Morgen Abend (Sonntag, 8. März, 18 Uhr) berichtet das Magazin defacto im hr-Fernsehen über die fünfjährige Aliana aus Bad Hersfeld, die an einer Spätfolge der Masern leidet und bald sterben wird.
Alianas Mutter hat auch im Stern (10/2015) eine Anklage gegen Impfgegner und Impfschluderer veröffentlicht:
Meine Tochter Aliana stirbt. Sie stirbt an den Folgen einer Krankheit, die es gar nicht mehr geben sollte: Masern.
Sie ist fünf. Sie könnte ihr ganzes Leben noch leben, wenn wir alle – Eltern, Ärzte, Gesetzgeber – an einem Strang gezogen hätten. Wenn jeder in Deutschland geimpft wäre […]
Stattdessen gibt es den größten Ausbruch einer Masern-Epidemie seit mehr als zehn Jahren. Die ersten Kinder sind gestorben. Es wird auch diesmal Spätfolgen geben. Keines dieser Kinder hätte sich anstecken müssen, hätte sterben müssen, wenn Eltern und Ärzte sich nicht den Luxus geleistet hätten, bei den Impfungen zu schludern – oder sie bewusst abzulehnen.
Wer das tut, spielt nicht nur mit dem Leben seines eigenen Kindes, sondern mit dem Leben vieler. Aliana können wir nicht mehr retten. Aber so viele andere.“
SPON und Zeit befassten sich diese Woche mit den „abgezirkelten Nestern“ der Impfgegner, die sich vorwiegend …
… in Vierteln wie dem Prenzlauer Berg [befinden], wo der Anteil der Grün-Wähler verlässlich über 30 Prozent liegt. Der eigentliche Kern der Impfkritik ist nicht wissenschaftlich, sondern nur ideologisch zu verstehen.
Der Neoobskurantismus der Gegenvirologen geht Hand in Hand mit Kapitalismuskritik, linkem Naturkitsch und einem ökologisch gefärbten Mutterkult, der alles verdächtigt, was nicht nach Baumwollwindeln, Kirschmolke und Pastinake riecht.“
In den USA hat sich der Comedian und Talk-Moderator Jimmy Kimmel mit den Impfgegnern angelegt:
Eltern haben oft mehr Angst vor Gluten als vor Pocken […]
Falls Ihr mehr wisst als Ärzte – okay. Aber dann sucht sie auch bitte nicht bei anderen Problemen auf. Wenn Ihr zum Beispiel stürzt und ein Loch in Euren Kopf schlagt, wird Euch der Eintritt in die Notaufnahme verwehrt.
Näht es zuhause doch einfach selbst!”
Außerdem ließ er verschiedene Ärzte „pro Impfen“ zu Wort kommen:
The thing with doctors is: They didn’t learn about the human body from their friend’s facebook pages.“
Danach war schnell Schluss mit lustig.
