Seit etwa anderthalb Jahren geistert durchs Internet die steile These:
Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, sind vernünftiger.“
Da jubelt der Hobby-Konspirologe von Exopolitik bis Uncut-News, und wie üblich bleibt es dem Kopp-Verlag vorbehalten, die Maximal-Übertreibung zu formulieren:
Wissenschaftliche Studie enthüllt: Verschwörungstheoretiker sind die Vernünftigsten von allen.“
Das gefällt natürlich dem Marktführer der „Angstindustrie“ (FAZ) – macht die Behauptung aber nicht richtiger.
Die zugrunde liegende Studie heißt
What about building 7? A social psychological study of online discussion of 9/11 conspiracy theories“
und ist im Sommer 2013 in dem Open-Access-Journal Frontiers in Psychology erschienen.
Die Autoren Michael J. Wood und Karen M. Douglas, Psychologen an der University of Kent, analysierten zehn Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 die Leserkommentare in den Online-Portalen von ABC, CNN, Independent und Daily Mail – insgesamt 2174 Kommentare von 1156 Schreibern. Davon stuften sie 1459 als verschwörungsaffin ein.
Dass Verschwörungstheoretiker „vernünftiger“ seien als die Verfechter der „offiziellen“ Version, findet sich in der Arbeit mit keinem Wort.
Das Resultat war vielmehr, dass „konventionelle“ Kommentare (also von Lesern, die die offizielle Version der Ereignisse unterstützen), aggressiver und „feindseliger“ rüberkommen.
Wobei allerdings auf einer festgelegten „Aggressions“-Skala von 1 bis 5 der Unterschied zwischen Level 1.4 (Verschwörungsgläubige) und Level 2.0 (Verschwörungsablehner) nicht gerade überbedeutsam ist.
Offenbar interpretieren die Claqueure der Studie „hostile“ (feindselig) als Gegenteil von „vernünftig“ und sehen im Umkehrschluss Verschwörungsgläubige als „vernünftiger“ an.
Das ist jedoch semantisch nicht korrekt, steht auch nicht in der Studie und ist zudem nicht im Sinne der Autoren.
Wood/Douglas heben keineswegs zur großen Verteidigung von Verschwörungsgläubigen an, im Gegenteil:
Die Jagd nach Anomalien oder falschen Daten kennzeichnet für die Autoren Michael J. Wood und Karen M. Douglas die Verschwörungstheorie als Weltsicht.
Sie beschreiben sie als eine Art barockes Weltbild oder gar als metaphysisches Unterfangen, was die „Normalen“ zu Gläubigen macht, die schlucken, was ihnen vorgesetzt wird:
„Allgemein ist der Glaube an Verschwörungen nicht durch bestimmte Theorien begründet, wie Ereignisse geschehen sind […], sondern er geht auf Überzeugungen höherer Ordnung zurück, beispielsweise auf das Misstrauen gegenüber Autoritäten, auf den Glauben, dass nichts so ist, wie es erscheint, oder auf die Überzeugung, dass das Meiste, was uns erzählt wird, eine Lüge ist.“
Für die Verschwörungstheoretiker gebe es zwei Welten, eine reale, aber meist nicht erkannte, und eine Illusion, die die Wahrheit verdeckt.“
Verschwörungstheoretiker sind mithin nicht nur kein Stück „vernünftiger“ als Verschwörungsablehner – sie sind auch keine „Wahrheitssucher“, zu denen sie sich gerne selbst stilisieren.
Zu diesem Ergebnis kommt auch die aktuelle Arbeit
Political Extremism Predicts Belief in Conspiracy Theories“
im Fachjournal Social Psychological and Personality Science.
Die Psychologen Jan-Willem van Prooijen (Universität Amsterdam) und André P. M. Krouwel (Netherlands Institute for the Study of Crime and Law Enforcement) charakterisieren darin Konspirologen als Starrköpfe, die an einem strikten Glaubenssystem festhielten, welches ihnen einfache Antworten auf komplexe Fragen und Zusammenhänge liefere – vergleichbar mit extremen politischen Ideologien.
Ein Musterbeispiel für diese Haltung lieferte unlängst Ken Jebsen ab.
In weniger als drei Stunden nach den Terrormorden in der Redaktion von „Charlie Hebdo“ am 7. Januar gegen 11.30 Uhr kam der Internet-Journalist und Verschwörungstheoretiker mit einem Facebook-Posting heraus, in dem es nur so wispert und geheimnist:
Was auffällt ist, dass auch dieses Verbrechen schon geklärt zu sein scheint, bevor die Ermittler eine SoKo zusammenstellen konnten. Es müssen Moslems gewesen sein. Genau wie am 11. September 2001.
New York wie Paris wurden nach eigenen Angaben völlig überrascht, und dennoch ist in beiden Fällen immer schon Minuten nach den Anschlägen glasklar, in welchem Milieu die Täter zu finden sein müssen.“
Hmmm.
Was auffällt, ist, dass für Jebsen schon unmittelbar nach dem Anschlag zweifelsfrei feststeht, dass die „offizielle Version“ nicht stimmt – ohne reflektierend innezuhalten, ohne erst mal selbst zu recherchieren, nur aufgrund von ein paar Web-Links, mit denen er um sich wirft wie ein Faschingsnarr mit Konfetti.
Die großen Medien mögen „zur Nichtratlosigkeit verdammt“ sein,
… sie müssen alles sofort erklären“,
wie der Spiegel-Online-Kolumnist Sascha Lobo selbstkritisch anmerkt.
Wieso aber Verschwörungstheoretiker als selbst ernannte „Aufdecker“ und angeblich akribisches Pendant zur „Lügenpresse“?
Das Online-Magazin vice brachte es am 8. Januar auf den Punkt:
Es gilt nun, die offiziellen Ermittlungen abzuwarten (und dies dann, wenn nötig, auch kritisch begleiten), aber auf ein Attentat mit den immergleichen verschwörungstheoretischen und teils antisemitischen Reflexen zu reagieren, entlarvt höchstens den Wahn der virtuellen Pseudo-Enthüller.
