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Die homöopathische Mogelpackung des BR

| 22 Kommentare

Nachtrag:

Die Wissens-Redaktion des Bayerischen Fernsehens hat mittlerweile eine Stellungnahme zur Kritik an der Sendung veröffentlicht.

Diese kommentieren wir ausführlich hier.
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Eigentlich wollten wir an dieser Stelle eine ganz seriöse Rezension der gestrigen „Homöopathie“-Sendung im Bayerischen Fernsehen verfassen.

Kann man sich eigentlich sparen, denn in einem Satz ist alles gesagt:

Noch während „Medizin oder Mogelpackung?“ lief, gingen zahlreiche entsetzt-ironische Textbotschaften bei unserem Twitter-Account ein, wie zum Beispiel:

  • „Homöopathie wirktWeilmehr als 50% der Deutschen schon mal Globuli geschluckt haben.“
  • „HomöopathieWirktWeil ja schon der Goethe gesagt hat, dass es zwischen Himmel und Erde mehr gibt als eure Schulmedizin!“
  • „HomöopathieWirktWeil die Nachbarin meines Schwagers seiner Putzfrau ihre Tante im Winter 1983 nie keinen Schnupfen bekommen hat!“
  • „Homöopathie wirkt, weil: Mit Kritikern wollte ich eh nicht sprechen.“
  • HomöopathieWirktWeil .. weil… weil… WER HEILT HAT RECHT!!

Nun ja, diese „Wissens“-Farce war schon beschämend für einen (angeblich quotenunabhängigen) öffentlich-rechtlichen Sender.

Wer hätte gedacht, dass mit „Mogelpackung“ nicht etwa die Homöopathie, sondern anscheinend diese Schwachfug-Doku selbst gemeint war, deren Inhalt mit dem Begriff „Zuschauerverasche“ eher noch zurückhaltend umschrieben ist.

Martin Ballaschk nimmt im SciLog Detritus die Kernaussagen der „homöopathischen Wissensfeinde vom Bayerischen Rundfunk“ kritisch unter die Lupe.

Auch die Kommentare hier bei uns im Blog sprechen für sich.

Die Schweizer Skeptiker haben zwischenzeitlich ebenfalls auf die Sendung reagiert und den Artikel „Ist die Wirksamkeit der Homöopathie endlich wissenschaftlich bestätigt? Oder: Heilt Homöopathie Krebs?“ veröffentlicht, und zwar hier.

Zum Weiterlesen:

  • Die homöopathischen Wissensfeinde vom Bayerischen Rundfunk, Detritus am 23. April 2013
  • Hamlet und die Physik, GWUP-Blog am 17. September 2011
  • Hamlet und der Komplementär-Maschinenbau, GWUP-Blog am 1. Mai 2011
  • Die Woche der Homöopathie – ein skeptischer Nachklapp, GWUP-Blog am 16. April 2013
  • Die Woche der Homöopathie – ein skeptischer Nachklapp 2, GWUP-Blog am 16. April 2013
  • Die Woche der Homöopathie – ein skeptischer Nachklapp 3, GWUP-Blog am 17. April 2013
  • Wer heilt, hat Recht? Falsch, GWUP-Blog am 25. Februar 2010
  • Wer heilt, hat Recht (Teil 1), GWUP-Blog am 31. August 2010
  • Wer heilt, hat Recht (Teil 2), GWUP-Blog am 9. September 2010
  • Homöopathie und Co.: “Bei mir wirkt es aber …”, GWUP-Blog am 18. Februar 2012
  • Was hat die GWUP gegen Homöopathie? Teil I, GWUP-Blog am 1. Februar 2011
  • Homöopathie: Parallelwelt ohne Naturgesetze, Teil II,  GWUP-Blog am 2. Februar 2011
  • Medizin ohne geistige Umweltverschmutzung,Teil III, GWUP-Blog am 3. Februar 2011
  • Homöopathie: Unmögliches muss man nicht erklären, Teil IV, GWUP-Blog am 4. Februar 2011
  • Homöopathie: Wenn Skeptiker Hoffnungen zerstören, GWUP-Blog am 18. April 2013
  • Homöopathie, Ganzheitlichkeit und die sprechende Medizin, GWUP-Blog am 20. April 2013
  • Skeptiker als Pharma-Söldner? GWUP-Blog am 21. April 2013

 

 

22 Kommentare

  1. Ist nicht letztes Jahr schonmal ein total unkritischer Beitrag über die Homöopathie beim BR gelaufen? Irgendwie habe ich diesen Eindruck (Déjà-vu?).

