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FAZ: Wie viel Homöopathie steckt in der Impfquote?

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Für ihre Infografik-Serie „Schneller schlau“ hat die FAZ heute den Zusammenhang zwischen Homöopathieglaube und Impfverweigerung illustriert:

Wer an alternative Medizin, Naturheilkunde und die Wirksamkeit von Globuli glaubt, verweigert eher Impfungen – auch gegen Corona. Das haben Forscher der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Regensburg in einer bevölkerungsrepräsentativen Studie herausgefunden.

Der Zusammenhang ist für eine sozialwissenschaftliche Studie außergewöhnlich eindeutig: Demnach sind Personen, die regelmäßig zum Arzt gehen und nicht an alternative Heilverfahren glauben, deutlich impfbereiter. Umgekehrt sind Anhänger von Homöopathie um mehr als 20 Prozentpunkte weniger aufgeschlossen, sich gegen Corona impfen zu lassen.

Die Autoren der Studie sagen, dass mit dem Alter und dem Bildungsniveau die Bereitschaft zunimmt. Auch lassen sich Männer eher impfen als Frauen.

Außerdem geht es um die Heilpraktikerdichte, die Beliebtheit von Homöopathie im europäischen Vergleich und den Glauben an Verschwörungstheorien:

In diesen wird die angebliche Macht der Pharmaindustrie herausgestellt und Wissenschaftsleugnung betrieben. Doch ein kritischer Blick würde genügen, um zur banalen Erkenntnis zu gelangen: Auch Globuli werden nicht in Großmutters Küche hergestellt.

Zum Weiterlesen:

  • Wie viel Homöopathie steckt in der Impfquote? FAZ am 14. März 2022
  • Homöopathie und Pandemie: Nein zum Impfen aus Liebe zur Natur, rnd am 23. November 2021
  • „Wird Homöopathie befürwortet, ist die Impfbereitschaft geringer“, GWUP-Blog am 7. November 2021
  • Video: „Homöopathie und Anthroposophie – Verschlimmerer der Corona-Welle?“ GWUP-Blog am 2. Dezember 2021
  • 192 Heilpraktiker und nicht mal 100 Allgemeinmediziner: Das ist die Hauptstadt der Impfgegner, GWUP-Blog am 17. Juli 2017
  • „Beliebtheit“ der Homöopathie schrumpft bei Absatz und Umsatz, GWUP-Blog am 5. September 2020
  • Alternativmedizin verliert Zuspruch in der Pandemie, GWUP-News am 24. Juni 2021

4 Kommentare

  1. Jetzt wird allmählich, aber hoffentlich nicht unaufhaltsam, all das geerntet, was durch jahrzehntelange falsche Toleranz gegenüber allen möglichen Unsinn gesät worden ist.

    Mit manchen Menschen ist leider kein Staat (mehr) zu machen.

    Ich fände es vielleicht interessant, zu erfahren, wie diese Eso-Para-Spinner/-innen ihren Alltag gestalten.

    Aber vermutlich möchte ich das nicht genau wissen.

  2. Ein schöner Beitrag. Und ja, völlig richtig: wir ernten hier die Früchte der falschen Toleranz auch der offiziellen Gesundheitspolitik gegenüber Pseudomethoden und – mitteln, einem laissez-faîre gegenüber einem „die Leute wollen es doch so“. Letztlich die Folgen einer gesamtgesellschaftlich beförderten Gleichsetzung von Fakten und Meinung.

    Leider macht sich eben dies sogar in einem so verdienstvollen Beitrag wie dem hier vorgestellten der FAZ bemerkbar. Denn die urban legend der Gleichsetzung von „Naturmedizin“ mit Homöopathie findet sich selbst hier … es ist zum Verrücktwerden.

    Und die Sache mit den 7.000 Ärzten mit „Zusatzbezeichnung Homöopathie“ hätten sie dort auch besser selbst recherchieren sollen (ist ganz einfach), statt sich eine Zahl nennen zu lassen. Es sind 6.800 – was lässlich wäre, wären darin nicht eine Menge gar nicht mehr Berufstätige und andere irrelevante Gruppen enthalten. Es bleiben letztlich niedergelassene und praktizierende Ärztinnen mit einer Zahl von unter 4.000, wiie die Ärztestatistik 2020 der BÄK ausweist. Und steigende Tendenz? Eher nicht …

    Eher putzig finde ich, wie dort die Homöopathie charakterisiert wird: „Bei homöopathischen Mitteln werden pflanzliche Wirkstoffe sehr stark verdünnt in Zuckerkügelchen gebunden“: So, so. Interessant.

