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Der ORF blickt in die Sterne und die Skeptiker wohl in die Röhre

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Am Ende scheint die „Astro Show“-Moderatorin Sasa Schwarzjirg den verschwurbelten Banalitäten ihrer Astrologin Lori Haberkorn selbst nicht zu trauen – als es um die Frage geht, ob „Blick in die Sterne“ wie geplant am 27. Oktober fortgesetzt wird:

Hast Du eine Voraussicht, zum Beispiel was die Sendung betrifft: Geht es weiter, geht es erfolgreich weiter? Hast du noch eine Möglichkeit, außer in die Sterne zu blicken?

will sie von der „Moon und Life“-Coachin wissen.

Und ganz zufällig hat Haberkorn auch ihre Tarot-Karten dabei – natürlich, denn „es gibt schließlich einen gemeinsamen Nenner: esoterischer Humbug“, wie der Standard die Chose kommentiert.

Ebenso zufällig zieht Schwarzjirg „Das Ass der Stäbe“, woraufhin die Modern-Mystik-Multi-Performerin Haberkorn ein „Oh wow!“ ausstößt und in der farbenfrohen Symbolik ein „sehr schönes Zeichen“ für „Projekte und Visionen“ ausmacht:

Da ist auf jeden Fall, glaube ich, das Glück und das Universum an unserer Seite.

Während Schwarzjirg/Haberkorn also das Glück und das Universum bemühen, hat Sigrid Pilz, die ORF-Stiftungsrätin der Grünen, sich an eine irdische Instanz in Gestalt des ORF-Generaldirektors gewandt:

Der Journalist Oliver Mark schreibt in seinem TV-Tagebuch:

Sollte sich jemand fragen, warum in Österreich Schwurbelsender und -plattformen erfolgreich sind und Wissenschaftsskepsis Hochkonjunktur hat, dann muss er nur am Samstag um 16 Uhr auf den ORF und die neue Astro Show schauen. Was ORF 2 mit dem Mäntelchen „Unterhaltung“ umhüllt, ist Nonsens auf niedrigem Niveau.

Eine Rezension der ersten Folge hat der Astronom und „Science Buster“ Florian Freistetter verfasst.

Sein Fazit:

Da wird sehr ernst erklärt, dass die Astrologie ein tatsächliches Instrument sei, mit dem man etwas über die Zukunft und den Charakter von Menschen herausfinden kann. Es wird behauptet, dass Astrologie funktioniert, dass die Planeten Einfluss auf unser Leben haben, und so weiter.

In der ganzen Sendung gibt es keinen einzigen Hinweis darauf, dass die Astrologie vielleicht etwas anderes sein könnte, als ein reales und wertvolles Werkzeug zur Untersuchung der Welt. Und so etwas ist problematisch, auf jeden Fall, wenn es in einem öffentlich-rechtlichen Sender passiert.

Nun haben wir Skeptiker schon 2017 versucht, dem ORF zu erklären, dass gänzlich unironische astrologische Ratgebersendungen keine Unterhaltung sind, was aber leider nicht mal zum Gelingen einer vorgeblich „kritischen“ Astro-Doku im Jahr 2022 beitrug.

Offenkundig sind „Gänsehautmomente“ und „Aha-Erlebnisse“ (heißt es in der Pressemitteilung zu „Blick in die Sterne – Die Astro Show“) wichtiger, als „keine Esoterik-Propaganda zu produzieren“, wie Freistetter fordert.

Wir sagen hier und heute voraus, dass Glück und Universum sich wohl gegen die tapfere Sigrid Pilz durchsetzen werden. Allerdings stehen solche Sendungen nicht immer unter einem guten Stern, wie wir wissen, seit die „Astro Show“ der ARD in den frühen 1980ern „massiven Spot“ auf sich zog und schließlich zu einem „großen Flop“ geriet.

Auch beim neuen „Blick in die Sterne“ des ORF scheint das Publikumsinteresse durchaus „überschaubar“ zu sein, meint der Standard.