  2. @Vicky
    Auf BR-alpha lief wohl mal „Was wir nicht wissen. Wie wirkt Homöopathie“. Gibt es nach wie vor auf der BR-Homepage zum anschauen und verwendet – soweit ich ich erinnere – teilweise das gleiche Material wie die Sendung gestern.

  3. Ja, das Totschlagargument „Wer heilt hat recht!“, dieses wurde natürlich auch in dem Beitrag genannt…

    natürlich…aber dieses in einem – zwar nicht direkten – Zusammenhang mit einer „Homöopathischen Krebstherapie“ zu nennen ist schon fast kriminell; weil auch die Frau – wohlwissend, weil sie selbst Medizinerin ist – nebenher eine konventionelle Chemo-Therapie gemacht hat.

    Zwar wurde hier, seitens des Moderators, darauf hingewiesen, aber im Großen und Ganzen wurde es als ein Erfolg der Homöopathie dargestellt. Im „schlechtesten Falle“ kann die Homöopathie die Nebenwirkungen einer Chemo lindern…und im „besten Fall“ bewirkte es die Heilung, so in der „Dokumentation“.

    Ich hoffe, daß viele Briefe/Mails an den Bayrischen Rundfunk schreiben und dort Ihre Kritik äußern.

    Ich glaube nicht, daß diese Sendung genau die Meinung des Bayrischen Rundfunks entspricht, man sollte die Verantwortlichen darauf hinweisen.

  4. @ Ralf
    „Ich glaube nicht, dass diese Sendung genau die Meinung des Bayrischen Rundfunks entspricht, man sollte die Verantwortlichen darauf hinweisen.“

    Meinung?
    Hier geht es doch mehr als um Meinung. Was bewiesen ist, hat nichts mit Meinung zu tun. Hier geht es um wissenschaftliche Fakten.

    Ralf, ich ahne aber, worauf Sie hinaus wollen. Nur ist das mit den Verantwortlichen beim BR genauso wie bei den „Kontrolleuren“ bei z. B. paranormalen Vorführungen (unter Testbedingungen) von Tricksern. Nur Trickfachleute wie z. B. belesende Zauberkünstler oder informierte Personen der Skeptiker können und sollten kontrollieren dürfen.

    Wie sollen die Verantwortlichen des BR etwas verantworten, wenn sie über das, worum es geht, keine Ahnung haben bzw. nicht aufgeklärt sind? Oder wenn sie sogar – böse unterstellt – Homöopathie-Anhänger sind?

    „Ich hoffe, daß viele Briefe/Mails an den Bayrischen Rundfunk schreiben und dort Ihre Kritik äußern.“
    Das hoffe ich auch. Eine von Ralf sehr gute und wichtige Anregung. Denn nur, wenn viel Gegenwind und Aufklärung kommt, werden die Verantwortlichen zukünftig besser darauf achten, was sie senden. Aber eines dürfte dabei ganz wichtig sein: Liebe Skeptiker, schreibt eure Kritik VERSTÄNDLICH, also auch für Laien zu verstehen.

    Mich würde mal interessieren, ob überhaupt geklärt ist, ob so ein Beitrag wirklich IM AUFTRAG des BR produziert wurde oder er als fertige Produktion dem BR angeboten wurde. Wie sicher viele wissen, kann jeder von uns – sofern er das Geld und ein professionelles Produktionsteam dazu hat – eine Reportage machen lassen und sie dann irgendeinem Fernsehsender anbieten und verkaufen.

