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Sind Homöopathen die besseren Ärzte? Oder können sie bloß sich selbst Beifall klatschen?

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Neben einem ausführlichen Interview mit Dr. Natalie Grams gibt es heute im gmp-Podcast (Gesundheit Macht Politik) einen kurzen Rückblick auf die Homöopathie-Veranstaltung gestern Abend bei den „Berliner Wirtschaftsgesprächen“.

Der bwg-Mitarbeiter und Podcaster Philip Schunke zählte mehr als 80 Prozent Homöopathen im Publikum und spricht unverblümt von „Claqueuren“, die jede noch so banale Äußerung à la „Wir wissen doch, dass es wirkt“ der Pro-Lobby mit „tosendem Applaus“ bedacht hätten.

Schön zu hören, dass den Zuckerzauberern mittlerweile nichts mehr peinlich ist. Und gute Ärzte scheinen sie auch nicht unbedingt zu sein.

Jedenfalls zeigt eine aktuelle Studie zumindest korrelativ, dass Ärzte, die Homöopathie verschreiben, offenbar dazu neigen, eine Reihe von Best-Practice-Richtlinien zu missachten:

Zweifellos [ist] die Neigung zur Homöopathie mit einer geringeren Wertschätzung und Umsetzung evidenzbasierter ärztlicher Praxis und/oder einer geringeren Qualität der fachübergreifenden Teamarbeit bei der Optimierung der Behandlung korreliert.“

Da bleibt wohl nur noch, sich selbst zu applaudieren – wenn es schon sonst niemand tut.

Zum Weiterlesen:

  • Neue Studie aus Oxford zu „Best Practice“ hömöopathischer Ärzte, INH am 19. April 2018
  • Die Globuli-Illusion, blick.ch am 18. April 2018
  • Globuli helfen nicht, wenn Kinder erkältet sind, Spiegel-Online am 17. April 2018
  • Homöopathische Aufsicht? Gesundheits-Check am 19. April 2018

12 Kommentare

  1. @Bernd:

    Die übrigen Spitzen des Moderators gegen die Homöos hast du gar nicht erwähnt – z.B. wie zäh es war, überhaupt Homöopathievertreter auf das Podium zu kriegen („warum tue ich mir das an?“) etc. Die sind halt nur stark wenn sie im Schutz der Anonymität den Unsinn beklatschen können.

  2. @crazyfrog:

    Ja, es wird ja noch einen Podcast von der Veranstaltung selbst geben.

  3. Die Podiumsdiskussion in Berlin war seitens der Homöopathie-Fraktion wirklich von einer Überheblichkeit geprägt, die einem die Sprache verschlagen konnte.

    Man muss sich ernsthaft fragen, ob solche Diskussionsrunden mit Bajic, Frass & Co. überhaupt irgendeinen Sinn machen – sie suchen keinen offenen Diskurs, ganz sicher nicht. Zumal ganz offensichtlich ist, dass die Homöopathen alles daran setzen, Boden- und Lufthoheit über solche Veranstaltungen zu gewinnen.

    Das fängt bei der Mobilisierung der Fußtruppen als Publikum an, geht über Zickerei bei der Verhandlung der Podiumsbesetzung (einschließlich Mäkelei und Ablehnung von potenziellen Gesprächspartnern und Moderatoren- „nein, mit DEM mag ich aber nicht!“) bis hin zu einem Schwall von Unsinn, der sich ungehemmt in den Saal ergießt und mit demonstrativem Applaus bedacht wird.

    Der Podcast wird bald veröffentlicht – der potenzielle Hörer sei gewarnt…

    Es ist fast nicht möglich, inhaltlich aus den Statements der Homöopathen etwas herauszufiltern, das man konsistent wiedergeben könnte.

    Was mir auffiel: Hört man richtig zu und erhält sich mit dem Rest seiner Kräfte etwas analytische Fähigkeit, kommt deutlich heraus, dass die Homöopathievertreter in der Tat völlig uneins waren, was ihren „Wirkungsmechanismus“ betrifft.

    Frau Bajic hielt irgendwie alles für möglich, Prof. Frass glänzte bemerkenswerterweise mit Äußerungen, die Placebo und Kontexteffekte wie auch psychothrope Effekte des Settings regelrecht als lächerlich vom Tisch wischten (und dabei haarsträubende Unkenntnis verriet).

    Was nur den Schluss zulässt, dass er tatsächlich ein Anhänger der spezifischen Arzneimittelwirkung im Sinne von Hahnemanns „geistiger Arzneimittelkraft“ ist – mit anderen Worten, ein lupenreiner Esoteriker (der gleichwohl seine Professoreneigenschaft ein ums andere Mal betont).