Eine Auswahl der originellsten Beschimpfungen verlas Kimmel in seiner nächsten Late-Night-Show „Jimmy Kimmel live“:
Das Online-Magazin salon indes freut sich über den prominenten Impf-Befürworter:
Kimmel’s crusade has made for some fascinating television lately, and it’s pretty great to see a person with his platform — with the support of his network — go at it with such gusto.“
Zum Weiterlesen:
- „Wir können sie nicht mehr retten“, Stern 10/2015 vom 26. Februar
- Aliana und die Impfpflicht, GWUP-Blog am 12. November 2014
- Impfgegner, die sich in Kinderreime flüchten, und Kinder mit SSPE, GWUP-Blog am 9. Januar 2015
- Impfgegner drehen durch: immun gegen jede Vernunft, GWUP-Blog am 1. März 2015
- Was tun gegen Impfgegner? Jetzt sind Emotionen gefragt, GWUP-Blog am 18. Februar 2015
- “Zeit der Zweifler”: National Geographic zum Thema Wissenschaftsfeindlichkeit, GWUP-Blog am 1. März 2015
- „Buffy“ kämpft jetzt für die Keuchhusten-Impfung, GWUP-Bog am 16. Juni 2013
- Warum ausgerechnet die Bildungsbürger in den Impfkrieg ziehen, Zeit-Online am 5. März 2015
- Impfgegner, die neuen alten Asozialen, Statt Schamanen am 4. März 2015
- Achtung, Impf-Mobber! Spiegel-Online am 3. März 2015
- Die wirre Gedankenwelt der Impfgegner, Cicero am 26. Februar 2015
- Impfen – ja oder nein? Deutschlandfunk am 7. März 2015
- Erziehungstipps a la Hollywood: Essen vorkauen, Stillen bis ultimo, Plazentapillen, vip am 14. Mai 2012
- Reizthema Impfen: Der Hang zu abstrusen Heilslehren, profil am 24. Februar 2015
- Windpocken in Berlin: Neue Viren für die Impfgegner, taz am 4. März 2015
- Jimmy Kimmel won’t back down about vaccines, salon am 3. März 2015
7. März 2015 um 11:15
Ich möcht mal kurz was zum Zitat von Spon/Fleischauer sagen. (Mal abgesehen von der Tatsache dass Fleischauer bisher wirklich nicht als wissenschaftlich denkende Person aufgefallen ist.)
Die Idee, dass es sich bei Impfgegnern ausschließlich um Leute aus dem grünen „Prenzlauer-Berg“-Millieu handelt ist denke ich eher nur in der Vorstellungswelt von Fleischauer korrekt. Chris Mooney hat dazu kürzlich was (zur Situation in den USA) geschrieben:
http://www.washingtonpost.com/news/energy-environment/wp/2015/01/26/the-biggest-myth-about-vaccine-deniers-that-theyre-all-a-bunch-of-hippie-liberals/
Grundtenor: Es gibt keine starke Korrellation zwischen politischer Einstellung und Impfgegnerschaft, das ist eine Sache, die quer durch politische Spektren geht. Das dürfte denke ich in Deutschland nicht anders sein, auch wenn mir hierzulande keine Studien zum Thema bekannt sind. Aber ein Großteil zumindest der harten Impfgegner rekrutiert sich ja eher aus rechtslastigen bis rechtsextremen Kreisen (Reichsbürger, Germanische Neue Medizin etc.) – das allein sollte eigentlich dieses simplifizierte Bild in Frage stellen.
7. März 2015 um 11:40
@ Hanno
„Aber ein Großteil zumindest der harten Impfgegner rekrutiert sich ja eher aus rechtslastigen bis rechtsextremen Kreisen…!“
Mein Empfinden sagt mir, dass der Großteil der harten Impfgegner aus linkslastigen bis linksextremen Kreisen kommt!
7. März 2015 um 13:25
@ Hanno
Du schreibst: „Aber ein Großteil zumindest der harten Impfgegner rekrutiert sich ja eher aus rechtslastigen bis rechtsextremen Kreisen …“
schön, dass endlich jemand die Anthroposophen und Waldorf-Fans als „rechtsextrem“ eingeordnet hat …:
–
Die beim Robert-Koch-Institut (RKI) für Impfungen zuständige Sabine Reiter wies im Deutschlandfunk auf den “starken Einfluss von Anthroposophen” bei der Impfgegnerschaft hin und erklärte:
“In den letzten Jahren, wenn wir Masernausbrüche in Schulen und Kindergärten hatten, waren die oft in Waldorf-Kindergärten oder anthroposophischen Schulen.”
Quelle: “MASERN IN BERLIN – Gesundheitsminister Gröhe kritisiert Impfgegner”, http://www.deutschlandfunk.de/masern-in-berlin-gesundheitsminister-groehe-kritisiert.1818.de.html?dram:article_id=312349
7. März 2015 um 23:19
Das ist ja nun Quatsch.