    So könnte ich mir vorstellen, dass die finanzstarken Hintermänner der Homöopathie derartige Humbug-Beiträge wie dem im BR erst ermöglichen und gezielt in Auftrag geben. Damit nicht gleich auffällt, dass hier eindeutig „Werbung“ für Homöopathie gemacht wird, werden winzige Ansatzpunkte gegen Homöopathie mit eingebaut, die aber die Gesamtwirkung der Pro-Haltung bei Laien nicht schmälern werden.

    Ich ahne schon, was jetzt kommt. Der letzte Absatz wird vielleicht stark belächelt. Aber mir ist konkret bekannt, dass so etwas in anderen Bereichen praktiziert wird. Wieso dann nicht auch von Personen aus der Homöopathie?

  5. @Günther
    Danke, genau diese Sendung war’s!

    @Ralf
    Das „Argument“ hört sich halt so schön logisch an, und man vertraut ja gerne auf die eigenen Beobachtungen.

    Warum das nicht immer hinhaut versuche ich manchmal – wenn ich denke das Gegenüber könnte es verstehen – mit Mond und Sonne zu erklären:

    Wir alle sehen (sofern das Wetter es zulässt), dass die Sonne morgens immer im Osten aufgeht, und abends im Westen untergeht. Den Mond sehen wir zwar nicht immer zur gleichen Tageszeit auf- und untergehen, aber auch er geht im Osten auf und im Westen unter.

    Also drehen sich beide um die Erde, logisch, oder? Nein! Es scheint zwar unseren eigenen Beobachtungen zu widersprechen, aber wir drehen uns um die Sonne, während der Mond sich um uns dreht – dass die beiden in gleicher Art auf- und untergehen liegt daran, dass die Erde sich um die eigene Achse dreht!

    Unsere eigene Wahrnehmung ist sehr begrenzt, und man kann sehr schnell falsche Schlüsse ziehen.

    Schließt man irrtümlich, dass die Sonne sich um die Erde dreht, ist das zwar falsch, aber es hat keine unmittelbaren Konsequenzen.

    Schließt man irrtümlich, dass Zuckerkügelchen gegen Krebs helfen, kann es die eigenen Überlebenschancen unter Umständen dramatisch verschlechtern.

  6. @Ralf
    „Ich glaube nicht, daß diese Sendung genau der Meinung des Bayrischen Rundfunks entspricht, man sollte die Verantwortlichen darauf hinweisen.“

    Hm, ich weiß nicht. Mein Heimatland ist halt schon sehr katholisch und mein – ansonsten sehr geschätzter – Heimatsender BR auch. Beim Pabstrücktritt z.B. wurde das Programm geändert und Chefredakteur Gottlieb hat höchstselbstpersönlich mit einer derartigen Leidenschaft von den „weltbewegenden“ Vorfällen berichtet, dass ich lieber gleich weitergeschalten hab´…

    Was das mit der offiziellen Meinung des BR in Punkto Homöopahtie zu tun hat? Homöopathie ist eine Glaubenssache. Wenn die angeblichen Wirksamkeitsnachweise alle widerlegt sind, bleibt dem Homöopathieanhänger immer noch der reine Glaube. Und der Glaube an ein Heilmittel, also der Glaube an Heilung, wird in einer religiösen Umgebung zumindest unbewusst mit dem Heiland in Verbindung gebracht. Zweifel oder gar Kritik äußern ist in so einem Gedankensystem schwierig. Deswegen kann ich mir schon vorstellen, dass der BR hier seine offizielle Meinung vertritt.

    Dass die Verbindung von christlichem und homöopathischem Glauben kein Problem darstellen muß konnte man bei bei „Fragen an den Autor“ (Radiosendung im SR mit den Autoren der „Homöopahtielüge“) hören. Eine Anruferin redete erst davon, dass der Wissenschaft doch bekannt sei, dass im Wasser Verbindungen (Stichwort Gedächtnis) entstehen könnten und dann kam noch hinterher, dass es sich bei Homöopathieanhängern ja um gläubige Menschen handelt, um Menschen, die an Gott glauben.

    ?!?!?!?!?!?!?!?!?

    Ja was jetzt, glauben oder wissen? Und was soll belegen? Weiß ich nicht, aber wenn man der Dame die Homöopathie mit wissenschaftlichen Argumenten widerlegt, fühlt Sie sich vielleicht in ihrer Religiosität angegriffen.

