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Tierhomöopathen aufgepasst: Nobelpreise zu gewinnen!

| 11 Kommentare

Bei den Leserkommentaren zum Welt-Artikel über die GWUP ist mal wieder alles dabei: von „Wer heilt, hat Recht“ über den Lobgesang auf eine nicht näher definierte „Offenheit“ bis hin zu den vielen, vielen Dingen zwischen Himmel und unserer dreidimensionalen Erde, von denen …
Und so weiter, und so fort.

Ein Beispiel:

Heute noch Phänomene, morgen Erkenntnisse. Man sollte Demut vor der eigenen Unkenntnis haben und offen auf das Nichterklärbare zugehen.“

Kein Problem. Machen wir sowieso. Nehmen wir zum Beispiel die Sache mit der Homöopathie bei Tieren, von der ein User mit dem Pseudonym „SoWhat“ Folgendes zu berichten weiß:

Homöopathie wird seit Jahren erfolgreich in der Veterinärmedizin eingesetzt, das ist doch n alter Hut. Eine Bekannte von mir arbeitet in ner Tierarztpraxis und da ist das ganz selbstverständlich … Ich persönlich wende homöopathische Medizin seit etwas über einem Jahr erfolgreich an. Übrigens: Da diese auch bei Tieren und Säuglingen funktioniert, kann von einem Placebo-Effekt keine Rede sein.“

Prima – dann wandern ja endlich mal wieder diverse Nobelpreise in den Naturwissenschaften nach Deutschland. Vorher müsste nur ein kleiner Versuch erfolgreich durchgeführt werden, den der Physiker Prof. Martin Lambeck vom GWUP-Wissenschaftsrat schon seit Jahren vorschlägt:

Homöopathen verteidigen ihre Lehre gerne mit dem Argument, sie wirke auch bei Tieren, die mangels Denkvermögens keine Placebowirkung zeigen könnten. Das Placeboargument stimmt meines Erachtens bei Haustieren nicht, wohl aber kann es durch sorgfältige Versuchsführung bei Nutztieren ausgeschlossen werden.

Grundlage der Homöopathie ist, dass das Medikament beim Gesunden ein klar definiertes Arzneimittelbild hervorruft. Bei meinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg sehe ich gerne Herden von Kühen, die auf großen Weiden gemütlich in ihrer Herde und mit ihren Kälbchen grasen. Sie sind also materiell, sozial und emotional gesund.
Ich schlage daher vor, etwa 200 Kühe, die ohnehin numeriert sind, nach einem Zufallsverfahren in zwei Gruppen einzuteilen. 100 Kühe erhalten ein Hochpotenzmedikament, 100 ein Placebo. Hierbei ist auf die Vermeidung eines häufig begangenen Fehlers zu achten. Das Placebo zu Belladonna D30 ist nicht reines Lösungsmittel, sondern Lösungsmittel D30, da beim Potenzieren Inhaltsstoffe der Luft und herausgelöste Bestandteile des Schüttelgefäßes in das Medikament gelangen.
Die Kosten des Experiments liegen im Prozentbereich anderer wissenschaftlicher Forschungen.

Ein homöopathischer Tierarzt, der die Gruppeneinteilung nicht kennt, hat dann nach einer selbstgewählten Frist festzustellen, welche Kühe ein Arzneimittelbild zeigen und welche nicht. Gelingt der Versuch, ist seine Bedeutung für die Medizin zu vergleichen mit der Entdeckung Robert Kochs, dass viele Krankheiten durch Bakterien verursacht werden und für die Physik mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen. Bei positivem Ausgang könnte das Experiment Nobelpreise und Wirtschaftserfolge nach Deutschland bringen.“

Also denn, liebe Homöopathen und Huschi-Fuschi-Fans: Stockholm wartet auf Euch!

Zum Weiterlesen:

  • Auch hinter der sanften Medizin steht eine harte Industrie. Bei Plazeboalarm.

11 Kommentare

  1. Über fehlende Fairness, oder: „Mein Schwein ist Schlangengift…“

    Meine Herrn, Herr Harder: Was der Lambeck da vorschlägt, ist doch unfair. Völlig unfair.

    Weil die Homöopathie individualisiert ist.

    Nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Sau und Milchkuh.

    Würde Lambeck sich überwinden, ein wenig über den Tellerand antiquierter akademischer Redlichkeit und überholter Forschungsethik hinwegsehen, und endlich mal Witt und Walach ernsthaft lesen, wüßte er schon längst: RCT funktioniert nicht in der Homöopathologie. Das liegt aber nicht an der Homöopathologie, sondern an der Untauglichkeit von RCT.