Zum Weiterlesen:

  • „Verdummung durch Esoterik“: ORF-Stiftungsrätin fordert Aus der „Astro Show“, derStandard am 30. September 2024
  • Neue „Astro Show“ im ORF: Eine Sternstunde der Schwurbelei, derStandard am 28. September 2024
  • Freistetter: „Eine Astrologieshow im ORF ist ein No-Go“, derStandard am 27. September 2024
  • „Blick in die Sterne – Die Astro Show“: Das große Problem des ORF mit der Pseudowissenschaft, Astrodicticum simplex am 27. September 2024
  • „Blick in die Sterne – Die Astro Show“: eine Rezension, sternengeschichten am 30. September 2024
  • Astrologie: So sieht beim ORF ein „kritischer Blick in die Sterne“ aus, GWUP-Blog am 14. Januar 2022
  • Nein, astrologische Ratgebersendungen sind keine Unterhaltung, lieber ORF, GWUP-Blog am 5. Juni 2017
  • Astrologie ist Unterhaltung – glauben auch nur die Programmchefs, GWUP-Blog am 14. Februar 2015
  • Astrologen raus aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, GWUP-Blog am 7. Januar 2015
  • Der neue Astro-Hype, GWUP-Blog am 14. April 2024
  • „Fakten sind krass, aber was sagen die Sterne?“ Nichts – sie schweigen weiter vor sich hin, GWUP-Blog am 22. September 2024

6 Kommentare

  1. Die Weisheit der Sterne scheint gerade auf an sich seriöse – sagen wir, sich durchweg für seriös haltende – Medien eine mysteriöse Anziehungskraft auszuüben. Da gabs ja so einiges in der Vergangenheit … selbst die hochmögende ZEIT hatte da ihre Entgleisung.

    Ein absolutes Eigentor des ORF in seinem Statement, das ich feiere:

    „Ein ORF für alle macht Programm für alle, in unserem umfangreichen Angebot gehen sich Science Busters und die Astro Show aus.“

    Für alle, die mit dem Begriff „sich ausgehen“ nicht vertraut sind: die verkürzte Form heißt „Passt scho, is ois Wissenschaft!“.

    Darüber müssten die Busters eigentlich eine Sonderfolge machen …

  2. Jetzt hat der ORF tatsächlich eine Astrologie-Show gemacht.

    Das regt zu Widerspruch, weil es Bullshit ist, wir haben in verschiedenen Foren und Gruppen über diesen unendlichen Müll diskutiert und machen nun eine 100-Personen-Eingabe (100 braucht man mindestens) an den ORF-Publikumsrat.

    Wer mitmachen möchte, schickt mir bitte eine Mail mit folgenden Daten:

    Anrede;Titel;Vorname;Nachname;Straße;Nummer;PLZ;Ort;E-Mail

    Alle Teilnehmer:innen müssen ORF-Gebührenzahler:innen sein!

    Diese Liste wird dann in einem File an die Beschwerde angehängt, und jeder wird über den weiteren Fortgang informiert.

    Bei Interesse bitte eine Mail an

    astroshit@nutzhirn.at

    Und wenn die Daten mit Semikolon getrennt kommen, dann kann ich sie automatisch bearbeiten.

    Siehe auch https://nutzhirn.at

  3. Die ORF-„Astro Show“: Warum zahlen wir Haushaltsabgabe für Esoterik-Gelaber?

    https://www.falter.at/zeitung/20241001/die-orf-astro-show-warum-zahlen-wir-haushaltsabgabe-fuer-esoterik-gelaber

  4. Das einzig bekannte Zitat von Einstein zur Astrologie stammt aus dem Jahr 1943:

    „Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, was die Pseudowissenschaft der Astrologie betrifft. Der interessante Punkt ist, dass diese Art von Aberglaube so hartnäckig ist, dass er sich über so viele Jahrhunderte halten konnte.“

    Albert Einstein , in einem Brief an Eugene Simon.

  5. Die Professor*innen des Instituts für Astrophysik wenden sich in einem offenen Brief an ORF Programm-Direktorin Stefanie Groiss-Horowitz

    https://astro.univie.ac.at/detailansicht/news/offener-brief-zur-orf-sendung-blick-in-die-sterne/

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