Neu in der Homöopedia:
der NHMRC Draft Report
Seit Erscheinen des großen Homöopathie-Reports des australischen NHMRC, für den man bei keiner Indikation stichhaltige Belege für eine Überlegenheit gegen Placebo fand, versuchen homöopathische Verbände diesen Report zu diskreditieren.
So verbreitete man unter anderem, es gäbe einen höherwertigen ersten Review von 2012. Dieser sei aber verheimlicht worden, weil er für die Homöopathie deutlich positivere Ergebnisse enthalte.
Im August 2019 veröffentlichte das NHMRC als Reaktion auf die erhobenen Vorwürfe das fragliche Dokument. Dabei zeigte sich jedoch, dass es sich hierbei um eine unvollendete Entwurfsversion des Reviews („Draft Report“) handelt, die niemals alle Qualitätskontrollen durchlaufen hatte. Aufgrund von vielen nachvollziehbaren gravierenden Fehlern wurde diese Version nicht weiter verfolgt und die Arbeit neu in Auftrag gegeben. Homöopathen feiern diesen Entwurf dennoch als Erfolg für die Homöopathie und als Zurückrudern des NHMRC.
Auf der Homöopedia kann man jetzt im neuen Artikel die ganze Geschichte genau nachlesen. Die Ergebnisse des Draft Reports werden genauso erläutert wie die Kritikpunkte, die das NHMRC an diesem ersten Entwurf hatte. Vor allem wird beleuchtet, wie unzutreffend einige homöopathische Verbände und Lobbygruppen den Draft Report der Öffentlichkeit gegenüber darstellen.
Zum Weiterlesen:
- „Wertloses Stück Papier“: der First Report vom NHMRC, GWUP-Blog am 18. Oktober 2019
- NHMRC-Report: Homöopathen endgültig auf dem Weg in die Verschwörungstheorie, GWUP-Blog am 14. Oktober 2019
- Indisches Ministerium empfiehlt Homöopathie gegen Coronavirus, derStandard am 3. Februar 2020
- Das AYUSH-Ministerium in Indien, Onkel Michael am 31. Januar 2020
4. Februar 2020 um 01:46
Nur falls das in der zwangsläufig länglichen wissenschaftlichen Stellungnahme zu diesem Thema in der Homöopedia nicht sofort klar wird: Es gibt keinen „First Report“ und logisch auch keinen „Second Report“. Oder wie sich die Carstens-Stiftung das zusammenphantasiert: Keinen Report 1.0 und keinen Report 2.0.
Was es gibt: Einen Haufen Studien und Metastudien und das ernsthafte Bemühen der australischen Behörde, soviele wie irgend möglich davon in ihre Untersuchung einzubeziehen (https://www.homöopedia.eu/index.php/Artikel:Systematische_Reviews_zur_Homöopathie_-_NHMRC_(2015)#Vorgehensweise).
Der erste Versuch, diese Datenmasse zu einem konzisen Gesamtbild zu fügen, ist – das kann man nicht anders sagen – krachend gescheitert und landete zu recht im Müll.
Nur dass auch dieser nachträglich veröffentlichte erste Auswertungsversuch keinerlei „ermutigende Evidenz“ für „die“ Homöopathie erbracht hat, wie es die Homöopathiker behaupten. Im Gegenteil: Erstens steht sogar schon im von den Homöopathen bejubelten Müllbericht, dass es für einige Indikationen definitiv keine Evidenz für eine Wirksamkeit über Plazebo gibt.
Zum anderen muss man sich natürlich schon fragen, wie man die von der homöpathischen Seite behaupteten „ermutigende“ Evidenz begründen will, nachdem sich diese seit 1835 nicht gezeigt hat (https://www.homöopedia.eu/index.php/Artikel:Nürnberger_Kochsalzversuch). Je länger ich bei leerem Tank am Zündschlüssel drehe, desto eher springt die Karre irgendwann doch an? Was, bitte, kann nach fast 200 Jahren gemittelt neutraler Studienergebnisse bei Fehlen eines plausiblen Wirkmechanismus „ermutigend“ sein?