    Denn, so argumentiert die Homöopathologin Frau Petra Scherrer, ihres Zeichens Veterinärmedizinerin in Dellingsdorf, in einem Leserbrief in der „VetImpulse“ vom 15.Februar 2010,: „(…)Alle diese Methoden (es geht um einen Versuchsaufbau nach Lambecks Muster) haben den großen Haken, das sie die „ganzheitlichen“ Heilmethoden nach den Maßgaben der Schulmedizin testen wollen.
    Es ist überhaupt kein Wunder, dass Lachesis (um das Mittel ging es) unspezifisch bei einer Vielzahl von Sauen angewandt, nicht mehr Wirkung zeigt als ein Placebo, den es wirkt auch nur bei denen, die „Lachesis“ sind.
    Es ist eine Individualtherapie, und es braucht für jeden Symptomkomplex selbstverständlich ein anderes Mittel.“

    Deshalb kann man mit Lambecks Versuch auch so die Homöopathologie bei den Rindviechern nicht testen. Denn es bedarf vorher einer gründlichen Anamnese nach homöopathologischen Regeln; samt der Festlegung des Konstitutionstyps, in dem sich die bisherige Biographie widerspiegelt.

    Man stelle sich nur vor, das Rind ist Mungo, und wird nun mit Lachesis traktiert. Wie soll da ein Arzneimittelbild entstehen ? Da hat Lachesis überhaupt keine Chance. Das zeigt schon die die wirkliche Welt. Da kann man doch sehen, dass Mungo und Lachesis nicht geht !
    Man muss sich doch wenigstens auf seine Analogien verlassen können, oder ?

    Wenn das doch Lambeck endlich mal begreifen würde.
    Aber der redet dann wieder von Placebo. Obwohl´s doch Mungo war.

  2. @excanwahn:
    Gewiss, da haben Sie natürlich vollumfänglich Recht …

    Wie total super individualisiert die Homöopathie ist, habe ich erst vor wenigen Tagen wieder mal selbst erleben dürfen: Bekomme vom Orthopäden wegen Nackenschmerzen nach zirka einminütiger „Anamnese“ ein Rezept ausgestellt. Und erfahre bzw. sehe erst in der Apotheke, dass es sich um ein total super individuelles homöopathisches Mittel handelt, langwierig, hingebungsvoll und engagiert extra für mich und meine individuellen, persönlichen, nicht vergleichbaren, einmaligen Beschwerden ausgependelt, äh, ausgesucht …

    Zum Glück hat der Apotheker es gleich zurückgenommen.

  3. @excanwahn
    man kann das sehr wohl doppelblind testen bei Tieren. Einfach die Mittelchen individuell pro Kuh oder Rindvieh erstelllen lassen und dann erst wird verblindet, so dass weder arzt noch rindvieh wissen ob sie das Homöopathikum oder nur Wasser bekommen. Wenn das funktionieren würde, dann wären die Nobelpreise schon längst abgeholt. Als technisch geht das, praktisch frag ich mich aber, ob die Tierärzte das wirklich so individuell machen, wenn ja, was ich nicht glaube, dann wäre ich beeindruckt, ansonsten geht die Doppelverblindung. Also wo sind die aussagekräftigen Studien?? Ich sehe nicht was an Hr. Lambecks Vorschlag nicht durchführbar ist.

  4. Doch, es wäre möglich, Placebokontrollierte Studien durchzuführen.
    Ich stelle mir das so vor:
    4 Patentengruppen (egal ob Mensch oder Tier).
    – Die erste Gruppe bekommt keine Behandlung (sofern das ethisch vertretbar wäre, also nur bei „Bagatellkrankheiten“ wie Schnupfen)

    – 2te Gruppe wird Homöopatisch behandelt. Der Behandler selbst weiß nicht, ob er Placebokügelchen verabreicht oder „echte“ homöopatische Kügelchen. Das weiß nur der Versuchsleiter. Es ist eine genügend große Zahl an verschiedenen Fläschchen mit unterschiedlicher Aufschrift da. Somit ist der geforderten Individualität der Behandlung gewährleistet.

    – 3te Gruppe bekommt placebokügelchen, aber nur der Versuchsleiter weiß, dass es Placebokügelchen sind. Der Behandler selbst sollte der gleiche sein wie bei Gruppe 2 oder zumindest genauso überzeugt von seiner Behandlungsweise.

