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Interview mit Mai Thi: Nicht zu sehr auf die Krawallmacher konzentrieren

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Bei Welt+ gibt’s ein Interview mit Mai Thi über die Kommunikation mit Verschwörungsgläubigen und Wissenschaftsleugnern.

Ein Auszug:

Welt: Sobald über Themen wie Seenotrettung, Klimapolitik und Gleichstellung gesprochen wird, haben viele Angst, in eine Ecke gestellt zu werden. Wie schafft man es, in dieser aufgeheizten Stimmung sachlich zu diskutieren und glaubhaft eine neutrale Position zu vertreten?

Mai Thi Nguyen-Kim: Aus meiner Sicht werden in diesen Diskussionen zu häufig Meinungen und Fakten vermischt. Wer diese Themen sinnvoll diskutieren will, sollte zunächst vor allem über Fakten und Zahlen reden und dann getrennt davon eine Interpretation vornehmen. Ich versuche, bei solchen Themen beide Seiten einzubinden. Wenn aber die Zahlen in eine bestimmte Richtung gehen, muss man das anerkennen. Was die Interpretation betrifft, mache ich die Erfahrung, dass die meisten Menschen auch gut mit einer Meinung umgehen können, solange sie gut begründet ist und ihnen nicht aufgestülpt wird.

Der Faktenstreit geht manchmal noch eine Ebene tiefer. Kritiker der Theorie vom menschengemachten Klimawandel sagen, dass die Vergabe von Forschungsgeldern oft politisch beeinflusst sei. Deshalb lägen überwiegend Erkenntnisse vor, die eine Richtung bevorzugen. Gibt es so etwas wie eine wertfreie Position überhaupt?

Die Wissenschaft ist in ihrer Sachlichkeit sicher verwundbar. Es gibt auch dort Interessenskonflikte. Allerdings ist dieser Vorwurf überhaupt nicht haltbar. Denn Wissenschaftler sind zuallererst immer an Erkenntnissen interessiert. Falls also jemand überzeugend erklären kann, dass er durch Forschung Evidenz gegen den menschengemachten Klimawandel findet, würde er auch gefördert werden.

Wie begegnen Sie Menschen, die sich wissenschaftlichen Fakten komplett verweigern?

Solche Menschen werde ich nicht mehr erreichen. Das Problem sollte man aber nicht überschätzen. Im Internet treten viele von denen laut auf. Deshalb wirkt es so, als sei diese Gruppe besonders groß. Allerdings warne ich davor, sich zu sehr auf diese Krawallmacher zu konzentrieren. Dann verpasst man die Chance, diejenigen zu erreichen, die Themen kritisch sehen, weil ihnen Informationen fehlen.

Wie würden Sie sich selbst politisch verorten?

Ich war nie Mitglied einer Partei, weil die Agenda von jeder Partei in einigen Punkten von dem abweicht, was wissenschaftlich vernünftig ist. Das ist für mich auch der größte Kritikpunkt an den politischen Parteien: Dass sie in ihrer Argumentation die Wissenschaft zu sehr außen vor lassen.

Zum Weiterlesen:

  • So diskutieren Sie mit Leuten, die Sie in eine ideologische Ecke stellen, Welt+ am 27. Juli 2019
  • Neues mailab-Video: Homöopathie – „Deutschlands schlechtestes Gesetz“, GWUP-Blog am 12. Juli 2019
  • Fox News und Photoshop sind gefährlicher als Deep Fakes, Süddeutsche am 30. Juli 2019

2 Kommentare

  1. „Das ist für mich auch der größte Kritikpunkt an den politischen Parteien: Dass sie in ihrer Argumentation die Wissenschaft zu sehr außen vor lassen.“

    Geld dafür schmeißen sie trotzdem raus:

    https://www.lvz.de/Nachrichten/Politik/Milliarden-Kosten-Die-Studien-Republik-So-viel-gibt-die-Bundesregierung-fuer-wissenschaftliche-Unterstuetzung-aus

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