  7. Ich habe heute morgen einen offenen Brief an die Redaktion verfasst, vielleicht kommt ja beim BR doch etwas an.

    Bayerischer Rundfunk
    Redaktion Natur- und Geisteswissenschaften
    Floriansmühlstr. 60
    80939 München

    Offener Brief zur Sendung „Homöopathie: Medizin oder Mogelpackung?“

    Sehr geehrte Angehörige der BR-Redaktion Faszination Wissen,

    können Sie sich, könnt Ihr euch noch an Horst Stern erinnern?

    An diesen Pionier des kritischen Fernsehjournalismus in den 70er Jahren, der nicht zuletzt wegen der präzisen und herausragend recherchierten Kritik, die seine Arbeiten stets auszeichnete, zur TV-Legende wurde?

    Einer seiner wichtigsten Sätze war und ist: „Die Wahrheit ist müde geworden.“

    Er meinte – deprimiert – damit, dass sich in unserer Gesellschaft manche problematische Sachverhalte, trotz aller Aufklärung über die Problematik dieser Sachverhalte, nicht ändern würden.

    Als Fazit zur Sendung „Medizin oder Mogelpackung?“ wäre ihm dieser Satz wohl auch über die Lippen gegangen.

    Ich jedenfalls, und ich scheine damit nicht allein zu sein, bin entsetzt über diese Sendung.

    Der Beitrag ist nicht nur eine Bankrott-Erklärung für ein
    Wissenschaftsmagazin, er war eine unverhohlene Werbesendung für die „2 und 2 ist ungefähr 5“ – Fraktion. So unverhohlen, dass sich der Autor nicht einmal bemüht hat, den Untersuchungsgegenstand, die Homöopathie, aus kontrahären Blickwinkeln zu beleuchten, um dem Zuschauer eine wirkliche Entscheidungshilfe im Sinne der Beitragsüberschrift anzubieten: Einerseits – andererseits, was spricht dafür – was spricht dagegen, welche Argumente sind satisfaktionsfähig – welche eher nicht; nichts von dem, was guten Journalismus auszeichnet, und was dem Titel der Sendung entsprechen würde, war zu finden.

    Stattdessen phantasiegestützte Absurditätsdenke, die jede der durchaus bekannten Möglichkeit einer rationalen Interpretation homöopathischer Phänomene ausschloss.

    Allzu offensichtlich ging es dem Autor nicht um eine Diskussion.
    Die im Live-Chat geäußerte Stellungnahme Herbert Hackls zu der Frage, warum er nicht einmal den profundesten Kritiker der Komplementärmedizin Edzard Ernst zum Thema befragt hat, spricht Bände:

    „Mit Herrn Ernst wollte ich nicht sprechen! Er wiederholt nur immer die gleichen Argumente und geht seinerseits nicht auf neuere Studien ein. Übrigens hat Herr Ernst früher selbst zu Homöopathie geforscht. Allerdings nach allgemeiner wissenschaftlicher Meinung methodisch ziemlich schlecht.“

    Dazu sind zwei Dinge festzustellen:

    Zum einen hat sich die Datenlage zur Homöopathie – trotz entsprechender Forschung – in den vergangenen Jahren so sehr verschlechtert, dass es keiner „geänderten“ Argumentation der Kritiker bedarf, sondern nur einer möglichst allgemeinverständlichen Darstellung der diversen methodischen Fehler alternativmedizinischer Explorationen und der inhärenten Widersprüche esoterischer Heilverfahren. Und in diesem Zusammenhang ist Ernst wohl einer der wenigen Wissenschaftler, der über die Datenlage nicht nur umfassend informiert, sondern auch in der Lage ist, die Sachverhalte darzustellen.

    Zum anderen ist die Unterstellung, es existiere ein „allgemeiner“ Konsens unter Wissenschaftlern darüber, dass Ernst methodisch schlechte Studien abgeliefert hätte, ein schlichter Rufmord.
    Hier möge der Herr Hackl dringend tragfähige Nachweise vorlegen, um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, dass es ihm nur um die Diskreditierung eines Kritikers geht.