Wenn wir von irgendetwas mehr als genug haben, dann sind es Fantasien von Gewalt, Macht und dunkler Unterdrückung. Da ist jedes ewig gleiche Mossad-Antisemitismus-Amerika-New-World-Order-Gesülze ein Stück verschwendeter Internet-Speicher zu viel.“
Aber halt – werden solche Begriffe wie „verschwörungstheoretisch“ nicht vielleicht einfach als …
… Totschlagargument gebraucht, um Andersdenkende pauschal zu diskreditieren“,
wie Angstindustrie-Chef Jochen Kopp von der FAZ zitiert wird?
Nun ja, das würde voraussetzen, dass Verschwörungstheoretiker „denken“.
Tun sie aber nicht.
Verschwörungstheoretiker „glauben“ und „fühlen“, dass sie recht haben, sie jonglieren mit Assoziation und Suggestion statt mit Logik und Empirie und haben gelernt, jeden Widerspruch als Bestätigung zu deuten.
Genau dies geht ebenfalls aus der eingangs genannten Studie von Michael J. Wood und Karen M. Douglas hervor.
Sie stellten fest, dass Konspirologen eher den allgemein akzeptierten offiziellen Hintergrund eines Ereignisses anzweifeln, als dass sie die eigene Verschwörungstheorie argumentativ verteidigen oder untermauern können.
Im Grunde gilt für Verschwörungsgläubige das, was SPON-Kolumnistin Sibylle Berg über die „German Angst“ schreibt:
Die Welt ist in einer Entwicklung, deren Ausgang unseren Verstand überfordert. Und die keiner mehr stoppen kann. Die einen werden extrem religiös, um den Irrsinn zu überstehen, die anderen wütend oder verzagt […]
Was nützt […] die Aufzählung der objektiven Fakten […], wenn sie so nicht empfunden wird? Wenn das Gefühl auf Alarm geschaltet ist, die Synapsen Todesangst vermitteln?
Es ist vermutlich egal, gegen was da demonstriert und geschrien wird, gegen Ausländer oder Gebäude, gegen Chemtrails oder Grundwasserverseuchung – es ist doch nur ein Schrei nach Sicherheit.“
Aber halt – dient die Etikettierung als „Verschwörungstheoretiker“ nicht vielleicht einfach nur dazu, Arme und Ausgegrenzte ohne politische Teilhabe mundtot zu machen, wie die Autorin Harriet A. Washington in der New York Times warnt?
Anfang Januar 2015 lud die einflussreiche Tageszeitung zu der Debatte „Are Conspiracy Theories All Bad?“ ein.
Die Teilnehmer Tim Melley (Literaturwissenschaftler), Annie Jacobsen (Schriftstellerin), Cass R. Sunstein (Rechtswissenschaftler), David Baldacci (Schriftsteller) und Karen Douglas (Psychologin) skizzierten verschiedene Aspekte des Themas und wiesen vor allem auf den narrativen Gehalt von Verschwörungstheorien hin, die etwas schwer Einzuordnendes erklär- und erzählbar machen und dabei die Stilmittel der Spannungsliteratur nutzen, etwa ein eindeutiges Gut-Böse-Schema und ein diffuses Bedrohungsszenario.
So gesehen, sind Verschwörungsmythen ein neues Subgenre der phantastischen Literatur: als Sachtexte verkleidete Schauerromane, die dem fröstelnden Leser erzählen, wie die Welt in Wahrheit sei – einfach schrecklich, schrecklich einfach.
Harriet A. Washington dagegen nimmt die Tuskegee-Syphilis-Studie zum Anlass, um auf „echte“ Verschwörungen hinzuweisen und sich zugleich dagegen zu verwahren, Verdachtsmomente als „Verschwörungstheorie“ abzutun.
Das klingt zunächst einmal zustimmungsfähig.
Auf den zweiten Blick wird allerdings offenbar, dass Washington demselben Wahrnehmungsfehler unterliegt wie die zahllosen Verschwörungsfreaks, die sich im Internet über „wahre Verschwörungstheorien“ verbreiten – und dabei nichts anderes als Regierungslügen, Vertuschungen, verdeckte Operationen, geheimdienstliche Destabilisierungsaktionen, Staatsstreiche und andere Strippenziehereien aufzählen, die allesamt kaum als „Verschwörung“ bezeichnet werden können.
Auch die Tuskegee-Syphilis-Studie verdient fraglos das Label „Medizin-Skandal“, „Menschenversuch“ oder „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Nur eine „Verschwörung“ war das Ganze nicht – ja nicht einmal geheim, denn die Initiatoren veröffentlichten sogar mehrfach Artikel darüber in wissenschaftlichen Zeitschriften, wie der Neurowissenschaftler Thomas Grüter hier erklärt.
Bis zum Beweis des Gegenteils bleibt Tatsache: Es gibt keine einzige ausformulierte, breit kursierende Verschwörungstheorie, die sich nach einer gewissen Zeit als wahr erwiesen hätte.
Und nicht bloß damit liegt Harriet A. Washington in ihrem Aufsatz „The Powerless Wield No Legitimacy“ falsch:
But the poor and marginalized […] are dismissed, unheard and shrugged off as conspiracy theorists“,
meint die Medizinautorin am Ende.
So?
Erstens sind es üblicherweise die Verschwörungstheoretiker, die andere ausgrenzen – und nicht umgekehrt.
Denn sie suchen und finden überall Sündenböcke, konstruieren Feindbilder und stempeln diese als „Verschwörer“ ab.
Seien es Juden, Hexen, Freimaurer, Satanisten, aber auch „Journalisten, Akademiker und Politiker“, wie Timothy Melley in seinem New York Times-Diskussionsbeitrag „A Symptom of Mass Cultural Anxiety“ schreibt.
Zweitens sind es mitnichten „die Armen“, die Verschwörungsmythen in die Welt hinaus posten oder daran glauben.
Sondern „geschäftstüchtige Enthüller“, die sich auf dem „Wachstumsmarkt […] der alles erklärenden Weltformel tummeln“.
