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Verschwörungstheorien und Pseudowissenschaft: Tipps für den Schulunterricht gesucht

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Im Sommer hat erstmals auch das Fernsehen (report München) über die Schulprojekttage in Augsburg und Schwaben zum Thema Verschwörungstheorien berichtet:

Diese Veranstaltungen mit dem Fachbereich Religions- und Weltanschauungsfragen im Bistum Augsburg und der GWUP laufen seit drei Jahren sehr erfolgreich. Ausführliche Berichte darüber vom Augsburger GWUP-Regionalgruppenleiter Dr. Andreas Garitz gibt es hier und hier.

Wie man in Schulen mit Verschwörungstheorien und Pseudowissenschaft sinnvoll umgehen kann

ist aktuell auch Thema im Science-Blog Astrodicticum simplex.

Aus den Erfahrungen mit einem Workshop für Lehrerinnen und Lehrer heraus stellt Dr. Florian Freistetter die Frage in den Raum:

Stellt euch vor, ihr unterrichtet Kinder in der Schule. Und werdet mit pseudowissenschaftlichen/esoterischen Aussagen aus folgender Liste konfrontiert. Welche Taktik haltet ihr für angebracht, um damit vernünftig umzugehen?

  • Evolution ist Blödsinn
  • Homöopathie wirkt
  • Granderwasser ist besser als normales Wasser
  • Der Klimawandel ist nicht vom Mensch gemacht
  • 5G-Strahlung ist gefährlich für den Menschen
  • Der Mensch ist nie am Mond gelandet
  • Bestimmte Steine haben heilende Kräfte
  • Impfungen sind gefährlich
  • Australien gibt es nicht
  • Mädchen sind schlechter in Physik und Mathe als Jungen
  • Kaffee ist ungesund

Es geht nicht darum, die “richtigen” Fakten zu finden, die diese Aussagen entkräften. Da muss man nicht lange suchen; da finden sich genug davon, wenn man Lust darauf hat. Die Menschen, die so etwas ernsthaft glauben, haben aber eben gerade keine Lust, irgendwelche wissenschaftlichen Fakten oder Studien zu diesen Themen zu akzeptieren. Mir geht es um vernünftige didaktische/pädagogische/wissenschaftskommunikatorische Strategien, wie man mit solchen Aussagen umgehen kann.

Derzeit gibt es 123 Kommentare dazu. Weitere Anregungen – hier oder drüben – fänden wir spannend.

Zum Weiterlesen:

  • Esoterik, Fake News & Co: Wie man in Schulen mit Verschwörungstheorien und Pseudowissenschaft sinnvoll umgehen kann, Astrodicticum simplex am 13. November 2019
  • Experte: Kinder müssen in kritischem Denken geschult werden, heise am 23. April 2018
  • Im Netz geheimer Mächte, report am 16. Juli 2019
  • Verschwörungstheorien und Fake News – Check Deinen Durchblick! welserschule am 22. Juli 2019
  • Der bekannte Autor und Journalist Bernd Harder referierte von Schülerinnen und Schüler der 8. und 9. Klassen, Gymnasium Öttingen am 1. August 2017
  • Wolfgang Hund: Okkultismus – Materialien zur kritischen Auseinandersetzung. Verlag an der Ruhr, Mülheim 1996
  • Wolfgang Hund: Das gibt’s doch gar nicht – Okkultismus im Experiment. Verlag an der Ruhr, Mülheim 1998
  • Medien in der Schule: Verschwörungstheorien
  • Unterrichtsmaterial: So entlarvt man Verschwörungstheorien
  • Online-Game „impft“ gegen Fake News, mimikama am 25. Juni 2019

10 Kommentare

  1. An High Schools in Ohio darf man demnächst wissenschaftliche falsche Antworten geben, solange sie mit der Lehre der eigenen Religion übereinstimmen.

    https://twitter.com/ScienceMarchKBN/status/1195995691996340224

  2. Fast jede dieser Verschwörungstheorien kenne ich aus der Waldorfschule. Gerade in Sachen „5G“ geht es dort gerade rund, denn der „Elektrosensible“ Ulrich Weiner tourt wieder durch die esoterischen Privatschulen.

    https://twitter.com/AnthroBlogger/status/1193798302967435264?s=20

  3. Um auf die Frage einzugehen: Bei einer unmittelbaren Konfrontation mit den genannten Aussagen, hilft m.E. lediglich die Rückfrage-Technik: „Bist Du Dir da sicher? Woher hast Du Deine Informationen? Kannst Du mal bis zur nächsten Stunde Nachweise bringen? Das würde mich interessieren!“

    – Im Idealfall ließe sich dies zum Anlass machen, die Schüler zum Nachdenken und -forschen zu bringen, vor allem, wenn sich die Lehrkraft zum Initiator der Neugier der Schüler*nnen machen könnte.

