Die Vortragsreihe
Vom Reiz des Übersinnlichen – Paranormales und Skepsis
in Nürnberg startet Ende März.
Die Bilder, die unser Gehirn von der Welt erzeugt, sind zwar raffiniert erstellt, und doch manchmal irreführend. Welche Folgen haben medial befeuerte, aber dennoch falsche Vorstellungen in konkreten Disziplinen, zum Beispiel der Forensik?
Wie führen diese Bilder zu dem, was manche Menschen als „Spuk“ empfinden? Wie erklären sich positive und negative Effekte der Konstruktionsfähigkeit unseres Gehirns auf unsere Gesundheit? Und sind wir erfolgreich, wenn wir uns Erfolg einfach nur visuell vorstellen?
Vier Vorträge ausgewiesener Fachleute begegnen scheinbar „paranormalen“ Erfahrungen mit wissenschaftlicher Argumentation und gesunder Skepsis.
Die Veranstaltungen im Einzelnen:
- 26. März: „C.S.I.rrtum – Moderne Mythen über forensische Wissenschaften treffen auf die Wirklichkeit“ mit Cornelius Courts
Die Forensische Molekularbiologie ist eine wissenschaftliche Disziplin, die mittels moderner molekularbiologischer Methoden Spuren und Spurenbilder, die durch die Begehung von Straftaten entstanden sind, unter verschiedenen Fragestellungen analysiert und interpretiert.
Seit ihren Anfängen Mitte der 80er-Jahre hat sie sich längst zu einer für Polizei, Justiz, Rechtsprechung und mithin allgemeiner Rechtssicherheit unersetzlichen Disziplin entwickelt, ohne die viele Kriminalfälle nicht gelöst, Schuldige bestraft und Unschuldige entlastet werden könnten.
Ironischerweise steht Ihre mangelnde Finanzierungssicherheit im starken Kontrast zum enormen öffentlichen Interesse an forensischer Wissenschaft und „True Crime“, das sich im Erfolg einschlägiger Krimis, CSI-Serien, Podcasts etc. abbildet. Leider trägt die Überpräsenz der Darstellung forensischer Wissenschaften in TV & Co. aber wegen des sogenannten CSI-Effekts gerade nicht zur Verbesserung des Wissens über diese Disziplinen bei, sondern erzeugt, im Gegenteil, verzerrte Vorstellungen und nicht erfüllbare Ansprüche.
Warum das ein Problem ist, was Forensische Molekularbiologie wirklich ist und kann und dass die Realität häufig spannender ist, als CSI & Co erfahren Sie in diesem Vortrag.
- 2. April: „Spukhaus Gehirn – Neuropsychologie des Gespensterglaubens“ mit Peter Brugger
Bereits im 19. Jahrhundert hatte ein amerikanischer Neurologe erkannt, dass es nicht in Häusern spukt, sondern in den Köpfen derer, die Spuk erleben. Der Vortrag definiert „Spuk“ großzügig; es geht um Übersinnliches ganz generell, um vermeintlich paranormale Phänomene. Die Neuropsychologie lernt nicht aus diesen Phänomenen, sondern aus den neuronalen Korrelaten des Glaubens daran.
Drei Türen aus dem vielzimmrigen Spukhaus Gehirn werden in dem Vortrag geöffnet:
1. Wie kommt es zu spiritistischen Phänomenen wie dem automatischen Schreiben, was passiert beim Pendeln?
2. Wo kommen die Geisterstimmen her, die Leute mit, aber auch ohne psychiatrische Erkrankung zu hören meinen?
3. Was macht manche von uns den Blick von hinter uns Stehenden spüren, können wir selber andere durch reines Anblicken auf uns aufmerksam machen?Der Verlust des motorischen Selbst, auditiv-verbale Halluzinationen und die Skopästhesie (das Spüren des Angeblicktwerdens) sind aktuelle Themen neuropsychologischer Forschung. Der Vortrag will sensibilisieren: Anstatt Spuk zu verlachen und als Unsinn abzutun, sollten wir das Potential des Spukglaubens für die Hirnforschung erkennen.