Nach der Süddeutschen Zeitung nimmt aktuell die FAZ das „Geschäft mit Verschwörungstheorien“ unter die Lupe.
Der Kopp-Verlag zum Beispiel versende zwischen 10.000 und 25.000 Bücher pro Tag, das Wachstum sei „konstant positiv im zweistelligen Prozentbereich“.
Dieser „Angstindustrie“, die …
… unbestreitbare Fakten mit Halbwahrheiten und offenkundigem Unsinn zu monströsen Szenarien“
verrührt, (Süddeutsche), geht es schlicht um Geldmacherei.
Und auch auf Seiten der Rezipienten sitzen keine „Armen“, sondern Menschen, denen es …
… im Großen und Ganzen gut geht.“
Zumindest kann man das den Studien zur Pegida-Bewegung entnehmen, bei der „vieles nach Verschwörungstheorie klingt“.
Demnach marschieren in Dresden und anderswo vorwiegend „Besorgte, Beleidigte, Zurückgesetzte“ – kurzum „Der Mob aus der Mittelschicht“, wie es die taz formuliert:
Männlich, Ende 40, gutverdienend.“
Im österreichischen Standard erklärt der Psychologe Michael Wood, der Koautor der eingangs genannten 9/11-Kommentare-Studie:
Jemand ist eher versucht, an Verschwörungstheorien festzuhalten, wenn er das Gefühlt hat, keine Kontrolle mehr über sein Leben zu haben.
Keine Kontrolle zu haben bedeutet in diesem Zusammenhang, dass jemand das Gefühl hat, Dinge würden willkürlich geschehen, und er sich als Opfer dieser Vorgänge fühlt.
Als Ausweg macht man sich auf die Suche nach einer Struktur, einer Erklärung, warum Dinge passieren.“
Sich als Opfer zu fühlen, ist indes etwas völlig anderes, als „arm und ausgegrenzt“ zu sein, wie Harriet A. Washington behauptet.
Und ausgerechnet Woods Fachbereichskollegin und Mit-Autorin Karen M. Douglas, der Verschwörungsfans fälschlicherweise unterstellen, von ihr als „vernünftig“ geadelt worden zu sein, macht in der New York-Times-Debatte auf die negativen Auswirkungen von Verschwörungstheorien aufmerksam.
Denn in einer weiteren Studie (erschienen im British Journal of Psychology) hat Douglas festgestellt, dass der Glaube an Verschwörungsmythen notwendiges soziales Engagement unterminiert, was zum Beispiel die Impfbereitschaft oder die Reduzierung der persönlichen CO2-Bilanz angeht.
Konspirationsideen zu Reptilienmenschen oder Elvis Presley mögen spaßig, unterhaltsam und harmlos sein.
Verschwörungstheorien über inszenierte Amokläufe, die angeblich der Regierung einen Vorwand liefern sollen, um eine Waffenkontrolle durchzusetzen, sind es ebensowenig wie die 9/11-Phantastereien, die gefährlich sind, weil sie extrem polarisieren und die Weltsichten in westlichen und islamischen Ländern auseinandertreiben.
Und zu guter Letzt:
Auch mit der angeblichen Zurückhaltung von Verschwörungsfans in Kommentarspalten ist es in Wahrheit nicht weit her – die 1459 Kommentare in der Wood/Douglas-Studie sind dafür jedenfalls „nicht sehr repräsentativ“, merkt (vermutlich aus leidvoller Erfahrung) das Online-Magazin Telepolis an.
Dem können wir nur beipflichten.
Diskussionen zu diesem Thema verlaufen immer sehr radikal“,
sagt beispielsweise der Meteorologe und ORF-Wetterchef Marcus Wadsak über „Chemtrail“-Anhänger:
Erklärungen werden nicht akzeptiert. Die Verfechter der Verschwörungstheorie treten immer wild und aggressiv auf. Debatten sind unmöglich und sinnlos.“
Stimmt auffallend.
Zum Weiterlesen:
- „What about building 7?“ A social psychological study of online discussion of 9/11 conspiracy theories, Front Psychol. 2013; 4: 409
- Verschwörungstheoretiker sind skeptisch gegenüber Autoritäten, Telepolis am 31. Dezember 2014
- Who Falls for Conspiracy Theories? Pacific Standard am 14. Januar 2015
- Political Extremism Predicts Belief in Conspiracy Theories, Social Psychological and Personality Science am 12. Januar 2015
- „Inszenierter Terror“: Die Geistesblitze des Ken Jebsen, GWUP-Blog am 11. Januar 2015
- Die Medien und die große Ratlosigkeit, SPON am 14. Januar 2015
- Propagandaschlacht im Internet: Unsere tägliche Desinformation, FAZ am 12. Januar 2015
- Digitale Verschwörungsfreunde erklären Charlie Hebdo-Attentat zu False-Flag-Fake, vice am 8. Januar 2015
- Geschäft mit Verschwörungstheorien: Die Angstindustrie, FAZ am 17. Januar 2015
- Why are we so eager to embrace conspiracy theories? New Scientist am 22. Dezember 2014
- Pegida und die German Angst: Auf Alarm geschaltet, SPON am 17. Januar 2015
- The Powerless Wield No Legitimacy, New York Times am 4. Januar 2015
- Are Conspiracy Theories All Bad? New York Times am 4. Januar 2015
- A Symptom of Mass Cultural Anxiety, New York Times am 4. Januar 2015
- Conspiratorial Stories Have a Rich Tradition in Story Telling, New York Times am 4. Januar 2015
- Conspiracy Theorists Have Suspicious, and Sometimes Paranoid Natures, New York Times am 4. Januar 2015
- Is It Nonfiction Disguised as a Novel? New York Times am 4. Januar 2015
- The Negative Social Impact of Conspiracy Theories, New York Times am 4. Januar 2015
- Tuskegee-Studie und AIDS-Verschwörung, Gedankenwerkstatt am 31. Juli 2012
