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Inszenierte Marienerscheinung und die neuen „Wunder“-Regeln der katholischen Kirche

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Tatsächlich mal ein klares Urteil:

constat de non supernaturalitate

Kein diplomatisches Rumgeeiere wie „non constat de supernaturalitate“ (Es steht nicht fest, ob es sich um Übernatürliches handelt), womit übernatürliche Phänomene weder ausgeschlossen noch bestätigt werden (wie derzeit etwa in Medjugorje).

Sondern unmissverständlich:

Es steht fest, dass die Erscheinungen nicht übernatürlich sind.

Damit bestätigt nun auch der Vatikan offiziell, was wir im vergangenen Jahr schon voraussagten: dass sich die „Marienerscheinungen“ von Trevignano Romano (am Lago di Bracciano 50 Kilometer nördlich von Rom) als „höchst erdgebundene Vorkommnisse“ herausstellen werden, beziehungsweise unprosaisch als Fälschung und Betrug der 54-jährigen Pseudo-„Seherin“ Gisella Cardia.

Für künftige Fälle hat die katholische Kirche nun das Repertoire ihrer Urteilsmöglichkeiten von drei auf sechs erweitert – aus constat de non supernaturalitate wird dann eine „Declaratio de non supernaturalitate“ , wie es in den aktualisierten „Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene“ heißt, welche der Vatikan im Mai erlassen hat.

Zu den Neuerungen gehört, dass eine „Übernatürlichkeit“ letztgültig nur noch vom Papst bestätigt werden kann – und nicht mehr vom zuständigen Ortsbischof.

So wurden beispielsweise die Marienerscheinungen von Amsterdam (1945-1959) im Jahr 2002 von Bischof Jozef Marianus Punt als „übernatürlich“ anerkannt, obwohl der Vatikan ein negatives Urteil zu den Vorkommnissen abgegeben hatte.

Außerdem werde das Verfahren zur Wunderprüfung beschleunigt und „rationalisiert“ und es fokussiere zudem auch auf „problematische Frömmigkeitspraktiken“, schreibt katholisch.de:

Die drei Vorsichts-Kategorien sind „prae oculis habetur“ („im Auge behalten“), „curatur“ („Sorge tragen“) und „sub mandato“ („unter Aufsicht stellen“). Alle drei Kategorien stellen Risiken fest, die es im Umgang mit einer Erscheinung zu beachten gibt.

Konkret ausformuliert bedeutet „Curatur“ laut Vatican News:

Kritische Elemente, aber eine weite Verbreitung des Phänomens mit nachweisbaren geistlichen Früchten. Von einem Verbot, das die Gläubigen verwirren könnte, wird abgeraten, aber der Bischof wird aufgefordert, das Phänomen nicht zu fördern.

Das klingt, als ob der Vatikan sich damit präventiv das Urteil für Medjugorje (wir berichteten hier) zurechtgelegt hat – wir werden sehen, ob das nicht sogar das Hauptziel der neuen „Normen“ ist, diesen unbequemen Fall endlich zu einem Abschluss zu bringen, nachdem sich wieder einmal ein „Sonderbeauftragter“ an dem umstrittenen Erscheinungsort in Bosnien-Herzegowina abarbeitet.

Übrigens:

In der ARTE-Mediathek gibt es derzeit alle acht Folgen der hochgelobten italienischen Fernsehserie „Ein Wunder“ um eine blutende Marienstatue.

Zum Weiterlesen:

  • Marienerscheinungen: Neue „Beobachtungsstelle“ des Vatikan hat gleich gut zu tun, GWUP-Blog am 15. April 2023
  • „TV-Kunstwerk“ bei ARTE über eine blutende Marienstatue, GWUP-Blog am 10. Januar 2019
  • „Die Erscheinung“ bei ARTE, GWUP-Blog am 21. Januar 2023
  • Video: „Blutwunder in der Oberlausitz“ vom 21. März 2024
  • Marienfigur von Ostro untersucht: Kirche hat Erklärung für „Blutwunder“, mdr am 16. April 2024
  • Vatikan: Neue Normen zu mutmaßlichen übernatürlichen Phänomenen, vatican-news am 17. Mai 2024
  • Neue Wunder-Regeln schärfen den Blick der Kirche aufs Übernatürliche, katholisch.de am 18. Mai 2024
  • 30 Jahre Medjugorje Teil I: Die Vorgeschichte
  • 30 Jahre Medjugorje Teil II: Die Seher
  • 30 Jahre Medjugorje Teil III: Die Franziskaner
  • 30 Jahre Medjugorje Teil IV: Die Botschaften
  • 30 Jahre Medjugorje Teil V: Das Fazit

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