    Was sonst – achja, am Ende der Veranstaltung (ganz sicher geplant) wurden dann noch mit großer Emphase und ebensolcher Skupellosigkeit die -zigmal widerlegten Lügengeschichten zum Homöopathie-Review des australischen NHMRC in den Raum gestellt. Ohne Chance zu einer Richtigstellung.

    Es gab von Prof. Jutta Hübner und auch von Mechthild Heil (CDU) mehrere „Volltreffer“, prägnante, pointierte und belegte Statements, die vom Publikum mit – Schweigen goutiert wurden. Was ja wohl alles sagt. Ich jedenfalls ziehe meinen (nicht vorhandenen) Hut und sage danke dafür, meine Damen!

    Die Art und Weise, wie sich die Homöopathen für eine solche Veranstaltung hochrüsten und sich zugleich in Diskursverweigerung üben, kommt mir irgendwie bekannt vor… Ich muss mal wieder Edward Gibbons‘ großartiges Buch „Der Untergang des Römischen Reiches“ lesen…

    Achja – Bewunderung für Hristio Boytchev, der den Moderator abgab, ohne auch nur einmal ins Mikro zu beißen. Ich nehme an, er hütet derzeit noch das Bett nach diesem Abend…

    Gute Besserung!

  4. Richtig, den Verdacht, daß da vor allem Claquere im Publikum sitzen, hatte ich beim Hören des Livestreams auch. War mit ein Grund, weshalb ich nach ungefähr 20 Minuten ausgeschaltet habe.

  5. Ich kann euch sagen, direkt vor Ort war es noch unerträglicher.

    Norbert Aust und ich waren die einzigen von der Homöopathiegegnerseite. Norbert wurde in seiner Argumentation abgewürgt und ich kam gar nicht mehr zu Wort.

    Die Stimmung war viel aufgeheizter und aggressiver als zu der ähnlichen Diskussion zum Thema Abschaffung des HP-Das war ja ein Ponyhof dagegen.

    Frau Dr. Hübner und Herr Dr. Ludwig haben Ahnung von EbM. Von Homöopathieseite wurde das dem Publikum geschickt als Bevormundung verkauft. Frau Heil hat zwar manche Sachen gesagt, die nicht ganz stimmten, aber ich fand sie sehr mutig und denke, sie könnte etwas bewegen.

    Nach der Versnstaltung brauchte ich dringend Alkohol. Norbert hat noch versucht, mit den Homöopathen weiter zu diskutieren. Sie haben ihm aber zu verstehen gegeben, dass man mit uns sprich gwup nicht diskutiere.

    Na denn.

  6. @Sabine Breiholz
    Dann wenigstens Anerkennung von meiner Seite für Euch und danke, dass Ihr Euch solchen Veranstaltungen aussetzt.

    Ich glaube, auch Eure Veranstaltung war einer der vielen notwendigen Tropfen auf den heißen Stein, um die Homöopathie ins rechte Licht zu rücken. Ihr ward sicher auch Gesprächsstoff bei den anderen NACH der Veranstaltung.

  7. @Sabine Breiholz
    Danke für den Erfahrungbericht. Für mich lässt das nur einen Rückschluss zu.
    Homöopathie ist gleich einer Religion oder einer Ideologie. Das Organon ist die Bibel oder das Kommunistische Manifest der Homöopathen. Mit den Anhängern aller drei Gruppen ist es beinahe aussichtslos zu diskutieren, denn sie „wissen“, dass sie Recht haben.

  8. @ RPGNo1:

    „denn sie „wissen“, dass sie Recht haben“

    Wir aber auch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Homöopathie je ihre Wirksamkeit nachweisen kann oder auch nur einen halbwegs plausiblen Wirkungsmechanismus vorzeigen kann.

    Der Unterschied: Hinter unserem Wissen steht eine Menge methodisch gut kontrollierter Wissenschaft, hinter ihrem scheinbaren Wissen eine Menge Irrtümer und Missverständnisse.

  9. Ich frage mich bei dem Thema immer: Hahnemann hat seine Thesen 1800-1810 formuliert, die Pharmaindustrie hat ihre Anfänge um 1880-1890. Wie kommt es, daß die einzigartigen Erfolge der HP in den siebzig Jahren die Patienten nicht so überzeugt hat, daß das Unkraut Pharma in den Anfängen zertreten wurde?

  10. @Omnivor
    Gutes Argument…

    Zum Kontext:
    Analog könnte man die Frage stellen: Sind Wünschelrutengänger die besseren (Quanten-)Physiker?

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