Endlich weiß die Welt, dass es Friedberg nicht nur in Hessen (FB) gibt, sondern auch in Bayern (FDB) – genauer gesagt bei Augsburg. Dummerweise ist es eine eher schräge Publizität, die der 29 000-Einwohner-Stadt gegenwärtig zuteil wird.
Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) sorgt bundesweit für Schlagzeilen, weil er ein Feng-Shui-Gutachten für das Friedberger Schloss in Auftrag gegeben hat. Für den satten Energieausgleich (= Bezahlung) von 5000 Euro.
Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt, möchte man beinahe ausrufen.
Aber möglicherweise würden wir mit dieser harmlosen Bemerkung dem Herrn Eichmann schon zu nahe treten, der sich gegen die Darstellung der Lokalpresse verwahrt, sein Vierbeiner „Ares“ sei an allem schuld.
Das Tier ist zwar tatsächlich bei Besuchen in dem Renaissancegemäuer „entgegen seines sonstigen Verhaltens“ sehr unruhig geworden – eine entsprechende Bemerkung Eichmanns über negative Kräfte an dem Ort sei jedoch „mit Augenzwinkern“ gemeint gewesen.
Offenbar hat der Lokalpolitiker keine Erfahrung mit Esoterikern und deren sprichwörtlicher Humorlosigkeit beziehungsweise Wortwörtlichnahme von Metaphern und Umdeutung physikalischer Begriffe.
Denn besagte Feng-Shui-Beraterin wird „wie selbstverständlich von den energetischen Schwingungen alter Gemäuer, Burgen und Schlösser angezogen“, berichtet die Augsburger Allgemeine.
Und da die Dame „aus dem Raum München“ solche Sätze ohne jede ironische Brechung von sich gibt und daher wohl eher als Eso-Hybrid aus Geomantin, Hellseherin und Quantenmystikerin anzusehen ist, ergießt sich süffisanter Spott über Friedberg in Bayern:
Mit Feng Shui gegen den Spuk im Schloss“,
titelt die Abendzeitung.
Im BR heißt es:
Für deutlich weniger Honorar hätte man auch Priester, professionelle Geisterjäger oder als letztes Mittel RTL-Wohnexpertin Tine Wittler bestellen können.“
Und wie immer in solchen Fällen machen nachgeschobene Rechtfertigungen die Sache nicht besser – im Gegenteil.
Bürgermeister Eichmann will „persönlich wenig mit Feng Shui zu tun“ haben, verweist aber auf das Kreiskrankenhaus Aichach-Friedberg, das vor ein paar Jahren ebenfalls eine Feng Shui-Beraterin engagiert habe.
Das mag schon sein.
Aber esoterischer Blödsinn bleibt auch dann esoterischer Blödsinn, wenn er scheinbar salonfähig geworden ist.
Ein aktueller Artikel im Handelsblatt bringt das auf den Punkt:
Immer mehr Unternehmen richten ihre Büroräume nach den Regeln des Feng Shui ein. Sie geben viel Geld aus für etwas, dessen Wirkung nicht belegbar ist.“
Ein gutes Image und effektive Werbung sei der Hauptgrund für die Popularität des „Feng Shui“ in Deutschland.
Weder habe die fernöstliche Lehre seriöse wissenschaftliche Grundlagen aufzuweisen, noch gebe es Statistiken über die Wirksamkeit. Im Grunde gehe es bei der Beratung vor allem um ansprechende Gestaltung der Umgebung:
Aber das bekommt man auch ohne Feng Shui. Innenarchitekten und moderne Personalpsychologen könnten exakt dieselben Effekte erzielen.“
Darüber hinaus weist die Handelsblatt-Autorin auf einen wichtigen Punkt hin: Feng-Shui-Berater „spielen Schicksal“, und das nur notdürftig pseudowissenschaftlich kaschiert.
Von Welt-Online zu der Causa Friedberg befragt, behauptet eine Feng-Shui-Beraterin allen Ernstes, Feng Shui sei nichts anderes als …
… die Lehre der mathematischen und physikalischen Kräfte der Welt.“
Nun werden mathematische und physikalische Phänomene üblicherweise von Mathematikern und Physikern behandelt. Nicht aber von Esoterikern, die bestenfalls eine Cargo-Kult-Wissenschaft praktizieren.
Eine Ausbildung zum „diplomierten Feng-Shui-Berater“ gibt es im Wochenendkurs ab 170 Euro. Ein Studium der Mathematik, Physik, Architektur oder Psychologie ist deutlich kostenintensiver und dauert wesentlich länger.