    Nun ist das unterirdische Auskeilen gegen Kritik und Kritiker eine gepflegte Übung unter den Proponenten und Propheten des modernen Schamanentums. Gedeckt wird solcherlei Gepöbel regelmäßig mit der angeblich nicht gewährten Toleranz, die in einer liberalen Gesellschaft doch auch weitestgehend ahnungsbefreite Meinungen und extraordinäre Weltsichten verdienen würden.

    Dass durch solche Camouflage, Beiträge, wie der hier diskutierte, zum fragwürdige Ergebnis einer ins Absurde abgleitenden Political Correctness werden, die ihr eigentliches Ziel, Minderheiten gesellschaftlich zu schützen, schon lange aus den Augen verloren hat, ist den Programmverantwortlichen offenbar entgangen. Den Verantwortungsträgern des Bayerischen Fernsehens sei deshalb dringend angeraten, darüber zu meditieren, ob die Toleranz gegenüber jedem Unsinn nicht die Gefahr beinhaltet, dass die Sensibilität gegenüber wirklich Schützenswertem irgendwann gegen Null geht?

    Wer sich einer im positiven Sinne „permissiven Gesellschaft“ verpflichtet sieht, kann nicht umhin, Position für die Meinungsfreiheit zu beziehen. Leider lässt sich unter dem Deckmäntelchen der Meinungsfreiheit selbst der größte Schwachsinn verkünden, der Begriff der Freiheit verhindert die Beschränkung.

    Wollen wir also Meinungsfreiheit schützen, bedarf es eindeutiger Bekenntnisse gegen den Schwachsinn, der unter ihrem Schutzschirm formuliert wird:

    – Wir wissen, dass Homöopathie nicht funktioniert, denn wenn ihre theoretischen Grundlagen richtig wären, wenn sie wirklich funktionieren würde, gäbe es uns nicht, weil Leben, so wie wir es kennen, nicht existieren würde. Einem Biologen wie Herrn Hackl sollte das klar sein, er müsste nur einmal die ihm im seinem Studium vermittelten Grundlagen der Mikrobiologie, der Physiologie oder der Biochemie mit den Hypothesen der Homöopathie und den daraus abzuleitenden Konsequenzen vergleichen.

    – Wir wissen, dass Rudolf Steiners psychotisches Analogiegeschwätz keine Pathologie hervorgebracht hat, die diesen Namen verdient. Wir wissen, dass Viren eine Infektion der oberen Atemwege verursachen, und nicht ein Ungleichgewicht in okkulten aurischen Hüllen.

    – Wir wissen, dass mit Handauflegen weder ein Karzinom noch ein entzündete Zahnwurzel zu therapieren ist.

    – Wir wissen, dass die mittlerweile zum Nahrungsergänzungsmittel degradierten Bachblüten genauso eine Spinnerei sind, wie beispielweise die Zufuhr von Natrium chloratum in D 12 mittels der Schüsslerschen „Biochemie“ eine ist.

    – Wir wissen, dass die Meridiane der „Traditionellen Chinesische Medizin“ (proofed and commercialized by Mao Zedong), artifizielle Konstrukte sind, für die es keine beobachteten anatomischen Grundlagen gibt, was zur Folge hat, dass man mit weitgehend gleichem Ergebnis spitze Gegenstände an allen erdenklichen Stellen in Menschen rammen kann.

    – Wir wissen, dass der von den Craniosakral-Therapeuten behauptete Puls der Cerebospinalflüssigkeit ins Reich der Fabeln gehört.

    – Wir wissen, dass kinesiologische Testungen keinerlei diagnostische Aussagekraft besitzen, was gleichermaßen auch für Antlitz-Diagnosen der Schüsslerschen Biochemie gilt.

    – Wir wissen, dass die von Wünschelrutengänger behaupteten geologischen Phänomene nicht existieren und deswegen auch nicht krank machen.

    – Wir wissen, dass es scheißegal ist, welche Sternenkonstellation am Tage unserer Geburt zu beobachten ist, genauso wie es auch schnurzpipe für den menschlichen Organismus ist, wie der Erdtrabant gerade beleuchtet wird.