    Eine Erfahrung, die ich vor kurzem machen durfte: Im Rahmen einer Gruppe von Freunden konnte ich über evidenzbasierte Medizin referieren. Den erwarteten „Aufreger“ Homöopathie habe ich dabei erst ganz zum Schluss als Negativbeispiel genannt. Am Anfang stand die Frage: Was tun, wenn ich krank bin? Hausarzt, Rat von Freunden, Dr. Google?

    Aus den Vor- und Nachteilen der drei Fragerichtungen schloss ich, dass wir für gute Entscheidungen möglichst objektive Kriterien brauchen, und die Vermeidung von Denkfehlern. Aus den bekannten Denkfehlern griff ich nur die wichtigsten heraus. Wenn diese verstanden sind, wird einsichtig, warum medizinische Forschung notwendig ist und zu welchen Schlussfolgerungen sie führt. Nach der Erläuterung der Evidenzpyramide war es ein leichtes, darzulegen, welche Methoden über anekdotische Evidenz nicht herauskommen. Die Homöopathie war dann lediglich ein Beispiel unter etlichen Quacksalbereien.

    Die Rückfragerunde bestand aus einem „Was ist mit Homöpathie bei Kindern?“, leicht zu beantworten, und tatsächlich der Nachfrage, wie ich denn zu meinen Erkenntnissen gekommen sei.

    Es ist schön, dann auf die GWUP verweisen zu können, der ich viel verdanke.

    Fazit: Bei den Erfahrungen und Bedürfnissen der Zuhörer ansetzen, ihre Neugier wecken. Auch mit den eigenen Aufklärungs-Erfahrungen ansetzen, die ja schließlich jeder gemacht hat (von der Zahnfee bis zum Weihnachtsmann), und davon ausgehend zu weiteren Schlussfolgerungen anregen.

  4. Wenn ich lese „Verschwörungstheorien und Pseudowissenschaft“ und „Fachbereich Religions- und Weltanschauungsfragen im Bistum Augsburg“ beißt sich für mich der Hund in den Schwanz.

    Ein sinnvolles, aufklärererisches Schulprojekt unter der Ägide der institutionalisierten Esoterik schlechthin durchzuführen, ist schon sehr fragwürdig.

  5. Allzuviel in den Topf zu werfen ist ein sicheres Rezept für …garnix. Solange man alles, was komisch ist „Verschwörungstheorie“ nennt, spaltet man die Leute nur in gut/richtig/klug und böse/falsch/doof. Wo spalten beabsichtigt ist, meinetwegen. Aber wo es schlicht um die Offenheit von Kommunikation gehen soll macht man es nur schlimmer. Immerhin trägt der Begriff „Verschwörungstheorie“ auch die Last der Themen, die vor nicht allzulanger Zeit noach als eben das abgetan ..und später bestätigt wurden: Massenvernichtungswaffen im Irak, die Totalüberwachung durch die NSA, noch 10 Jahre vorher auch die alleinige Existenz der NSA…ich spare mal weitere Beispiele. Eben diese Beispiele der klaren Widerlegung, daß es nur eine Spinnertheorie gewesen wäre erschwert doch den Gebrauch dieses Unworts für jegliches Thema, weil es keine Eindeutigkeit in sich trägt, sondern als Wort inzwischen unbrauchbar kaputt ist.

  6. schade nur, daß von den 123 Beiträgen höchstens 1/4 auf das Thema eingeht

  7. @rambaldi:

    Ja, das habe ich auch als unerträgliche Zeitverschwendung empfunden.

  8. @Frans Stummer:

    Immerhin trägt der Begriff „Verschwörungstheorie“ auch die Last der Themen, die vor nicht allzulanger Zeit noach als eben das abgetan ..und später bestätigt wurden:

    Es gibt mE. keine einzige „Verschwörungstheorie“, die sich irgendwann mal als „wahr“ herausgestellt hätte. Und noch kein Verschwörungstheoretiker hat je eine echte, existierende Verschwörung aufgedeckt.

    Massenvernichtungswaffen im Irak,

    Das war eine Lüge und/oder Propaganda, aber keine Verschwörungstheorie.

    die Totalüberwachung durch die NSA,

    Auch das war zu keinem Zeitpunkt eine Verschwörungstheorie, sondern wurde schon in den 1980er-Jahren von einem Journalisten genau so beschrieben.

    Dieser Journalist hatte dafür sowohl eine konstruktive Motivation als auch eine zielführende Methodik – was ihn von „Verschwörungstheoretikern“ sehr stark unterscheidet.

    Also zwischen „kritischen Fragen“, „konstruktivem Zweifel“ und „Verschwörungstheorien“ gibt es entscheidende Unterschiede, die wir hier bisschen ausgeführt haben:

    https://blog.gwup.net/2019/04/29/verschwoerungstheorien-toxischer-vs-gesunder-zweifel/

  9. @ Ralf i.V.:

    „…aber wie reist man klimaneutral durch die Zeit?“

    Mit einer TARDIS?

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