gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Video: „Cash und Karma – Ausbeutung beim Yoga?“

| 14 Kommentare

Heute Abend (5. September) um 22.50 Uhr im Ersten:

Cash und Karma: Ausbeutung beim Yoga?

Den 45-minütigen Beitrag gibt es bereits in der Mediathek.

Es geht um „Deutschlands größte Yogakette“ Yoga Vidya, deren „Struktur“ und „Weltbild“.

Ein begleitender Seite 3-Artikel in der Süddeutschen Zeitung von heute beginnt vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt, wo eine ehemalige Mitarbeiterin bei Yoga Vidya auf eine angemessene Bezahlung klagt.

Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Frage, ob es sich bei den 80 Yogazentren und vier Ashrams in Deutschland um Orte handelt, wo Menschen sich „spirituell weiterentwickeln“ – oder „einfach um Seminargebäude mit angeschlossenem Hotelbetrieb, dessen Mitarbeiter alles dafür tun sollen, damit Ferien- und Wellnessgäste kommen und der Betrieb sich rechnet?“

Die Beiträge in der ARD, der Süddeutschen und bei tagesschau.de zielen also weniger auf krude Weltanschauungen und Verschwörungsdenken in der Yoga-Szene (was in der Coronakrise ein Thema war und in dem ARD-Video ab Minute 30 kurz angesprochen wird), sondern auf arbeits- und vereinsrechtliche Probleme mit dem Anbieter Yoga Vidya, wie etwa Mindestlohn und Gemeinnützigkeit.

Einige „Sevakas“ (was soviel wie „Dienende“ bedeutet) der Gruppierung um den Gründer Volker Bretz sehen sich als „praktisch entrechtet“ an, während Bretz offenbar auch Gemüse putzen, Abwasch und Küche reinigen als „Dienst an Gott“ betrachtet.

Am Ende der ARD Story obsiegt die Yoga-Vidya-Aussteigerin in Erfurt. Das Gericht urteilt, Yoga Vidya sei „weder Religions- noch Weltanschauungsgemeinschaft“, sondern ein Mischmasch verschiedener religiöser und spiritueller Strömungen, es fehle das erforderliche Mindestmaß an Systembildung und Weltdeutung.

Damit ist die Geschichte aber wohl noch nicht zu Ende. Yoga Vidya will jetzt daran arbeiten, eine öffentlich anerkannte Religionsgemeinschaft zu werden, die nicht dem Arbeitsrecht unterliegt.

Das wird noch spannend.

Aber erst mal droht Bretz der Stadt Horn-Bad Meinberg in Nordrhein-Westfalen mit der „Insolvenz“ des örtlichen Yogazentrums, weil das Erfurter Urteil „gravierende finanzielle Auswirkungen“ haben könnte, berichtet die Neue Westfälische.

Bürgermeister und Kurdirektor sind denn auch rechtschaffen bestürzt, sprechen von einem „ganz gravierenden Einschnitt für die Stadt“, finden im NW-Interview Yoga Vidya ganz toll und planen sogar, „gemeinsam Kraft-Energie-Orte zu entwickeln“.

Schön, so ein „einmaliges Modell im Niedriglohnsektor“ (tagesschau.de).

Update

Yoga Vidya hat eine Stellungnahme zu den Vorwürfen veröffentlicht.

Zum Weiterlesen:

  • Yoga – um welchen Preis? tagesschau.de am 4. September 2023
  • Immer schön dankbar sein, SZ+ am 4. September 2023
  • Der Yoga-Unternehmer: Alles ist erleuchtet, impulse am 30. Augst 2013
  • Dunkles Geschäft mit dem Yoga-Boom: Der Seelenfänger, handelsblatt am 25. März 2016
  • Wie Yoga das Gehirn verändert, spektrum am 4. Januar 2021
  • Grams‘ Sprechstunde: Gesundheit, Spiritualität, keine Esoterik, spektrum am 23. Februar 2021
  • Verschwörungserzählungen in der Yoga-Szene, ezw am 1. Juli 2021
  • Wie Yogis Corona-Mythen verbreiten, BR am 4. Juni 2021
  • Yoga in der Pandemie: Mit Aluhut auf der Matte, Belltower News am 26. August 2021