Wenngleich es auch einen ideengeschichtlichen Zusammenhang in bestimmten, spezifischen Formen des Irrationalismus zwischen Waldorf und NS gibt, ist der ideelle Gesamtdurchschnitt der empirischen Waldorferianer eben nicht ‚rechtsextrem‘, sondern von Halbbildung geschlagenes, links-liberales Möchtegern-Bildungsbürgertum.
Dass da auch ein paar Neonazis rumkreuchen ist zwar wegen des erwähnten Zusammenhangs kein Zufall, aber eben auch nicht repräsentativ.
8. März 2015 um 07:15
Hallo!
Habe mich im Internet übers Impfen informiert…wegen meiner kleinen Tochter…finde viel widersprüchliches…von Impfgegnern und von Impfbefürwortern…eigentlich weiß ich nicht mehr genau was ich glauben soll. Trotzdem werde ich meine Tochter vorsichtshalber doch impfen lassen.
Aber was ist von diesem Artikel hier zu halten: http://www.cnbc.com/id/102473744
8. März 2015 um 09:01
@ Abe
können wir mal gerade klären, was „links-liberal“ für Dich bedeutet:
– sind die Grünen „links-liberal“ ?
– ist Katrin Göring Eckardt „links-liberal“ ?
Und wie hast Du den „ideellen Gesamtdurchschnitt der empirischen Waldorferianer“ ermittelt, wenn, Zitat Prof. Hopmann, „die Waldorfschulen eine wirklich unabhängige, ergebnisoffene Untersuchung ihrer pädagogischen Praxis nicht zulassen“ ?
8. März 2015 um 09:05
@ Abe
Du schreibst: „Wenngleich es auch einen ideengeschichtlichen Zusammenhang in bestimmten, spezifischen Formen des Irrationalismus zwischen Waldorf und NS gibt …“
Meinst Du diesen „ideengeschichtlichen Zusammenhang“:
–
„Rudolf Steiner war ein wahrhaft idealer Vorläufer des neuen Europa von Mussolini und Hitler. Ziel dieser Schrift war es, den Geist und die Figur dieses grossen, modernen, deutschen Mystikers für die Bewegung zu beanspruchen – eine Bewegung, die nicht nur politisch, sondern auch spirituell ist – eingeführt in die Welt von den zwei parallelen Revolutionen, der Faschistischen und der Nationalsozialistischen Revolution, denen Rudolf Steiner als echter Vorläufer und spiritueller Pionier in idealer Weise angehört.“
Ettore Martinoli, Mitbegründer der „Anthroposophischen Gesellschaft Italiens“ [„Società Antroposofica d’Italia“]
Quelle: Hitler, Steiner, Mussolini – Anthroposophie und Faschismus, gestern und heute
8. März 2015 um 09:10
@ Mia M.
„… eigentlich weiß ich nicht mehr genau was ich glauben soll.“
„Glauben“ Sie das, was wissenschaftlich belegt ist.
Also ganz klar: Impfen!
8. März 2015 um 10:21
Mia M.:
Die Überschrift „Public Health Officials Know: Recently Vaccinated Individuals Spread Disease“ ist maßlos übertrieben und deckt sich auch nicht mit der Textaussage.
Es geht darin um stark immungeschwächte Menschen, z.B. Immunsupprimierte und Krebspatienten, die sich unter Umständen bei frisch Geimpften anstecken könnten, sofern diese mit einem Lebendimpfstoff immunisiert wurden.
Insofern ist dieses Statement blanker Unsinn:
„The public health community is blaming unvaccinated children for the outbreak of measles at Disneyland, but the illnesses could just as easily have occurred due to contact with a recently vaccinated individual,“ says Sally Fallon Morell, president of the Weston A. Price Foundation.
Das Ziel dieser Pressemitteilung ist offenbar, Werbung für Vitaminpräparate und Nahrungsergäzungsmittel zu machen:
According to the Weston A. Price Foundation, the best protection against infectious disease is a healthy immune system, supported by adequate vitamin A and vitamin C.
So gesehen, nicht ernst zu nehmen.
