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Verantwortlichkeitsübertragung an die Leidenden – zentral für die „Licht und Liebe“-Szene

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Esoterik-Kritik scheint derzeit in zu sein.

Nach zum Beispiel Hazel Brugger und Bild hat jetzt auch die taz einen Esoterik-Kongress besucht – nämlich „Welt im Wandel“ in Würzburg.

Und schnell arbeitet der Autor das unsympathisch-egozentrische Menschenbild der angeblich so sanften und lichtvollen Ideologie heraus:

In Würzburg sind klare Botschaften zu hören. Wer an Krebs erkrankt ist, einem „Selbstmordprogramm, das sozial legitimiert ist“, der müsse einfach nur Schwefel gegen die Bakterien im Darm nehmen, so Dr. Karl Probst. Und wer in emotionalen Krisen steckt, der habe Traumata seiner früheren Seelen und Leben noch nicht aufgearbeitet, behauptet der Filmemacher Clemens Kuby in einem Gespräch zu „Reinkarnation“.

Die Welt befinde sich im Umbruch, eine große und bedeutende Zeit stünde unmittelbar bevor. Schnellstmöglich sollen die Kongressbesucher*innen unter dem Motto „Sei der Wandel“ zum Handeln motiviert werden. Ihre Krankheiten, so der Tenor, sollen sie als eine innere Angelegenheit begreifen und diese nun selbst lösen.

Als Kritiker kommt unter anderem der Psychologe Johannes Fischler zu Wort, dessen Buch „New Cage“ mittlerweile bei Alibri erhältlich ist:

Beim jüngsten Kongress in Würzburg habe „eine gefährliche Mischung aus nur scheinbar Vernünftigem, Pseudomedizin, Verschwörungsmystik und barem Unfug“ getagt, sagt Fischler. Einen Drang zur radikalen Selbstoptimierung sieht er als einen Kern der Esoterik, in der eine „Verantwortlichkeitsübertragung an die Leidenden“ zentral sei. Wer krank oder eben nicht mehr gesund werde, habe schlicht nicht gut genug an sich gearbeitet, fasst er zusammen.

Besonders widerlich wird das Ganze beim Thema sexueller Missbrauch (hier ein Beispiel von der Seite Esoterik Wissensbase):

Natürlich muss und kann auch bei einem Thema wie sexueller Missbrauch eine wahre (echte) Heilung nur dadurch erreicht werden, dass der oder die Betreffende in ihre volle Eigenmacht, Eigenkraft und damit auch in ihre volle Eigenverantwortlichkeit über ihre Schöpfermacht zurück geführt wird.

Das heißt, es muss der Person aufgezeigt werden, wie sie sich diese Erlebnisse erschaffen (geschöpft) hat und warum sie dies getan hat, also was sie damit (aus Seelensicht) lernen und erfahren wollte. Es geht also darum, zu verstehen warum dies zu ihrem Entwicklungsweg wurde, beziehungsweise durch welche Handlungen und Denkweisen in ihren früheren Leben, es überhaupt erst notwendig wurde, dass ihre Seele in diesem Leben einen solchen Weg gewählt hat.

Gibt vermutlich nicht mal ein Gesetz gegen diesen Müll.

Zum Weiterlesen:

  • Wunder zu verkaufen, nur 195 Euro, taz am 26. April 2019
  • Magische Truthahnfedern: Skeptiker mit „Bild“ auf der Esoterikmesse in Nürnberg, GWUP-Blog am 1. April 2019
  • „Das bereitet mir zunehmend Schmerzen“: BR-Reporter und Skeptiker auf der Esoterikmesse, GWUP-Blog am 1. Juli 2017
  • Video: Hazel Brugger auf der Esoterikmesse, GWUP-Blog am 10. Februar 2019
  • Esoterikmesse: Ein Skeptiker sucht die Erleuchtung, kurier.at am 8. April 2018
  • Sie finden sich furchtbar, und das zu Recht! SPON am 23. April 2011

3 Kommentare

  1. Kann man diese Spinner wirklich nicht anzeigen?

    „Dass die Ursachen in einem oder mehreren früheren Leben gesetzt wurden, das wird schon daran sichtbar, dass ein kleines sexuell missbrauchtes Kind in diesem Leben ja noch gar nicht genügend Zeit hatte, so heftig wirkende Ursachen zu setzen. Darum sind da immer frühere Leben beteiligt.“

  2. Die Kirchen leeren sich, das religiöse Bedürfnis bleibt – die Sekten freut’s

    https://hpd.de/artikel/kirchen-leeren-sich-religioese-beduerfnis-bleibt-sekten-freuts-16760

  3. Heilige Bienen, transformierte Gehirne und Selbst-OPs: Der Wahn der Zürcher Esoterikmesse

    https://www.watson.ch/blogs/sektenblog/721916802-lebenskraft-das-seltsame-programm-der-zuercher-esoterikmesse

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