    Ichhör ja schon auf zu meckern. Insgesamt ein guter und interessanter Beitrag, kann aber gleichwohl Spuren von homöopathischem Unsinn enthalten.

  3. „Außerdem geht es um die Heilpraktikerdichte“

    Das sieht nur so aus. Die FAZ-Grafik ist mit einem schweren Denkfehler beschriftet: „In Bayern gibt es die meisten Heilpraktiker – Zahl der Ärzte je Million Einwohner mit Zusatzweiterbildung im Bereich Homöopathie“

    Dass es in Bayern die meisten Heilpraktiker gibt, dürfte allerdings trotzdem stimmen.

  4. Mein Beziehungsmensch ist eine dieser Eso-Para-Spinner/-innen.

    Die Alltagsgestaltung in diesem Milieu ist stark auf das Hier und Jetzt ausgerichtet.

    Wer ist dieses Mileu eigentlich? Das Netzwerk bestseht aus (m/w/d) Handwerkern, Pädagogen, Musikern und Künstlern, Freiberuflichen, Heilpraktikern, Menschen in sozialen Berufen usw. Eine Gemeinsamkeit ist beispielsweise, dass langfristige materielle Sicherheit, Festanstellung, Nine-to-five im Alltag keine Rolle spielen. Geld wird direkt nur für Miete und Nahrungsmittel benötigt. Fast alles andere wird mit Tausch, Erfahrung, Gebrauchtem, Eine-Hand-wäscht-die-andere bewerkstelligt. „Du reparierst mein Auto, dafür kann deine Tochter einmal pro Woche in meine Kinder-Yoga-Gruppe“. Jede*r kann etwas, was irgendwann im Alltag sein wird.

    Gemeinschaft, Tradition, Rituale spielen eine große Rolle, ebenso das Sein in der Natur. Kinder sind zentral, sie werden nicht in Horts und Betreuungen „verwahrt“, um einen Alltag drumherum zu gestalten. Sie sind wenn möglich immer dabei, und das, was zu erledigen ist, wird kindgerecht gestaltet. Dauert dann eben länger, ist dann eben so.

    Zeitpläne spielen kaum eine Rolle. Für Fahrten z.B. innerhalb der Stadt werden keine Schnell- oder Umgehungsstraßen verwendet, sondern Schleichwege, die doppelt so lang sind – einfach, weil der indirekte Weg der „schönere“ ist. Ästhetik ist wichtig. Navis werden nicht benutzt – entweder man fährt nach Gefühl oder man fragt jemanden nach dem Weg. Dauert wieder einmal länger, aber vielleicht kommt man an einer unverhofft schönen Stelle vorbei oder lernt einen interessanten Menschen kennen.

    Der Weg ist das Ziel, alles ist viel weniger fokussiert, ergebnisoffener. Wo ich eine Minute googlen würde, werden in der Szene zehn Menschen befragt. Ich habe dann eine schnelles Ergebnis, in der Szene ist der Kontakt vordergründig.

    »Staat« ist natürlich ein wichtiger Punkt. Einerseits wird in der Szene ganz gut davon profitiert. Andererseits sind „Einmischungen“ und „Regeln“, die das Individuelle nicht berücksichtigen, ein No-Go. „Warum wird mein Kind in der Schule nach den gleichen Kriterien bewertet wie das nebenan?“ Warum wird überhaupt bewertet?

    Warum spielt es eine Rolle, ob es mit 4 oder mit 6 Jahren zählen kann und warum soll es genau jetzt schlafen, obwohl es erst in zwei Stunden müde sein wird?

    Soweit mal mein kleines Brainstorming. Auch wenn das alles stark auf eine bestimmte Gruppe gemünzt ist, die ich persönlich kennen gelernt habe, kommmt sicher gut rüber, wie „diese Leute“ ticken mögen.

    Hoffe, das beantwortet die Frage nach dem „Alltag“ ein Stück weit.

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