Warum beantragen Ärzte neben ihrer ärztlichen Approbation zusätzlich die Heilpraktikererlaubnis?
Diese Frage warf schon 2001 das Hessische Ärzteblatt auf – und nannte unter anderem folgende Gründe:
- Ärzte wollen neben ihrer ärztlichen Tätigkeit Patienten erreichen, die der Schulmedizin ablehnend gegenüber stehen.
- Heilpraktiker sind nicht an die zwingend vorgeschriebene Gebührenordnung für Ärzte gebunden.
- Keine Beschränkung durch die Berufsordnung (z.B. Werbeverbot).
- Umgehen der verschärften Haftung als Arzt.
- Einträgliche Nebentätigkeit für angestellte Ärzte.
Klingt komfortabel. Und daher irgendwie verständlich, dass trotz eindeutiger Gesetzeslage immer wieder „zahlreiche Anfragen von Ärzten bei der Landesärztekammer“ eingehen, wie der Autor damals schrieb. Allerdings wurden auch schon vor neun Jahren solche Ersuchen stets abschlägig beschieden:
Im Interesse des Schutzes der Patienten ist eine Vermengung des Berufes des Heilpraktikers mit dem des Arztes in einer Person unzulässig.“
Jetzt hat das Bayerische Verwaltungsgericht unmissverständlich klargestellt: Das Nebeneinander von Arzt und Heilpraktiker in einer Person ist ausgeschlossen – ebenso wie die Bildung einer Gemeinschaftspraxis zwischen Ärzten und Heilpraktikern (Az: 21 ZB 10.606).
Hintergrund des Urteils war der Antrag einer approbierten Ärztin auf Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis. Der BayVGH lehnte dies ab. Es sei eine logische Folge der zentralen Stellung des Arztes in der Heilkunde, dass er nicht als Heilpraktiker tätig sein könne. Auch sei zu vermeiden, dass es zu Unklarheiten beim Patienten oder zu Problemen bei der Abrechnung über die gesetzlichen Krankenkassen komme. Die aktuell gültige Berufsordnung für Ärzte in Bayern gestattet es zudem nicht, dass Ärzte zusammen mit Personen, die weder Ärzte sind noch zu ihren berufsmäßig tätigen Mitarbeitern gehören, Patienten untersuchen oder behandeln.
Allenfalls Ärzten, die zuerst eine Heilpraktikererlaubnis erwerben und dann nach erfolgreichem Medizinstudium die ärztliche Approbation erhalten, kann man die Heilpraktikererlaubnis belassen, wobei davon ausgegangen wird, dass der jeweilige Arzt sich nicht mehr als Heilpraktiker betätigt, sondern nur noch als Arzt, so das Gericht.
Zum Weiterlesen:
- Aberglaube Homöopathie, Kritisch gedacht am 4. Juni 2008
17. Oktober 2010 um 20:05
@Berufshaftplicht Ärzte:
Nein, ist es nicht:
https://blog.gwup.net/2010/08/31/wer-heilt-hat-recht/
14. November 2010 um 17:33
Hallo, das Heilpraktikergesetz hat nichts damit zu tun, dass dem Patienten NAturheilkundlich oder sonstwie geholfen wird.
Es ermöglicht lediglich Leuten ohne Bestallung (das ist die Ärztliche Approbation) für die Heilkunde zugelassen zu werden durch eine Prüfung vor dem Gesundheitsamt.
Diese Prüfung ist im übrigen rein Schulmedizinisch und ob derjenige seine rechtlichen und medizinischen Grenzen kennt.
Ob der HP dann seine Patienten naturheilkundlich oder Schulmedizinisch behandelt ist hinterher wurscht. Nur verschreibungspflichtige Mittel darf er nicht verschreiben und Operationen verbieten sich, da er ja keine Anästhesie (BtM) machen kann und noch ein paar Gebiete, die als besonders schützenswert erachtet werden (keine Geburtshilfe, Leichenschau, ZAhnbehandlung etc.)
Aber ein Aspirinrezept kann man auch vom HP bekommen.
Wozu also soll ein Arzt sich zusätzlich einer Prüfung unterziehen, ob er die notwendigen medizinische Grundkenntnisse hat und die rechtlichen Beschränkungen des HP kennt, wenn er als Arzt auch gegen private Bezahlung alles darf?
Der Arzt der sowas vorhat, zeigt damit dass er die Gesetzeslage des HP nicht kennt und damit würde damit durch die Prüfung rasseln.
Gruß Burli
14. November 2010 um 17:53
@burli:
<< Aber ein Aspirinrezept kann man auch vom HP bekommen.<<
HP dürfen keine verschreibungspflichtigen Medikamente verordnen. Klar können sie dem Patienten auf irgendeinen Zettel kritzeln, dass er sich – frei verkäufliches/apothekenpflichtiges – Aspirin oder sonstwas zulegen soll, mehr aber nicht.
