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Homöopathie anno 2018 – irgendwo zwischen Voodoo und Quacksalberei

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Die Welt schickt der Homöopathie noch ein paar passende Abschiedsworte für 2018 hinterher:

Es gibt mehr als 7000 niedergelassene Homöopathie-Ärzte, mehrere Zehntausend Heilpraktiker. Homöopathie ist beliebt, sogar angesehen, jeder zweite Deutsche hat es in den letzten Jahren schon einmal damit versucht. Rund 70 Prozent fanden die Therapie „zufriedenstellend oder sehr zufriedenstellend“.

In Papua-Neuguinea gibt es Voodoo-Heiler, bei den Aborigines in Australien zelebrieren Medizinmänner magische Beschwörungsformeln. In entlegenen Gegenden Deutschlands war noch im 19. Jahrhundert das Handauflegen gang und gäbe. Es ist wahrscheinlich, dass sich noch heute am Bett eines verzweifelten Todkranken jemand einfindet, der darauf schwört.

Dennoch kann man nicht schlicht und einfach feststellen, dass all das wirkungsloser Humbug sei. Tatsächlich hat auch die homöopathische Behandlung manchmal Erfolg, wie auch Heiler oder Beschwörer gelegentlich helfen können. Aber wie die Wunder der Heiler wirkt die Homöopathie nicht durch chemisch, biologisch oder physikalisch nachvollziehbare Berechnung. Wenn alles gut läuft, kann sie sich allenfalls selbstheilend an der Psyche zu schaffen machen. Mehr ist nicht dran an der Sache.

Wenn auch allerhand wissenschaftliches Getue und klingender Theoriehokuspokus zum Geschäft gehört, liegt die Homöopathie in derselben medizinischen Sortimentschublade wie Quacksalberei, Voodoo oder auch der aus der Antike stammende Aderlass.

Zum Weiterlesen:

  • Mondstein und Krötensaft, Welt-Online am 27. Dezember 2018
  • Offener Brief von GWUP-Wissenschaftsrat und INH an Staatsministerin Melanie Huml (Bayern), Informationsnetzwerk Homöopathie am 19. Dezember 2018
  • „Genug geforscht: Akte Homöopathie schließen“ – ein Nachruf im profil-Magazin, GWUP-Blog am 3. Dezember 2018
  • Homöopathische Präparate wirken auch nicht durch Nanopartikel, Informationsnetzwerk Homöopathie am 14. Dezember 2018

8 Kommentare

  1. Skandalös. Und noch schlimmer, dass es in Deutschland zehntausende Heilpraktiker gibt.

    Die beklagen sich zwar gern über die so genannte Schulmedizin, posieren auf ihren Websites und in den „Praxen“ aber gern in Weißkittel samt Stethoskop. Die „Prüfung“ der HP sei vergleichbar mit dem Physikum, wird auch immer wieder gern behauptet.

    Doch wäre die Prüfung wirklich so schwer, gäbe es sicherlich die zehntausende HP gar nicht. Liest man sich ein wenig in die Texte auf den Websites ein, entsteht das Bild grenzenloser Hybris.

    Da wird von Krebspatienten berichtet, die „zu 60%“ mit falschen Diagnosen zur Behandlung kämen. Da man als HP aber „so viel“ über die schlimmen Ärzte wisse, müsse man erst einmal gegensteuern und neue „Befunde erheben“. Ich weiß noch, als meine mittlerweile verstorbene Mutter an CLL erkrankte. Da rief ich eine befreundete Ärztin an. Sie sollte mir einmal über Leukämie berichten. Die Gute nahm sich über eine Stunde Zeit und berichtete mir (als Anästhesistin) spontan und aus dem FF von dieser Krankheit und den Behandlungsmethoden.

    Das nenne ich wahre Kompetenz. Im Übrigen wäre meine Mutter selbst auch niemals zu einem HP gegangen.

  2. @Christof Sperl:

    Die allerorten im Bereich des Heilpraktiker-Paralleluniversums anzutreffende Hybris (der Terminus ist völlig richtig gewählt) wird befeuert durch die Duldung dieses Paralleluniversums durch durch Politik und Gesetzgeber.

    Ich meinesteils könnte nicht mehr ruhig schlafen, trüge ich politische Verantwortung für die Existenz des Heilpraktikerunwesens – ich wäre mitschuldig an jeglichem Unheil, das an Patienten in irgendeiner Form angerichtet wird.

    Und was die Homöopathie in diesem Zusammenhang betrifft: Nur wenige (auf andere Sachen „spezialisierte“) HP-Praxen bieten KEINE Homöopathie an. Homöopathie ist das Zugpferd der Pseudomedizin, die HP haben sich ihrer nach deren Wiederaufstieg in der Ära Carstens nahezu vollständig bemächtigt.

    Schon deshalb „lohnt“ sich Homöopathiekritik. Homöopathie ist die schiefe Ebene abwärts in die Untiefen von Schwurbelkram jeglicher sonstiger Art. Würde sich die Politik offen zur Homöopathie erklären – was keine Kunst ist, das INH hilft sicher gern bei allfälligen Formulierungen – wäre schon einiges erreicht:

    Die „soziale Reputation“ der Homöopathie, die Basis ihrer „Geschäftsgrundlage“, wäre zumindest angeschlagen.

  3. „offen zur Homöopathiekritik „sollte es wohl heißen?…

    Gruß Felix

  4. @Felix: Geht beides – Hauptsache Homöopathie!

    Im Ernst: Ich meine schon „offen zur Homöopathie erklären“. Die sollen mal sagen, was Sache ist:

    „Homöoopathie ist eine vorwissenschaftliche Methode, die seit ihrer Existenz keinen validen Wirkungsnachweis erbringen konnte und deren Grundannahmen gegen naturgesetzliche Gegebenheiten verstoßen.

    Weder die zu Hahnemanns Zeiten schon durchgeführten Versuche (mit teilweise erstaunlichen Konzepten) noch die in den letzten 20 Jahren vorgelegten Studien und Metaanalysen nach wissenschaftlichen Kriterien haben eine belastbare Evidenz für die Homöopathie ergeben. Sie kann deshalb nicht der einer Evidenzbasierung verpflichteten Medizin zugerechnet werden.

    Der Status eines Arzneimittels wird homöopathischen Remedia künftig nicht mehr zukommen, was gleichzeitig bedingt, dass sie keine Erstattungsfähigkeit im Rahmen von Satzungsleistungen der gesetzlichen Krankenkassen mehr besitzen werden. Auch die Apothekenpflicht entfällt dadurch. Ansonsten gibt es keine Beschränkungen für diejenigen, die trotzdem weiterhin Homöopathika anwenden wollen.

    Wenden Sie sich an den Supermarkt oder die Süßwarenhandlung Ihres Vertrauens.“

    Oder so ähnlich…

  5. @Udo E. : Ein schöner Begriff für die Hybris ist auch „Dunning-Kruger-Syndrom“. Lg C

  6. @ Udo Endruscheit:

    „Der Status eines Arzneimittels wird homöopathischen Remedia künftig nicht mehr zukommen“

    Das Wort „künftig“ lässt zwar vieles offen, aber der Satz erinnert deswegen auch ein wenig an die Vorhersagen von Zeitungshoroskopen ;-)

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