- The social consequences of conspiracism: Exposure to conspiracy theories decreases intentions to engage in politics and to reduce one’s carbon footprint, British Journal of Psychology Volume 105, Issue 1, pages 35–56, February 2014
- Verschwörung der Woche: Die BRD-Show, Zeit-Online am 13. November 2014
- Verschwörung der Woche: Alles Böse kommt von oben, Zeit-Online am 20.November 2014
- Verschwörung der Woche: Ist der IS eine Machenschaft von CIA und Mossad? Zeit-Online am 6. November 2014
- Verschwörung der Woche: War 9/11 ein Komplott der CIA? Zeit-Online am 30. Oktober 2014
- Verschwörung der Woche: Der Kranich war’s, Zeit-Online am 27. November 2014
- Verschwörung der Woche: Heute Gay, morgen King, Zeit-Online am 4. Dezember 2014
- Verschwörung der Woche: Bin am Leben, Zeit-Online am 17. Dezember 2014
- 11. September: Warum stürzte WTC 7 ein? GWUP-Blog am 1. September 2011
- Geistiger Amoklauf der “Truther”, Chemtrails und das Ende von HAARP, GWUP-Blog am 17. Mai 2014
- “Systemmedien“ und Skeptiker: Strengt Euch mal mehr an, Ihr Kommentar-Trolle! GWUP-Blog am 10. Januar 2015
- Kopp > Tisch: Wie ein Verlag die Ängste schürt, mimikama am 11. Februar 2015
19. Januar 2015 um 06:41
Ein Hinweis: Michael Wood, einer der Autoren der „Verschwörungsstudie“, hat in einem späteren Kommentar eindringlich vor Fehlinterpretationen gewarnt, siehe (etwas scrollen) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23847577
19. Januar 2015 um 08:28
Ramen, Exopolitik ist !!eXtrEm!! vernünftig:
https://fsmosophica.wordpress.com/2014/12/20/exopolitik-der-wasser-kraftstoff
https://fsmosophica.wordpress.com/2015/01/17/kurznotiz-sie-lost-gerne-sudokus-und-deswegen-glaubt-sie-auch-an-perpetua-mobila
19. Januar 2015 um 08:48
Schon eine geradezu paradoxe Vorstellung, dass VTler vernünftiger seien….
Was ich aber bedenklich finde, ist, dass quasi Vorstufen zu dieser Wirklichkeitsverzerrung weitverbreitet sind:
Das ist nicht nur der Glaube an Homöopathie und andere nicht in ihrer Wirkung bestätigten „Heilmitteln“, der sich nicht erschüttern lässt und der ja auch Gegenbild eines als verunsichernd erlebten Medizinsystem – verbunden mit unrealitischen Vorstellungen, wie Medizin funktionieren sollte – kreiert wurde.
Es gibt eine starke Tendenz zu Vereinfachung ( obwohl noch nie so viel Wissen so leicht zugänglich ist), zu bilden von holzschnittartigen Feindbildern, Schwarz-Weißdenken, Vertauschen von Fakten und Meinungen usw.
19. Januar 2015 um 09:05
Sehr interessant, vielen Dank für die Zusammenstellung!
Eben bin ich übrigens über die „interessante“ „Information“ gestolpert, dass es Atombomben nie gegeben habe und nicht geben könne, weil sie physikalisch unmöglich seien! Hiroshima und Nagasaki seien vielmehr mit 180.000 Napalmbomben vernichtet vorden.n Alle Filmdokumente über Atomexplosionen seien Fakes bzw. manipulierte Aufnahmen von Explosionen konventioneller Sprengstoffe.
Das ist unter der Überschrift Atombomben gibt es nicht!!!…und hat es nie gegeben!!! auf gandhi-auftrag.de erschienen und heute von den Aufgewachten auf wissennichtglauben [sic!] in die WordPress-Blogosphäre geholt worden.
19. Januar 2015 um 09:29
Verschwörungstheoretiker haben alle einen an der Klatsche!
Früher erkannte ich sie nicht, heute in der Regel sofort.
In meinem Viertel wohnt ein solcher. Passiert irgendwas Bedeutendes auf der Welt und wird dies in den Medien verbreitet, verteilt er Flugblätter mit allen möglichen Theorien. Das was in den Medien zu vernehmen ist – alles erlogen und verdreht.
Grundsätzlich ist eine kritische Haltung sicher nicht von Nachteil. Aber mit der Einstellung „Die Medien lügen immer“ zeigt man seine Unfähigkeit, das Ganze vernünftig zu hinterfragen.
Genauso hört man von solchen Leuten auch „Die böse Industrie“ oder „Die bösen Reichen“. Wie ich inzwischen feststellte, sind sehr viele Verschwörungstheoretiker arbeitslos und erhalten staatliche Unterstützung. Nicht, weil sie mal für eine kurze Zeit in Schwierigkeiten sind. Nein, weil sie aus Überzeugung alles „gemeinschaftliche“ ablehnen.
Seltsam, diese Typen sind oft gegen den Staat und alles, was Gesetz und Ordnung angeht. Dann sollten sie aus meiner Sicht auch so konsequent sein, den Staat, den sie nicht selten verhöhnen, nicht auf der Tasche zu liegen!
19. Januar 2015 um 15:13
„‚Angstindustrie‘ (FAZ)“
Die FAZ ist da eher in der Sedierungs- und Euphemismusindustrie. Bei ihr gibt es keine Massenentlassungen, sondern Freisetzung von Humankapital, welche dafür sorgt, dass Aktienkurse sich konsolidieren.
Das Problem ist ja, dass die ganze Welt voller realer ‚Verschwörungen‘ ist, die so gar nichts mit Aliens oder Protokollen von Weisen zu tun haben, sondern ganz ordinär mit Seilschaften und Politik. Ganz ohne verrauchtes Hinterzimmer, sondern als kapitalistischer Normalvollzug und Alltagsgeschäft von Geheimdiensten und ihren Regierungen.
Beides frustrierend: die Leute, die sich von der eigenen Ohnmacht irre machen lassen und jene, deren Ohnmacht zur Identifikation mit dem wahnsinnigen Normalvollzug führt.
