gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Sind Hellseher anerkannt?

| 4 Kommentare

Fortsetzung von „Sind Hellseher seriös?“

In Teil I und II ging es um die Frage, ob Hellseher a) sympatisch und b) seriös sein können.

Als drittes Motiv für seine Nachricht an die Skeptiker nannte unser E-Mail-Schreiber noch das Attribut „anerkannt“:

Ich kann mir vorstellen, das Sie als Plattform, die vielem kritisch gegenüber steht unter anderem auch Esoterik, es spannend findet was eine der bekanntesten und anerkanntesten Hellseherin denkt und sagt.”

Nun ja, Floskeln wie „anerkannt“ oder auch „selbst ernannt“ gelten im Journalismus weithin als unverwendbar – jedenfalls so lange, wie nicht eindeutig klar ist, wer sich da zu was oder wem „ernannt“ haben soll. Und ob Der- oder Diejenige das tatsächlich „selbst“ getan hat oder doch bloß ein gehässiger Kommentator für die Ernennung verantwortlich ist.

Genauso ist es mit „anerkannt“.

Im konkreten Fall: Von wem genau ist die Hellseherin Gabriele Hoffmann „anerkannt“ worden – und als was?

Werfen wir also nochmal einen Blick in das besagte Interview. Viel gibt das Ganze zu diesem speziellen Aspekt nicht her, außer vielleicht dieser Satz:

Es bereitet mir noch immer eine kindliche Freude zu erleben, dass der Klient fassungslos, verblüfft oder beeindruckt ist, wenn ich ihm seine Vergangenheit und gegenwärtige Lebenssituation schildere.“

Soso.

Letztendlich soll also mal wieder die „Kundenzufriedenheit“ herhalten, um esoterischem Nonsens eine Legitimation zu verschaffen.

Auf unsere Frage bezogen heißt das wohl, dass Frau Hoffmann lediglich von ihrem Stammklientel „anerkannt“ wird.

Das ist gut und schön (oder eher schlecht und typisch), hilft aber nicht weiter. Denn wie schon beim Punkt „Sind Hellseher seriös?“ gibt es dafür keinerlei brauchbaren Kriterien beziehungsweise ist die unkritische Begeisterung von Eso-Gläubigen kein Maßstab.

Was bei einer solchen Sitzung abläuft, ist wissenschaftlich weitgehend ausgeforscht.

Wolfgang Hund hat eine schöne Zusammenfassung darüber geschrieben. Einen der wichtigsten Aufsätze dazu gab’s 2007 im Skeptiker, flankiert von einer aktuellen Re-Analyse der im Kern Jahrzehnte alten Ergebnisse:

Zentral ist die Erkenntnis, dass Personen, die bei der Bewältigung persönlicher Probleme helfen wollen, die Neigung der Menschen nutzen, in vielen Situationen und Handlungen einen Sinn zu erkennen […] Von der Rat gebenden Person wird eine Feststellung getroffen, die die Rat suchende Person für sich eher zu bestätigen als zu falsifizieren sucht. Zusätzlich handelt es sich meist um positive Feststellungen.“

Oder, wie es Psiram/Esowatch zusammenfassend formuliert:

Mögliche Treffer wahrsagerischen Erratens lassen sich mit Cold Reading sowie dem Barnum-Effekt erklären und benötigen keine zusätzlichen Fähigkeiten, die sich der wissenschaftlichen Erforschung entziehen oder wissenschaftlich unbekannt sind.“

Dass dem tatsächlich so ist, haben Skeptiker in zahlreichen Experimenten belegt.

Wie man ganz ohne „übersinnliche Gabe“ ein Wahrsager-Klientel zur vollsten Zufriedenheit bedient, hat zum Beispiel Michael Shermer von der amerikanischen Skeptics Society demonstriert.

In der TV-Sendung Bill Nye the Science Guy trat er als „Medium“ auf und verblüffte ein Millionenpublikum.

Ein kurzes Video findet sich bei Youtube:

Shermers Bericht dazu („Psychic for a Day: How I Learned Tarot Cards, Palm Reading, Astrology, and Mediumship in 24 Hours“) erschien im Skeptic Magazine, eine deutsche Übersetzung im Skeptiker 3/2005.

Einige Auszüge daraus sollen unsere kleine Serie zum Thema „Hellsehen und Wahrsagen“ abrunden.

Weiter zu Teil IV: Medium für einen Tag

Zum Weiterlesen:

4 Kommentare

  1. Wenn anerkannt, dann nur beim eigenen Klientel.

    Und dies ist das Problem! Die Werbung läuft über Mundpropaganda, von Freundin zu Freundin, von guten Bekannten zu ……………., usw.!
    Das Hinterfragen fällt da oft weg, denn die/der hat ja gesagt, die ist …………!

    Gegen dieses Mitläuferverhalten ist es sehr schwer zu argumentieren!
    Der Tritt in den Fettnapf ist vorprogrammiert!

    Einer wissenschaftlichen Aufklärung über die Medien, räume ich eine größere Chance ein.

  2. @Hellsehen:

    << Oder ist da doch mehr? << Nein.

  3. Ich denke dieses Frage ob da doch mehr ist, kann keiner RICHTIG beantworten. Es ist Einstellungs- und Glaubenssache.

  4. Hallo Sabine,

    es ist doch keine „Einstellungs- und Glaubenssache“, wenn x-mal nachgewiesen wurde, dass Hellseher gar nichts „sehen“ und Astrologie nicht funktioniert:

    http://www.gwup.org/infos/nachrichten/1154-prognosenrueckschau-2012

    Bei verschiedenen Tests von verschiedenen Organisationen gibt es bis zu einer Million Dollar zu gewinnen, wenn irgendein „paranormal Begabter“ einen wissenschaftlich kontrollierten Test bestehen würde.

    Das ist noch nie passiert, und auch jeder Astrologe ist bislang an simpelsten Tests gescheitert.

    Umgegehrt gibt es zahllose Untersuchungen, die belegen, dass Astrologie, Hellsehen, Wahrsagen etc. eben nicht funktioniert – das ist keine „Glaubenssache“:

    https://blog.gwup.net/2012/12/04/paranormalen-test-bei-kassensturz-die-bilanz/

    https://blog.gwup.net/2012/11/03/zwei-britische-medien-scheitern-am-halloween-challenge/

    https://blog.gwup.net/2011/01/08/und-wieder-mal-die-akte-astrologie/

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.