    All´das wissen wir. Jede ernstzunehmende Studie belegt, ohne das berechtigte Zweifel angebracht wären, dass die Hypothesen „alternativer“ Weltsichten, zumindest in der Medizin, dass banale Ergebnis von Selbst- und Fremdtäuschungen sind.

    Wissenserwerb bedeutet, sich erprobter Methoden zu bedienen, genau diese Selbst- und Fremdtäuschungen, vor denen wir kaum gefeit sind, als solche zu entlarven. Warum vertreten unsere – ursächlich der Verbreitung von Wissen verpflichteten Medien – diese Ansichten nicht mit aller Konsequenz?

    Liegt es nur daran, dass unsere soziale Konditionierung auf Konsens angelegt ist, und eine recht hohe Hemmschwelle es lange, oftmals allzu lange verhindert, Spinner als Spinner zu bezeichnen? Geholfen ist uns jedenfalls damit nicht.

    Woher kommt diese Entschlossenheit, Fakten und Tatsachen zu verleugnen, woher die Bereitschaft, eine verbogene und verbeulte Realität wider besseren Wissens zu akzeptieren, woher die Bereitschaft, noch dann Rücksichtnahme auf absonderliche Welterklärer zu üben, wenn deren offenkundiges Ziel es ist, diese Rücksichtnahme rücksichtslos zu missbrauchen?

    Angesichts der Art und Weise, wie in bestimmten deutschen Medien derzeit mit Wissenschaft umgegangen wird, dürfte für manch einen Wissenschaftler den Eindruck entstehen, es wäre an der Zeit, sich einmal grundsätzlich zu entschuldigen: Zum Beispiel für die Entdeckung der Mikrobiologie und der pathologischen Wirkung von Mikroorganismen, für die Genetik, für die auf den Erkenntnissen der Anatomie aufbauenden Chirurgie, für die Erforschung der biochemischen Prozessen des Zellstoffwechsels und für die daraus resultierende Rezeptortheorie, für das Atommodell und die 4-Kräfte-Lehre, überhaupt für alle naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, die den einfachen Stoff-, Farb-, Kraft- und Gestaltanalogien einer vorwissenschaftlichen Medizin mit ihren archaischen, magisch-animistischen Heilkonzepten den Garaus bereitet haben.

    Die Ambivalenz unserer Gesellschaft ist Umgang mit Wissenschaft ist grotesk: Während die katholische Kirche unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI. sich bemüht, die ihr problematisches Verhältnis zur Aufklärung und Wissenschaft zu ordnen, und in diesem Zusammenhang beispielweise Galilei zu rehabilitieren, erleben wir gleichzeitig eine Renaissance mystisch-okkulten Denkens, dass höhere Mächte beschwört und krude Irrationalismen gesellschaftsfähig werden lässt.

    Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Zurückhaltung bei der kritischen Beleuchtung von Erst- und Letztbegründungen ein letztes Aufbäumen der religiösen Konditionierung unserer Gesellschaft ist, ein säkularisationsresistentes Überbleibsel, das uns – obwohl wir auf dieser Welt immer nur Menschen begegnen – daran hindert, beschworene höhere Mächte als das zu identifizieren, was sie sind: Konstruktionen menschlicher Phantasie.

    Dabei vergessen wir offenbar, dass der Bruch mit dem Immanentismus, mit der Verdiesseitigung des Jenseitigen, letztlich den Aufbruch in eine Welt möglich gemacht hat, die nicht mehr durch Aberglaube, durch höhere Mächte, durch mystisches Raunen bestimmt wird. Erst wenn der Mensch Herr seiner Selbst und nicht Objekt höherer Interessen und Einflüsse ist, bekommt der Begriff von Eigenverantwortlichkeit überhaupt einen tieferen Sinn.

    Wenn wir also unsere Gesellschaft auf eine verbindliche Ethik, auf einen kulturübergreifenden Wertekodex einschwören wollen, werden wir uns entscheiden müssen, ob wir religiös-mystische Maßstäbe zur dessen Grundlage machen, oder ob wir auf den Bedingungen aufbauen, die sich dann präsentieren, wenn wir den Weg der wissenschaftlichen Erkenntnis beschreiten.

