne handfeste Belege sehen würde – und damit meine ich keine „Überlieferungen“ oder vage Einlassungen a la „Schüsse, von denen wir wissen“.

    Die Frage ist: WIE wissen wir davon und was sagt das konkret aus? Ihre zoologisch-statistische Herangehensweise in Ehren, aber dazu gehört noch eine Menge mehr, zum Beispiel Erzählforschung, Wahrnehmungspsychologie etc.

    All das hat trixi Ihnen – offenkundig erfolglos – nahezulegen versucht.

    „Fakt ist, dass immer wieder Wölfe mit ein/zwei Schüssen getötet wurden, dass die Bestie dagegen sämtliche Schüsse, von denen wir wissen, überlebt hat.“

    Nein, das ist eben kein „Fakt“, sondern eine Behauptung, die einige Hundert Jahre alt ist und die Sie nicht überprüfen können, auch wenn sie irgendwo geschrieben steht.

    Das ist der Grund, weshalb man sich auch mit Erzählforschung und Wahrnehmungspsychologie beschäftigen sollte, wenn man solche Mysterien untersucht.

    Denn entscheidend ist, solche Aussagen sinnvoll zu werten und zu beurteilen, inwieweit diese wirklich die „Wahrheit“ widerspiegeln.

    Und damit meine ich keine bewussten Lügen von einfachen Leuten, sondern Wahrnehmungstäuschungen, Fehlinterpretationen, Ungenauigkeiten in der mündlichen Wiedergabe, nachträgliche Legendenbildung etc.pp. – all das, was wir von heutigen Falluntersuchungen zur Genüge kennen und daher vergleichen können.

    „Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, ein ausgerissener Tiger oder Löwe sei harmlos?“

    Warum diese rhetorische Gegenfrage auf eine konkrete Frage von mir?

    Wiederum argumentieren Sie nicht mit Fakten und konkreten Belegen, sondern mit apodiktischen Behauptungen a la „für die nur Großkatzen in Frage kommen“.

    „Warum soll eine Raubkatze, die nach Europa verschleppt wurde, harmloser sein als in ihrer Heimat?“

    Bitte lesen Sie noch einmal den Link über den entlaufenen Schweizer Panther Anfang der dreißiger Jahre, oder verfolgen Sie Medienberichte über aktuell entlaufende Zirkustiere o.ä., dann können Sie diese Frage selbst beantworten.

    „Ja, selbstverständlich wurde die Bestie eindeutig beschrieben, darum geht es mir ja.“

    Wenn das alles stimmig wäre, würde der Fall kaum heute noch als ungelöst gelten, mit starker Tendenz zu einer Mischverpaarung, bzw. wäre die Raubkatzen-These keine Außenseitervermutung, sondern würde im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.

    „Woran sind die rund hundert Angriffsopfer gestorben?“

    Niemand bestreitet die Existenz einer „Bestie“ und deren Opfer – hier geht es um die Frage nach der besten Erklärung dafür.

    „Es basiert schlicht und einfach darauf, dass ich mir die Zeit genommen habe, historische Quellen zu lesen.“

    Das haben auch viele andere getan und gerade deswegen die Hyänen- oder Raubkatzen-These verworfen.

    So, ich habe leider keine Zeit, diese interessante Debatte fortzusetzen, zumal das Wesentliche schon mehrfach gesagt wurde.

    vielen dank, viel Erfolg für Ihre weiteren Forschungen und beste grüße!

  11. Dann erlauben Sie bitte auch mir noch ein Schlusswort. Ja, das mit Smiths Untertitel ist eine eigenwillige, sogar etwas boshafte Umdeutung, ich habe sie ja als solche gekennzeichnet. Die Annahme ‚Wolfshybride’ basiert auf Chastels Tier, aber das kann es nun mal, wenn die Gesetze der Physik gelten sollen, nicht gewesen sein. Die Schüsse auf die Bestie wurden sorgfältig dokumentiert, unter anderem in Berichten an Dienstvorgesetzte. Keiner der Historiker, deren Werke ich kenne, bestreitet die Zuverlässigkeit dieser Dokumente. Auch Ihnen Dank für die anregende und, wie ich finde, recht aufschlussreiche Diskussion.

  12. Man erlaube mir als neutraler Leser dieser doch sehr interessanten Geschichte eine ernstgemeinte Frage, die keinesfalls ein „für“ oder „wieder“ in Bezug auf eine Position oder Diskutanten gemeint sein soll:

    @ Bernd Hader
    Auf der einen Seite versuchen Sie die Thematik so sachlich wie möglich herunterzubrechen und eine objektive Erklärung zu geben. Andererseits argumentieren Sie gegenüber Jacques doch aber selbst mit Spekulationen.
    Meine Frage: woher ist denn gesagt, dass das zuletzt abgeschossene und als „wolfsähnlich“ bezeichnete und beschriebene Tier (wobei ich die ehrliche Einschätzung der beteiligten Personen gar nicht in Abrede stellen will) tatsächlich das ist, welches die Angriffe verursacht hat? An sich doch selbst wieder reine Spekulation…?

    Ist es nicht vielmehr so, dass selbst dieser letzter Fang ein Resultat der „Wünsche“ der Bevölkerung des Abschusses eines Wolfes gewesen sein könnte – ganz gleich ob mit ehrlichen und unehrlichen Motiven des Jägers? Soweit ich mich rudimentär im Thema auskenne, wurden doch an ein halbes Dutzend Tiere geschossen, von denen jeweils behauptet wurde, es wäre die „Bestie“ – jedes Mal ein Wolf.

    Mir leuchtet es nicht so recht ein, diesen Teil des Puzzles als wahr anzunehmen, andere (16cm-Pfotenabdrücke, 9m-Sprungweite) aber als „Hören-Sagen“ abzuschreiben.

    Nochmals: dies soll kein Angriff auf ein Diskussionsstandpunkt sein.

  13. @Sachlich:

    Meine Frage: woher ist denn gesagt, dass das tatsächlich das ist, welches die Angriffe verursacht hat?

    Ein starkes Indiz ist z.B., dass es *danach* keine Todesfälle mehr gab. Das offiziell letzte Opfer wurde ein Tag vor der o.g. Erschießung der „Bestie“ verzeichnet.

    Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihren Kommentar, aber ich habe leider nicht die Zeit, um diese Diskussion hier weiterzuführen.

  14. Müsste es nicht eigentlich „Gräuetaten“ und nicht „Gräueltaten“ heißen?

  15. Von daher hat der Vorschlag des kanadischen Wolfsbiologen Ronald D. Lawrence einiges für sich, der von einer Kreuzung eines Wolfs mit einem großen Hund ausgeht. Derartige Tiere wurden von Bauern zum Schutz vor Wölfen gehalten. Wie moderne Zuchtversuche zeigen, können gemeinsame Nachfahren außerordentlich aggressiv sein und zeigen – anders als ihre wild lebenden Ahnen – wenig Scheu vor Menschen.

    https://www.welt.de/geschichte/kopf-des-tages/article239640987/Bestie-von-Gevaudan-Sie-frass-Dutzende-Menschen-oder-verschleppte-sie.html

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