Neu in der Homöopedia:
Es geht unter anderem um „Kochsalz-“ und „Natron-Gesichter“.
Zum Weiterlesen:
- Wilhelm Schüßler in der Homöopedia
- Heilpraktiker machen sogar, dass Schüßler-Salze wirken, GWUP-Blog am 3. März 2018
- Der Scharlatan ist ein Meister aus Deutschland, Psiram am 3. April 2018
- Noch kürzer notiert: Harald Walachs neue Welterklärung, Gesundheits-Check am 2. April 2018
3. April 2018 um 21:09
Das Traurige daran, „Schüßler-Salze“ werden in jeder Apotheke groß beworben.
Meine „Stammapotheke“ hatte keine „Schüßler-Salze“ und „Homöopathika“ offen beworben (erhältlich waren sie bestimmt). Seit die Tochter die Apotheke übernommen hat, werden diese beworben – wahrscheinlich muß man mit der Zeit gehen, wenn man konkurrenzfähig bleiben will, gerade im Zeitalter der Internet-Apotheken.
4. April 2018 um 11:53
Ja, das ist wirklich so eine Sache.
Wir bewerben den Quark auch nicht aktiv und haben auch nur sehr wenig an Lager. Wenn man sich allerdings darauf einschießt, kann man schon Kunden gewinnen, die dafür offen sind… und zwar vermutlich mehr, als man Leute vergrault, die von der Sache gar nichts halten.
Gerade heute war „Die PTA“ in der Post. Produkt des Monats: Die heiße 7.
Da ist dann die Rede davon, dass aufgelöst in heißem Wasser und in kleinen Schlucken das kaum vorhandene Magnesium Phosphat (das Salz der Muskeln und der Nerven, wie es da so schön heißt) noch besser und schneller aufgenommen werde.
Das mag sogar stimmen, nur wenn ich, wie dort beschrieben, 10 Tabletten zu rund 250 mg (also 2,5 g) Magnesiumphosphat D6 zu mir nehme, dann sind das krasse 2,5µg Magnesiumphosphat, vulgo so gut wie nix.
Selbst wenn die Bioverfügbarkeit bei geringen Konzentrationen besser ist, nehme ich halt im Idealfall 100% von so gut wie nix zu mir, statt weniger als 100% von den 8,5 mg in einem Liter Mineralwasser (wobei es da auch magnesiumreichere gibt) – bzw. steigert das Aufösen von Schüßlersalz in Wasser, das ja von sich aus Mineralstoffe enthält, deren gehalt so unwesentlich, dass man sich auch das Schüßlersalz sparen kann – und damit auch Geld.
5. April 2018 um 10:52
Ein gerne genannter Anwendungsgrund für die Bioschelmie nach Schüßler ist ja die Prophylaxe – also die Einnahme von äußert geringfügig verunreinigtem Milchzucker gegen eigentlich noch nicht vorhandene Mangelzustände. Aber wer weiß schon, wann es mal wieder richtig eng wird, oder?
Nehmen wir mal an, der vorsorgliche Zeitgenosse vermutet, nach einem kurzen Blick in die Kristallkugel, einen Kochsalzmangel in nächster Zukunft, und will sicherheitshalber, sagen wir mal, 1/10 des täglichen Salzbedarfs vorsorglich über ein paar Tage hinweg einnehmen, benötigt also etwa 0,4 Gramm Kochsalz (im Schüßler-Deutsch natürlich „Natrium chloratum“) sorgsam in Lactose-Tablettchen verteilt.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, in welcher „Potenz“?
Wir können dem allenfalls mittelmäßigen Erfinder der Bioschelmie dankbar sein, dass der es sich, wegen seiner Mittelmäßigkeit, auch ganz gerne einfach machte, und nur drei Potenzen zur Auswahl stellte, sich also der Rechenaufwand in Maßen hält – was man aber von der Menge an Milchzucker, die auf ihre heilsame Zufuhr wartet, leider nur bedingt behaupten kann.
Stellt man nämlich die entsprechenden Berechnungen an, stellt sich heraus, dass bei der D12 – Potenz die fulminante Menge von 1 Gramm Wirkstoff in 1 Million Tonnen Milchzucker zu finden ist.
Die übliche Standardtablette mit Schüssler-Salz wiegt 250 Milligramm.
Also brauchen wir für 0,4 Gramm Kochsalz 400.000 Tonnen Milchzucker oder eben 1.600.000.000.000 Tabletten. Täglich. D 12 scheidet also aus, schon allein wegen der Beschaffungs- und Lagerungsproblematik…
Bei der D6 verhält es sich schon wenig günstiger, aber immer noch nicht lustig für den, der vom Gedanken an eine machbare Prophylaxe getrieben wird: 1 Gramm Wirkstoff in 1 Tonne Milchzucker, also immer noch 400 Kilo Milchzucker oder 1.600.000 Tabletten für 1/10 des täglichen Kochsalzbedarfs, liefern genügend Argument auch gegen diese Potenz.