    Eine Diskussionskultur, die sich darauf beschränkt, nur die Art der Wahrnehmung und nicht mehr die Natur des Phänomens an sich zu diskutieren, hilft bei dieser Entscheidung nicht weiter.

    In diesem Sinne,
    excanwahn

  8. @ excanwahn:

    “…die Wahrheit ist müde geworden…”

    Dann lassen WIR Sie aufleben!

    Mit Ihrem ausführlichen tollen Brief sind Sie den richtigen Schritt gegangen. Aber wer noch hat sich aus unseren Reihen diese Mühe gemacht? Hoffentlich viele.

    Ein kleiner Tipp an alle: Ich denke, dass ein Brief mehr Wirkung als eine E-Mail zeigt. Briefe werden auch eher beantwortet – sie haben irgendwas von “Offiziell”.

    Also schicken Sie Ihre Ansichten bitte wie excanwahn als Brief an den Bayerischen Rundfunk.

  9. Nachtrag: Vor kurzer Zeit hat der BR eine Stellungnahme zur Kritik an der Sendung veröffentlicht. Die verwendeten Argumente entsprechen weitgehend den mittlerweile mehrfach und nachhaltig zerlegten Verlautbarungen der Homöopathie-Lobbyisten wie dem DZVHÄ oder der Carstens-Stiftung.

    Die Haltlosigkeit solcher Argumente – wie sie beispielsweise im Zusammenhang mit der Lancet-Studie immer wieder kolportiert werden – ist für jeden, der sich um eine objektive Recherche bemüht, ohne Schwierigkeit nachzuvollziehen. Hier sei der BR nur kurz auf die Kommentare von Ulrich Berger hingewiesen.

    http://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2008/11/02/homoopathie-meduni-2/

    http://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2008/12/10/neue-evidenz/

    http://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/?s=Walach

    Der Redaktion und dem Autor Herbert Hackl darf also berechtigt unterstellt werden, dass es nicht in ihrem Interesse lag, sich beispielsweise näher mit den Fehlern Re-Analyse von Rutten/Stolper bzw. Rutten/Lüdtke auseinander zu setzen, sondern diese angeblichen Widerlegung der Ergebnisse der Lancet-Studie als Beleg für „ungeklärte“ Sachverhalte einzusetzen.

    Insgesamt ist die Stellungnahme des BR nicht mehr als ein kläglicher Versuch, von miserabler Recherche und tendenziöser Berichterstattung abzulenken.

  10. Eine Stellungnahme zur Sendung „Homöopathie – Medizin oder Mogelpackung“ des Bayerischen Rundfunks: http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/faszination-wissen/fawi-homoeopathie-reaktion-100.html

  11. Sehr geehrter Bayerischer Rundfunk,

    Ihre Stellungnahme (http://ur1.ca/di694) in Ehren, aber die gesamte Sendung war reine Zeitverschwendung. Das von den Homöopathen behauptete Ähnlichkeitsprinzips und das der Potenzierung entbehren jeder logischen und wissenschaftlichen Grundlage. Wer ernsthaft glaubt, eine erfundene Therapie, die sich auf diese Prinzipien stützt, wäre es wert, erforscht und medial aufbereitet zu werden, hat nichts von Wissenschaft verstanden. Mit dem selben Argument, mit dem Sie den Unfug der Homöopathie ernsthaft behandeln wollen, können Sie auch Astrologie und Alchemie thematisieren. Beide sind schon von ihren Grundannahmen her Unsinn und einer Wissenschaftsredaktion nicht würdig.

  12. Sehr geehrter Bayerischer Rundfunk,

    „Wir haben mehrmals im Film erwähnt, dass sich für die im Film vorkommenden Protagonisten Schulmedizin und Homöopathie gegenseitig nicht ausschließen“ http://ur1.ca/di694

    Für jeden ernsthaften Mediziner sollte allerdings klar sein, dass sich wissenschaftliche Medizin und Homöopathie gegenseitig ausschließen. Wer als Arzt ernsthaft glaubt, Homöopathie hätte eine über den Placeboeffekt hinausgehende Wirkung, weil sie mittels ihrer behaupteten Prinzipien wirkte, der sollte seine Approbation zurückgeben.