- 16. April: „Die Macht der Erwartung – Wie Plazebo- und Nozeboeffekte den Therapieerfolg beeinflussen“ mit Ulrike Bingel
Die treibende Kraft von Plazebo- und Nozeboeffekten ist die an die Behandlung geknüpfte Erwartung. Diese formt sich durch Erfahrungen, Informationen, die Medien sowie die Arzt-Patienten-Kommunikation und triggert dann höchst komplexe Vorgänge in Gehirn und Körper.
Erwartungen bedingen aber nicht nur die Wirkung von Plazebobehandlungen, vielmehr kann die individuelle Erwartung jede medizinische Behandlung – zum Guten oder zum Schlechten – stark beeinflussen.
In ihrem Vortrag geht Prof. Ulrike Bingel auf die aktuellen Forschungsfragen ein: Welche biochemischen Mechanismen, welche Botenstoffe und Rezeptoren bewirken den Einfluss der Behandlungserwartung in Gehirn und Körper? Wie interagieren diese Signalketten mit Medikamenten und vermögen so die Wirksamkeit zu stärken oder zu schwächen?
Warum sind diese Effekte bei verschiedenen Erkrankungen und Patienten unterschiedlich? Und wie können Therapeuten Plazebo- und Nozeboeffekte nutzen, um medizinische Behandlungen zum Wohle von Patientinnen und Patienten zu verbessern?
- 30. April: „Imagination und Wirklichkeit – Macht die Visualisierung von Erfolg erfolgreich?“ mit Timur Sevincver
Im Internet und in den Regalen mit Selbsthilfe-Literatur in Buchhandlungen finden sich unzählige Ratgeber, die behaupten, wir müssen uns unsere Wünsche und Träume nur lebhaft genug vorstellen, damit diese in Erfüllung gehen.
Solch eine Manifestierung positiver Ereignisse („Ich stelle mir vor, ein Millionär zu sein“) soll angeblich – durch das Gesetz der Anziehung (Gleiches zieht Gleiches an) – dazu führen, dass die visualisierten Ereignisse auch tatsächlich eintreten.
In dem Vortrag geht es darum, wie verbreitet solche pseudowissenschaftlichen Theorien zum positiven Denken sind, was sie von wissenschaftlichen Theorien unterscheidet und ob positive Fantasien vielleicht sogar nach hinten losgehen und Erfolg bei der Verfolgung unserer Ziele vereiteln können.
Oder gibt es wissenschaftliche Ansätze, die erklären können, warum positives Denken manchmal funktioniert? – Erkenntnisse zu mentalen Simulationen, selbsterfüllenden Prophezeiungen und Selbstwirksamkeit.
Und schließlich: Gibt es wirklich psychologische „Tricks“, die wir anwenden können, um unsere Träume besser in die Tat umzusetzen?
Die Vorträge finden jeweils dienstags um 19.30 Uhr im Nicolaus-Copernicus-Planetarium (Am Plärrer 41) statt. Der Eintritt kostet zehn Euro (erm. 6,50 €), die Gesamtreihe kann für 33 Euro gebucht werden.
Veranstalter sind das Kortizes Institut für populärwissenschaftlichen Diskurs, die Giordano Bruno Stiftung (gbs) und die GWUP-Regionalgruppe Mittelfranken.
Zum Weiterlesen:
- Cornelius Courts: Zum CSI-Effekt, publikum-net am 2. Mai 2021
- Peter Brugger: „Ich bin ein konvertierter Gläubiger“, spektrum am 22. November 2012
- Ulrike Bingel: Placebo 2.0 – Die Macht der Erwartung. rüffer&rub 2019, 304 Seiten, 33,50 €
- Timur Sevincer über Spuk und Geister, GWUP-Blog am 15. Januar 2023