<< Wozu also soll ein Arzt sich zusätzlich einer Prüfung unterziehen, ob er die notwendigen medizinische Grundkenntnisse hat und die rechtlichen Beschränkungen des HP kennt, wenn er als Arzt auch gegen private Bezahlung alles darf? << Auch für privatärztliche Leistungen gilt eine Gebührenordnung (GOÄ) - ein Arzt kann und darf also keineswegs irgendeine Phantasiesumme für eine private Konsultation abrechnen. Selbst für reine Selbstzahlerleistungen (IGeL), die auch keine private Krankenkasse vergütet, gibt es diesbezügliche Empfehlungen und Richtlinien, etwa die MEGO. Das heißt, ein Arzt, der sich preislich sehr stark nach oben (oder auch nach unten) von den ortsansässigen Kollegen unterscheidet, bekäme zwar keine standesrechtliche, aber wohl "kollegiale" Probleme. In vielen Städten gibt es sogar "IGeL-Netze", wo Ärzte zwar keine (verbotenen) Preisabsprachen im eigentlichen Sinne treffen, aber sich zumindest darüber "austauschen", was man so verlangen kann und sollte. Klar "darf" ein Arzt privat alles anbieten - die Bezahlung ist aber nicht so frei kalkulierbar wie HP, Osteopathen oder andere das können.
5. Dezember 2010 um 21:04
Ist Ihnen bewusst, dass inzwischen in vielen Universitäten Homöopathie als Wahlpflichtfach im Rahmen eines Medizinstudiums gelehrt wird ?
Die Allopathie ist also durchaus lernfähig. Nach querlesen Ihres Blogs über das Thema Homöopathie bin ich überzeugt, dass das für die Foristen und dieses Forum hier eher nicht gilt.
5. Dezember 2010 um 21:23
@Silencer:
<< Ist Ihnen bewusst, dass inzwischen in vielen Universitäten Homöopathie als Wahlpflichtfach im Rahmen eines Medizinstudiums gelehrt wird ? <<
Dieser Skandal ist uns bewusst, ja:
http://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/10/homoopathiestudium-in-magdeburg-alles-nicht-so-schlimm-leider-nicht.php
<<Die Allopathie ist also durchaus lernfähig. <<
Was kann die Allopathie denn von der Homöopathie lernen? Wie man mit Zähnen und Klauen eine dogmatische, in sich geschlossene Irrlehre verteidigt, die allen Erkenntnissen der Medizin und Naturwissenschaften der letzten 200 Jahre widerspricht? Wir gratulieren allen Universitäten, die Magie, "Potenzen" und "geistartige Kräfte" im Jahr 2010 für ein lehrwürdiges Fach halten …
<<Nach querlesen Ihres Blogs über das Thema Homöopathie bin ich überzeugt, dass das für die Foristen und dieses Forum hier eher nicht gilt.<<
Erklären Sie uns gerne, was wir von den modernen Schamanen denn so alles lernen könnten. Vielleicht wie man aus Marmor und Berliner Mauerresten Homöopathika herstellt? Und ich darf Sie beruhigen: Wir sind nicht das einzige Forum, das sich für Wahrhaftigkeit versus homöopathische Phantastereien engagiert:
http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2010/11/anmerkungen-zur-homoopathie-replik-frass.php
http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2010/07/homoopathie-kein-sinnloser-glaubenskrieg.php
12. Mai 2011 um 00:42
Es ist ein Trauerspiel, dass Mediziner und Zahnmediziner es für nötig halten, sich als Heilpraktiker betätigen zu wollen. Entweder tun sie dies, weil sie einfach nur geschäftstüchig (geldgierig) sind oder aber sie glauben an diesen Schwachsinn, wobei es mir schwer fällt, zu entscheiden, was von beiden schlimmer ist. Wer die rechtlichen Regelungen zur ärztlichen oder zahnärztlichen Ausbildung kennt und sie mit denen der Heilpraktiker „Aubildung“ vergleicht, kann sich nur an den Kopf fassen, wenn gelernte Mediziner sich entblöden, auf ein solches Niveau herabzulassen und diesen Unfug damit aufzuwerten … einfach nur peinlich.
Zur Vertiefung empfehle ich den entsprechenden Artikel in meinem Blog:
29. Juli 2012 um 13:08
Die schulmäßige Zahnmedizin ist eine präzise Handwerkskunst. Die Notwendigkeit weiterer Grenzmedizin ist daher nicht eindeutig nachvollziehbar. Jedoch orientieren sich doch einige Patientinnen und Patienten für ihre Behandlungszeiten unter anderem an den Mondphasen. Nach dem Motto: „Wer heilt hat recht“ sollte sich der Schulmediziner aber gerade in diesem Punkt wesentlich toleranter – diesen nicht immer nachweisbaren Phänomenen zwischen „Himmel und Erde“ – zum Wohle der Patientinnen und Patienten deutlich aufgeschlossener zeigen.
