Schöne aktuelle Ergänzung zu unserem jüngsten „Illuminaten“-Artikel:
Bayern 2 berichtet über die Illuminaten als
Eine bayerische Geheimgesellschaft“
Zum Podcast (zirka 22 Minuten) geht es hier.
Mit dabei ist Ingolstadts „illuminatischer Stadtführer“ Michael Klarner, den wir auch schon mal für den Skeptiker (4/2011) interviewt haben.
Ein Auszug aus dem damaligen Gespräch:
Skeptiker: Sie schlüpfen bei den Erlebnis-Führungen in die Rolle des Illuminaten-Gründers Adam Weishaupt. Wie würden Sie ihn aus heutiger Sicht charakterisieren?
Klarner: Weishaupt war ein engagierter, strebsamer und wissbegieriger Mensch. Hoch gebildet und im Geiste der Aufklärung erzogen.
Ich glaube schon, dass er stets aus hehrer Motivation heraus gehandelt hat und tatsächlich von dem obersten Ziel getrieben war, möglichst viele Menschen zum Guten zu führen. Gleichzeitig hatte er einen unbedingten Führungsanspruch und war in den Augen mancher seiner Anhänger ein Despot.
Letztlich ist er in der Umsetzung seiner Ideen gescheitert, hat sich auf Irrwege begeben und schließlich das Gespür für das rechte Maß, für ein objektives „Gut“ und „Schlecht“ verloren.
Er selbst sah sich und seine Ideen bis zum Ende seines Lebens bitterlich missverstanden und verleumdet.“
Welche Erfolgsaussichten hatte denn das historische Projekt „Illuminatenorden“ realistischerweise?
Die ursprüngliche Idee Adam Weishaupts, die „Besserung des Menschen durch Erziehung“ mit dem Ziel, ihn zu einem „vollkommenerem Leben zu führen, ist ein hehrer und, nebenbei bemerkt, auch heute noch aktueller Ansatz.
Gescheitert ist der Orden letztlich an nicht zu Ende gedachten Zielen und Strukturen, an mitunter fragwürdigen Methoden, einem zu raschen Wachstum und einem Gründer, der eine absolute Unterordnung seiner Anhänger verlangte.
Demokratische Strukturen fehlten – was in dem Orden, der sich eigentlich der Aufklärung verschrieben hatte, zu einem unheilbaren Mangel im eigenen Aufbau führte.“
Wie schätzen Sie den Lerneffekt Ihrer „Erlebnisführung durch Ingolstadt rund um die bairischen Illuminaten“ ein, auch zum Beispiel auf erwartungsfrohe Verschwörungstheoretiker?
Viele Besucher sind dankbar, dass wir mit der Führung Bilder in ihnen erweckt haben. Hierüber sind wiederum wir froh, denn wir glauben, dass sich durch diese visuelle Verankerung der Inhalt leichter einprägt.
Schön ist es natürlich, wenn der eine oder andere Teilnehmer die Führung zum Anlass nimmt, sich fundierter mit einzelnen Aspekten zu befassen. Allerdings gibt es auch Besucher, die enttäuscht sind, dass wir den Illuminaten die Maske der Verschwörung so gnadenlos herunterreißen und sich darunter die deutlich weniger spektakuläre Realität offenbart.
Oder besser gesagt: die „anders spektakuläre“ Realität.“
Versuchen Konspirologen denn anschließend mit Ihnen zu diskutieren?
Natürlich gibt es auch immer jene, die in unserer Veranstaltung den Versuch sehen, mit historischen Fakten von der „wirklichen Wahrheit“ abzulenken. Und die uns als von den Illuminaten gesandte Verschleierungsaktion betrachten. Diese Reaktionen gehören aber wohl dazu, wenn man sich mit so einem Thema beschäftigt.
Nett sind aber immer jene, die mit Verweis auf die „Wahrheit, die im Internet steht“, versuchen, uns zu überzeugen, dass es die Illuminaten wirklich noch gibt und wir doch nochmal genauer recherchieren sollten. Im Internet natürlich.
Sie kennen aus der Literatur den Begriff der verschwörungstheoretischen Versuchung. Sind Sie selbst davon auch schon mal berührt worden, während der Recherchen vielleicht?
Natürlich wäre es reizvoll, selbst Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen – es ist ja so einfach.
Bisher konnten wir dieser Versuchung allerdings wiederstehen und beschränken uns auf interne Verschwörungstheorien.
Etwa jene, wonach die Illuminaten versucht haben, unsere Veranstaltung zu verhindern, denn wichtige Requisiten und Kostümteile von zwei Zulieferern sind unabhängig voneinander bei der ersten Zustellung verschwunden und erst Wochen nach der Premiere wieder aufgetaucht. Tatsächlich aber handelte es sich um logistische Probleme zweier Paketdienste.
Wir konnten sie in beiden Fällen durch eine Zweitbestellung lösen.
Im Vereinsregister der Stadt Ingolstadt findet sich heute noch ein „Illuminatenorden“. Sind Sie sicher, dass es den Geheimbund nicht mehr gibt?
Nach der Zerschlagung der Strukturen und dem letzten Verbot von 1785 ist es sehr wahrscheinlich, dass sich der Orden aufgelöst hat.
Zumal viele der Anhänger erst recht spät von den eigentlichen Zielen Weishaupts und der beabsichtigten Unterwanderung des Staates erfahren haben. Viele der damaligen Anhänger haben sich in der Folge, zum Teil auch öffentlich, von den Illuminaten losgesagt. Natürlich gab es im Laufe der Geschichte immer wieder Wiedergründungen, die sich vom Namen oder den Inhalten her auf die Traditionen des Ordens berufen haben.
Solche Illuminaten 2.0 mag es auch durchaus noch geben.“
Die beiden letzten Termine der Illuminaten-Stadtführung in diesem Jahr sind der 14. September und der 12. Oktober.
Zum Weiterlesen:
- Die Illuminaten: Eine bayerische Geheimgesellschaft, Bayern 2 am 25. August 2014
- Das Rätsel der „Illuminatendecke“, GWUP-Blog am 21. August 2014
- Eine Ingolstädter Erfindung: Der legendäre Geheimbund der Illuminaten, Wir in Ingolstadt am 1. Dezember 2013
- Illuminati in Ingolstadt: Alles nur Phantasie? GWUP-Blog am 27. August 2009