„Stellen Sie sich vor, an jeder Wolke wäre eine Schnur angebracht, die bis auf den Boden reicht. Was würde geschehen?“ Fragen wie diese fordern Ideenreichtum und Kreativität heraus.
Aber was ist das überhaupt, Kreativität? Manche vermuten dahinter einen guten Draht zum Transzendenten, während der Volksmund Genie und Wahnsinn in einem Atemzug nennt. Damit könnte er sogar richtig liegen, denn möglicherweise liegen kreatives Genie und psychische Erkrankung biologisch dicht beisammen. Dies jedenfalls legt eine Studie nahe, die der Psychologe Szabolcs Kéri jetzt im Fachblatt Psychological Science veröffentlicht hat. Demnach scheint ein Gen, das man mit der Entwicklung von Psychosen in Verbindung bringt, gleichzeitig positive Auswirkungen auf die Kreativität zu haben.
Das Gen Neuregulin 1 ist zuständig für die Entwicklung der Hirnzellen und beeinflusst ihre Kommunikation untereinander. Der Bereich, der die Aktivität des Gens steuert, kommt in zwei verschiedenen Formen vor, Experten sprechen von der C- und der T-Variante. Schon länger ist bekannt, dass Menschen, die von beiden Elternteilen die T-Variante geerbt haben, mit höherer Wahrscheinlichkeit an Psychosen (z.B. Schizophrenie) erkranken. Die T/T-Variante wird außerdem mit einem niederigeren IQ, geringerer Aktivität und Kapazität des Gehirns sowie einer geringeren Dichte der weißen Hirnsubstanz in Verbindung gebracht.
Klingt gar nicht gut. Aber warum kommt die T -Variante dann überhaupt noch in der Bevölkerung vor? Die Antwort glaubt Szabolcs Kéri mit seiner Studie gefunden zu haben: Unter den 200 Versuchspersonen waren diejeigen mit der T/T-Variante am kreativsten. Von ihnen kamen die originellsten Antworten bei Tests wie etwa der eingangs erwähnten Wolken-Frage. Im Mittelfeld lagen Probanden mit der Kombination C/T, während die C/C-Gruppe die schlechtesten Ergebnisse hatte.
So ganz repräsentativ ist Kéris Untersuchung allerdings nicht, wie der Forscher selbst einräumt. DieVersuchspersonen seien ausschließlich sehr gebildete, intelligente und kreative Persönlichkeiten gewesen. Außerdem ist noch unklar, auf welche Weise das Neuregulin-Gen die Kreativität beeinflusst. Zukünftige, umfangreiche Studien sollen darüber Klarheit bringen.
Mit den vielfältigen Faktoren für Kreativität und Intuition beschäftigt sich auch das Symposium turmdersinne, das vom 9.-11. Oktober im Germanischen Nationalmuseum (Nürnberg) stattfindet. Unter den Referenten sind renommierte Wissenschaftler wie Gerhard Roth, John-Dylan Haynes und Rainer Holm-Hadulla.
Übrigens: Forscherpersönlichkeiten zwischen Genialität und Wahn, sog. Querdenker, sind auch Thema der GWUP-Konferenz , die vom 13.-15. Mai 2010 in Essen stattfindet.
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