14 Kommentare

  1. Moin , also ich fand diesen Bericht auch nicht wirklich skandalös. Während der Umbaumassnahmen sind den Helfern*innen (KarmaYogis) durchaus Schutzausrüstung angeboten worden, da es in dieser Szene auch einige gibt, die der Meinung sind auf weltliche Dinge, wie diese zu verzichten zu wollen – da gilt dann immer über 18 Jahre und Erwachsen…. ;-) – Das dieser König-Reichsbürger Fidi überhaupt in diesem Beitrag vorkommt – die Äußerung seitens Bretz (Sukdadev) waren ja eine eindeutige Ablehnung – Das Mieten dieses Seminarraums ist halt für jeden zugänglich, kann also jede/r – jetzt wird wohl etwas eher geprüft, wer da mietet, – Der Fehler wurde erkannt und die Zusammenarbeit wurde gekündigt, nachdem sich mehre und belastbare Tatsachen ergeben hatten, nicht weil 1 oder 2 sich beschweren – Zu den Sevakas , da ich selber dort einmal anfangen wollte, war und ist es in den Arbeitsverträgen und den Information, die man erhält eindeutig klar, welche Arbeitsbedingung, Entlohnungen und Versorgungen und welche Sozialversicherungbeiträge es gibt. Alles war ganz transparent einsehbar kommuniziert worden. Auch wird man- soweit ich mich erinnere eine Art Vorbereitungszeit für das Leben im Ashram gewährt, da die Sozialversicherungsbeiträge weitergezaht werden ist es auch kein Problem sich weiterhin mit Freunden Kontakt zu halten, es werden einem keine Telefon oder ähnliches verboten.. – Aber davon ab, sollte einem klar sein, daß wenn man diesen spirtuellen Weg gehen möchte und in einer „Art“ Kloster leben möchte, damit auch für die Gemeinschaft arbeiten wird und auch daß das kein X-beliebiger Arbeitgeber ist, weil man möchte ja freiwilig dort leben und seinen spirtuellen Weg gehen. Und Sie zwingen ja niemanden dort zu sein. Die Bedingung sind klar kommuniziert und wenn man einverstanden ist dann unterschreibt man oder halt nicht. – So daß die Richter jetzt so entschieden haben dürfte wohl auch mit dem Sozialversicherungssystem unseres Landes zu tun haben, daß ja darauf basiert das viele Menschen in die Sozialversicherungen einzahlen, weil es sonst nix mehr zu verteilen gibt. Das YogaVidya jetzt eine Religionsgemeinschaft werden muss, um diesen rechtlichen Bedingung zu entgehen – sie waren ja als gemeinützig anerkannt worden, ist ja jetzt deren gutes Recht wiederum, daher finde ich diesen Filmbeitrag es etwas seltsam, da am Ende dann darauf angespielt wird, daß in Indien wiederum es nur um geistliche/spirituelle Entwicklung geht ohne religöser Verehrung, was nicht ganz stimmt, wenn man sich die Kirtangesänge genauer anschaut, aber so dilettantische Recherche wie in diesem Beitrag, der eine Skandalisierung eine Arbeitsrechtfalls heraufbeschwören sollte, erlebt man selten. Das der Verein in Indien genauso heisst ist halt darauf zurückzuführen das Vidya = Wissen heisst, daß nur nebenbei. Letztendlich finde ich es wesentlich interesanter und skandlöser das in unseren Werkstätten für Menschen mit Behinderung in Deutschland immer noch auf 400 Euro-Basis gearbeitet wird und es dort kein Mindestlohn gibt, aus nicht wirklich nachvollziehbaren Gründen , denn die haben keine Entscheidungsfähigkeit dort zu arbeiten oder halt nicht wie in diesem Fall. Und das es in der Esoterik & Yoga Szene immer wieder offentsichtlich Schwachköpfe und Antisemiten wie Scheisshausfliegen auftauchen ist glaube ich nicht wirklich Neues – Selbst unser Aiwanger darf ja trotz Antisemitisch Äußerungen und damit Menschenfeindlich-Einstellung im Amt bleiben…also so what ? -P.S. Der Beitrag meiner Vorgängerin wäre wirklich skandalös, dort geht es um sexuelle Übergrifflichkeit eines selbsternannten Gurus, da berichtet man nicht zur prime-time drüber….

  2. Damit ist die Geschichte aber wohl noch nicht zu Ende. Yoga Vidya will jetzt daran arbeiten, eine öffentlich anerkannte Religionsgemeinschaft zu werden, die nicht dem Arbeitsrecht unterliegt.

    Es ist gut, dass ich auf der anderen Seite des Rechners sitze und die Besonderheiten des Arbeitsrechtes für Religionsgemeinschaften nicht ausformulieren muss. Aber selbstverständlich unterliegen auch die Arbeitsverhältnisse der Religionsgemeinschaften in weiten Teilen dem Arbeitsrecht. Die Besonderheiten benennt der Link.

    Zudem hat der EuGH im Gegensatz zum BVerfG die Loyalitätsobliegenheiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stark eingeschränkt. Mit dem Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts werfen die Länder jetzt auch nicht täglich um sich, aber das ist eine politische Debatte.

  3. @Carsten Ramsel:

    … die nicht dem Arbeitsrecht unterliegt.

    Ich weiß, aber die Formulierung ist so wörtlich aus dem Beitrag (Minute 41:55).

