Mit der „Glaubensfrage Homöopathie“ befasst sich heute Spiegel-Online.
Die Autorin Lisa Harmann ist Mutter dreier Kinder und reflektiert in dem Beitrag die starke Affinität vieler Eltern zu dem Pseudo-Heilverfahren – oft sogar wider besseres Wissen.
Der „täuschenden Wirkung“ des Einzelfalls stellt Harmann eine nüchterne Einordnung durch Prof. Edzard Ernst gegenüber.
Dennoch äußerst sie am Ende Zweifel:
Das mag sein. Wie viele Mütter und Väter glaube ich aber trotzdem – ein bisschen – an das, was ich bei meinem Sohn gesehen habe. Apis-Kügelchen habe ich seither für den Notfall immer dabei. Zu meiner Beruhigung.
Schaden kann es ja nicht, das sagen auch die Wissenschaftler.
Als Sarahs Sohn kurze Zeit später auch gestochen wird, krame ich die Kügelchen hervor. Zwar glaubt sie noch immer nicht wirklich an ihre Wirkung. Dennoch gibt sie ihrem Kind eines. Der Stich schwillt nicht an. Noch ein Einzelfall?“
Nun ja.
Erstens kann es sowohl auf persönlicher wie auch gesellschaftlicher Ebene durchaus nicht ungefährlich sein, Unsinn als reale Möglichkeit in Betracht zu ziehen und somit Leichtgläubigkeit zu kultivieren.
Über diesen „Erfahrungsfundamentalismus“ haben wir hier geschrieben.
Und zu dem Thema „Schaden kann es ja nicht“ hatten wir erst gestern im Blog einen Kommentar, ebenfalls von einem Wissenschaftler:
Und wenn Kind nicht schlafen kann, pubst, schnupft oder Hauterkrankungen hat, gibts halt lauter Glaubuli. Nein, keine Krankheiten, sondern „Kinderbeschwerden“ werden laut Prospekt behandelt und unser Kinder damit medikalisiert, was später in einer Suchtproblematik enden kann.“
Zum Weiterlesen:
- Glaubensfrage Homöopathie: Meine Kinder bekommen Kügelchen, Spiegel-Online am 21. März 2014
- Homöopathie bei Kindern und Tieren, GWUP-Blog am 5. März 2010
- Homöopathische Märchen, GWUP-Blog am 21. September 2013
- An alle “Homöopathie-Gläubigen”, Nachdenken … bitte am 23. November 2012
- Homöopathie und Co.: “Bei mir wirkt es aber …”, GWUP-Blog am 18. Februar 2012
- CDU-Politikerin sieht „Regelungsbedarf“ bei der Homöopathie, GWUP-Blog am 19. März 2014
- Erfahrungsfundamentalismus in der Homöopathie, GWUP-Blog am 29. November 2012
21. März 2014 um 17:29
Na ja, ganz nett.
Was ich mich halt frage: da wird ein Kind von einem Insekt gestochen. Die Mutter sucht daraufhin eine Apotheke auf, lässt sich beraten, fährt wahrscheinlich wieder nach Hause, gibt ihrem Kind ein paar Globuli, die ja auch nicht SOFORT wirken, und dann schwillt nichts an.
Der ganze Vorgang dauert so lange, wenn bis dahin nichts angeschwollen ist, dann wird´s halt nicht dick.
Wenn ich von Wespen o.ä. gestochen werde, geht das innerhalb von Minuten.
Wahrscheinlich wär halt auch völlig ohne Eingreifen nix passiert.
Grüße
21. März 2014 um 17:55
Ich will nicht lang und breit alle (völlig richtigen) Argumente gegen den Voodoo-Glauben „Homöopathie“ anführen. Sondern schlicht die „Erfahrung“ (Anekdote) »Der Stich schwillt nicht an. Noch ein Einzelfall?« mit einer Anekdote „von der anderen Seite“ kontern:
Mein Enkel ist 16 Monate. Er hat gerade das schnelle Laufen (Rennen) entdeckt. Klar, dass er dann auch schon mal die Kurve nicht kriegt oder stolpert und mit dem Kopf andotzt, Ergebnis: Beulchen.