Für alle Zweifler empfehle ich hierzu auch einen Blick in unser Praxisleitbild:
[netter Versuch der Eigenwerbung]
LG aus dem toleranten Berlin Kreuzberg
29. Juli 2012 um 13:38
@Heike Schilling: Vielen Dank für die Grüße.
Nichtsdestotrotz: Ihr Kommentar ist eine einzige Abfolge von unreflektierten Klischeesätzen, die längst von jeder Realität widerlegt sind.
1. Zahnmedizin ist keineswegs immun gegen esoterischen Unfug, lesen wir zum Beispiel in den „Zahnärztlichen Mitteilungen“:
http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/9_12/pages2/andere.htm
oder:
http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2012/02/insider-bericht.php
2. Der ganze Mondphasen-Quark ist esoterischer Unsinn, bei dem jede „Toleranz“ fehl am Platze ist:
https://blog.gwup.net/2010/08/21/der-mond-ist-unschuldig/
3. Das wohlfeile Motto „Wer heilt, hat Recht“, das scheinbar von jeder kritischen Reflexion des eigenen Tuns dispensiert, wird auch in der x-ten Wiederholung nicht richtiger:
http://www.psiram.com/ge/index.php?title=Wer_heilt_hat_Recht
https://blog.gwup.net/2010/02/25/wer-heilt-hat-recht-falsch/
https://blog.gwup.net/2010/08/31/wer-heilt-hat-recht/
https://blog.gwup.net/2010/09/09/wer-heilt-hat-recht-2/
https://blog.gwup.net/2011/10/09/warum-homoopathie-wirkt/
4. Selbiges gilt für das „Hamlet“-Zitat:
https://blog.gwup.net/2011/06/17/shakespeare-und-bullshit/
https://blog.gwup.net/2011/05/01/hamlet-und-der-komplementar-maschinenbau/
https://blog.gwup.net/2011/01/09/para-kram-zwischen-himmel-und-erde/
5. Warum sollte man gegenüber unsinnigen, falschen oder sogar gefährlichen Behauptungen „tolerant“ sein?
http://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/06/die-wahrheit-ist-brutal.php
6. Warum sind studierte Mediziner im 21. Jahrhundert, noch dazu in einer westlichen Industrienation, bloß so leichtgläubig?
https://blog.gwup.net/2011/07/26/alternativmedizin-wirklich-eine-alternative/
Viele Grüße zurück ins (gar nicht mehr so) alternative Kreuzberg!
29. Juli 2012 um 22:04
Tja, wenn der Patient sich wohl fühlt, weil er sich zu Mondphasen die Zähne ziehen lässt, dann wird das als patientenorientiert schöngeredet. Nach dieser Logik ist natürlich auch Homöopathie & Co. was ganz Feines. Hauptsache der Patient fühlt sich wohl. Dass es jedoch auch Aufgabe von Ärzten ist, den Patienten auch ein rationales Weltbild zu vermitteln, verstehen einige nicht. Doch wenn sie recht hätten, dann dürfte man keinem Schwachsinn widersprechen. Wenn der eine Patient dann vor der zahnärztlichen Behandlung teure Mond-Amulette kauft oder Rinderblut trinkt, dann ist natürlich okay, solange es niemand schadet;-)
Ich erwarte von einer Zahnärztin, dass sie einfühlsam und angenehm im Umgang ist und mich mit Musik und netter Atmosphäre entspannt. Esoterik- und Aberglaube haben im professionellem Umfeld nicht zu suchen, dadurch beschädigt der Arzt das Vertrauen in seine Urteilsfähigkeit und Kompetenz. Entweder glaubt er daran und disqualifiziert er sich oder er glaubt nicht daran und spielt mir was vor, dann ist das Heuchelei. Aber ich kann verstehen, dass man den Einzelfall für harmlos hält, aber nicht reflektiert, dass durch solchen Humbug Glaubenssysteme auch gefestigt werden können und in anderen Bereichen (Gesundheit) kann der falsche Glauben Schaden anrichten (ich nehm die Medikamente nicht dann, wenn der Arzt es mir sagt, sondern der Mondkalender).
30. Juli 2012 um 05:13
Soll man auch seine Zähne nach den Mondphasen putzen?
Am Neumond gar nicht, bei Halbmond nur zur Hälfte und am Vollmond ganz?
Ich glaube, da wären die Zahnärzte auch tolerant, denn es würde Geld in ihre Praxis bringen. :-)