Dass Problem ist nicht, dass Aluhutträger alles ‚Gemeinschaftliche‘ ablehnen, sondern dass sie sich zumeist eine Gemeinschaft ohne lästige Vermittlung wünschen – wie man ja auf den ‚Friedensmahnwachen‘ ausreichend gehört hat: ‚Die da oben‘ sollen weg, an ihrer Stelle ungefilteter Volkswille treten. Gruselig.
Aber: Dass der Staat seinen Bürgern ein paar Brosamen hinwirft, damit sie sich als potentielle Arbeitskraftcontainer reproduzieren können, ist wohl kaum ‚Gemeinschaft‘ zu nennen. Auch der autoritäre Reflex, Leuten, die nicht nützlich erscheinen, sondern angelbich „auf der Tasche liegen“, aus der Gemeinschaft ausschließen zu wollen, ist nicht sonderlich ‚gemeinschaftlich‘.
Als ob die Summe der Verschwörungstheoretiker, die Hartz beziehen müssen, irgendwelche Auswirkungen auf irgendwas hätten. Dieses Lamento ist verdächtig nah an jenem der Verschwörungstheoretiker, die behaupten, „die da oben“ lägen einem nur auf der Tasche mit ihren Diäten.
19. Januar 2015 um 15:17
@Abe:
<< Das Problem ist ja, dass die ganze Welt voller realer 'Verschwörungen' ist, die so gar nichts mit Aliens oder Protokollen von Weisen zu tun haben, sondern ganz ordinär mit Seilschaften und Politik. << https://blog.gwup.net/2009/11/14/die-weltverschworung-der-super-klasse/
19. Januar 2015 um 15:31
Danke für den Hinweis. Dem Blog-Artikel nach zu urteilen, scheint mir das Buch selbst eine ‚offene Flanke‘ zur Verschwörungstheorie zu haben, wenn es tatsächlich behauptet, eine „Super-Klasse“ würde „Spielregeln selbt bestimmen“ und ihr Merkmal sei „hemmungs- und gedankenloser Egoismus”.
Das ist sehr anschlussfähig zur Zuspitzung von Elsässer, Jebsen & Co., die das eben nur ein wenig enger fassen wollen.
Jener Egoismus ist ja nicht nur der ‚Super-Klasse‘ eigen, sondern allen, die gezwungen sind, sich kapitalistisch zu reproduzieren – also ungefähr jeder Mensch. Dass auf eine ‚Super-Klasse‘ konzentrieren zu wollen, funktioniert nach genau dem Muster, dass die o.g. Verschwörungstheoretiker in Anschlag bringen:
Brave, werteschaffende Produktion vs. enthemmte, gierige, egoistische Zirkulation. Dass die beiden sich notwendig bedingen, wird von Jebsen bis zur FAZ interessiert ausgespart.
Das dieses als seriös wahrgenommene Buch zu diesen Schlüssen kommt, sagt also mehr über die Verbreitung solcher verschwörungstheoretischen Gedankenmuster aus als diese sozialpsychologischen Studien, die diskrete Merkmale und Persönlichkeitseigenschaften aus einem idealen Verschwörungstheoretiker destillieren wollen.
Der Zusammenhang und Übergang ist viel fließender, wie man ja leider auch dem Kommentar über meinem ersten entnehmen kann.
19. Januar 2015 um 15:43
Warum kein Wort über diejenigen „Verschwörungstheorien“, die jahrzehntelang als solche behandelt und offiziel bestritten wurden – die jedoch letztendlich wahr sind? Veröffentlichte CIA-Akten haben ja in den vergangenen Jahren vieles bestätigt, das vorher keiner glauben wollte – nicht UFOs in Area61, aber dass Bin Laden von den USA unterstützt worden ist, bevor er Terrorist wurde; die False Flag-Operation, mit welcher der Krieg gegen Vietnam gestartet wurde; die verdeckten CIA-Operationen zur politischen Einflussnahme in vielen ölfördernden Staaten weltweit, die immer wieder korrupte und konservative Regimes an die Macht gebracht und für Kriege gesorgt haben. Usw.
Ich finde, deshalb sollte man selbst bei absurd erscheinenden Behauptungen, etwas sei ganz anders als offiziell dargestellt, nicht vorschnell mit dem Stempel „Verschwörungstheorie“ kommen, sondern die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass es so sein könnte. Und dabei den Verstand gebrauchen.
Letztendlich ist es doch so: Alles Zweifelhafte muss angezweifelt werden.
19. Januar 2015 um 15:48
@Greg:
<< Warum kein Wort über diejenigen „Verschwörungstheorien“, die jahrzehntelang als solche behandelt und offiziel bestritten wurden. << Davon handelt ein ganzer Absatz in dem Artikel. << dass Bin Laden von den USA unterstützt worden ist, bevor er Terrorist wurde << Was hat die militärische Unterstützung des Feindes meines Feindes mit einer "Verschwörung" zu tun? << die False Flag-Operation, mit welcher der Krieg gegen Vietnam gestartet wurde; << Das ist eine False-Flag-Operation, keine "Verschwörung". << die verdeckten CIA-Operationen zur politischen Einflussnahme in vielen ölfördernden Staaten weltweit << Das sind verdeckte Operationen, keine "Verschwörung". Nicht jede Lüge, Täuschung, Vertuschung, Einflussnahme, Geheimhaltung ist eine "Verschwörung" und die Kritik daran eine "Verschwörungstheorie". << Alles Zweifelhafte muss angezweifelt werden. << Völlig richtig. "Gesunde" Skepsis und Zweifel sind aber weit entfernt von den paranoiden Phantasieprodukten vieler Verschwörungstheoretiker. << Ich finde, deshalb sollte man selbst bei absurd erscheinenden Behauptungen, etwas sei ganz anders als offiziell dargestellt, nicht vorschnell mit dem Stempel „Verschwörungstheorie“ kommen, sondern die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass es so sein könnte. << Richtig, genau das tun z.B. investigative Journalisten - aber keine Verschwörungstheoretiker. Die "Watergate"-Aufdeckung z.B. begann eben NICHT mit der A-priori-Verschwörungstheorie "Der Präsident dieses Landes ist ein Gauner und hat den Einbruch beim politischen Gegner selbst angeordnet!" Sondern es begann mit einem Zweifel, mit einer offenen Frage, und dann wurde vernünftig und ergebnisoffen und monatelang recherchiert und nach und nach aufgedeckt. Verschwörungstheoretiker dagegen kommen erst mal ad hoc mit einer festen Überzeugung an und konstruieren dann rückwärts die angeblichen "Beweise" dafür.
