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Noch kein Wort von der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Cottbus zum Fall Attila Hildmann

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Die Süddeutsche Zeitung (online bei SZ+) geht heute der Frage nach, was die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Internetkriminalität im brandenburgischen Cottbus bislang in der Causa Attila Hildmann unternommen hat, gegen den sie seit drei Monaten wegen Volksverhetzung ermittelt.

Die kurze Antwort: nichts.

So bekommt weder Hildmann bislang aufgezeigt, wo genau die roten Linien des Strafrechts in Deutschland verlaufen […] Noch bekommen dies Hildmanns Anhänger aufgezeigt. Noch die Bürger, die all dies mit wachsendem Entsetzen verfolgen. Mit der Sorge, dass aus Worten Taten werden können. Und mit der Frage, wie weit die Meinungsfreiheit heute wirklich reicht.

Die lange Antwort spiegelt im Kern die Phrase „Zwei Juristen, drei Meinungen“ wider.

Die Süddeutsche befragte renommierte Rechtswissenschaftler, wie Hildmanns Aussagen juristisch zu bewerten seien, zum Beispiel:

Dieser Kampf ist ein Kampf um Leben und Tod: Sein oder nicht sein! Dieser Kampf muss ausgetragen werden, ob wir wollen oder nicht! Dieser Kampf ist unerbittlich und unabänderlich! Der Zionist wollte diesen Krieg!

Immerhin: Auf den rhetorischen Trick, er meine ja gar nicht „die Juden“, sondern nur „die Zionisten“, kann Hildmann sich nicht rausreden, erklärt der Strafrechtler Mustafa Oğlakcıoğlu von der Universität Erlangen-Nürnberg:

Zionist ist im Sprachgebrauch der Antisemiten der Code für Jude.

Allerdings bleibe Hildmanns Kriegsrhetorik stets vage. Ganz nüchtern betrachtet und im Licht der Meinungsfreiheit könne ein Gericht Attila Hildmanns „Kampf um Leben und Tod” auch für eine Metapher halten, für eine Auflehnung gegen eine bestimmte Ordnung.

Zweites Beispiel:

Für (Volker) Beck würde ich als zukünftiger Reichskanzler wieder die Todesstrafe durch Eier-Treten auf öffentlichem Platz einführen.

Juristisch sei das ein „schwieriger Fall”, meint Martin Heger, Rechtsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin. Das bloße Billigen von Gewalt gegen wen auch immer sei bislang nur selten strafbar in Deutschland. Nur dann nämlich, wenn es sich um reale, bereits begangene Taten dreht. Das sei paradox, merkt Heger an: Simple Schimpfwörter wie „A…loch” seien als Beleidigung strafbar, „aber krasse Vernichtungsfantasien sind es oft nicht”.

Das dritte Beispiel des Artikels:

Juden seien selbst schuld am Holocaust. Das suggeriert Hildmann immer wieder.

Das sei spannend, sagt der Rechtsprofessor Heger aus Berlin: Die Rechtsprechung sei hier seit einigen Jahren stark in Bewegung. Und er meint: Die Botschaft des veganen Kochs sei nicht minder widerlich, „schuldentlastend für die Täter, verhöhnend für die Opfer”, nur weil sie verklausuliert daherkomme. Er findet, das würde ausreichen für eine Verurteilung […] Fragt sich nur: Wie bewertet das die zuständige rechtsstaatliche Stelle? Die Staatsanwaltschaft Cottbus? Und der letztlich zuständige, unabhängige Richter? Man weiß es nicht. Man wüsste es gern.

Hildmann amüsiert sich derweil über die Justiz:

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (rnd) kommentiert:

Unterdessen werden Hildmanns Nachrichten immer länger, immer wirrer, immer extremer – und seine Gefolgschaft, zumindest im Internet, wächst weiter. Die Justiz hat sich genug Zeit gelassen, um jetzt eine fundierte Anklage auf den Weg zu bringen. Es wäre ein Zeichen, dass sich der Rechtsstaat auch gegen verklausulierte Drohungen zur Wehr setzen kann – und ein Zeichen dafür, dass die Justiz Mut beweist.

Und da das alles schwer zu ertragen ist, hier noch eine nette Video-Collage zu Herrn Hildmann.