Zudem sondern Mathematiker und Physiker keine Kluge-Hausfrau-Sprüche à la
Das Umwandeln von Schwächen in Stärken führt dazu, dass Ihre Probleme gelöst und Ihre gewünschten Ziele erreicht werden“,
Zum Weiterlesen:
- Feng Shui für Unternehmen: Besser arbeiten mit dem fließenden Qi? Handelsblatt am 27. März 2015
- Irrer Feng-Shui-Streit in bayrischer Kleinstadt, Welt-Online am 6. April 2015
- Feng Shui im Schloss: Bürgermeister will nicht in Esoterik-Ecke gerückt werden, Augsburger Allgemeine am 5. April 2015
- Feng-Shui und ein angeblicher Spuk, br-schwaben am 26. März 2015
- Negative Kräfte: Bürgermeister setzt im Schloss Feng-Shui-Beraterin ein, Augsburger Allgemeine am 26. März 2015
- Provinzposse in Friedberg, Süddeutsche am 30. März 2015
- GWUP-Infos: Feng Shui
- Feng Shui: Binsenweisheiten oder Esoterik-Humbug? AGPF
- Feng-Shui bei Psiram
- Mit dem Qi ab durch die Mitte, derStandard am 23. August 2008
- Chinesische Quantum Methode bei Psiram
- Warum Wünschelrutengehen keine Wissenschaft ist, GWUP-Blog am 17. November 2013
7. April 2015 um 19:25
Die Feng-Shui Beraterin sollte doch lieber ihren Eso-„Job“ aufgeben und sich als Schlossgespenst in Friedberg einstellen lassen.
7. April 2015 um 21:27
Aber nein, da käme doch viel weniger Kohle bei rum!
Und außerdem fröre sich Madam bei echter Arbeit – Heulen, Zähneklappern und sonstiges Rumspuken – am Ende noch den bequemen Arsch ab.
7. April 2015 um 23:03
Nichts optimiert das Wohlgefühl eines Provinzpolitikers mehr, als die gelegentliche Präsenz einer attraktiven, jungen Frau wie Figen Barten.
Wenn das kein Beweis für die Funktionalität von Feng Shui ist …
Dem missgünstigen Steuerpöbel sollte die Wellness seines Bürgermeisters läppische 5.000 Euro mehr als Wert sein.
8. April 2015 um 05:44
Da kann sich Roland Eichmann gerne die Hand mit Manuela Knipp Lillich reichen.
Jene Grünenpolitikerin aus Eichstätt hatte zurückliegend ebensolche Bürgermeisterambitionen, schwimmt wie ein munterer Fisch im trüben Esoterikgewässer und hatte die Spötter ebenso auf ihrer Seite.
8. April 2015 um 08:12
Eigentlich total witzig. Irgendwie. Zumindest wenn diese Posse nicht allzu behämmert wäre.
„Man versucht, mich lächerlich zu machen“ zitiert die SZ Ares Herrchen.
Das hat er wohl selbst erledigt, davon mag er aber scheinbar nichts wissen.
Richtig gruselig finde ich allerdings die Statements am Ende des Artikels:
Die Bayerische Architektenkammer sieht das nüchterner. Feng Shui sei beim modernen Bauen durchaus ein Trend, der freilich nichts anderes umsetze als die alten Bauernregeln. „Die sind früher beim Bauen automatisch beachtet worden.“
Auch der Rosenheimer Planer Ingo Stofft sieht in Feng Shui nichts anderes als die Anwendung des gesunden Menschenverstands. In Asien werde fast jedes Großprojekt mit Feng Shui geplant. „Gute Experten kosten aber richtig viel Geld.“ Zitat Ende.
Bauernregeln, gesunder Menschenverstand. So also nennt man blödsinnige Geldverschwendung heutzutage. Leider mangelte es eben an diesem gesunden Menschenverstand, sonst hätte diese Anekdote nie das Licht der Welt erblickt.
Die Architekten und dieser Planer halten das scheinbar für völlig normal. Irgendwie.
Und das ist irgendwie noch eine Stufe schlimmer als Ares mit seinem Herrchen auf der Suche nach seinem Glück.
Nun hoffe ich, Christoph Süss greift das Thema auf.
Dann gibt’s wenigstens was zum schmunzeln und das soll ja gesund sein, sagen zumindest Bauernschläue und der Menschenverstand.
8. April 2015 um 18:28
Wird im Kreiskrankenhaus Aichach-Friedberg nach dem Feng-Shui-Update jetzt weniger gestorben?
Oder stirbt es sich mit harmonisierten Energieschwingungen angenehmer?
8. April 2015 um 19:26
Ach du meine Güte…
Zitat Frau Bartens Website:
Hier hat man munter zwei Eso-Buzz-Words gemischt und daraus eine „Lehre“ gemacht…Hauptsache: chinesisch und Quanten…da kann man wirklich nur noch den Kopf schütteln.
8. April 2015 um 19:36
Hab‘ gerade etwas recherchiert, es heißt richtig: Chinesische Quantum Methode, es handelt sich um einen Schreibfehler auf ihrer Seite, aber „Quantum“ ist bestimmt eine Anspielung auf „Quanten“…
http://klar-er-leben.de/grundlagen.html
Mal sehen, ob diese Frau vielleicht sogar mitliest, wenn der Fehler verbessert wird, dann wissen wir bescheid ;-)
Dies ist auch ein Beweis, wie professionell diese Frau arbeitet :-)
30. Juli 2015 um 21:11
Mit Feng Shui baut man Häuser und mit Kung Fu reißt man sie ab…ist doch logisch… :-)
30. Juli 2015 um 21:15
Zitat Ralf
Wurde verbessert… :-)