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Video: Gibt es gar keine Epidemie nach dem Infektionsschutzgesetz?

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Neues Video von Anwalt Jun:

Es geht darin um einen aktuellen Dreh der „Querdenker“:

Weil der PCR-Test angeblich keine Infektion im Sinne des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) nachweise, seien die Corona-Maßnahmen der Regierung allesamt rechtswidrig.

Was hat es damit auf sich?

Das IfSG definiert eine Infektion als „die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus“. Ein Krankheitserreger wiederum ist „ein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit)“.

Die Argumentation der Corona-Skeptiker geht nun dahin, dass ein positiver SARS-CoV-2-Test lediglich das Vorhandensein von Virus-RNA im Abstrichmaterial nachweise – nicht aber, ob es sich um ein vermehrungsfähiges, also krank machendes Agens handelt.

Im Kern zielt diese Begründung auf die Unterscheidung zwischen „Infektion“ und „infektiös“ und somit auf die Frage, warum eine laborbestätigte SARS-CoV-2-Infektion unabhängig von der Infektiosität als Corona-Fall (und damit als politische Rechtfertigung für die weitreichenden Kontaktbeschränkungen) gilt.

Fakt ist: Der PCR-Test weist zuverlässig eine produktive Infektion, also eine erfolgte aktive Vermehrung des Erregers, nach. Das bedeutet in der Tat nicht zwangsläufig, dass der Patient zum Zeitpunkt des Tests krank oder ansteckend ist.

Wer positiv getestet wird, ist mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auch infektiös oder wird es noch – das zeigt zum Beispiel diese Studie vom September 2020. Als Richtwert für die Ansteckungsgefahr gilt der CT-Wert, also die Anzahl der Vervielfältigungszyklen bei einer PCR. Die in der Probe enthaltenen Erbgutspuren werden in mehreren Zyklen immer wieder verdoppelt. Ist eine einzelne Spur vorhanden, so sind es nach dem zweiten Zyklus bereits zwei, nach drei Zyklen vier, nach zehn 1024 und nach 20 Zyklen 1.048.576 und so weiter.

Je mehr Zyklen benötigt werden, umso geringer war die Konzentration viraler RNA in der Ursprungsprobe – und damit auch die Infektiosität/Ansteckungsgefahr, erklärt die Frankfurter Rundschau:

Bei Proben mit viel Virusmaterial schlägt der Test meist schon nach 15 Ct-Runden [also „Kopier“-Vorgängen oder Vermehrungsschritten der Virus-RNA in einer Probe] an. Ab etwa 30 Runden findet sich in der Regel kein vermehrungsfähiger Virus mehr im Körper. Das RKI bekräftigt diese Erkenntnis: „Dass diese positiven PCR-Ergebnisse bei genesenen Patienten nicht mit Ansteckungsfähigkeit gleichzusetzen ist, wurde in mehreren Analysen gezeigt“.

Diese RKI-Aussage wird aber von Corona-Leugnern fehlinterpretiert. Bei „genesenen Patienten“ wissen wir, dass die Messung am Ende des Infektionsverlaufs stattfand. Der gleiche CT-Wert wäre aber auch zu Beginn der Infektion beobachtbar. Deshalb ist die Unterscheidung zwischen „Infektion“ und „infektiös“ für die Zählweise von Corona-Fällen ohne Bedeutung.

Prinzipiell ist es möglich, die Infektiosität genauer zu messen. Dazu muss man die Viren auf einer Zellkultur „anzüchten“, das heißt, sie so lange vermehren, bis genügend Material zur Untersuchung vorhanden ist. Dieses Verfahren ist aber aufwändig und kann einige Wochen dauern – zu lange, wenn zeitnah Entscheidungen über Therapie und/oder Quarantäne der Patienten getroffen werden müssen.

