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Das miserable Gedächtnis des Wassers

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„Wasser entmystifiziert“ – nicht nur im aktuellen Skeptiker, auch die Kolumne von Michael Springer in Spektrum der Wissenschaft (August 2011) trägt diese Überschrift.

Der promovierte Physiker beschäftigt sich darin mit dem Nature-Aufsatz „Hydrogen  bonding at the water surface revealed by isotopic dilution spectroscopy“ und der Ergänzung von Pavel Jungwirth „Physical chemistry: Water’s wafer-thin surface“ im selben Heft (Nature 474/Juni 2011).

Einige Auszüge aus „Springers Einwürfe“:

Eine in alternativmedizinischen Internetforen heiß debattierte Variante ist ein vermeintliches „Gedächtnis“ des Wassers. Es speichert angeblich die Gestalt von Biomolekülen, selbst nachdem sie durch Verdünnen völlig entfernt worden sind. Wenn sich das empirisch erhärten ließe – was bisher misslang -, ergäbe es einen Ansatzpunkt für einen naturwissenschaftlich begründeten Wirkmechanismus der Homöopathie.

Von solchen Ideen hält Pavel Jungwirth gar nichts. Der tschechische Biochemiker begrüßt denn auch die Arbeit eines amerikanisch-kanadischen Teams um Igor V. Stiopkin, das die Wasseroberfläche genau unter die Lupe genommen hat. An der Grenze zwischen Wasser und Luft, so die Überlegung der Forscher, müsste sich doch offenbaren, ob die Flüssigkeit ihre mikroskopische Struktur ändert, sobald sie mit anderen Substanzen, in dem Fall mit Luft, in Berührung kommt.

Stiopkin und seinen Kollegen gelang es, die Streck- und Stauchschwingungen der Wassermoleküle an der Oberfläche zu analysieren, indem sie schweres Wasser beimengten, das statt Wasserstoff das Isotop Deuterium enthält.

Aus dem Spektrum der von den Vibrationen erzeugten Infrarotstrahlung schlossen sie auf die Lage der Oberflächenmoleküle und auf die Stärke ihrer Bindung an tiefere Flüssigkeitsschichten.

Das Ergebnis erfreut Jungwirth: Die Oberflächenschicht erweist sich tatsächlich als nur ein Molekül dick. Zwar erzeugen die obersten Wassermoleküle im Spektrum ein Signal, das eine quasi in die Luft ragende freie Wasserstoffbindung anzeigt; aber schon die unmittelbar darunter liegenden Moleküle sind durch Wasserstoffbrücken lose miteinander verbunden, wie es sich für normales Wasser gehört.

Eine irgendwie auffällige, auch nur wenige Moleküle dicke Zwischenschicht, die durch ihre Randlage knapp unter der Oberfläche verändert wäre, gibt es nicht. Das ist […] ein schwerer Schlag für alle Spekulationen über ein Sonderverhalten an Grenz- und Kontaktflächen.“

Zum Weiterlesen:

10 Kommentare

  1. Ob nun endlich Schluss mit der Homöopathie ist? Wohl kaum …

  2. Das glaub ich auch nicht.
    Die werden wahrscheinlich behaupten, das Wasser hätte durch das ‚böse‘ Deuterium eine Amnesie bekommen.
    Das liebe Wasser erinnert sich doch nur gerne an ‚harmonische Schwingungen‘.

  3. Es ist wie immer bei solchen Themen:

    Wenn die Anhänger von Aberglauben empfänglich wären für
    Sachargumente, dann gäbe es keine Anfänger von Aberglauben.

    Denn merke: Der Herr hat uns nicht den Verstand gegeben
    auf dass wir ihn nützen,
    sondern damit wir etwas haben,
    das wir mit unserem Glauben bekämpfen können.

  4. Und außerdem war das arme Wasser ganz nervös, weil der pöse Wissenschaftler es so grimmig angeschaut hat. Außerdem hat der Putzlappen auf dem Nebentisch bitterböse negative Energien ausgestrahlt, die das Karma des Wasser in solche Schwingungen versetzt hat, dass die Quantensprüngen im Nirwana landeten. Tja, so muss es sein, aber die pitterpöse Wissenschaft ist einfach noch zu doof, um die wahre Erkenntnis zu akzeptieren, dass Homöopathie ganz, ganz supitoll ist…

  5. @Mark Allelein

    Da das Wasser nur ein extremes Kurzzeitgedächtnis hat, soweit ich das verstehe, und damit akzeptiere.

    Wo liegt eigentlich der Unterschied ziwschen Glauben und Aberglauben?
    Von welchem Herrn schreibst du da?

  6. Wahrscheinlich hat der Wissenschaftler vorher Kaffee getrunken und damit das Gedächtnis des Wassers gelöscht. Das mögen die Homöopatome nämlich gar nicht.

  7. Wasser hat kein Gedächtnis. Aber die Bakterien haben jetzt vielleicht Ohren?
    Wunderbares Verschwinden von Masse durch (schöne) Information:
    http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/359320/359321.php

  8. @retiree:
    Der Unterscheid ist marginal und soll nur eine Abgrenzung schaffen zu dem etablierten Glaubengrundsätzen. Beides beruht aber auf den selben Irrtümern und Mechanismen. Als wirklich abgrenzend ist vielleicht die Vorstellung, dass ein Glaube auch die Identifikation mit einem in sich geschloßenem Wertesystem einhergeht, während Aberglaube eher Isoliert daherkommt und punktuell unvernünftige Ansichten beschreibt.

    Die meisten Homöopathen können nicht mal die Zahl ausprechen die eine D17 Verdünung bedeutet und haben nicht die Fähigkeit der Abstraktion sollcher größenordnung. Gefrgt reden Sie gern von Millionstel Teile, obwohl dies eher medizinischen Konzentrationen entspricht. Es ist augenwischerei und daran zu Glauben schlichtweg unvernünftig.

  9. Selbst wenn Wasser die Gestalt von Biomolekülen speichern können sollte bleibt noch immer das Problem, daß Fußspuren numal keine Füße sind, und man damit ergo noch lange nicht gehen kann, bzw. es unabdingbar einer Erklärung bedarf, wie dies denn zu bewerkstelligen wäre. Ganz abgesehen von der Frage, weshalb Wasser für homöopathische Wirkstoffe eher empfänglich sein sollte als für die „Biomoleküle“, denen es vorher auf freier Wildbahn zwangsläufig und in rauen Mengen schon begegnet ist.

    Aber damit noch nicht genug. „Gespeichet“ wird die Homöo-Info gegenwärtig ja zunächst in Sacharose-Kügelchen, nachdem zuvor die längste Zeit wässrige Alkohollösungen oder Laktose das Mittel der Wahl waren. Erst danach, bei der Einnahme, kommt das ganze mit („biomolekül“-überladenen) Nahrungsmitteln und Körpeflüssigkeiten in Berührung. Bei diesem Informations-Overkill jedoch muß man sich für die explikatorische Aufrechterhaltung des oben skizzierten Wirkansatzes schon mächtig ins Zeug legen.

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