  4. @H. Peters:

    – bisschen viel Whataboutismus, der nichts zur Sache tut

    – auch Verträge, die man unterschreibt, können rechtswidrig sein

    – „skandalisiert“ wird da gar nichts, sondern eine Ehemalige bei einem Prozess gegen Yoga Vidya begleitet

    – alle Ihre Ausführungen ändern nichts daran, dass Yoga Vidya „in der Praxis wie ein Unternehmen agiert“ (SZ).

    – dass es „kein Problem“ sei, mit Bekannten und Verwandten Kontakt zu halten, wird in dem Beitrag von Ehemaligen bestritten

  5. @Martina: In den von dir verlinkten Berichten geht es um eine andere Gruppierung.

    Der Fairness halber sollte man – bei aller Kritik an Yoga Vidya – nicht alle hinduistisch angehauchte Gruppen in einen Topf werfen, sondern differenziert die Gefahr (oder Nicht-Gefahr) betrachten.

    Anekdotische Evidenz: Ich als Nichtmitglied von YV halte Kontakt mit einem Sevaka dort, schon seit Jahren.

  6. Zu dem Murks von H. Peters:

    Der Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und Praktikanten, wobei bei den Letzteren Ausnahmen bestehen. Ebenso gilt er nicht für Ehrenamtlich tätige. Siehe MiLoG, besonders Interessant § 3 „Unabdingbarkeit des Mindestlohn“.

    Verstöße, auch per Vertrag geregelt, wären unwirksam. Andere Bestimmungen in Verträgen können Sittenwidrig sein und sind dann nichtig. Das gilt auch in einem Kloster, wenn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einen Arbeitsvertrag haben.

    Der „Skandal“ in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Der Vorwurf ist, wie er von H. Peters vorgetragen wird natürlich falsch. In den Werstätten arbeiten Menschen, die aufgrund ihrer Einschränkungen nicht im allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können. Die Anforderungen an ihrer wirtschaftlichen Leistung sind sehr gering und nicht wichtig.

    Sie sind auch keine Arbeitnehmer, sondern in einem abeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis. Siehe SGB IX.

    Um den Mindestlohn zu umgehen müssten alle Mitarbeiter als Selbständige arbeiten. Aber auch da kann Ungemach drohen.

    Dann zu den Arbeitsschutzmaßnahmen. Die sind immer verpflichtend. Es reicht nicht aus darauf hinzuweisen und PSA zur Verfügung zu stellen, der Arbeitgeber muß auf die Einhaltung der Bestimmungen drängen und regelmäßig die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen durch Schulung informieren.

    Das gilt auch in einem Kloster, unabhängig ob abhängig beschäftigt oder als Mönch oder Nonne oder wie die auf yogisch heißen. Selbst ehrenamtlich Arbeitende werden von den Bestimmungen nicht verschont.

  7. Hier mal ein Link zu Narada Marcel Turnau der mal Ashramleiter im Haus Yoga Vidya Westerwald war.

    Besonders interessant ist der „Nachtrag August 23“ indem er von den Veränderungen im Verein schreibt.

    Der Rest kann man aber auch lesen.

    https://vedanta-yoga.de/yoga/mein-ausstieg-yoga-vidya-insider-packt-aus/

  8. Der Beitrag hat noch einen interessanten Move parat.

    Habe das nämlich zusammen mit meinem Esoterik-affinen Freundeskreis geschaut. Erster Teil des Beitrags: Volle Zustimmung, Skandal, der Typ muss weg.

    In der letzten Viertelstunde kommt dann aber noch der Schwenk zum unkritischen Umgang mit Reichsbürgern etc. – und da war dann plötzlich Gemurmel im Publikum…

  9. Hier ist eine Gegenüberstellung von Yoga Vidya. Das hätte man zumindest mit verlinken können um sich von allen Seiten selbst ein Bild zu machen:
    https://www.yoga-vidya.de/statement/

  10. @Alex:

    Das hätte man zumindest mit verlinken können.

    Wer lesen kann, ist klar im Vorteil – im Artikel und im Kommentarbereich:

    https://blog.gwup.net/2023/09/05/video-cash-und-karma-ausbeutung-beim-yoga/#comment-144115188075964777

  11. Noch ein Update:

    Eine Priesterin hat für den Verein in der Seminarplanung und Online-Marketing gearbeitet. Sie bekam dafür ein Taschengeld. Sie klagte vor dem Arbeitsgericht.

    Das Bundesarbeitsgericht gab der Frau Recht, ihr stand der Mindestlohn zu.

    Der Verein sah die Tätigkeit als religiöse Handlungen an und legte Verfassungsbeschwerde ein. Die wurde nun abgewiesen.

    https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/yoga-zentrum-lippe-streit-mindestlohn-100.html

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.