Der PCR-Test weist genau das nach, was im Infektionsschutzgesetz als Infektion definiert ist. Denn: Wird ein Mensch positiv getestet, dann war auch ein Erreger vorhanden. Die DNA des Virus ist nur da, wo der Virus auch ist. Ob er sich im Moment der Probenentnahme noch immer im Körper vermehrt, ist irrelevant.

Das Vorhandensein dieser Viren korreliert mit einer Infektion mit diesen Viren. Diese Infektion ist relevant für die Überlegungen zum Infektionsschutz,

erklärt die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Es reicht hier „der direkte oder indirekte Nachweis von Krankheitserregern. Es bedarf keines Nachweises einer akuten Erkrankung“.

Zudem ist der PCR-Test nicht die einzige Grundlage für die Corona-Maßnahmen.

Zum Weiterlesen:

  • Nein, das RKI verstößt mit seiner Zählweise von Fällen aufgrund von PCR-Tests nicht gegen das Infektionsschutzgesetz, correctiv am 9. Oktober 2020
  • Quatschjura zerlegt: Infektion ist via PCR nachweisbar – Pandemie NICHT vorbei, volksverpetzer am 26. November 2020
  • PCR-Tests weisen Corona nach – und das sieht auch die Berliner Senatsverwaltung so, dpa am 12. November 2020
  • Corona-Infektionsgeschehen: Wie zuverlässig sind die Tests? Deutschlandfunk am 26. November 2020
  • Videos: „Quatsch-Jura“ – Anwalt Jun über die Rechtsauffassungen von „Querdenkern“, GWUP-Blog am 5. November 2020
  • „Quatsch-Jura“: Video zum Infektionsschutzgesetz, GWUP-Blog am 20. November 2020
  • „Steigen die Coronazahlen nur, weil man mehr testet?“ – Video mit Martin Moder, GWUP-Blog am 19. Oktober 2020
  • Juristen auf dem Corona-Holzweg, Gesundheits-Check am 23. November 2020
  • Text der Gesellschaft für Virologie zum Thema SARS-CoV-2-PCR vom 26. November 2020
  • Kein Beleg, dass der Erfinder des PCR-Tests dessen Anwendung bei Viren ablehnte, dpa am 7. August 2020

11 Kommentare

  1. Können Querdenker nun noch auf Toilette gehen ? :) Ob Sie dagegen auch Klagen wollen das sie ungefragt getestet werden?

    „Das Virus in der Kläranlage

    Seit diesem Frühling forscht eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an einer neuen Methode, das tatsächliche Corona-Infektionsgeschehen zu ermitteln. Sie folgen dem Virus in das Abwasser.“

    https://detektor.fm/wissen/forschungsquartett-abwassermonitoring

  2. „BKA warnt vor Attacken auf Impfstoff-Hersteller und Impfzentren“:

    https://www.sueddeutsche.de/politik/corona-sicherheit-bka-1.5129994

  3. 26.11.2020: Text GfV zum Thema SARS-CoV-2 PCR

    https://www.g-f-v.org/node/1387

  4. Die Querdenker sollten mal den Podcast von Prof. Drosten hören, da könnten sie viel lernen – ja, ich weiß, man muß schon konzentriert zuhören und es kostet auch Zeit, aber diese Zeit lohnt sich (wobei ich zugeben muß, daß ich nicht jeden Podcast gehört habe).

    Ja, es kann sein, daß eine PCR noch ausschlägt, obwohl der „Infizierte“ nicht mehr infektiös ist, aber er hatte mit Sicherheit eine Infektion…komisch, wo doch die Querdenker immer behaupten, es gäbe zu viele falsch-positive Testergebnisse – nein, der PCR-Test ist eben sehr sensitiv.

    Deshalb schlägt auch Prof. Drosten die Verwendung von Anti-Gen-Tests (sogenannte Schnelltests) vor, da diese weniger sensitiv sind und man aber die hochansteckenden Personen damit erkennen kann und die PCR sollte eher im klinischen Alltag verwendet werden, um zb die Viruslast zu bestimmen.

