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Braco gibt wieder seinen Blick – und nimmt dafür 20 Euro.

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Prinz Valium ist wieder da.

In Köln, Zürich und Frankfurt schaut Braco ein paar Minuten lang leicht belämmert ins Publikum, kassiert dafür 20 Euro von jedem Besucher und verschwindet wieder von der Bühne.

Der „gebende Blick“ nennt sich das. Kann man sich nicht ausdenken.

Das sind so Momente, in denen man sich – mit Kolja Half von der Süddeutschen Zeitung – fragt, ob es überhaupt sinnvoll ist, „diesen ganzen albernen Selbstbetrug gründlich auseinanderzunehmen“ beziehungsweise „gegen eine vermeintliche Esoterikwelle anzuschreiben“.

Kolja meint nein – und plädiert für eine „neue Einstellung zu alternativen Glaubensformen“.

Wie etwa diese (aus Welt-Online):

Braco steht auf einer Bühne und blickt stumm ins Publikum. Umgeben von Musik blickt er durch die Reihen, in denen Zuschauer weinen, schwanken, Fotos ihrer Liebsten halten. Dies geht einige Minuten so, bevor Braco abtritt.

Davor und danach gibt es Reden und Filme über Bracos vermeintliches Wirken – und, natürlich, allerlei Schmuck und Bücher zum Kauf.

Ist jetzt die Frage, ob man solchen Quatsch tatsächlich „gesellschaftlich integrieren kann – statt [ihn] zu belächeln oder davor zu warnen“, wie der SZ-Autor meint.

Welt+ zitiert heute unseren Skeptical-Gast Nicolas Wöhrl von Methodisch inkorrekt:

Das Schweigen sei geschickt, sagt Wöhrl. Der Physiker kennt Bracos Hinweis, kein Heiler zu sein. „Damit will er sich aber wohl eher vor juristischen Problemen schützen. Sein Internetauftritt, die Videos und Berichte von Zuschauern suggerieren definitiv einen heilenden Effekt.“

Braco sei ein geschickter Geschäftsmann. „Scharlatane wie Braco, Phänomene wie Homöopathie oder anderer Wunderglaube machen mir große Sorgen“, so Wöhrl.

In Folge 127 wird Braco kurz erwähnt (ab 1:16:40), und zwar als „der absolute Inbegriff von Esoterik-Abzocke“:

Dass dieser Mensch sich überhaupt noch auf die Straße traut.

So kann man’s auch sehen.

Zum Weiterlesen:

  • Wenn sich der „Wunderheiler“ fürs Schweigen bezahlen lässt, welt+ am 22. September 2023
  • „Braco“: Wenn Prinz Valium den Wunderheiler gibt, GWUP-Blog am 1. Februar 2015
  • „SOKO Stuttgart“ mit aktuellen Bezügen: „Fredo, der heilende Blick in deine Seele“, GWUP-Blog am 2. Februar 2020
  • Schweigen ist Gold – wie Geistheiler Braco die Welt narrt und dick Kasse macht, watson am 30. September 2017
  • Guru im Test: Wunderheiler Braco mit dem „gebenden Blick“, derStandard am 20. Februar 2018
  • Spüren Sie’s? Sein Blick soll heilen können, welt.de am 1. Februar 2015
  • SkepKon 2019: das Skeptical, hpd am 18. Juni 2019
  • Esoterik: Tun wir ihr Unrecht? Süddeutsche am 10. Februar 2023
  • Spiritualität auf Abwegen, spektrum am 17. Dezember 2021
  • Esoterik: „Wir leben in magischen Zeiten“ – und das ist nicht nur politisch hochbrisant, GWUP-Blog am 14. September 2023

6 Kommentare

  1. Pingback: Mi269 – „Salzlimo“ | Methodisch inkorrekt

  2. Vermutlich sucht der im Publikum einen guten und günstigen Friseur, bisher vergeblich;-)

  3. Die Methode Braco erinnert an Bruno Gröning. Der sah sich die Leute an, manchmal auch nicht, da reichte ein Zettel mit Namen, gab ihnen eine Staniolkugel, oder sprach nur zur Menge.

    Viele meinten sie wären geheilt.

    Bei Braco ist es der Blick.

    Beide wollen oder wollten keine Heiler sein, trotzdem werden sie als Heiler oder Messias von ihrem Publikum verehrt.

    In einem Zeitungsartikel der „Welt“ vom 18. Juni 1949 wird ein Auftritt von Gröning beschrieben, der etwas anders klingt als die Lobeshymden seiner Anhänger.

    Die Welt (Hamburg)
    18. Juni 1949
    „Wunderdoktor“ bereist Westdeutschland
    Bielefeld, 17. Juni

    Der als „Wunderdoktor“ bekanntgewordene Bruno Gröning aus Herford will seine Heiltätigkeit durch ständige Reisen auf ganz Westdeutschland ausdehnen.

    Vor kurzem hatte Gröning Herford verlassen, um in Viersen die gelähmte Frau eines Spediteurs zu heilen. Die Heilversuche blieben aber ergebnislos. Aus Viersen, Krefeld, München-Gladbach und Düsseldorf waren bei dieser Gelegenheit zahlreiche Kranke und Gebrechliche gekommen, um Gröning zu sehen und zu sprechen. Während der „Wunderdoktor“ von dem Balkon eines Hauses zweimal zu den Wartenden sprach, trat ein Mädchen aus der Menge hervor und erklärte, daß sie nun wieder sehen könne.