Korrekt ist, dass bei der Masernimpfung „in 3–5 % der Fälle so genannte Impfmasern auftreten können. Diese stellen eine milde Form der Masern dar und können die typischen Symptome zeigen, diese treten meistens in abgeschwächter Form auf. Die Impfmasern sind nicht infektiös.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Masern#Impfung
In sehr seltenen Fällen ist anscheinend eine Übertragung von „Impfmasern“ auf andere Personen möglich, was allerdings in der Regel folgenlos bleibt bzw. ohne Komplikationen verläuft und zeitnah wieder abklingt.
Ein solcher Fall wird hier beschrieben:
http://www.biomedcentral.com/1471-2458/13/269/
Die Autoren verweisen in ihrer Schlussfolgerung ebenfalls auf immunsupprimierte Patienten – nicht auf Personen in normaler Verfassung:
The rarity of secondary cases provides further evidence that the risk to the general public is likely extremely low. Although the risk appears negligible, exclusion and administration of immune globulin may be considered for susceptible, immunocompromised contacts of cases of vaccine-associated measles in immunocompromised patients.
Ebenfalls:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8301437
An infant boy with a congenital immunodeficiency had fatal disseminated measles after administration of a live attenuated measles vaccine. This rare complication was confirmed with molecular virologic techniques. Although efforts to expand availability of vaccinations are critically important, caution is warranted in children with potentially severe immunologic dysfunction.
Auch hier wird zur Vorsicht geraten beim Kontakt von frisch Geimpften mit Personen, die an einer „schweren Dysfunktionen des Immunsystems“ leiden.
Damit sind *nicht* Babys und kleine Kinder gemeint, die ein normales altersgemäßes Immunsystem haben.
Ähnlich sieht es bei anderen Impfungen wie z.B. gegen Windpocken etc. aus:
Zum Thema Windpocken: Auch gegen die Windpocken wird mit einem Lebendimpfstoff geimpft, die Viren sind so verändert, dass sie keine ernste Erkrankung auslösen können. Die Übertragung des Impfvirus vom Impfling auf Kontaktpersonen ist laut Robert-Koch-Institut normalerweise extrem unwahrscheinlich. Nur wenn sich beim Impfling ein (harmloser) Windpocken-ähnlicher Ausschlag zeigt, kann man unter bestimmten Bedingungen eine Übertragung nicht völlig ausschliessen. In sehr seltenen Einzelfällen ist es dazu gekommen, meist bei Immungeschwächten, eine Schwangere soll ebenfalls mit den Impfviren infiziert worden sein (ohne das ihr Kind im Mutterleib erkrankte). Einige aktuelle Zahlen belegen, wie absurd unwahrscheinlich eine derartige Übertragung ist: weltweit wurden mehr als 40 Millionen Impfdosen verabreicht, es wurde aber nur eine Handvoll (das ist wörtlich zu verstehen, im Sinne von unter 10 Fälle) Übertragungen bekannt, in allen Fällen ergab sich ein harmloser Infektionsverlauf.
http://www.cyberdoktor.de
Bei Keuchhusten gibt es eine Tierversuchs-Studie, deren Ergebnisse zweifelhaft sind:
http://www.welt.de/gesundheit/article122245807/Uebertragen-Geimpfte-den-Keuchhusten-Erreger.html
8. März 2015 um 21:22
@ trixi
„Dass da das Jugendamt nicht auf die Barrikaden geht, verwundert mich schon sehr.”
Die sind doch total überlastet.
9. März 2015 um 13:40
Von Impfgegnern kommt immer das lustige Argument, der kleine Impfpieks und das Einbringen von abgetöteten Krankheitserregern sei Körperverletzung und verstoße gegen die Würde des Kindes.
Am nächsten Tag geht man dann zur Masernparty, worauf die Kleinen tagelang mit schwersten Krankheitssymptomen im Bett liegen müssen.
Dazu fällt mir nur ein Wort ein: Idioten!!!