Der Kabarettist Eckart von Hirschhausen knüpft in der aktuellen Stern-Titelgeschichte „Magie und Medizin“ an sein Bühnenprogramm an, über das wir hier berichtet haben:
Ob es einen Gott gibt oder nicht, an Ansichten darüber zerschellen heutzutage keine Freundschaften mehr.
Aber ob man Kinder gegen Masern impfen darf, Antibiotika und Cortison des Teufels sind oder Globuli auch bei Tieren wirken: Sobald es in einer netten Runde auf dieses Thema hinausläuft, ist der Abend gelaufen. Rette sich, wer kann!“
Der promovierte Arzt beweist sein Format, indem er sich keineswegs populistisch-simpel auf die Seite der „Alternativmedizin“ schlägt, im Gegenteil.
Hirschhausen erklärt in dem Stern-Artikel, was wissenschaftliches Denken bedeutet und wie Scharlatane sich den Wunsch nach einer einfachen Erklärung für komplexe Themen zunutze machen.
Er findet aber, dass …
Psychotherapeuten und Ärzte ihre ,Trickkiste‘ um heilsame Geschichten, Witze und Überraschungen erweitern“
könnten:
Wir brauchen offenbar Rituale, die es uns erlauben, uns dreimal täglich Gutes zu wünschen. Wenn Ärzte mehr Verständnis für die irrationale Seite unserer Seele und Sehnsüchte kultivierten, könnten sie Vertrauen zurückgewinnen. Wieder ein bisschen mehr reden als röntgen, mehr pusten als sich aufpusten, mehr dem Patienten auf die Schulter klopfen als sich selbst.
Ärzte müssen viel besser darin ausgebildet werden, die begleitenden Worte zu einem Medikament genauso sorgsam zu wählen wie den Wirkstoff.“
Das ist ganz gewiss ein wichtiger Punkt, wie man Homöopathie und Co. recht schnell den Boden wegziehen könnte – und haben wir hier im Blog auch schon öfter thematisiert.
Zum Weiterlesen:
7. März 2014 um 19:50
Einen Nocebo-Effekt zu vermeiden, dabei geht es hier…und warum? Weil mittlerweile die „Chemie“ so verteufelt wird, daß jeder Arzt die Worte sorgsam auswählen muß, um nicht einen „Nocebo-Effekt“ zu verstärken.
Ich verstehe schon, was Herr Dr. v. Hirschhausen meint, aber ich kann dem nicht vollkommen zustimmen.
Sollen Patienten wie unmündige Kinder behandelt werden…Aufklärung tut Not !
Ein Arzt sollte vielmehr über „Empathie“ verfügen und dann die „Gesprächstherapie“ danach „dosieren“.
Zwar gibt es die irrationale Seite des Menschen, aber das Ziel sollte sein, diese zu „therapieren“ und zwar durch Aufklärung.
10. März 2014 um 12:03
@Ralf: Die irrationale Seite beim Menschen wirst nie „(weg)therapieren“ können.
Die ist da, weil wir halt evolutionstechnisch keine Verstandeswesen im engeren Sinn sind. Ziel der Aufklärung kann nur sein, die eine oder andere konkrete irrationale Überzeugung abzubauen und die – so oder so – vorhandene Irrationalität möglichst konstruktiv zu kanalisieren.
Dazu gehört meines Erachtens nach auch ein entkrampfterer Umgang damit als wir ihn derzeit gesellschaftlich haben.
Auf der einen Seite wird eine – wie auch immer geartete – Emotionalität oder Spritualität (was das auch immer heißen mag) bedingungslos hochgejubelt, auf der anderen Seite (und keineswegs vorrangig durch uns Skeptiker) die irrationale Seite des Menschen verleugnet.
Gefragt wäre meiner Meinung nach ein kritischer Umgang mit dieser Seite, wo sich jeder damit auseinandersetzen kann, wann, wo und wie er/sie irrational reagiert und warum. Sozusagen ein bewusster Umgang mit Gefühlen.
10. März 2014 um 13:57
Guten Tag,
in das Horn bläst am Rande auch Michael Prang in seinem Artikel: http://www.huffingtonpost.de/michael-prang/plaedoyer-fuer-mehr-ehrli_b_4801357.html
Er hat gerade ein Buch über Alternativmedizin veröffentlicht: http://lachsdressur.de/alternativmedizin-was-sie-leistet-wann-sie-schadet/
Mit säkularem Gruß
Stefan
10. März 2014 um 16:23
Ein großer Sprung, dass Dr. Eckart von Hirschhausen für den STERN geschrieben hat.
Auch heute noch genießt der STERN eine nicht unterschätzbare Popularität. Kenne zwar die derzeitige (verkaufte) Auflage nicht.
Aber bei jedem Friseur und in fast jeder Arztpraxis liegt er lesebereit auf dem Tisch.
Und dann noch auf der Titelseite – wow!
So wird auch vielleicht „Lieschen Müller“ mal drin blättern…
11. März 2014 um 22:43
@Christoph Baumgarten
Das finde ich auch, daß man die irrationale Seite des Menschen nicht wegtherapieren kann.
Es wäre auch nicht ganz „lebensnah“, wenn wir rein rational agieren würden.
Als Beispiel sei hier der „Fluchtreflex“ genannt, wenn wir erst eine Gefahrensituation genau analysieren müßten, dann wären wir zu langsam; auch in unserm Alltag, werden wir von (irrationalen) Gefühlen gelenkt und dann auch noch dadurch betrogen, als wären wir davon überzeugt.
Als Beispiel wären hier manche Kauf-Entscheidungen in einem Kaufhaus genannt, die geschickt durch Manipulationen gelenkt werden, welche auf unbewußter Ebene funktionieren.