    – 4te Gruppe bekommt richtiges, potentes, allopatisches Arzneimittel von einem Arzt, der auch hinter seiner Behandlung steht.

    Ist eine solche Versuchsanordnung schon mal an ausreichend vielen Patienten (Tieren) durchgeführt worden? Warum nicht?

    Grüße
    Michael Schramm

  5. So können sich die Homöopsychopathen hinterher immer rausreden: Hat nicht geholfen? War dann doch nicht das richtige Mittel/ eine Fehleinschätzung in der Anamnese/ doch nicht Lachesis…

    Warum gibt es „Heilungserfolge“ der Homöopathie nur bei selbstlimitierenden oder chronisch-alterierenden Krankheiten? Wieso können sich die Homöos nicht mal untereinander einigen, ob die Einnahme ihrer Mittelchen ohne vorliegende Krankheit nun keine Symptome macht oder entsprechende Krankheitssymptome? Wo ist der Heilkundige, der einen Haufen zusammengeschütteter Glaubuli wieder in die richtigen Flaschen sortieren kann?

    PS zu den Leserkommentaren der „Welt“: Dort wird der GWUP vorgeworfen, nicht ergebnisoffen zu sein. Wie ignorant kann man denn sein? Wenn Leute z.B. behaupten, energetisiertes Wasser aufspüren zu können, das aber nur hinkriegen, wenn sie das Glas sehen, bei Verblindung dann nicht mehr – wo ist das bitte nicht ergebnisoffen? Jeder der will, bekommt doch die Chance, es allen Wissenschaftlern mal so richtig zu zeigen.

  6. @Skeptikus

    Hallo Skeptikus,

    möglicherweise hätte ich bei meinem Beitrag vorher „Ironie“ schreiben sollen…
    Aber gut, manchmal geht etwas daneben.

    Um irgendwelchen Mißverständnissen vorzubeugen:

    – Ich schätze Prof. Lambeck außerordentlich, und freue mich, einmal im Monat in Berlin mit ihm in erlauchter Skeptiker-Runde an einem Tisch sitzen zu können, um bei Spaghetti mit Pesto über Witt, Willich, Walach, Linde und Co. zu debattieren,
    oder über Claus Helene Hans Louis Hare Fritzsche abzulästern.

    – Selbstverständlich taugt sein Versuchsszenario; und zwar völlig unabhängig davon, ob es sich um individualisierte Homöopathie bei einer Behandlung handelt, oder eben um nur ein einziges Mittel bei einer Arzneimittelprüfung. Das wissen die Homöopathologen, und bemühen sich a) um dumme Ausreden, und b)darum, ein anderes Versuchsdesign für die Homöopathologie zu installieren; a) ist meist durchschaubar und lächerlich, b) entwickelt sich möglicherweise zur ernsthaften Gefahr in Sachen Medikamentensicherheit.

    – Was ich persönlich von aktuellen Entwicklung Schamanenmedizin in der Tierheilkunde halte, können Sie hier nachlesen:

    http://excanwahn.wordpress.com/category/stall-und-acker/

    Im übrigen glaube ich, dass die Auseinandersetzung Schamanismus ./. Wissenschaftsmedizin unter den Veterinären mit wesentlich deutlicheren Worten geführt werden wird.
    Und solange solche Tierärzte wie Dr. Helmut Steeger zum gleichen Thema, wie die im ersten Beitrag zitierte Petra Scherrer, ihre Meinung abgeben, darf man bezweifeln, dass der humanmedizinische Dialog des Schwachsinn zwischen Alternativheilerei und Hochschulmedizin in der Vet-Med seine Fortsetzung findet.

    Dr. Helmut Steeger in VetImpluse Nr.5/2010:

    (…) Ein junger Berner Sennenhund kommt in
    die Praxis, schreiend und wirklich am Ende vor
    Schmerzen mit schwerstgradiger Otitis externa beidseits.

    Der behandelnde Alternativmediziner meinte dazu seit Tagen und Wochen, ja das sei gut, der Eiter müsse abfliessen.

    Ein anderer Mischlingshund mit einer komplett
    zerfressenen Nase und Nasenspiegel, histopathologisch
    als Fibrosarkom bestätigt und zur Euthanasie führend.

    Der behandelnde Alternativmediziner hatte aufgrund einer Haaranalyse
    seit Wochen auf Bleivergiftung behandelt.

