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Homöopathie: „Gift für die Grünen“ in der taz

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Heute auch in der taz:

Grüne und Homöopathie

Paula Piechotta hält Homöopathie – kurz gesagt – für teuren Humbug. „Wir Grüne verweisen stets auf die Wissenschaft, wenn es gegen Klimaleugner geht“, sagt Piechotta, Ärztin an der Uni-Klinik Leipzig und im dortigen Grünen-Kreisvorstand aktiv. „Deshalb müssen wir uns auch anderswo klar gegen Esoterik und Wissenschaftsfeindlichkeit positionieren.“ Wissenschaftsferne Positionen, sagt Piechotta, „schrecken viele Menschen ab, die uns gerne wählen würden.“

Aber:

Für die Grünen ist das eine Lose-Lose-Situation. Eigentlich spricht nichts dafür, Kassen für Zuckerkügelchen zahlen zu lassen. Aber wer das offen sagt, zieht die Wut einer großen Fangemeinde auf sich. Der Kampf um die Globuli steht dabei für ein tieferes Problem. Teile der Grünen-Anhängerschaft neigen bei manchen Themen zur Esoterik […]

Die Grünen-Spitze hat erkannt, wie unschön eine Zuspitzung auf dem Parteitag im November wirken könnte. Die Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck sollen beklatscht und neu gewählt werden, ein ausführlicher Antrag zu Wirtschaftspolitik steht auf dem Programm. Böse Schlagzeilen über einen Homöopathie-Streit würden da nur stören. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner arbeitet derzeit hinter den Kulissen daran, die Kontrahenten zu versöhnen – mit dem Ziel, eine Abstimmung auf dem Parteitag zu vermeiden.

Zum Weiterlesen:

  • Grüne und Homöopathie: Glaubenskrieg um Globuli, taz-online am 13. Oktober 2019
  • Homöopathie und ein „Kernproblem grüner Politik“, GWUP-Blog am 12. Oktober 2019
  • Die Homöopathie-Lobby souffliert grüne Delegiertenanträge, Gesundheits-Check am 5. Oktober 2019

37 Kommentare

  1. Wie, bitte sehr, sollen Irrationales/Esoterik/Pseudomedizin mit Wissenschaft/evidenzbasierter Medizin versöhnt werden? Bundesgeschäftsführer Michael Kellner versucht sich an der Quadratur des Kreises. Am Ende kann nur ein fauler Kompromiss rauskommen, der die Wissenschaftsfeindlichkeit in Teilen der Grünen zementiert.

  2. Zu spät registriert:
    „Mein“ Landesminister Manne Lucha steht selbstverständlich auf der Seite der pro-Homöopathieanträge und verteidigt mit dem gleichen unsinnigen Argumenten wie ehedem (tradionsreicher Produktionsstandort BW, die Menschen wollen es, weitere Forschung). Dieser Sozialminister zeigt erneut, dass er für meinen Geschmack untragbar in seinem Amt ist.

  3. Also wenn man sich das Ganze so ansieht, so wirklich richtig dagegen ist keiner

    – Spahn will (wohlmeinend betrachtet) erstmal andere Probleme angehen

    – Lauterbach ist zwar dagegen, aber seine Parteigenossen? Grußwort-Schwesig und Weleda-Lanege?

    – die Grünen wollen ihren Esoflügel nicht vergraulen

    – FDP ist so ein bißchen aus Prinzip dagegen (solange die anderen dafür sind) aber doch für Heilpraktiker
    https://www.vkhd.de/news-arten-mobil/news/item/631-ueberraschende-wende-fdp-bundestagsfraktion-jetzt-fuer-erhalt-des-heilpraktikerberufs

  4. Viele sagen ja, der Effekt von Hömopathie gehe darauf zurück, dass sich Hömopathen oft zwei Stunden oder mehr Zeit für den Patienten nehmen und ihm zuhören, der Patient kann ihnen quasi seine Lebensgeschichte erzählen und der Homöpath hört zu. Das stärkt psychisch, und dadurch fühlt man sich dann in nächster Zeit gesünder.