Am wichtigsten ist aber, nachzulesen in dem Homöopedia-Artikel: Der veröffentlichte Report berücksichtigt, anders als von interessierter Seite behauptet, deutlich mehr Studien als der verworfene Entwurf!
Und ich frage mich ernsthaft: Diese australische Studie war keine Studie, sondern ein Review über viele //zuvor veröffentlichte// Studien. Wie kann irgendjemand auf die Idee kommen, dass man eine Metastudie erfoglreich fälschen kann, wenn die unterliegenden Primärquellen ihrerseits öffentlich sind?
Nochmal: Welches Mindset muss man haben, um sowas zu behaupten?
4. Februar 2020 um 08:03
@2xhinschauen
Das Mindset eines Verzweifelten.
Die Homöopathen sind auf dem Rückzugsgefecht, ihnen gehen immer mehr die ohnehin extrem dünnen Argumente aus (konnte man ja soeben in der SWR-Reportage sehen). So wird nach noch so jedem kleinen Strohhalm gegriffen.
Und wenn man in Kommentarspalten nur oft genug wiederholt, dass der NHMRC Draft Report positive Ergebnisse zeigte und deswegen unterdrückt wurde, dann so hoffen die Homöopathieapologeten, wird aus der Lüge allmählich eine Wahrheit.
4. Februar 2020 um 14:36
Und selbst wenn es sich – wie auch immer das funktionieren sollte, obwohl es nicht funktionieren kann – wäre die Homöopathie als Ganzes ja nicht gerettet, wenn sie in 3 -5 Indikationen wundersamerweise doch eine über den Placoboseffekt hinausgehender Wirkung gezeigt hätte.
Was nutzt ein Verfahren, das nur bei ganz weniger Beschwerden überhaupt irgendeine Wirkung zeitigt.
Dann müssten Homöopathen auf ihr Schild schreiben:
Termine nur bei Schuppengeflechte, Knieknacksen und hyperbolisches Schnupfensyndrom Mi von 9-11.
Damit wäre die Erwerbsgrundlage auch perdu.
4. Februar 2020 um 16:41
„Und selbst wenn es sich – wie auch immer das funktionieren sollte, obwohl es nicht funktionieren kann – wäre die Homöopathie als Ganzes ja nicht gerettet, wenn sie in 3 -5 Indikationen wundersamerweise doch eine über den Placoboseffekt hinausgehender Wirkung gezeigt hätte.“
Wichtiger Punkt! Das würde allenfalls die immer wieder geforderte weitere Grundlagenforschung rechtfertigen.
Ein Pharmahersteller kann sich ja auch nicht einfach im Zulassungsantrag darauf berufen, dass die Wirksamkeit anderer Allopathika hinreichend beweist, dass Allopathie wirksam ist.
Der Nachweis eines wirksamen Homöopathikums müsste eigentlich zwangsläufig die Forderung nach Zulassungsstudien für alle Homöopathika nach sich ziehen.
4. Februar 2020 um 16:57
Die Homöopathen versuchen mal wieder einen Vortrag zu verhindern.
Kuriose Begründung: „Die Evidenz [der Homöopathie] sei seit 2005 durch die Versorgungsstudien von Witt et al. gegeben.“
Was Claudia Witt wirklich sagt:
Die wichtige versorgungsrelevante Information ist: Es konnte nicht gezeigt werden, dass homöopathische Arzneimittel besser wirken als Placebo.
https://blog.gwup.net/2015/06/28/claudia-witt-homoopathie-ist-unspannend-und-nicht-wirksamer-als-placebo/
4. Februar 2020 um 18:20
Da arbeitet jemand an einem systematischen Review, dessen Kern ja ist, auf qualitativer Basis vorliegende Arbeiten mit dem Ziel zu bewerten, zu einer Aussage über die Gesamtevidenz für X zu kommen. Lassen wir mal die Tatsache, dass der erste Versuch voll in die Hose ging (mangels Qualifikation der Auswerter) ganz außen vor und fragen uns:
Welchen Sinn soll es haben, aus einer Anzahl für ein Review vorgesehener, längst bekannter und vorliegender Arbeiten einige herauszupopeln, die – wie auch immer – tendenziell für Homöopathie sprechen? Was soll das alles mit dem Ergebnis eines Reviews zu tun haben – das es ja hier nicht mal gab?