Freunde geben ihren Kindern in so einem Fall Arnika-Kügelchen und bestehen darauf, dass das Verschwinden der Beule am nächsten Tag an den Kügelchen läge. Unser Enkel bekommt keine Arnika-Kügelchen, Mama, Papa, Oma oder Opa (wer gerade am nächsten ist) pustet, tröstet ein bisschen (nur wenn es schlimmer ist, wird gekühlt und nur solange die Hummeln im Po ihn nicht wieder zur nächsten Hatz treiben…) – und die Beule ist am nächsten Tag auch weg. Ein Einzelfall?
Wäre der Stich aus der Anekdote im Artikel doch angeschwollen, wäre die Erklärung vermutlich gewesen, dass die Kügelchen nicht rechtzeitig eingenommen worden wären, oder die Schwellung ohne Kügelchen dicker geworden wäre, oder dass der Stich viel schneller abschwillt, oder das Kind halt viel empfindlicher ist etc.
Aber nicht jedes Stoßen gibt einen großen blauen Fleck oder eine dicke Beule, nicht jeder Stich schwillt an. Die Evolution hat unsere Körper mit im Grunde phantastischen Selbstreparaturfähigkeiten ausgestattet.
So einfach ist das in Wahrheit!
22. März 2014 um 11:03
Was für ein dummer Artikel. Da wird die persönliche Meinung der Autoin gleichberechtigt neben naturwissenschaftliche Erkenntnisse gestellt. Genau so wird auch von Müttern gegen Impfungen argumentiert.
Auch das Beispiel mit de hustenden Tochter überzeugt nicht. Um ein psychosomatisches Leiden zu heilen, braucht es keinen Scharlatan, sondern z.B. eine Familienberatungsstätte oder die Kinder- und Jugendpsychologie. Von welchem esoterischen Geschwätz die „Behandlung“ begleitet war, will ich mir gar nicht vorstellen, zumal diese Quacksalber genau wissen, was sie ihren Kunden erzählen müssen, damit diese beim nächsten Problem wiederkommen.
22. März 2014 um 21:38
Zitat
Das finde ich einen interessanten Gedanken – kann das in einer Suchtproblematik enden? – Ich denke: Ja.
Man könnte die Frage auch „systemweit“ stellen: Sind wir von Natur aus krank? Müßen wir täglich irgendetwas schlucken, damit wir gesund bleiben, respektive gesund werden?
Natürlich ist der „Gesundheitsmarkt“ ein lukratives Geschäft und wenn man den Leuten „einimpft“, daß sie mit diesen Produkten, gesünder und leistungsfähiger sind, um so besser.
Mittlerweile zb weiß man, daß „Aspirin“ nicht so harmlos ist, wie man dachte, aber auch, daß es sich um ein potentielles Medikament handelt (Notfallmedikament für einen Herzinfarkt), wobei die Gabe als Prophylaxe-Mittel schon wieder fraglich ist, aber als ein Notfall-Medikament, hat es sich anscheinend bewährt (20% geringere Sterblichkeit).
Bei jedem Schnupfen eine Aspirin+C ist nicht notwendig und auch wahrscheinlich nicht hilfreich (außer man hat etwas Fieber).
Ich plädiere dafür: „Laß den Körper mal machen“, das soll aber nicht heißen, Krankheiten zu verschleppen…irgendwann muß man doch zum Arzt…(ich habe zb eine Weißkittel-Phobie :-))
24. März 2014 um 04:52
Wenn die Frau in der Apotheke tatsächlich _NUR_ Globuli bekam, dann finde ich vor allem den Apotheker verantwortungslos.
Auch die Mutter halte ich für verantwortungslos, wenn sie sich nicht sofort darüber beschwerte. Nehmen wir mal an, das Kind wäre allergisch gegen Wespengift und die Mutter hätte zuhause so ein Döschen von diesen Globuli. Dann würde sie vermutlich dem Kind, anstatt sofort einen Krankenwagen zu rufen oder zum Arzt zu eilen, wenn das Kind gestochen wird und der Stich beginnt anzuschwellen, erstmal zum Globulidöschen greifen und die nicht vorhandene) Wirkung abwarten.
Dann hätte sie vielleicht durch diese „harmlose“ Behandlung, genau die Zeit verschwendet, die für die Rettung des Kindes z.B. durch einen Luftröhrenschnitt wichtig gewesen wäre.