  13. @ Dr. Nils Jena
    „…die gesamte Sendung war reine Zeitverschwendung…“

    Nachdem ich die Stellungnahme des BR gelesen habe, befürchte ich leider, dass bei allen Schreiben die Bemühungen der Skeptiker vergeblich und ebenfalls reine Zeitverschwendung sind…

    Die Verantwortlichen des BR verstehen einfach nicht (oder wollen nicht verstehen)!

  14. @Pierre Castell

    Sie haben vermutlich leider Recht. Zum Glück gibt es im Rundfunk auch gute Beiträge, zuletzt auf SWR2: „Alles Hokuspokus? – Wie wirkungsvoll ist Homöopathie? von Christian Weymayr“

    http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/archiv/alles-hokuspokus/-/id=660334/nid=660334/did=11052998/1yp91z8/index.html

  15. Auf gar keinen Fall darf man aufhören, darauf hinzuweisen, wenn eine sogenannte Wissenssendung hanebüchenen Unsinn verbreitet, auch wenn sich das Gefühl der Zeitverschwendung aufdrängt. Der BR soll ruhig mitbekommen, dass sich so eine miserable Recherche nicht einfach versendet.

  16. Zitat Dr. Nils Jena

    […]Das von den Homöopathen behauptete Ähnlichkeitsprinzips und das der Potenzierung entbehren jeder logischen und wissenschaftlichen Grundlage. Wer ernsthaft glaubt, eine erfundene Therapie, die sich auf diese Prinzipien stützt, wäre es wert, erforscht und medial aufbereitet zu werden, hat nichts von Wissenschaft verstanden.[..]

    Sie haben es auf den Punkt gebracht…aber leider wird dies von den Befürwortern als „wissenschaftliche Arroganz“ gewertet.

  17. @ ratiogeraet
    „Auf gar keinen Fall darf man aufhören, darauf hinzuweisen, wenn eine sogenannte Wissenssendung hanebüchenen Unsinn verbreitet…“

    Selbstverständlich haben Sie vollkommen Recht.

    Mein letzter Kommentar war natürlich ironisch gemeint, was man nach Lesen meines ersten Kommentars erkennen dürfte.

  18. @Pierre Castell: keine Sorge, ich hatte Sie auch so verstanden. Das war mehr so eine allgemeine Selbstaufmunterung. Manchmal möchte ich wirklich resignieren, zum Beispiel wenn ich die Stellungnahme des BR oder manche Kommentare zu der Sendung durchlese. Da krieg ich schon Beulen vom Kopf-gegen-die-Wand-hämmern.

  19. @ ratiogeraet:

    Die Stellungnahme der Redaktion ist arm und lässt daran zweifeln, ob man im Fernsehprogramm beim BR seriös informieren möchte. Die sollte sich jeder mal durchlesen.

    Der Verfasser dieser Stellungnahme hat nichts verstanden. Aber auch die Kommentare sollte jeder lesen.

    Besonders die, in denen der BR für seinen “guten Beitrag” gelobt wird.

  20. Hey, die Redaktion „Faszination Wissen“ hat für den Beitrag Homöopathie: Medizin oder Mogelpackung? einen Preis bekommen.

    Herzlichen Glückwunsch!

    http://brightsblog.wordpress.com/2013/05/08/dodo-monat-april-2013-bayrischer-rundfunk-redaktion-wissenschaft/

  21. Ich persönlich sehe ein sehr hohes potential in der Homöopathie, leider sehen das nicht alle im Goethe-Uni Medizin Vachbereich. Aber ich nehme mal an das das potential noch erkannt wird. Toller Artikel. Lg. Tanja

  22. @Tanja:

    << leider sehen das nicht alle im Goethe-Uni Medizin Vachbereich. << Eher zum Glück, würde ich sagen. Vorbildlich: https://www.facebook.com/ZuSKEM

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