Mir ist das zu hoch. Das ist so absurd, dass ich Mühe habe, den Gedanken in Worte zu fassen. Wenn ich einen Schluss aus der Causa ziehen soll, dann den, dass die Homöopathen im günstigsten Fall absolut keine Ahnung von Wissenschaftssystematik haben. Ich fürchte aber, dass dieser günstigste Fall die Realität auf Seiten der Homöopathievertreter nicht widerspiegelt.
4. Februar 2020 um 18:26
@Bernd Harder
Du verstehst das nicht. Die Homöopathie ist wirksam!1!! Die Frau Witt hat es halt nicht zeigen können.
@Daniel Behrend
@Christian Becker
Guter Punkt übrigens. Von homöopathischer Seite wird ja nach jedem Studienergebnis immer von der Wirksamkeit der Homöopathie als ganzes gesprochen. Dabei geht es – soweit es die arzneiliche Wirkung betrifft – um mehrere tausend Ursubstanzen in oft mehreren „Stärken“. Das wäre in der Tat so, als ob ich nach dem möglichst erfolgreichen Test einer einzelnen Packung der ganzen Apotheke die Freigabe gäbe: Hereinspaziert, alles wirksam und risikolos.
Aber in der Anamnese muss dann unter den Tausenden genau das eine Mittelchen herausgefiltert werden, das alleine den Heilungserfolg leisten kann. Alle anderen sind dann falsch. Jawattenu?
Zum Glück liefern die homöopathischen Arzneimittelprüfungen für jede Ursubstanz präzise und trennscharfe Symptombilder, so dass eine passgenaue Verschreibung kein Problem ist. So wie das hier… https://www.narayana-verlag.de/materia-medica/Natrium_muriaticum.php.
Voll der Partykracher. Ob man das rappen kann?!
4. Februar 2020 um 18:30
@Bernd Harder
„Die Homöopathen versuchen mal wieder einen Vortrag zu verhindern.“
Dazu fällt mir nur eins ein: Und täglich grüßt das Murmeltier.
4. Februar 2020 um 20:34
@Bernd Harder
@RPGNo1
Erfreulich die bisher bis auf 1 Ausnahme homöopathiekritischen Kommentare.
4. Februar 2020 um 20:42
Die Prüfungssymptome von Kochsalz sind ja voll krass…
4. Februar 2020 um 21:03
@2xhinschauen
Natrium muriaticum? Das gebe ich auf meine Pommes oder Wedges, damit sie schmecken. Danach geht es mir auch besser. Nachweis geführt. ;)
4. Februar 2020 um 23:54
Aus der 944-seitigen „kurzgefassten Arzneimittellehre“ des Constantin Hering, nachfolgend mein Favorit:
Natrium muriaticum (22)
• Männliche Geschlechtsorgane:
Außergewöhnliche Erregung des Geschlechtstriebes, dabei physische Schwäche. Pollutionen bald nach dem Koitus. Paralytischer Zustand nach geschlechtlichen Exzessen. Morgens Erektionen ohne geschlechtliche Erregung.[…]
Die vollständige männliche Population der Bundesrepublik Deutschland müsste demnach offensichtlich dringend mit homöopatischen Dilutionen von Kochsalz therapiert werden.
5. Februar 2020 um 08:14
@ RPGNo1:
Du kapierst es immer noch nicht, oder? Wenn Du Natrium muriaticum als Ursubstanz auf die Pommes gibst, sollten sie anschliessend furchtbar schmecken und Dir schlimmste Symptome verpassen, damit das Zeuch als Homöopathikum taucht.
Von wegen, „Nachweis geführt“… diese jungen Leute immer…
5. Februar 2020 um 11:52
@noch’n Flo
Die Pommes wollen aber nicht schlecht schmecken, und ich entwickle auch nicht schlimmste Symptome. Was mach ich falsch?!?