19. Januar 2015 um 17:36
Auch wenn mich die übliche Rhetorik von „Aber die CIA…“ etwas nervt, ist doch zuzustimmen, dass diese allzu Enge Fassung des Begriffs Verschwörung. Warum sollte False-Flag als geheimdienstliche Militärstrategie keine ‚Verschwörung‘ sein? Das klingt so, als sei Verschwörung per Definition etwas extra-staatliches – das wäre mir zu rechtspositivistisch (Verschwörung ist, was der Staat sagt). Gerade der Freedom-Of-Information-Act hat da doch einiges aufgedeckt ( http://de.wikipedia.org/wiki/Freedom_of_Information_Act ), was man de facto als Verschwörung bezeichnen kann, ohne dass einem der Aluhut wegweht, wenn man sich zu weit aus dem Fenster weht.
„Bis zum Beweis des Gegenteils bleibt Tatsache: Es gibt keine einzige ausformulierte, breit kursierende Verschwörungstheorie, die sich nach einer gewissen Zeit als wahr erwiesen hätte.“
Das ist so, weil man es per Definition so festlegt. Brächte ich nun Gegenbeispiele, würde bei ihnen in Zweifel gezogen werden, dass es schon ebenso, wie es tatsächlich war, ‚ausformuliert‘ gewesen sei oder ‚breit kursierte‘. Diese hier ist z.B. – im Verhältnis zu den damaligen Möglichkeit3en ‚breit kursierender Kommunikation‘ aufgedeckt worden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Burr#Die_.E2.80.9EBurr-Verschw.C3.B6rung.E2.80.9C
19. Januar 2015 um 17:41
Was durch Copy&Paste aus meinem Kommentar verschwunden ist:
Was bei vielen mafiösen Vereinigungen vor sich ging, war lange vor deren Aufdeckung oder Zerschlagung ausformuliert und kursierte breit.
Weltbekannt z.B. das Vorgehen und die Organisation Al Capones.
19. Januar 2015 um 21:23
@Abe
“‘Angstindustrie’ (FAZ)”
Die FAZ ist da eher in der Sedierungs- und Euphemismusindustrie. Bei ihr gibt es keine Massenentlassungen, sondern Freisetzung von Humankapital, welche dafür sorgt, dass Aktienkurse sich konsolidieren. […]
—
„Das gefällt natürlich dem Marktführer der “Angstindustrie” (FAZ)“ bedeutet nicht, dass die FAZ das wäre, sondern dass es sich um ein Zitat von der FAZ handelt, welche Kopp als selbigen bezeichnete.
19. Januar 2015 um 21:43
Schöner und ausführlicher Artikel, danke!
Ich habe letztens erst einen Artikel mit der hier beschriebenen zweifelhaften Interpretation der Studie um die Ohren gehauen bekommen und habe dann mit kurzem Nach- und Querlesen ein ähnliches, aber vergleichsweise deutlich kürzeres Fazit gezogen.
Das ist auch eine Eigenheit von VTlern: Es wird immer die für sie passendere Interpretation gewählt.
Und wenn es zwei mögliche (aber nicht gleich wahrscheinliche) Erklärungen gibt, scheitern sie jedes mal an Ockhams Rasiermesser.
19. Januar 2015 um 22:05
Papst Franziskus macht die „Pommesgabel“
http://derkatholikunddiewelt.blogspot.de/2015/01/das-merkwurdige-handzeichen-von-papst.html
http://www.berliner-kurier.de/panorama/so-gruesst-wacken–pommesgabel—-metal-fork–oder–teufelsgruss-,7169224,8759964.html
Das ist natürlich wieder ein „gefundenes Fressen“ für die ganz „Frommen“ :-)
19. Januar 2015 um 22:19
@Abe:
<< Weltbekannt z.B. das Vorgehen und die Organisation Al Capones. << Das war eine kriminelle Vereinigung. Was genau war daran eine "Verschwörung"?
19. Januar 2015 um 22:22
@Abe:
<< Diese hier ist z.B. – im Verhältnis zu den damaligen Möglichkeit3en ‘breit kursierender Kommunikation’ aufgedeckt worden: << Das heißt: Es existierte *vorher* eine ausformulierte Verschwörungstheorie darüber, was der Herr Burr mit wem gegen wen im Schilde führt, und das hat er dann genau so getan und das wurde später aufgedeckt und entsprach exakt der bis dahin kursierenden Verschwörungstheorie?
19. Januar 2015 um 22:25
@Abe:
<< Das klingt so, als sei Verschwörung per Definition etwas extra-staatliches << Nein, natürlich gibt und gab es staatliche Verschwörungen - aber bis zur Aufdeckung keine Verschwörungstheorie dazu. Mit einigem Wohlwollen könnte man z.B. Irangate als staatliche Verschwörung bezeichnen (obwohl "Affäre", "Geheimaktion"oder "Skandal" passender wäre) - aber wo ist die vorher ausformulierte Verschwörungstheorie dazu, die von einer nennenswerten Anzahl von Menschen öffentlich vertreten und publiziert wurde?
20. Januar 2015 um 01:31
@Chris: wenn Sie sich nochmal anschauen, wie ich das zitiert habe, werden Sie merken, daß ich das schon nachvollzogen habe, wer hier wen was nennt. Ich wollte damit nur ausdrücken, daß der Kopp-Verlag eine Angstindustrie sein mag, die FAZ aber ein nicht minder schlimmes Komplement. Kopp ist im Angstbusiness, FAZ im Beschwichtigungs- und Appeasementbusiness.