  5. Rechtsanwalt Yun ist richtig gut. So spannend hat mir noch niemand Rechtsgrundsätze erklärt. Ich habe keinen Grund umzuswitchen. :)

  6. Na ja , aber nehmen wir mal an, rein hypothetisch, die Schwurbler hätten doch recht, was dann?
    Dr. Reiner Füllmich ist ja ein echter Staranwalt, wenn ich es richtig sehe. Er hat u.a. gegen die Deutsche Bank und den VW-Konzern in den USA geklagt. Kann man hier nachlesen: „Fuldaer Zeitung Füllmich“
    Also, ich wäre mir da nicht so sicher. Gegen beide Institutionen hat er übrigens gewonnen. So einer setzt sich doch nicht so in die Nesseln. Ich vermute mal, dass der einschätzen kann, wie seine Chancen sind, so einen Prozess zu gewinnen.
    Außerdem haben die Schwurbler das alles ja lange genug vorbereitet in ihrem sogenannten „Außerparlamentarischen Corona Untersuchungsausschuß“ – kann man bei youtube sehen, stundenlang.
    Und Wodarg hatte bei der Schweinegrippe am Ende auch recht. Da gibt es eine arte- Doku, auch bei youtube: „Profiteure der Angst“. Also ich hoffe für Euch, dass ihr Recht habt. Ich wünsche Euch alles gute, was auch immer das sein mag.

  7. @Alfred Jansen:

    Danke für die guten Wünsche.

    Womit genau sollten „die Schwurbler“ denn Recht haben?

    Vor einem Gericht Recht zu bekommen, muss ja nichts mit der Realität zu tun haben, wie wir seit dem Masern-Prozess wissen.

    Und womit genau hatte Wodarg bei der Schweinegrippe Recht?

    Ich habe mich damals auch nicht impfen lassen, weil meine individuelle Risikoabwägung keinen Anlass dafür gab. Habe ich also auch „Recht behalten“?

    Es ging damals um die Frage: Wollen wir eine Pandemie ohne Impfung oder eine Impfung ohne Pandemie?

    Damals hatten wir das Glück, dass Letzteres eingetreten ist – was das mit „Recht haben“ zu tun hat, erschließt sich mir nicht.

    https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2010-01/schweinegrippe-europarat-kommentar/seite-2

  8. @ Alfred Jansen:

    Bei der Schweinegrippe gab die Entwicklung Wolfgang Wodarg Recht (es hätte aber auch anders kommen können), bei seinem Mitarbeiter Gert Postel lag er falsch.

    Ich glaube, beides sagt wenig darüber aus, was man von seinen Äußerungen zu Corona halten soll. Die sollte man an den Tatsachen zu diesem Thema messen.

    Dann wird man feststellen müssen, dass ihn da sein Antrieb, dem Establishment böse Absichten nachzuweisen und sein Rückzug in eine Querdenkerblase immer wieder in die Irre geführt hat, von der angeblich nicht existenten Übersterblichkeit bis hin zur Behauptung, es habe noch nie einer eine zweite Welle bei respiratorischen Erkrankungen erlebt.

    Was Herrn Füllmich angeht: Ja, er ist ein erfahrener Anwalt und man sollte zumindest seine Klageschrift gegen den Volksverpetzer nicht unterschätzen. Wie das ausgeht, scheint mir noch nicht ausgemacht.

    Die Klage gegen Drosten und Wieler muss mal erst mal sehen. Was er ihnen z.B. in der Fuldaer Zeitung als „Lüge“ unterstellt, dürfte kaum eine Chance auf gerichtliche Anerkennung haben.

  9. Querdenker-Anwalt teilt aus Versehen Studie, die belegt, dass PCR-Tests sehr genau sind

    https://www.volksverpetzer.de/corona-faktencheck/querdenker-anwalt-versehen-studie/

    Faktencheck: Wie dich Pandemie-Leugner über das PCR-Test-Urteil aus Portugal belügen

    https://www.volksverpetzer.de/corona-faktencheck/faktencheck-pcr-test-portugal/

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