Der „False Flag“-Auftritt von Florian Schroeder bei einer „Querdenken“-Veranstaltung in Stuttgart machte zu Recht Schlagzeilen:
Mindestens ebenso viel Anerkennung verdient neben Schroeder und diesem Herrn auch der 18-jährige Schüler Adolf Stögbauer, der Anfang Dezember bei einer „Querdenken“-Demo im bayerischen Eggenfelden das Wort ergriff – und sich weder von aggressiven Zwischenrufen noch von anderen Unterbrechungen beeindrucken ließ.
Ein Video des 13-minütigen Auftritts gibt es bei Instagram und Youtube:
Ab dem Moment, als man sich über meinen Namen lustig machte, fiel die Maske der Bewegung und es wurde klar, dass man ohne Argumente zur Invektive gegen die Person übergehen muss.
Ich wurde wiederholt unterbrochen, Sätze konnte ich nicht fertigsprechen und das „offene Mikro“ war somit nicht offen. Aus dem Publikum wurde mir vorgeworfen „Grüner“ und „manipuliert/manipulativ“ zu sein. Außerdem hätte meine Rede ja jemand anderes geschrieben und nicht ich.
Alles in Allem war es nicht nötig die Bewegung bloßzustellen (übrigens auch nicht mein Ziel), die Bewegung tat es selber durch ihren Umgang mit mir.
Zeit Campus hat mit Stögbauer gesprochen. Ein Auszug:
ZEIT Campus Online: Du beginnst deine Rede mit einem Lutherzitat: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ Und die Leute glauben erst mal, du gehörst zu ihnen. Wolltest du sie provozieren?
Stögbauer: Nein, ich wollte nicht provozieren. Aber ich hatte mir eine Strategie überlegt. Ich wollte zu Beginn offen lassen, wo ich stehe. Ich habe dann gesagt, dass wir alle hier im Namen der Meinungsfreiheit sind. Damit habe ich das Publikum dazu verpflichtet, mir zuzuhören. Mir, der einer anderen Meinung ist als sie.
Ich habe erst später erfahren, dass der Kabarettist Florian Schroeder das genauso auch auf einer Querdenker-Demo in Baden-Württemberg gemacht hat.
ZEIT Campus ONLINE: Im Video sieht man, dass die Menschen am Anfang irritiert sind. Nach und nach rufen immer mehr dazwischen und werden lauter. Wie hat sich das für dich auf der Bühne angefühlt?
Stögbauer: Ich habe das als sehr provokant empfunden. Der Moderator hat mich immer wieder unterbrochen. Dann hat er sich auch noch über meinen Namen lustig gemacht, „arme Sau“ hat er mich genannt, als er erfahren hat, dass ich Adolf heiße.
Nicht den Inhalt, sondern die Person anzugreifen, ist die unterste Ebene einer Diskussion. In dem Moment wusste ich, dass der Mann keine Argumente mehr gegen mich hat.
ZEIT Campus ONLINE: Was ist danach passiert?
Stögbauer: Nach der Rede bin ich von der Bühne und an der Menge vorbei unter der Absperrung durchgetaucht. Dann sind gleich zwei Damen von der Querdenker-Bewegung auf mich zugekommen. Sie waren sehr freundlich. Eine hat mir gleich ausgedruckte Artikel in die Hand gedrückt und begonnen, mit mir zu diskutieren.
Sie glaubt, es gebe keine Pandemie, das sei nur ein Vorwand der Finanzelite, einen Neustart der Wirtschaft herbeizuführen. Ich konnte sie nicht überzeugen, das hätte ich auch nicht erwartet. Aber ich habe die Artikel mitgenommen mit dem Versprechen, dass ich sie mir durchlesen werden.
Das werde ich auch noch, wenn die Klausurphase vorbei ist. Ich finde es wichtig, den Gesprächspartner zu respektieren. Aber ich habe ihr auch ganz eindeutig gesagt: Für mich ist das Humbug.
ZEIT Campus ONLINE: Würdest du sagen, deine Rede war ein Erfolg?
Stögbauer: Ja. Ich will gar nicht arrogant oder eitel wirken. Aber ich habe noch nie bei etwas im Nachhinein so ein gutes Gefühl gehabt. Ich bin überzeugt, die Demokratie hat Recht. Ich habe mit reinem Gewissen gesprochen und hatte ein gutes Gefühl dabei, meine Meinungsfreiheit zu nutzen.
Später habe ich das Video auf Instagram hochgeladen. Das hatte ich ursprünglich gar nicht geplant, aber ich wollte, dass meine Freunde, die nicht dabei sein konnten, die Rede sehen können. Daraufhin habe ich sehr viel positives Feedback bekommen von Jugendlichen, Eltern, ehemaligen Lehrern.
Ein starkes Video gibt’s neu auch bei Rocket Beans:
Lars (Paulsen) berichtet …
… von der Coronavirus-Erkrankung seines Bruders. Gleichzeitig versucht er, seine Emotionen hintanzustellen und stattdessen Fakten sprechen zu lassen.
Corona-Leugner sind im Netz gut organisiert, verbreiten Lügen und versuchen durch Flyer und Grafiken die Bevölkerung zu täuschen. Dagegen müssen nicht nur Journalist*innen mit faktenbasierten Argumenten ankämpfen. Auch die Unterhaltungsbranche müsse aufklären und sich beim Thema Covid-19 nicht allein auf Satire und Beleidigungen auf Twitter beschränken.
Sonst siegten Fake-News und letztendlich würden unschuldige Menschen in Gefahr gebracht.
Zum Weiterlesen:
- „Immer. Es lohnt sich immer zu diskutieren“, Zeit Campus am 20. Dezember 2020
- “Querdenker sind Feinde unserer Demokratie”: Mann spricht Klartext auf Querdenker-Demo, volksverpetzer am 25. Oktober 2020
- „Querdenken“auf Kinderfang, GWUP-Blog am 20. Dezember 2020
- Wegen falschen Attesten & Impf-Lügen: Schwindel-Arzt Schiffmann soll Zulassung verlieren, volksverpetzer am 23. Dezember 2020
- GRN-Klinik kündigt Mietvertrag mit „Querdenker“ Schiffmann, swr am 23. Dezember 2020
- „Querdenker“-Arzt Schiffmann soll Zulassung verlieren, t-online am 23. Dezember 2020
- Querdenkende Ärzte in der Süddeutschen: „Superspreader von Falschinformationen“, GWUP-Blog am 23. Dezember 2020
24. Dezember 2020 um 15:31
Was die Kundgebung betrifft, sie zeigt ganz schön die Heuchelei der Leugnerszene. Und die denkt zwar, aber oberflächlich und sehr unruhig. Erkenntnis braucht Zeit oder zumindest Bereitschaft, Angebote zu akzeptieren.
Dazwischenbrüllen hindert sehr am Überlegen. :-D Bestenfalls schämt man sich dann daheim im Warmen für die Rüpeleien. Hoffe ich.