Für Christen ist Ostern das höchste Fest im Jahreslauf, Opfertod und Auferstehung von Jesus Christus sind zentrale Elemente ihres Glaubens.
Nicht als Gegenstand religiöser Verehrung, sondern als wissenschaftlichen Beleg für die biblische Ostergeschichte – oder zumindest für die Kreuzigung – betrachten manche Forscher das „Turiner Grabtuch“, das der Legende nach den Leichnam Jesu umhüllt haben soll. Die katholische Kirche erkennt es offiziell nicht als Reliquie an, sondern lediglich als Ikone, d.h. als Hinweis für den Glauben.
Vom 10. April bis 23. Mai diesen Jahres wird das Turiner Grabtuch im Dom der Stadt ausgestellt. Öffentliche Präsentationen des Leinens sind selten. Und es sind immer wieder Großereignisse. Bei der letzten Ausstellung im Jahr 2000 wurden über eine Million Besucher gezählt. Zur Sonderausstellung 1998 kamen nach kirchlichen Angaben sogar 2,5 Millionen Menschen, darunter Papst Johannes Paul II.
Sein Amtsnachfolger Benedikt XIV. wird am 2. Mai in Turin erwartet. Nicht nur seinetwegen dürften auch in diesem Frühling Scharen von Touristen die oberitalienische Stadt besuchen.
Kein Wunder, dass das Tuch längst Eingang in die populäre Kultur gefunden hat. Ins Simpsons-Universum zum Beispiel. Als in Springfield ein Einbrecher sein Unwesen treibt, erbeutet er unter anderem die „Leichentuch-von-Turin-Badetücher“ des überfrommen Simpson-Nachbarn Ned Flanders.
Dass die hurtig zusammengetrommelte Springfielder Bürgerwehr statt für Sicherheit zu sorgen nur Chaos anrichtet, versteht sich von selbst. Dabei hätte es zumindest Ned Flanders einfacher haben können. Denn inzwischen ist bekannt, wie man eine Nachbildung des Turiner Tuchs samt Abdruck anfertigt.
Wie’s geht, zeigte Luigi Garlaschelli vom italienischen Skeptiker-Verband CICAP im Herbst letzten Jahres, als er eine Kopie des Turiner Tuches herstellte – allein mit Techniken und Materialien, die schon im Mittelalter verfügbar waren.
Dieses gelungene Experiment fügt sich nahtlos in die Daten- und Quellenlage, wie GWUP-Vorsitzender Amardeo Sarma erklärt: „Die wissenschaftlichen Befunde deuten darauf hin, dass das Turiner Tuch nicht aus biblischer Zeit stammt, sondern eine Arbeit des Mittelalters ist“, erklärt Sarma, der sich seit langem kritisch mit den Untersuchungen des Leinens beschäftigt.
Aktuelle Fragen und Antworten zum Turiner Grabtuch hat Sarma hier zsuammengestellt.
Links zum Thema:
- Bernd Harder: Kein Tuch mit sieben Siegeln
- Stephan Matthiesen (2005): Zweifel am Alter des Turiner Grabtuchs. SKEPTIKER 4/2005, S. 164-165.
Zum Weiterlesen:
- Amardeo Sarma (2000): Ein Tuch mit sieben Siegeln? Das Turiner Grabtuch als Forschungsgegenstand. SKEPTIKER 2/00, S. 76-85.
- Amardeo Sarma (2006): Grabtuch-Forscher auf der falschen Fährte. SKEPTIKER 1/06, S. 13-18.
- Eine „Spurensuche“ nach dem Turiner Grabtuch in Deutschland, GWUP-Blog am 9. Mai 2015
2. April 2010 um 18:02
Der Kirche ist nichts heilig…
3. April 2010 um 09:30
Man muss sich schon fragen, warum der Stern nicht bei der GWUP angefragt hat bei dieser Geschichte, oder zumindest irgendeinen skeptischen Wissenschaftler (Garlaschelli bietet sich ja zum Beispiel direkt an) gefragt hat. Vielleicht wollte man sich ja einfach nicht durch Beweise und die Realität seine schöne Illusion vom echten Grabtuch zerstören lassen, und damit den mystischen Grundton des Artikels. „Ist es nun echt oder nicht? Man weiß es nicht… Wie mysteriös…“