Gelesen habe ich die Ozzy-Osbourne-Biografie noch nicht – aber was Der Spiegel aktuell darüber schreibt, klingt recht verheißungsvoll:
Damals in Aston, als Ozzy noch John Michael Osbourne genannt wurde, jung war und das Geld brauchte, mühte er sich in einem Schlachthaus ab. Nach den Schichten steckte er sich gern mal ein paar Kuhaugen ein, für lustige Feierabendspielchen im Pub – so wie jenes, bei dem es darum ging, Kuhaugen in Biergläser zu werfen:
„Besonders erbaulich war der Spaß, wenn man sensibel wirkenden Mädchen ein Auge auf ihre Cola-Dose legte, während sie auf dem Klo waren. Die Mädchen wurden völlig hysterisch, wenn sie das Kuhauge entdeckten. Einmal setzte mich der Wirt auf die Straße, weil jemand bei dem Anblick auf den Teppichboden gekotzt hatte. Vor der Tür holte ich einen weiteren Augapfel heraus und schnitt ihn mit einem Messer auf. Das bewegte noch zwei oder drei weitere Leute dazu, aus Mitgefühl ihren Magen zu entleeren. Aus irgendeinem Grund fand ich das großartig.“
Die heutige TV-Jugend kennt Ozzy eben nur noch, wenn er sich in der MTV-Reihe „The Osbournes“ über seinen hässlichen Köter Lola ärgert, der auf die neue Couch pinkelt, Tochter Kelly wegen eines Tattoos verpetzt oder brummelige Selbstgespräche führt. Das war nicht immer so.
„Gleich auf der ersten LP beschworen sie Satan, der dann allerdings tatsächlich kam“, bekreuzigen sich besorgte Christen noch heute angesichts der ersten „Black Sabbath“-Riffs im Jahr 1969:
Er versprach ihnen Erfolge in aller Welt. Wenn sie nur in jedem Jahr beim großen Sabbat aufspielen würden. Beide Teile haben bis heute ihr Wort gehalten. Sechs erfolgreiche Longplayer, gewaltige Konzerte vor den Fans aller Welten. Dort spielten sie ihren höllisch heißen Hardrock, geradezu ideal temperierte Musik für Höllenfeste. Für die schwarzen, blutigen Sabbate.“
Himmel, hilf!
Dass die Mitglieder von Black Sabbath einschließlich Ozzy himself bloß „gesellschaftlich unterprivilegierte Arbeiterkinder aus der mittelenglischen Industrieregion waren, die seinerzeit ungefähr genauso lebensbejahend herüberkam wie das Ruhrgebiet zu schlimmsten Zeiten“, haben informierte christliche Musikfans dankenswerterweise schon längst mal klargestellt:
Gitarrist Tony Iommi meinte sinngemäß, dass man einerseits von der Protestbewegung der 68er und deren musikalischen Begleiterscheinungen inspiriert wurde, aber schlecht über Blumen im Haar singen konnte, wenn es in ganz Birmingham weit und breit nur Schmutz und Staub, aber keinen einzigen halbwegs grünen Grashalm gab …
Besagte düstere Texte (die nur eine Facette des Schaffens von Black Sabbath widerspiegeln – es gibt auch Antikriegssongs wie War Pigs oder gar christlich spiritualisierte Tracks wie After Forever) sorgten schnell dafür, dass Black Sabbath ein okkult-satanisches Image verpasst bekamen.“
In der Spiegel-Rezension zu „Ozzy – Die Autobiografie“ wird der Ex-Black-Sabbath-Sänger nun wie folgt dazu zitiert:
„Wenn ich sage, dass wir den Blödsinn mit der schwarzen Magie nicht einen Augenblick ernst nahmen, ist das die reine Wahrheit. Uns gefiel einfach das Theatralische am Satanismus“, bekennt Ozzy Osbourne, den seine Fans gern ,Fürst der Finsternis‘ nennen.
Und die Sache mit der Fledermaus? Stimmt es, dass Ozzy einst einer lebendigen Fledermaus den Kopf abgebissen hat? Ja schon – aber …
Das Ganze passierte während der „Bark at the Moon“-Tour 1982, bei einem Konzert in Des Moines, Iowa.
Damals war es üblich, dem ehemaligen Black-Sabbath-Frontmann und gefeierten „Prince of Darkness“ allerlei Plastik- und Gummi-Getier wie Mäuse, Ratten oder ähnliches auf die Bühne zu werfen. Irgend jemand brachte es fertig, eine halbtote echte Fledermaus mit in die Halle zu bringen.
In der Annahme, es mit einer Attrappe zu tun zu haben, griff Ozzy sich kurzerhand das Flattervieh:
Erst als er das Tier im Mund hatte, bemerkte er, dass es sich um eine echte Fledermaus handelte. Als das Tier anfing, mit den Flügeln zu schlagen, habe er einen Schreck bekommen und es sehr ruckartig aus seinem Mund gezogen. Dabei hätte er der Fledermaus versehentlich den Kopf abgebissen. Sie war knusprig und warm, beschreibt Ozzy das Geschmackserlebnis.“
Nach dem Auftritt wurde der Urvater aller Schock-Rocker erst einmal zur Tollwutimpfung ins nächste Krankenhaus gebracht.
Und seitdem hält sich hartnäckig die Geschichte von Ozzys Appetit auf lebende Tiere.
Möglicherweise nicht völlig zu Unrecht: Für eine MTV-Dokumentation plauderte Gemahlin Sharon aus, ihr Ozzy habe in jungen Jahren, während eines Meetings mit Plattenbossen, einer lebenden Taube den Kopf abgebissen. Nur so, als Promotion-Gag.
Legende oder Wahrheit? „Remains a Mystery“, wie Ozzy in dem Song „Little Dolls” singt.
Zum Weiterlesen:
- Osbourne, Ozzy/Ayres, Chris (2009): Ozzy. Die Autobiografie. Heyne-Verlag, München
- Harder, Bernd (2006): Lexikon der Großstadtmythen, Piper-Verlag, München