    Klar hat das nichts mit den Milchzuckerkügelchen zu tun, die dann am Ende verschrieben werden.

    Allerdings – für die erstgenannte Tätigkeit zahlen Krankenkassen den Psychotherapeuten Geld.

  5. Grüne unterstützen ja auch die in Teilen hochesoterische biodynamische Landwirtschaft und sehen diese als Nachfolger der konventionellen, wissenschaftsorientierten Landwirtschaft an.

    Insgesamt haben die eine sehr selektive Wahrnehmung von Wissenschaft. Die wird nur da akzeptiert, wo’s in den Kram passt, bei Themen wie der Gentechnik wird sie bestenfalls ignoriert.

    Und natürlich darf die großstädtische, gutverdienende, in bester Hanglage wohnende, sehr homoeopathieaffine Grünenklientel nicht verärgert werden, ist schon klar.

  6. @Suja:

    Wir brauchen #Homöopathie nicht, um gute Medizin zu machen, Anamnesen zu verbessern, Patienten zuzuhören, sie als Menschen und nicht als ,Symptomträger’ zu sehen und ihnen mit Wärme und Empathie zu begegnen. Wir brauchen Zeit, Ausbildung und Abrechnung genau dafür, nicht Humbug!

    https://twitter.com/NatalieGrams/status/1183804549397647363

  7. Die Homöopathie-Branche setzt die Grünen-Spitze vor dem Parteitag mit Protestpost und einer Online-Petition unter Druck. Habeck bleibt in der Deckung.

    https://taz.de/Gruene-und-Globuli/!5629885/

  8. Marcus Anhäuser hatte es vor einigen Tagen als „Kulturkampf“ bezeichnet: http://scienceblogs.de/plazeboalarm/index.php/kulturkampf-bei-den-gruenen-wissenschaft-oder-gefuehligkeit/

    Das trifft es gut, und ich bin gespannt, wie das ausgeht. Da geht es nicht nur um empirische Befunde, sondern auch um Weltanschauungen und Biografien. Wenn am Ende „nichts“ dabei herauskommt, wäre das immerhin ein humoristisch wertvolles Resultat.

  9. Heute auch in der FAZ:

    „Beim Naturschutz und in der Umweltpolitik sind die Grünen ganz vorne – und bei den Wählern groß in Mode. Aber mit manchen Themen tut sich die Partei schwer.“

    https://www.faz.net/aktuell/wissen/geist-soziales/gruenen-und-die-forschung-wie-haltet-ihr-es-mit-wissenschaft-16396797.html

  10. Homöopathie-Kritiker der Grünen lehnen das Angebot der Parteispitze ab, den Globuli-Streit in ein Fachgespräch auszulagern. Aus der SPD kommt Kritik.

    https://taz.de/Homoeopathie-Streit-bei-Gruenen/!5629658/

  11. Gut, dass sich die Kritiker nicht einfach mit einem „Fachgespräch“ abspeisen lassen, mit dem das Problem einfach nur unter den Teppich gekehrt werden sollte.

  12. „Eine gesundheitspolitische Fachkonferenz könne nicht die Kompromisslösung der Frage sein, „ob wir uns zur Wissenschaft bekennen“, schrieb das Grünen-Mitglied Tim Demisch auf Twitter.“

    Bravo, Tim Demisch.