Bei der D3, 1 Gramm Wirkstoff auf 1 kg Milchzucker, wird es dann fast schon machbar, sind es doch nur 400 Gramm Lactose oder 1.600 Tabletten. Hier droht auch nicht der sofortige finanzielle Kollaps des Heilbedürftigen, sondern allenfalls noch ein kerniger Dünnschiss wegen der abführenden Wirkung des Milchzuckers.
Also die D3, die könnte man vielleicht schaffen – und gegen den Elektrolytverlust nach radikalem Stuhlabgang kann man ja Beschüßlern.
Jetzt lässt sich einwenden, dass 1/10 prophylaktische Substitution doch viel zu viel ist.
Das mag sein, und ich gebe gerne zu, dass ich so gar keine Ahnung habe, wie man die prophylaktisch zuzuführende Menge vom Durchschnittshausstaub in Milchzucker berechnet, wenn man überhaupt nicht weiß, was einem davon in der Zukunft so fehlen wird. Was mir hierzu fehlt, weiß ich aber genau: nämlich die Kristallkugel.
Allerdings vermute ich, dass auch jede andere Prophylaxe-Empfehlung entweder gewürfelt wurde, oder sich vielleicht daran orientiert, wieviel Milchzuckertabletten ein Mensch bereit ist einzunehmen, ohne größere Widerwärtigkeitsgefühle zu entwickeln.
30 Stück am Tag scheint in etwa die Grenze darzustellen.
Jetzt könnte man mal kurz berechnen, wie viel, oder besser, wie wenig Substitution damit in den jeweiligen Potenzstufen machbar ist. Ich mach´s aber mal nicht, ich finde die große Zahl der Nullen hinter dem Komma immer so unübersichtlich.
Apropos Nullen: Nullen sind bedeutsam in der Bioschelmie. Sie beschreiben eben nicht nur, wie viel man braucht, um ganz wenig zu bekommen, sie stehen auch für das Maß an grundlegender naturwissenschaftlich-mathematischer Bildung, das man benötigt, wenn man eine Apotheke betritt, um Beschüßlerchen – ohne einen dramatischen Verlust jeglicher Selbstachtung – zu erwerben.
Eigentlich reicht die Kenntnis der Grundrechenarten nämlich völlig aus, den Empfehlungen diverser Lactose-Dealer mit Hohngelächter zu begegnen.
Und wem die Berechnung des Übermaßes und des Defizitären (je nach Perspektive) noch nicht reicht, der kann sich, ohne größeren Recherche-Aufwand, zusätzlich noch mit den paradigmatisch verkündeten Kubikblödheiten des Erfinders beschäftigen – beispielweise beim INH.
Im Gegensatz zu den Homöopathen hatte der Oldenburger Dilettant wenigstens ein paar konkrete Vorstellungen im Angebot, wenn diese auch durchweg falsch waren.
Wir dürfen ihm also zumindest dafür dankbar sein, dass er seinen Schmonzes nicht mit höheren Energien verbrämt hat, und auch Engel, Elfen oder Zaubersprüche nicht am Geschehen beteiligt sind, sondern einfach nur falsche „Fakten“. Die sind aber so offensichtlich falsch, dass man nicht studiert haben muss, um dem Quatsch nicht auf den Leim zu gehen.
Dass das trotzdem tagtäglich passiert, liegt vermutlich in erster Linie an „der Wissenschaft“ und den „Skeptikern“: Denn neben den wohlbekannten Spielarten der Selbst- und Fremdtäuschungen, ist mittlerweile einer der wichtigsten Bestandteile der alternativheilerischen Überzeugungssysteme ausgerechnet die wissenschaftliche Gemeinde, diese gemeingefährliche Bande von „materialistischen Dogmatikern“ (1) .
Wenn sich diese Dogmatikerbande nämlich eindeutig gegen ein Verfahren ausspricht, dann ist das eine Form der Adelung, die zumindest der alternativaffinen Fraktion versichert: Das Mittel hilft! Jetzt und immerdar!
(1) Danke, Jens Behnke, für diesen wundervollen Begriff! Ich freue mich immer, wenn sich ein Anlass bietet, den Chefsprecher des neurologischen Partisanenkonzils aus der Hölle der Beliebigkeit zu zitieren.
7. April 2018 um 00:50
@Excanwahn
Wenn Sie hier was raushauen, dann ist es immer der ExcanWAHNSINN :-)
„materialistische Dogmatiker“ hört sich an, wie „bibeltreue Christen“, mit dem Unterschied, das die ersteren die Naturgesetze anerkennen und die anderen einen dogmatischen Gott.
7. April 2018 um 14:43
Nachdem ich mir die Dissertation von Herrn Behnke schon vor geraumer Zeit durchgelesen habe, muß ich sagen, daß ich mich meines Doktortitels (ziemlich mediokre medizinische Arbeit) zumindest nicht mehr ganz so schäme – danke dafür!
25. November 2019 um 21:08
Schüßler-Salze: Ahnungslose Kunden
https://www.doccheck.com/de/detail/articles/23936-schuessler-salze-ahnungslose-kunden