5. Februar 2020 um 17:01
@ RPGNo1:
„Was mach ich falsch?!?“
Trägst Du gerade Unterwäsche aus Schafswolle? Hast Du im Sitzen geschlafen? Oder hattest Du heute unkeusche Gedanken?
5. Februar 2020 um 18:47
Natrium muriaticum soll ja allgemein gegen Kummer und Sorgen helfen, und bei folgendem Symptom: „Beim Anfassen schon fällt das Haar aus; besonders am vorderen Teil des Kopfes“. Männer mit vollem Schopf sollten das also womöglich nicht nehmen…
Vielleicht sollten wir unsere skeptischen Bemühungen reduzieren, solange uns immer noch was Neues zum Lachen über die Homöopathie einfällt. Wäre doch schade drum…
Die eingesparte Zeit könnten wir gemeinschaftlich in ein Blog investieren: „Das Homöopathikum der Woche punkt Info“. Streng sachliche Aufklärung, versteht sich.
Wer fängt an? Zum Beispiel mit einem Mittel, das bei Gesunden Krebssymptome auslöst?
5. Februar 2020 um 19:26
@noch’n Flo
1) Nein.
2) NEIN!
3) Wer hat die nicht?!?
:)
5. Februar 2020 um 20:42
@ RPGNo1:
Verstehst Du jetzt, warum HP niemals funzen KANN? :P
5. Februar 2020 um 21:55
Mist. ;)
5. Februar 2020 um 22:46
Leute, ihr habt alle gar keine Ahnung. Wieso das bisher an mir vorbeigescrollt ist, weiß ich nicht, aber die Studienlage wurde schon vor ein paar Jahren wissenschaftlich nicht nur geprüft, sondern quasi bewiesen:
„Das Ergebnis steht fest. Die Homöopathie erfüllt alle Kriterien der evidenzbasierten Medizin!“
Weil: muss ja, weil sie ja wirksam ist. Kuxtu hier: https://www.meinbezirk.at/mistelbach/c-lokales/melanie-woelk-mit-sonderpreis-fuer-forschung-in-der-homoeopathie-ausgezeichnet_a2461407
Und danach am besten noch hier: https://edzardernst.com/2018/03/a-pseudo-prize-for-pseudo-research-into-pseudo-medicine/
Und natürlich hier: https://keineahnungvongarnix.de/?p=6466
6. Februar 2020 um 15:16
@noch’n Flo
Unkeusche Gedanken… Das ist mein Spezialgebiet ;)
24. September 2023 um 21:38
Ich bin mir nicht sicher, ob es hier und beim INH schon bekannt ist, aber in jedem Fall hat der australische Ombudsmann seine Untersuchung zum NHMRC-Report zur Homöopathie abgeschlossen. Der Hinweis darauf findet sich auf der Homepage des NHMRC:
https://www.nhmrc.gov.au/about-us/resources/homeopathy
„On 4 August 2023 the Commonwealth Ombudsman issued a public statement noting that the investigation had been finalised. No adverse findings were made about the review or NHMRC.
NHMRC welcomes the findings of the Ombudsman review and resolution of this matter. We continue to review and improve our guideline development processes to ensure our health advice and guidelines are based on the best available scientific evidence and continue to be developed according to rigorous standards.“
Man verlinkt direkt auf die öffentliche Stellungnahme des Ombudsmanns:
https://www.ombudsman.gov.au/__data/assets/pdf_file/0008/300014/NHMRC-2023-Statement.pdf
Es war den Zuständigen nicht möglich unabhängige Experten zur Beantwortung von Fragen der wissenschaftlichen Methodik heranzuziehen. In jedem Fall kam es zu keinerlei Beanstandungen. Der Vollständigkeit halber könnte man die entsprechenden Links natürlich dennoch in die Homöopedia einpflegen.
Ach ja: die Aktualisierung der Datenlage im Zuge des vom NHMRC angestrengten Natural Therapies Review ist mittlerweile überfällig.
https://www.crd.york.ac.uk/prospero/display_record.php?RecordID=346433
Der Abschluss des Reviews zur Homöopathie wurde für den 24. Juli erwartet. Es fehlt aber noch einiges an Arbeit…