    Übrigens habe ich hier noch ein interessantes Fundstück. Tim Demisch war mal in der FDP und ist im letzten Jahr wieder dort ausgetreten. Begründung u.a.:

    „dass die Partei [FDP], wenn Sie den Begriff der Freiheit gebraucht, nur die Freiheit für ein gewisses Klientel meint. […] Ohne Frage kam das Soziale in der FDP immer zu kurz. […] Ein Teil der Parteielite rückt einem nationalen Denken in gewissen Punkten gefährlich nahe.“

    https://www.tim-demisch.de/fdp-austritt

    Der junge Mann hat bei mir jede Menge Sympathiepunkte gesammelt. :)

  13. Heute auch in der Bild-Zeitung:

    „Fakt ist: Die Wissenschaft ist sich weitgehend einig, dass Homöopathie bei Krankheiten keine Wirkung hat!“

    Die Gegenrede der Homöopathie-gläubigen Grünen ist mal wieder unterirdisch:

    Birgit Raab (55), Grüne Bayern: „Homöopathie braucht keine Tierversuche, hat keine bis wenige Nebenwirkungen und es gibt keine Arzneimittelrückstände in Gewässern.“

    Kordula Schulz-Asche (62), Sprecherin für Pflegepolitik: „Warum mit der Homöopathie eine Methode diskriminiert wird, an deren Wirkung viele Akteure der Gesundheitsberufe sowie Patientinnen und Patienten glauben, ist für mich schwer nachvollziehbar.“

    Bundestags-Abgeordnete Ulle Schauws (53): „Klar. Ich bin gegen jede Scharlatanerie. Aber für Vielfalt in Heilmethoden.“

  14. @Bernd Harder

    Mit Frau Raab und Frau Schauws sind zwei alte Bekannte dabei.

    Über Frau Schulze-Asche musste ich mich schlau machen. Mit ihrer Aussage über Homöopathie bleibt sie ihrer eigenen Linie treu, wie man folgendem Artikel der DAZ entnehmen kann.

    Zitat: „Ich bin der Auffassung, dass die Komplementärmedizin eine gute Ergänzung zur wissenschaftlich belegten Medizin ist. Viele Patienten setzen bereits auf eine Kombination aus Schul- und Komplementärmedizin. Es gibt sehr viele gute Heilpraktiker, die beispielsweise bestimmte Rückenleiden sehr gut behandeln können.“

    https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/09/22/heilpraktiker-sollten-staerker-in-die-verantwortung-genommen-werden

  15. Die Homöopathielobby versucht per Postkarten- und Emailaktion sowie Online-Petition Druck auf die Grünenführung auszuüben.

    https://taz.de/Gruene-und-Globuli/!5629885/

  16. @RPGNo1:

    Nicht mal das Prinzip „Parteitag“ verstehen diese Leute.

  17. Nachsatz:

    Wer verteidigt momentan im taz-Forum eifrig die Homöopathie und fährt dabei Attacken gegen die gwup? Mit Quellenverweis auf den Förderverein seines eigenen Arbeitgebers? Na?

    *Trommelwirbel, Tusch*

    Es ist Jens Behnke.

    https://taz.de/!ku53122/

  18. @RPGNo1:

    Auch Anthro-Hoyer ist dabei.

    Bei solchen „Verteidigern“ braucht die Homöopathie keine Gegner mehr.

  19. „es gibt keine Arzneimittelrückstände in Gewässern“

    Was nach HP-Logik auch wieder falsch ist – wenn HP tatsächlich funktionieren würde, würden die Glaubuli-„Wirkstoffe“ in den Gewässern in extremis potenziert.

  20. @Bernd Harder
    Heute auch in der Bild-Zeitung:

    Die Journalismus-Simulierer haben sich natürlich nicht die Mühe gemacht, die zitierten Personen zu befragen.

    Tim Demisch auf Twitter:
    Die BILD zitiert mich in ihrem Artikel zum Thema Homöopathie, obwohl ich nie mit der BILD gesprochen habe. Das angebliche Zitat ist einfach der erste Satz unseres Parteitagsantrags.

    Die BILD beweist sich wie sonst auch ihre Dreistigkeit und ihren üblen Journalismus.