    Wieder ein anderer mit Hinterhandschwäche, trippelnd, kaum stehfähig, kann sich kaum hinsetzen. Ein Hund mit beidseitigen Kreuzbandrissen, Instabilität und bereits älterer chronischer Gonarthrose.

    Wurde vom Alternativmediziner mit Goldimplantaten in der
    Hüftregion und LWS behandelt

    (…) Ein Auszug nicht eines Jahres oder eines Monats, wir erleben leider jede Woche mehrere derartige wenn auch nicht immer derartig ausgeprägte Fälle.

    Jeder macht mal Fehler, aber jeder sollte auch lernfähig sein. Leider ist das Bild hier bei uns ganz klar das, dass die Alternativmediziner
    mehr, krassere und immer wieder die gleichen Fehler und Pfade begehen.

    Ich habe – mit Verlaub – die Schnauze voll von derartigen armen
    Fällen und Patienten, wenn ich das Wort Leber-Yang oder ähnliches in der Anamnese nur höre, muss ich mich bereits beherrschen, um
    fair und objektiv zu bleiben….

  7. Ich kann bestätigen, Homöopatie wirkt bei Tieren, dies allerdings nur auf die Rechnung des Tierarztes. Habe auf mehreren Höfen gearbeitet, auf welchen Homöopatie angewendet worden ist, meist bei Mastitis (Euterentzündung) auf jedem Hof wurden dann die Kühe nach einigen Tagen Verschlimmerung mit Antibiotika geheilt.
    Das einzig gute an der Homöopatie ist, dass die Bauern nicht gleich Antibiotika einsetzen, weil es ist bei Kühen wie bei Menschen, das meiste heilt von selbst und es gibt halt tatsächlich Tierärzte, die das Breitbandantibiotikum schon in der Spritze haben, bevor sie die Kuh angesehen haben, das muss ja auch nicht sein.

  8. Auch wenn ich kein Experte bin und keine Ahnung von Tierhaltung oder Medizin habe möchte ich auch noch ein Senfkorn hinzufügen, nur um mit ein wenig Logik die emotional ausgeuferte Diskussion wieder in die Bahn zu lenken.

    Worum geht es eigentlich?
    Geht es um Ganzheitliche Behandlung, was ja der Grundansatz der Homöopathie sein soll oder um die Wirksamkeit der homöopathischen Arzneimittel?

    Wenn es ausschließlich um die Arzeimittel geht, denke ich dann sollten diese auch wie herkömmliche Arzneimittel getestet werden.

    Was die Studien angeht, so scheint mir der Vergleich mit Placebogabe bei Kontrollgruppen äußerst ungeeignet. Der eigentliche Schwachpunkt ist doch die Suggestion die aus der Untersuchung völlig ausgeschlossen sein muss und Placebo ist nun mal die reine Suggestion die damit wieder ins Spiel gebracht wird und natürlich Ansatz für Zweifel an der Studie bietet. Die Idee mit Nutztieren wäre schon der richtige Weg, nur sollten behandelte mit unbehandelten Tieren, also ohne Placebogabe, verglichen und sämtliche sonstigen Einflüsse wie besondere Zuwendung ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse aus einer solchen Studie sollten doch dann kaum anzweifelbar sein.

    O.K., wie die treffende Bemerkung von Johannes9126 mit dem
    energetisierten Wasser zeigt, ist gegen manche hartgesottene Realitätsverweigerer kein Mittel wirksam.

    Wenn Leute z.B. behaupten, energetisiertes Wasser aufspüren zu können, das aber nur hinkriegen, wenn sie das Glas sehen, bei Verblindung dann nicht mehr

  9. @Leutholt:

    << Geht es um Ganzheitliche Behandlung, was ja der Grundansatz der Homöopathie sein soll << Ist er aber nicht, das Wort "Ganzheitlichkeit" ist eher eine Marketingphrase: https://blog.gwup.net/2013/04/20/homoopathie-ganzheitlichkeit-und-die-sprechende-medizin/

  10. @Bernd Harder:
    Das mag sein. Aber eine Marketingphrase ist der Begriff in der Schulmedizin ebenso, wenn nicht noch viel mehr. In jedem Leitbild, in jedem Lehrbuch, in jeder Aus- und Fortbildung spukt das Wort Ganzheitlichkeit herum. In der Praxis ist das nur leeres Gelaber.

  11. @leuthold:

    Im Grunde ist „Schulmedizin“ eher gezielt abwertend, gerade von Homöopathen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Schulmedizin

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