Zum Weiterlesen:

  • Das Schweigen der Staatsanwälte im Fall Attila Hildmann, SZ+ am 6. August 2020
  • SZ-Podcast Auf den Punkt: „Warum Attila Hildmann noch nicht angeklagt wurde“ vom 6. August 2020
  • Hildmann hetzt ungestraft – beweist die Justiz endlich Mut? rnd am 7. August 2020
  • Die lügen doch alle! Wie Verschwörungstheorien das Vertrauen in die Politiker und die Demokratie untergraben, ipg-journal am 29. Mai 2017
  • Die Verschwörungsepidemie, Süddeutsche am 4. August 2020
  • Bloß “Covidioten”? “Man sollte die Akteure ernst nehmen”, rnd am 6. August 2020
  • Interview mit Bernd Harder: „Das Killer-Argument gibt es nicht“, engels am 4. August 2020
  • Schmierentheatraliker und Verschwörungsideologe Attila Hildmann hat Angst vor Wissenschaftlerinnen, GWUP-Blog am 13. Juni 2020
  • Attila Hildmann: Schwurbel-Meltdown, Professor Schwurbelstein am 21. Juni 2020
  • Attila Hildmann: Staatsanwaltschaft sieht keine Handhabe gegen rechten Hetzer, tagesspiegel am 19. Juli 2020

8 Kommentare

  1. Auch ganz schön:

    „Die drei Hakenzeichen – Der verrückte Koch“

    https://www.youtube.com/watch?v=zOXykUi2n7U

  2. Der Fisch stinkt vom Kopf. Solange Seehofer sein Innenressort ungestraft so weiterführen darf wie bisher, wird sich an der Behandlung von Rechtsextremen und sonstigen Irren nichts ändern. Aber gibt es in Deutschland eine echte Alternative? Eher nicht.

  3. Sind den Staatsanwälten die Hände gebunden? Sind sie Veganer? Klüngelei?

    Es ist doch unfassbar, was der Koch sich da leistet. Auch wegen solcher Gestalten verroht Deutschland immer mehr, da einige wenige aus gewissen Personengruppen immer mehr auf die Gesetze in unserem Land pfeifen. Ordnungsamt-Mitarbeiter und Polizisten werden ausgelacht, bespuckt, mit Schimpfwörtern der allertiefsten Gossensprache beleidigt oder gleich geschlagen und mit Messern verletzt.

    Wie ich bereits an anderer Stelle schrieb, gefällt einigen Personengruppen nicht, dass seit Corona insgesamt „mehr hingeschaut wird!“

    Kriminelle müssen zur Zeit besonders vorsichtig sein. Oder ihre Tätigkeiten sogar stark einschränken. Das macht sie von Tag zu Tag nervöser.

    Und in der Gastronomie-Branche, von der ich schon lange durch befreundete Lebensmittelkontrolleure weiß, welche Personengruppen/Inhaber besonders oft gegen gesetzliche Bestimmungen in erheblichem Maße verstoßen, fühlen sich ebenfalls immer mehr genau auf die Finger geschaut. Noch nie wurden so viele Restaurants, Imbisse oder Bistro/Cafe´s geschlossen oder mit gewaltigen Bußgeldern verwarnt (ich spreche nicht von falsch platzierten Tischen oder Stühlen).

    Und immer wieder erhebliche Aggressionen gegen städtische Mitarbeiter, denen bei Kontrollen Prügel und Schlimmeres angedroht wird.

    In dieser Branche wurde bisher offensichtlich erheblich geschlampt. Vorsätzlich. Nein, nicht aus Unwissenheit, sondern, weil man sich nicht an deutsche Gesetze und Ordnungsvorschriften halten will.

    Gesetzestreue Migranten bereichern unser Land. Verschiedene Kulturen machen das Leben bunt und vielfältig. Ich selbst habe engste Freunde aus orientalischen Ländern. Aber Typen, die auf das deutsche System sch…..n, braucht hier niemand. Solche Typen sind eine Schande und bringen andere seriöse aufrichtige Migranten aus ihren Ländern bei uns nur in Verruf!

  4. Bei seinem Treiben bleibt mir das Essen – glücklicherweise nicht von ihm gekocht – im Halse stecken!

  5. @ Martina Rheken

    Was für eine tolle Nachricht!

    Welch eine Ignoranz hingegen von „Thalia“:

    „Ein Wegducken vor gesellschaftlicher Verantwortung!“

    https://www.rnd.de/kultur/thalia-verkauft-weiter-hildmann-bucher-weggucken-und-wegducken-OY7WKKU7MZH6VM4RVVPHF6LUBU.html

  6. „Juristischer Erfolg gegen Vegankoch : Attila Hildmann darf Holocaustleugnerin nicht zitieren“:

    https://plus.tagesspiegel.de/berlin/juristischer-erfolg-gegen-vegankoch-attila-hildmann-darf-holocaustleugnerin-nicht-zitieren-55283.html

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