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Magnetberge im Videoblog der Tagesschau: „Spoooky …“

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Über den „öffentlich-rechtlichen Verblödungsauftrag“ sinnierte dieser Tage aargks/pro Logik – und auch uns packte das kalte Grauen angesichts einer ARTE-Doku über Homöopathie.

Parallel dazu hat uns ein Kommentator auf den Beitrag „Polens magischer Berg“ im Videoblog der Tagesschau aufmerksam gemacht:

Autos, die den Berg hinaufrollen: Magie? Das Werk von Aliens? Ulrich Adrian hat sich auf den Weg nach Westpommern gemacht, um das bizarre Phänomen zu erforschen.

Er trifft Wissenschaftler und Experten für Übernatürliches – und bleibt doch ratlos zurück.“

Aber wieso denn nur?

Die (angebliche oder tatsächliche) „Ratlosigkeit“ des Warschau-Korrespondenten der ARD lässt nun uns ratlos zurück.

Ebenso wie die Frage, ob der gezeigte „Physikprofessor“ von der Uni Warschau wirklich ein Wissenschaftler ist – oder ein Komparse, der zufällig gerade des Weges kam?

Dass Ulrich Adrian sich sichtlich eher darin gefällt, das „Rutengehen“ zu erlernen, anstatt das „Rätsel“ des Magnetbergs zu lösen, mag man dem neugierigen und sympathischen Journalisten nachsehen.

Andererseits ist die „Tagesschau“ keine Mystery-Show und sollte zumindest ein Grundverständnis vom öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag mitbringen.

Solche „Magnetberge“ sind keine geheimisvollen „Gravitationsanomalien“, sondern schlicht eine optische Täuschung:

Den meisten derartigen Orten ist gemeinsam, dass sie in hügeligem Gelände liegen. In den USA weisen schon Namen wie (Anti-)Gravity Hill, Mystery Hill, Haunted Hill oder Confusion Hill darauf hin. Auch sind die betroffenen Straßenabschnitte sehr kurz.

Wie wir Steigungen oder Gefälle im Gelände wahrnehmen, hängt der Form der direkten Umgebung ab. Der wichtigste Orientierungspunkt ist dabei der sichtbare Horizont. Relativ dazu nehmen wir die Neigung anderer Strukturen wahr.

Ist der wahre Horizont nicht sichtbar, orientiert sich unser Gesichtssinn an anderen Linien, etwa dem Profil einer Gebirgs- oder Hügelkette, einem Flusslauf, Straßen oder Mauern und Dächern von Häusern. Sind diese nicht horizontal ausgerichtet, sondern selbst geneigt, erscheinen uns andere Strukturen relativ zu diesen Objekten als steigend oder fallend, obwohl sie in Wahrheit eben sein können.

Im Falle der „Magnetanomalien“ ist die Steigung der an die Straße angrenzenden Landschaft entscheidend. Weist sie an den Straßenrändern ein starkes Gefälle auf, was in den Flanken von Bergen und Hügeln normal ist, nehmen wir sogar leicht abfallende Straßen als ansteigend wahr.“

Zeit-Wissen beschreibt dazu ausführlich ein Experiment des italienischen Skeptikers Luigi Garlaschelli.

Auch Dr. Mark Benecke vom GWUP-Wissenschaftsrat und der skeptische Podcast Hoaxilla haben sich schon mit dem Phänomen beschäftigt.

Zum Weiterlesen:

  • Das Rätsel der Magnetberge, Zeit-Wissen am 4. September 2003
  • Wenn Autos im Leerlauf bergauf rollen, wissenschaft.de am 26. August 2003
  • “Mystery Spots”: Gravitationsanomalien, Hoaxilla-Podcast Nr. 40 vom 3. April 2011
  • Dr. Mark Benecke: Magnetic Mountains, Skeptical Inquirer Vol. 26.3, May/June 2002
  • Spook Hills in the Lab, Skeptical Inquirer Volume 31.6, November/December 2007
  • Gravitationsanomalien: Phänomene wider die Natur? Focus-Online am 1. Februar 2008
  • Öffentlich-rechtlicher Verblödungsauftrag, aargks/pro Logik am 8. November 2013
  • „Homöopathie: Heilung oder Humbug?“ Humbug, liebe Redaktionen, GWUP-Blog am 8. November 2013

7 Kommentare

  1. Diese laufende Physiker-Simulation scheint tatsächlich „echt“ zu sein.

    Es gibt zumindest einen Dr. „Mariusz P. Dąbrowski“ (http://www.fiz.univ.szczecin.pl/index.php/en/institute/people/31.html) an der Universität Stettin in der passenden Fakultät, und das Bild sieht dem Video auch leidlich ähnlich.

    Der Mann ist aber Kosmologe, also Hochenergie-Theoretiker, vielleicht nicht so direkt „vom Fach“.

    Die Nummer mit dem Stickstoff ist natürlich reine Schau (aber ich bin ja auch „nur“ Festkörper-Experimentalphysiker, was weiß ich schon), und die Erklärung mit dem „Erdmagnetfeld“, auf dem quasi der Probemagnet schwebe, ist ungefähr genauso gehaltvoll wie die schwache Quantentheorie.

    Kurz gesagt: lieber Himmel. Oder um mir ein Wort zu leihen: aargks.

  2. Kurzer Nachtrag: der schwebende Magnet dürfte eine Vorführung des Meißner-Ochsenfeld-Effekts sein (nur falls es wen interessiert).

    Der untere Part ist dabei üblicherweise ein (Hochtemperatur-)Supraleiter (im Film als „Erz“ bezeichnet, nicht Erde, da hatte ich wohl einen akustischen Aussetzer beim ersten Ansehen). Ein Supraleiter ist ein Diamagnet, deshalb schwebt der Permanentmagnet darüber. Der Stickstoff ist nötig für den Phasenübergang im Supraleiter.

    In dieser Form jedenfalls eher ein Party-Trick als ein ernstzunehmender Versuch.

  3. Ich kenne das vom Radeln in den Bergen: Man könnte schwören, dass eine Straße bergab führt und muss trotzdem treten um nicht rückwärts zu rollen.

    Oder man freut sich, dass es plötzlich so gut läuft und man bergauf ohne große Anstrengung immer schneller wird. Ist mir schon oft passiert.

    Der barometrische Höhenmesser bringt in diesen Fällen sehr einfach die Wahrheit ans Licht und rückt die Wahrnehmung gerade.

  4. Was da vor einem Monat schonmal vom Herrn Adrian kam war nicht besser:

    http://www.tagesschau.de/videoblog/warschauer_notizen/stettin-orion100.html

  5. Hier gibts auch ein Video mit einem solchen Phänomen. Noch dazu mit geisterhaften Fingerabdrücken und Geräuschen :-)

    https://www.youtube.com/watch?v=TbieuFf5fSY

  6. Tja, hätte nicht geschadet, wenn Herr Ulrich Adrian sich an die GWUP oder den Polish Skeptics Club gewandt hätte : http://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Adrian http://sceptycy.org

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