    Der das Mädchen behandelnde Augenarzt erklärte jedoch dem Berichterstatter der „Welt“, daß es nie ganz blind gewesen sei, sondern immer schon über einen bestimmten Prozentsatz ihrer Sehkraft verfügt habe.

    In weiteren acht Fällen von Lähmungen und Sprachfehlern, die ein Viersener Arzt dem „Wunderdoktor“ vorführte, konnten Heilungen nicht festgestellt werden.

    https://pm20.zbw.eu/folder/pe/0065xx/006558/about

    Das tat der Verehrung für Gröning keinen Abbruch.

    Fehlschläge wurden von den Anhängern einfach ignoriert. Es gab sie nicht.

    Zudem ist nicht sicher ob die „Patienten“ wirklich krank waren oder sich die Leiden eigentlich im Kopf abspielten, oder ob das „blinde“ Mädchen wirklich (messbar) besser sehen konnte oder es sich nur einbildete.

  4. @Hendrik Enders:

    Zudem ist nicht sicher ob die „Patienten“ wirklich krank waren oder sich die Leiden eigentlich im Kopf abspielten, oder ob das „blinde“ Mädchen wirklich (messbar) besser sehen konnte oder es sich nur einbildete.

    Ja, wenn man diesen Film sieht, fällt auf, wie viele Kriegsversehrte unter den „Geheilten“ waren, deren Erkrankungen offenbar einen starken psychogenen Anteil hatten, inkl. Taubheit etc.:

    https://www.youtube.com/watch?v=6gfdXvE0lQg&list=PL5AMpr3Cl7-0wfn24tIxBAQSWrc6OCTI_

  5. „Ohne alle gebräuchlichen Hilfsmittel der Therapie gelingt es oft, scheinbar unheilbare Personen zu heilen, allein durch die Uebermittlung der zu diesem Vorgang notwendigen seelischen Kraft des Glaubens. Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Kranken spricht jedoch darauf an und findet Heilung. Es sind vorzugsweise solche, deren Leiden auf seelische Ursachen zurückzuführen sind.

    Heilungen durch Gesundbeter und wie jetzt im Falle Gröning durch ‚Abgesandte Gottes‘ betreffen nur 11 Prozent aller Patienten, die diese Wundertäter aufsuchen. Die stärkste Suggestivkraft wird aber nicht ausreichen, Knochenbrüche, Blinddarmentzündungen, Lungenentzündungen, Herzbeutelentzündungen und andere Krankheiten zu heilen.“

    Das zum einen.

    Zum anderen gab es aber auch Menschen, die wirklich erkrankt waren und angeblich von Göring geheilt wurden. In Herford war es der Sohn der Hülsmanns, der auf einmal wieder laufen konnte obwohl er an Muskelschwund liet. So die Gaubensgemeinde Gröning.

    Der Medizinalrat des Herforder Gesundheitsamtes dazu: „Das ist genau das gleiche Krankheitsbild wie bisher. Er läuft nicht besser und nicht schlechter als zuvor.“

    Vater Helmuth Hülsmann aber war über die Heilung seines Sohnes so begeistert, daß er Villa, Auto, Hab und Gut Bruno Gröning zur Verfügung stellte und ein Jünger des Herforder Messias wurde.

    Der Zustand des Jungen wurde nicht besser und so lag er kurze Zeit nach der „Heilung“ wieder im Bett.

    Vater Hülsmann aber wurde Sekretär des Heilers und Gröning legte fest: Alle Mitteilungen und Verträge werden von mir persönlich oder von meinem Sekretär Herrn Stoltefuß, genannt Hülsmann, in Zukunft gemacht werden.

    Ein Industrieller vom Bodensee machte auf dem Traberhof Probleme, weil eine Heilung bei seiner Frau nicht angehalten hatte.

    Gefährlich wurde es für einen 17jährigen Diabetiker aus Hamm. Er war bewustlos in ein Krankenhaus eingeliefert worden nachdem er nach einer „Heilung“ bei Gröning kein Insulin mehr spritzte.

    Das System Wunderheiler funktioniert nur wenn eine starke Erwartungshaltung beim Publikum besteht. Sie sorgte dafür dass der Hülsmann-Junge wieder laufen konnte und das „blinde“ Mädchen wieder sehen. Wenn auch nur für kurze Zeit.

    Zitate aus:

    06.07.1949, DER SPIEGEL 28/1949

    https://www.spiegel.de/politik/wer-ein-schnitzel-findet-ist-geheilt-a-f4b81af6-0002-0001-0000-000044436973?context=issue

    28.09.1949, DER SPIEGEL 40/1949

    https://www.spiegel.de/politik/schenk-mir-ein-pferdchen-a-4fce2350-0002-0001-0000-000044438717?context=issue

  6. „Braco – Hinter den Kulissen eines esoterischen Phänomens“:

    https://www.dmz-news.eu/2024/04/12/esogulasch-braco-hinter-den-kulissen-eines-esoterischen-phänomens/

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