@Bernd Harder: Das mit dem *vorher* leuchtet mir nur bedingt ein. Viele Aluhutträger fingen ja auch an, Widersprüchliches und Umaufgeklärtes mehr oder weniger ‚investigativ‘ zu einer Verschwörungstheorie aufzublasen. D.h. Das ist kein Dustinktionsmerkmal.
Und zum Begriff der Verschwörung: ich verstehe nicht, was Sie darunter fassen. Ich verstehe darunter eine Organisation, de ihre Ziele oder Methoden geheim halten will, weil sie unmoralisch oder ungesetzlich sind. Mehr erstmal nicht. Gerade nachgesehen: Wikipedia sieht das noch breiter als ich und führt sogar die Mafia an. Das, worin Sie dem CIA-‚Kritiker‘ in seinen Aufzählungen widersprechen – das sei keine Verschwörung, sondern false flag etc. – ist dochnur ein Unterschied von Ober- und darunter gefassten Begriffen. Gesetzt, die Irren der 9/11-Truther hätten recht, wäre das dann dennoch für Sie keine Verschwörung, weil es dann eine false flag Operation war?
20. Januar 2015 um 09:08
@Abe:
<< Ich verstehe darunter eine Organisation, de ihre Ziele oder Methoden geheim halten will, weil sie unmoralisch oder ungesetzlich sind. << Das wäre für mich "Geheimhaltung", keine Verschwörung. Ich würde meinen, dass zu einer "Verschwörung" gehört, dass sich eine Gruppe von Personen mit einer anderen, davon abweichenden oder zumindest unterscheidbaren Gruppierung/Person gegen Dritte "verschwört", um ein gemeinsames, bestimmtes, klar umrissenes und vor allem zeitlich begrenztes illegales/illegitimes Ziel zu erreichen - also keine Organisation oder "Geheimbund", der/die 50 oder 100 Jahre lang existiert, und das mit wechselnden Personen und Zielen, oder mit nur einem diffusen Ziel, nämlich Geld zu machen oder ähnliches. Also konkret: Zwei Mafiabanden, die sich zusammenschließen - keine "Verschwörung", sondern Zusammenschluss zweier krimineller Vereinigungen zum Zwecke der Machterhaltung, Synergien o.ä. Mafia plus Polizeimitarbeiter, um einen Politiker abzusägen/zu verhindern, weil der die Anti-Mafia-Gesetze verschärfen will - ja. << Ich verstehe darunter eine Organisation, de ihre Ziele oder Methoden geheim halten will, weil sie unmoralisch oder ungesetzlich sind. Mehr erstmal nicht. << Dann wären zwei Bäckereien an einem Ort, die sich absprechen, dass die Brötchen ab morgen einen halben Zentimeter kleiner sind (= kostensparend, unmoralisch, vielleicht sogar ungesetzlich), eine Verschwörung? Ich würde darin lediglich eine geheime Absprache sehen. Ich denke halt, wenn wir das so weit fassen, wie in Ihrer Definition, dann kommen wir schnell dahin, was trixi skizziert hat - dass *alles* eine Verschwörung ist, und dann sind wir schnell bei derselben Paranoia wie Verschwörungsfanatiker, die bei jedem Schritt vor die Haustür überall Verschwörer und Verschwörungen sehen.
20. Januar 2015 um 11:02
@ trixi: Zu Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen hat es auch mal geheißen, die Hörspiele machten Kinder politikverdrossen, wirtschaftsfeindlich, aufmüpfig und vielleicht sogar grün.
Dazu hatte ein besorgter Politologe
gearbeitet.
Gut, das ist keine Verschwörungstheorie, lässt sich aber in die Disney-verdirbt-die-Jugend-Verschwörung hervorragend einbauen: wenn eine wissenschaftliche Arbeit solche Aussagen bringt, macht das bei geschickter Präsentation die Disney-Verschwörung glaubwürdiger, so hanebüchen die auch sein mag.
21. Januar 2015 um 14:13
Ja, ich sehe schon das Problem mit dem Begriff, deswegen auch meine weite Defintion (wenn aber dadurch alles eine Verschwörung würde, hätte das ja nicht Paranoia auf allen Seiten zur Folge, sondern die Überflüssigkeit des Begriffs.
Die Paranoia kommt ja erst durch eine bestimmte Charakterkonstitution zustande, die entsteht nicht aus dem reinen Begriffsspiel – flatus vocis und so) .
Es ist m.E. ein objektives Problem, nicht nur eins der Definition: In seiner Geschichte hat der Begriff ja auch eine Umdeutung erfahren.
Er ist heute eigentlich nur noch negativ zu haben, i.S. der o.g. irrealen Verschwörungstheorie, die es nicht gibt.
Bei ihrer engen Fassung von Verschwörung gibt es nämlich im Resultat per Definition keine Verschwörungen mehr und gab es sie auch nie – der positive Bezug ist eskamotiert.
Wenn Sie sagen, dieses und jenes Phänomen sei keine Verschwörung, bringt das ja wieder das Problem ins Spiel, das ich oben bereits erwähnt habe. Ober- und darunter subsumierte Begriffe (‚Geheimhaltung‘ ist ja selbst kein Begriff, sondern ein Attribut; ein Mittel und Instrument der Verschwörung).
Dann ist die Frage: Wie ist das zu nennen, was die CIA (um mal das unbeliebte Beispiel zu benutzen) jahrzentelang in Südamerika gemacht hat. Zu sagen, dass sei eine ‚Geheimoperation‘, ist zu deskriptiv für solche Sauereien – gleichzeitig droht die Überhöhung zur Verschwörungstheorie, in der die CIA nur noch als Chiffre gedroppt werden muss, und alle wissen sofort augenzwinkernd Bescheid.
Bezüglich der Mafia ein ähnliches Problem: Ich habe sie ja auch nur ins Spiel gebracht, um den rechtspositivistischen Touch aus dem Begriff zu bringen: Verschwörungen seien, was der Staat definiert. Damit fällt das, was Geheimdienst im Namen von Kapital&Staat unter den Tisch.
Über den Rest müssen wir uns, denke ich, nicht unbedingt streiten. Ich würde zwar sagen, dass es nicht ein zeitlich begrenztes Ziel geben muss, aber das ist m.E. nebensächlich für unsere Diskrepanz.