    Laut einem Mitarbeiter der Grünen Bundestagsfraktion wurden die in dem BILD-Artikel zitierten Abgeordneten ebenfalls nicht kontaktiert. Stattdessen hat die BILD uralte Zitate ausgegraben und zusammengefügt.

    https://twitter.com/TimDemisch/status/1184899788447334400

  21. Homöopathie und die Grünen – das gehört für viele zusammen. Doch nun droht auf dem Parteitag ein Globuli-Streit. Das hat der Spitze gerade noch gefehlt.

    https://www.tagesschau.de/inland/gruene-parteitag-homoeopathie-101~amp.html

  22. Sehr interessant, wie die Homoeopathie Lobby alle Kreisverbände der @Die_Gruenen systematisch kontaktiert. In den folgenden Tweets werde ich noch die angehängten Briefe mit wirrsten Unterstellungen vor allem gegen die gruene_jugend anhängen.

    https://twitter.com/nicofreddi/status/1185470765883367424

  23. Nachdem wir den Vorschlag des Bundesvorstands zur Homöopathie abgelehnt haben, legen wir nun einen eigenen Kompromissvorschlag mit einer klaren wissenschaftlichen Haltung vor.

    https://twitter.com/TimDemisch/status/1186008730430779393

  24. Immer, wenn die taz versucht, dann krampfhaft irgendwie doch die Homöopathie zu verteidigen, wird’s peinlich:

    https://taz.de/Streit-um-Kuegelchen/!5631699/

  25. Schon wieder die taz? Oder liegt es doch eher an der Autorin Waltraud Schwab, die Theaterwissenschaft, Soziologie und Amerikanistik studiert hat und sich nun an gesundheitspolitischen bzw. naturwissenschaftlichen Themen versucht.

    Ein Kommentator hat den Artikel übrigens sehr gut zusammengefasst: „Vor diesem Hintergrund erscheint die Forderung nach Homöopathie eher als Luxusproblem eines bürgerlichen Milieus, das sich in keiner Weise für die realexistierenden unterfinanzierten Probleme von Menschen mit Behinderung zu interessieren scheint und dies dann auch noch ignorant als „Neiddebatte“ abzuschmettern versucht.“

  26. Wer dafür einen Zugang hat, kann mal bei DocCheck vorbeischauen – da ist ein Artikel über die Änderungen der WB-Ordnung in Bremen und Sachsen-Anhalt drin. Die Kommentare, insbesondere von Ärzten und Medizinstudenten, sind zum Teil echt köstlich naiv.

  27. Eine Kontroverse um Gentechnik spaltet die Grünen. Sie nimmt vorweg, was die Gesellschaft demnächst verhandeln muss.

    https://www.zeit.de/2019/44/gentechnik-die-gruenen-kontroverse

  28. Update zu Grüne + #Homöopathie: Mehrere Bundestagsabgeordnete, darunter Gesundheitspolitikerinnen, haben Antrag formuliert. Zielt diffus aufs große Ganze. Grüne sollten diskutieren, was „Wissenschaftsbegriff“ und „evidenzbasierte Medizin“ bedeuten.

    https://twitter.com/UlrichSchulte/status/1188382993859170304

  29. Jetzt darf jeder Redakteur/jede Redakteurin abwechselnd mal ran an das Thema – bis jeder Leser seine Meinung bestätigt findet:

    https://taz.de/!5634415/

  30. @ Bernd Harder:

    Sowas nennt man dann wohl „Meinungspluralismus“.

  31. @ Bernd Harder:

    Dieser taz-Artikel ist wieder einmal unterirdisch.

    Da steht z.B., in der evidenzbasierten Medizin würden Nebenwirkungen oder die Gefahr von Resistenzen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das ist absurd falsch. Genau wie die Behauptung, das Arzt-Patienten-Verhältnis würde „von der evidenzbasierten Medizin nur als Placeboeffekt erfasst“.

    Wie kommt die gute Frau auf so einen Unsinn? Hat sie das vom Hörensagen in ihrem Schamanenenkurs?

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