gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Ebay-Spinnkram und ein Chefredakteur mit galoppierender Esoterik-Allergie

| Keine Kommentare

Zaubertränke, Flüche, Hexensprüche, Magie, heilerische Sitzungen, Wahrsager-Dienste und Segnungen: Ab dem 1. September will Ebay zumindest in den USA solche Auktionen nicht mehr zulassen.

In der Süddeutschen Zeitung heißt es dazu:

„Es geht nicht darum, Esoterik Ganzes zu verbieten“, sagt Maike Fust, die Pressesprecherin von Ebay Deutschland auf Nachfrage. Die Änderungen in den USA beträfen nur einige wenige Unterkategorien. Es gehe vorrangig darum, ungegenständlichen Dienstleistungen nicht länger eine Plattform zu bieten.

„Um die Kunden zu schützen“, ist in einer offiziellen Presseerklärung von Ebay Amerika zu lesen.  In letzter Zeit habe es häufig Probleme mit der Abwicklung und Umsetzung solcher Angebote gegeben, heißt es in dem Schreiben weiter.“

Prompt nimmt die Spinnkram-Fraktion Nordamerikas das Online-Auktionshaus ins Visier, schreibt FTD.de:

Ein Großteil der mehr als 80.000 Produkte aus der Kategorie „New Age & Metaphysical“ werden aus den virtuellen Regalen von Ebay USA verschwinden, weil sie keinen greifbaren Wert hätten. Tarotkarten können also weiterhin verkauft werden, aber die Wahrsagerin darf ihre Dienste nicht mehr anbieten, weil dabei keine Ware den Besitzer wechselt […]

Hexen und Magiern in Nordamerika gehen die neuen Regeln an die Ehre. In einer Online-Petition fordern sie ihre Kunden zum Kampf gegen Ebay auf. Schließlich würden Rosenkränzen und Kruzifixe ja auch nicht verbannt, obwohl sie genau wie Heilsteine und Aromatherapie-Kerzen ganz klar immaterielle Werte für den Käufer beinhalteten, heißt es im Aufruf zur Unterschriftenaktion.“

Wir lesen tatsächlich richtig: eine Unterschriftenaktion.

Haben die zauberhaften Geschäftemacher keine Flüche und Schadzauber im Köcher? Ziemlich ärmliches Vorgehen für „Hexen und Magier“.

Egal. Wir hier in Deutschland sind derweil gespannt, welche Reaktionen Karl-Heinz Farni ernten wird.

Farni ist Redaktionsleiter bei Zero, dem „Magazin der Region Wendland“.

Der aktuellen Juli-/August-Ausgabe hat Farni ein höchst bemerkenswertes Editorial vorangestellt, in dem er sich als „Esoterik-Allergiker“ outet:

Kann sein, dass ich gerade dabei bin, einen ganzen Sack voller zero-Anzeigenkunden und -leser zu verprellen; aber ich habe, mit Verlaub, eine galoppierende Esoterik-Allergie.

Ich meine: Ich muss das Ganze doch abtippen, setzen, einspiegeln – und dann noch einmal korrekturlesen. Und irgendwann, wenn man zum dritten Mal „Hawaiianische Darmentleerung“ tippen muss, bemerkt man dann Pickel auf der Haut, oder kriegt rote Stellen, die jucken und sich gegen Angebote wehren wie: „Hier kannst Du Dein Körper-System mit Fäden und Strängen an die universalen Gitternetze anschließen.“

Und dann all die „Tänze des Friedens“ und „Reisen der Seele“ auf dem „Weg aus der Sackgasse“!

Allein, dass die mich alle ungefragt duzen! Da fängt die Zumutung doch schon an!

Und nein, ich möchte meine „alten Verhaltens- und Glaubensmuster“ nicht dauernd loslassen müssen, und ich möchte auch nicht ständig „auf meinem inneren Weg begleitet“ werden.

Schon gar nicht möchte ich dafür Geld bezahlen.

Und dann diese Drohung: „Ich komme zu Ihnen und Euch nach Haus und löse Eure Staus auf verschiedenen Ebenen.“ Nein, bitte, nein, das möchte ich nicht.

Eine kostenlose Probesitzung „zum Beschnuppern und Kennenlernen“ möchte ich, bitte, auch nicht. Dabei ist es ja nicht so, dass ich selbst davon ausginge, dass es zwischen Himmel und Erde nur Zahlen und Vernunft gäbe.

Nur: Meine Erfahrung ist, dass die selbsternannten Retter, die so weichgespült daherkommen, um gute Stundenhonorare aufzurufen, gern vom Fühlen labern – aber nicht fühlen, dass sie das alte Prinzip „harte Schale, weicher Kern“ nur umkehren.

Vor allem locken sie, wie auch die Kirchen, mit diesem merkwürdigen Paradies, in dem alles immer nur lächelt und entspannt ist – eine grauenhafte Vorstellung!

Kirchen und Esoteriker trennen „Gott“ und „Teufel“, Körper und Seele. Da kann dann nur Mist bei rauskommen.“

 Wir sagen: Bravo, Herr Farni!

Am zero-Magazin aus dem Wendland sollten sich alle großen Frauenzeitschriften ein Beispiel nehmen.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.