Das wäre dann ein akademischer Streit um die exaktere Definition, die zur Untersuchung operationalisiert werden kann…
21. Januar 2015 um 16:37
@ trixi
Wenn´s nicht so traurig wäre, würde ich über den von Dir verlinkten Artikel lachen.
Das sind schon seltsame Gestalten, diese Verschwörungstheoretiker.
21. Januar 2015 um 16:40
@Abe:
Danke für Ihre Ausführungen.
Kann ich ad hoc nicht lösen, aber eine sinnvolle/tragfähige Definition von „Verschwörung“ wäre ganz sicher notwendig, um mit dem Thema angemessen umzugehen.
21. Januar 2015 um 17:01
Sehr guter Artikel.
Wer nichts weiß, wird vieles von anderen glauben
(oft von Personen, die nur SCHEINBAR mehr wissen).
Deshalb: Immer Augen und Ohren offen halten. Man kann nur dazulernen…
Mein Wissen ist in bestimmten Bereichen enorm gewachsen.
Dafür diesem Blog, insbesondere
Bernd Harder, aber auch allen Kommentatoren (die mit ihren Ansichten oder ihrem Wissen die Diskussionen ins Laufen bringen) vielen Dank.
22. Januar 2015 um 06:04
Ich bin eher bei Greg und Abe. Harders Definition von Verschwörung gab es immer und wird es immer geben.
Ob es vor der Aufdeckung dazu eine Theorie gab ist irrelevant finde ich.
Verschwörung heißt nicht zwangsläufig das die ganze Menschheit angegangen wird. Eine Definition als Grundlage wäre praktisch
Ich finde eher den Geheimnisaspekt wichtiger.
Wenn zb in einer Gruppe alle sagen, niemand möchte den Vorsitzenden absetzen aber hinterum sich heimlich getroffen und abgesprochen wird und zB Dinge an die Presse lanciert wird, dann ist das eine Verschwörung gegen den Vorsitzenden
Hader übertreibt es finde ich von der anderen Seite her
22. Januar 2015 um 08:48
@bernd:
Ob es vor der Aufdeckung dazu eine Theorie gab ist irrelevant finde ich.
Natürlich ist das „irrelevant“ für eine „Verschwörung“ – aber der entscheidende Punkt für eine „Verschwörungstheorie“.
Die Frage war ja, ob es „wahre“ Verschwörungstheorien gibt/gab, also eine Verschwörungstheorie, die kursierte und sich irgendwann als wahr erwiesen hat.
*Das* war unser Ausgangspunkt, darüber sind wir dann zur Definition von „Verschwörung“ gekommen.
Ich habe nirgendwo gefordert, dass zur Definition einer „Verschwörung“ gehört, dass es eine Verschwörungstheorie dazu gibt.
Ich finde eher den Geheimnisaspekt wichtiger.
a) Dann sind „wahre Verschwörungstheorien“ per se nicht möglich, weil eine Verschwörung, zu der eine Verschwörungstheorie kursiert, eben nicht mehr „geheim“ ist.
b) Dann ist also jedes „Geheimnis“ eine Verschwörung? Gut, dann habe ich mich eben mit meinem Chef „verschworen“, weil wir eine „geheime“ Geburtstagsüberraschung für die Sekretärin planen. („Illegal“ ist das Ganze auch, weil während der Arbeitszeit, auch kursiert eine „Verschwörungstheorie“ dazu, weil natürlich Kollegen etwas ahnen.)
„Geheimhaltung“ kann also wohl nicht der alleinige entscheidende Aspekt sein.
Harders Definition von Verschwörung gab es immer und wird es immer geben.
Wir reden am Thema vorbei – es geht nicht darum, ob es „Verschwörungen“ gab und immer geben wird, sondern ob es wahre Verschwörungstheorien gab oder gibt.
4. Februar 2015 um 09:42
An gleicher Stelle, im Ressort „Reise“: So entstehen Verschwörungstheorien:
„Gerade will die Schar beginnen zu murren, weil wir ja jetzt eigentlich einsteigen müssten, da kommt die Durchsage: Sturm auf Teneriffa, wir können nicht landen, also ist es wenig sinnvoll, überhaupt loszufliegen …
Der erste Reflex der Damengruppe: Es kann sich nur um von oberster Stelle verordnete Desinformation handeln, man muss sich also unabhängig informieren und tut das auch sofort mittels Smartphone. „Die saache des nur middm Wedder“, ist man sich kurz darauf einig, „des is nur bissi wolgisch da, die erzähle uns erschendwas.“ Sturm? Pah! Die Damen lassen sich nicht so leicht auf den Arm nehmen! Die durchschauen die Lage vollkommen.
„Da is was midde Maschien“, ist man sich einig, denn der Schwager schafft ja auch beim Flughafen, und der sagt auch immer, die sagen das nur, wegen der Beruhigung, und der Schwager ist selbstverständlich absolut vertrauenswürdig, während diese Schlitzohren von der Fluggesellschaft einen nur auf den Arm nehmen und vermutlich übelste Umstände verschleiern wollen.“
http://www.faz.net/aktuell/reise/warten-am-frankfurter-flughafen-zwischen-lauter-hessen-13394095.html
24. März 2015 um 11:53
Kaum ist vor wenigen Minuten bekannt geworden, dass ein Airbus von Germanwings abstürzte und alle Insassen ums Leben kamen, kommen schon die ersten Verschwörungstheoretiker mit ihren gewagten Theorien.
2. Juni 2015 um 18:51
„…von 1156 Schreibern. Davon stuften sie 1459 als verschwörungsaffin ein.“
.
Nur schlecht ausgedrückt?
2. Juni 2015 um 18:56
@kdm:
Kommt darauf an, was genau Sie meinen?
Vorher steht:
<< insgesamt 2174 Kommentare von 1156 Schreibern. Davon stuften sie 1459 als verschwörungsaffin ein. << Das heißt, die 1459 bezieht sich auf die 2174 Kommentare, nicht auf die 1156 Kommentatoren.