Gestern abend bei den Science Busters in München gewesen – sehr empfehlenswert! Die Deutschland-Tournee der „schärfsten Science-Boygroup in der Milchstraße“ startet am 14. Oktober in Hamburg. Die weiteren Termine gibt’s hier.
Heute läuft in den Kinos „Der letzte Exorzismus“ an, über den wir vorigen Monat schon kurz berichtet hatten. Auch das lohnt sich. Nach Auffassung des Welt-Rezensenten schrammt der Film „ganz knapp am Meisterwerk vorbei“, während dem Spiegel die „spannende Balance zwischen skeptischer Ratio und paranormaler Ahnung“ gefällt. Zitat des deutschen Regisseurs Daniel Stamm:
Ich wollte Wissenschaft und Religion mit ihren jeweiligen Argumenten so fair und intelligent wie möglich darstellen und sie dann kollidieren lassen. Dabei kommt heraus, dass die beiden Ansätze nicht kommunizieren können.“
Zu diesem Schluss kommen auch die „Science Busters“. In ihrem Buch „Wer nichts weiß, muss alles glauben“ finden sich ein paar interessante Seiten zum Thema Exorzismus. Da heißt es unter anderem:
Warum der Exorzist, während er den Teufel austreibt, nach dem Namen fragen muss, liegt daran, dass der Teufel auch nicht immer selber Zeit hat. Manchmal schickt er einfach Dämonen als Vertretung. Das Böse in der Kirche ist also eine Art Franchiseunternehmen.“
Das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM IV) zählt die Besessenheit übrigens zu den „dissoziativen Störungen“:
Die Überzeugung der Besessenheit von einer anderen Person, einem Geist oder einem anderen Wesen kann als Symptom einer Multiplen Persönlichkeitsstörung auftreten. In solchen Fällen ist das Symptom ,besessen zu sein‘, in Wirklichkeit Ausdruck der Erfahrung des Einflusses der anderen Persönlichkeit auf das Verhalten und die Stimmung des Individuums. Das Gefühl der ‚Besessenheit‘ kann jedoch nicht nur als Symptom der dissoziativen Störung auftreten, sondern auch als Wahn in einer psychotischen Störung, z. B. der Schizophrenie.“
Und eben über schizophrene Psychosen schreibt kenntnisreich auch der „Science Buster“ und Neurophysiker Werner Gruber in „Wer nichts weiß, muss alles glauben“. Zum Beispiel:
Als auslösende Ursachen gelten ein gestörtes soziales Umfeld … Bei Patienten mit Schizophrenie erscheinen vorher vertraute Dinge unheimlich. Dadurch werden die Patienten misstrauisch und ziehen sich noch mehr zurück. Sie empfinden sich manchmal als ferngesteuert. Es kommt zu einer Störung des Ich-Erlebens.“
Dämonen oder Neuronen? Selbst unter den Kommentaren bei Spiegel-Online zu „Der letzte Exorzismus“ finden sich Anmerkungen wie diese:
Es fällt täglich aufs Neue schwer, nicht an den Lichtbringer (Luzifer; Anm. d. Autors) zu glauben. Nichts Transzendentes beweist sich derart häufig. Historische Beispiele kennt jeder. Mir fallen ad hoc hundert aktuelle Fälle ein.“
Aha. Wer indes ernsthaft glauben sollte, dass Skeptiker spätestens im Angesicht des Todes doch noch „die Wahrheit“ erkennen werden – der hat Recht.
Aber ganz anders, als Gläubige es häufig äußern. Beim gestrigen „Science Busters“-Auftritt erzählte Gruber, wie er beim Überqueren einer Straße in Wien versehentlich auf die Straßenbahngleise geriet. Und plötzlich eine Tram auf ihn zu raste.
Am eigenen Leib erlebte Gruber sodann, wie es sich anfühlt, vor Schreck zu erstarren und den Notfallreaktionen des Gehirns bewusst, aber vollkommen hilflos ausgeliefert zu sein. Der letzte – und nach eigenem Bekunden „sehr tröstliche“ – Gedanke des Neurophysikers (bevor die Sache schließlich doch unerwartet glimpflich ausging) war:
Einfach toll – Es läuft tatsächlich alles so ab, wie die Wissenschaft es voraussagt.“
Zum Weiterlesen:
- Kurzweilig: Wer nichts weiß, muss alles glauben. Buchrezension bei hpd-online
3. Oktober 2010 um 18:08
Ich hab mal auf die Science Busters website geklickt und die Leseproben aus dem neuen Buch „Wer nichts weiß, muss alles glauben“ gelesen. Dazu fällt mir spontan ein anderes Buch ein: „Eine kurze Geschichte von fast allem“ von Bill Bryson erzählt und erklärt recht humorig (und vor allem auch für Nicht-Wissenschaftler verständlich!) verblüffende wissenschaftliche Tatsachen. Es ist sehr erhellend!