Im Mai hatten wir über die Neuauflage des Buches
Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin”
berichtet und zugleich darauf hingewiesen, dass die Erstauflage von 2008 kostenfrei im Internet steht.
Jetzt schreibt der Science-Blog Gesundheits-Check, dass mittlerweile auch die 2013-Ausgabe online verfügbar ist.
„Wo ist der Beweis?“ kann in deutscher Übersetzung sowohl als PDF heruntergeladen als auch kapitelweise im Netz angeklickt werden, und zwar hier.
Ben Goldacre (Autor von „Die Pharma-Lüge“) schreibt im Vorwort:
In der Medizin sollte es nicht um Autorität gehen, und die wichtigste Frage, die man bezüglich jeder Behauptung stellen kann, ist ganz einfach. Sie lautet: „Woher wissen Sie das?“ Diese Frage soll im vorliegenden Buch beantwortet werden. […]
Doch in allererster Linie sind wir selbst es, die sich täuschen können. Die meisten Krankheiten haben einen natürlichen Verlauf: Sie bessern oder verschlechtern sich periodisch oder auch rein zufällig. Wenn die Symptome sehr schlimm sind, dann kann deshalb auch alles, was man ggf. dagegen unternimmt, den Anschein erwecken, als habe diese Therapie Wirkung gezeigt, weil sich der Zustand des Patienten ohnehin gebessert hätte.
Ebenso kann uns auch der Placebo-Effekt in die Irre führen: In manchen Fällen kann es tatsächlich vorkommen, dass es dem Patienten einfach deswegen besser geht, weil er ein Scheinmedikament ohne aktive Wirkstoffe genommen hat und glaubt, dass es ihm geholfen hat. […]
Und dann gibt es auch noch diejenigen, die gegen wissenschaftliche Studien zu Felde ziehen. Wenn dieses Buch eine wichtige Botschaft vermittelt, dann ist es das Konzept des fairen Testens. […] Nicht alle Studien sind aus dem gleichen Holz geschnitzt, denn es gibt so viele Möglichkeiten, wie eine wissenschaftliche Forschungsarbeit verzerrt werden kann und irrtümlicherweise eine Antwort gibt, die irgendwer irgendwo für die richtige hält.
Manchmal gehen solche Verzerrungen nur auf Unaufmerksamkeit zurück oder entspringen sogar den lautersten Motiven. Ärzte, Patienten, Professoren, Pflegekräfte, Beschäftigungstherapeuten und Gesundheitsmanager – sie alle können der Idee aufsitzen, dass die eine Therapie, in die sie persönlich so viel Energie gesteckt haben, die einzig wahre ist. […]
Dieses Buch gehört in jede Schule und alle ärztlichen Wartezimmer.“
Das Geleitwort zur deutschsprachigen Ausgabe stammt vom Herausgeber Gerd Antes, Direktor des Deutschen Cochrane Zentrums und Referent bei der GWUP-Konferenz 2009 sowie beim World Skeptics Congress 2012:
Dieses Buch ist der konsequente Versuch, die strengen Regeln für verlässliche Information für Patienten und Betroffene verständlich und nutzbar zu machen.
Dass offensichtlich haltlosen Versprechungen von Eiferern und Scharlatanen nicht getraut werden kann, haben die meisten Menschen verstanden. Dass man jedoch auch seriösen Wissenschaftlern, Ärzten, Krankenkassen, Behörden und gesundheitspolitischen Organisationen nicht blind vertrauen sollte, ist weit weniger leicht einsichtig.
Täglich verbreitete Empfehlungen und Versprechungen zeigen das jedoch sofort: Neue Behandlungen sind nicht automatisch besser; mehr ist nicht notwendigerweise besser; das frühe Erkennen einer Krankheit ist keinesfalls immer besser; und etabliert bedeutet nicht immer bewährt!
Behauptungen dieser Art führen uns immer wieder in die Irre, ihre häufige Wiederholung macht sie nicht richtiger. Leider beherrschen sie auch das Denken vieler Patienten. In den folgenden Kapiteln wird erklärt, warum vieles, was scheinbar plausibel ist, nicht stimmt und uns zu falschen Entscheidungen führt.“
Zum Weiterlesen:
- Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou, Karin Beifuss (Übersetzerin): Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin. Huber-Verlag, Bern 2013
- Buch im Volltext bei Testing Treatments interactive
- „Wo ist der Beweis?“ jetzt online abrufbar, Gesundheits-Check am 21. August 2013
- Neu: „Die Pharma-Lüge“, GWUP-Blog am 6. August 2013
- Warum Homöopathie zu wirken scheint, GWUP-Blog am 9. Oktober 2011
- Hat Recht, wer heilt? GWUP-Blog am 2. August 2013
- Homöopathisches Grippemittel Oscillococcinum: Studie von Papp (1998), Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 20. August 2013
- Quacksalberei für Zahnärzte: eine Entscheidungshilfe, Kritisch gedacht am 21. August 2013
- Wer muss Diskussionen, Argumente und Belege fürchten? Nachdenken bitte am 2. Januar 2013
- Mehr Wissen, weniger Geld: Buchrezension „Bessere Ärzte, bessere Patienten, bessere Medizin“, derStandard am 19. August 2013
25. August 2013 um 09:55
Sofort das PDF downgeloadet. Danke für den Hinweis
26. August 2013 um 15:52
Den Begriff „Beweis“ finde ich im Zusammenhang mit Naturwissenschaft und Medizin immer etwas problematisch – Beweise sind etwas für die Mathematik. Ich bevorzuge den Begriff „Beleg“.
Und die zitierte Frage „Woher wissen Sie das?“ drückt das ganze doch sowieso viel besser aus als „Wo ist der Beweis?“.