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Scicomm-Support: Hilfe für angefeindete Wissenschaftler

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Ein Hausarzt in Niedersachsen, der während der Corona-Krise „auf Konfrontationskurs mit Impfgegnern“ ging, wird mehr als zwei Jahre später immer noch angefeindet, berichtet Welt+:

Welt: Sie erhalten heute noch Nachrichten?

Das kommt in Wellen. Alle paar Wochen erscheinen bei Google mehrere negative Bewertungen, Beleidigungen, Bedrohungen. Die lasse ich löschen, was leider sehr aufwendig ist. Bei der Polizei erstatte ich immer wieder Anzeigen, die letzte erst vor drei Wochen.

Was steht in den Google-Bewertungen?

Das sind teilweise Sätze wie: „Wer spritzt wie ein KZ-Arzt, darf sich nicht wundern.“ Manche klingen sakral: „Das Karma wird kommen.“ Es gab auch Lügengeschichten: Ich hätte versucht, einem kranken Kind den Kopf aufzuschneiden. Die rabiaten Dinge, die Todesdrohungen, kommen inzwischen seltener.

Haben Sie mit Ihrer Position zum Impfen zur Spaltung beigetragen?

Ich hoffe nicht. Wenn, dann war es nicht meine Absicht. Ich hatte eine klare Haltung, und die musste niemand gut finden. Wenn man einen bestimmten Bäcker nicht mag, geht man einfach zu einem anderen, man bedroht nicht den Bäcker. Mich hätte man genauso ignorieren können. Stattdessen wurde ich bedroht.

Parallel dazu sprach Die Zeit mit Julia Wandt von der Uni Freiburg, die den Scicomm-Support mitinitiiert hat, eine Anlaufstelle „bei Angriffen und unsachlichen Konflikten in der Wissenschaftskommunikation“:

Zeit: Wer ruft da an?

Wandt: Unbekannte wie bekannte Leute aus allen Fächern, jeden Alters und Geschlechts. Manche rufen in einer aktuellen Notlage an, andere nach monatelangem Beschuss – die jetzt sagen: Ich möchte mir das nicht mehr gefallen lassen.

Wie sehen solche Angriffe aus?

Von Anfeindungen in den sozialen Medien über beleidigende E-Mails bis hin zu tätlichen Angriffen auf offener Straße und Drohungen gegen die Familien ist alles dabei. Wir sagen nie so was wie: Ach, halb so schlimm. Wir gehen vom subjektiven Empfinden der Person aus, die sich diffamiert oder bedroht fühlt.

Hierzulande arbeiten einige Hunderttausend Menschen in Forschung und Lehre, darunter rund 50.000 Professorinnen und Professoren. Wie groß ist das Ausmaß des Problems aufs Ganze gesehen?

Es gibt für Deutschland leider noch keine verlässlichen Zahlen. Aber es reicht ja schon, wenn sich ein Gefühl von Bedrohung festsetzt. Wenn sich junge Forschende denken: Nee, das tue ich mir nicht an.

Das ganze Interview gibt’s hier, zur Scicomm-Support-Homepage geht es hier.

Zum Weiterlesen:

  • „Niemand muss sich solche Angriffe gefallen lassen“, zeit.de am 24. November 2023
  • Hass gegen Hausarzt: „Plötzlich war ich der Radikale mit der Spritze“, Welt+ am 23. November 2023
  • Drohungen, üble Nachrede: Der Hass gegen Ärztinnen und Ärzte im Netz tobt weiter, GWUP-Blog am 24. Januar 2022
  • Video: „Der Fall Kellermayr – Mit tödlichen Grüßen“, GWUP-Blog am 29. Juli 2023
  • Bundesweite Resonanz auf den Arzt, „der eine Impfgegnerin aus der Praxis warf, GWUP-Blog am 3. März 2019
  • Coronaskeptiker und Impfgegner in der Sprechstunde – was hilft im Umgang mit ihnen? Medical Tribune am 23. November 2020
  • „Manche vergleichen mich mit dem NS-Arzt Josef Mengele“, Welt+ am 8. August 2021
  • Morddrohungen gegen einen Arzt, der mit „ideologisch verblendeten“ Impfgegnern nicht mehr diskutieren will, GWUP-Blog am 8. August 2021
  • „Kampf um die Wahrheit“: Wettermoderatoren gegen Klimawandelleugner, GWUP-Blog am 4. Oktober 2023

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