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Unzulässige Werbung für homöopathische Meditonsin-Tropfen: Urteil jetzt rechtskräftig

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Im November hatten wir darüber berichtet, dass das Landgericht Dortmund „keine ausreichende Evidenz“ für bestimmte Marketingaussagen zu dem homöopathischen Erkältungsmittel Meditonsin sieht.

Das Oberlandesgericht in Hamm teilt diese Auffassung.

Damit ist das Urteil jetzt rechtskräftig – und Meditonsin-Hersteller Medice darf für seine homöopathischen Tropfen nicht mehr damit werben, dass in einer „apothekenbasierten Beobachtungsstudie“ die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit des Mittels nachgewiesen wurde.

Zu unterlassen ist des Weiteren die Behauptung einer „raschen und zuverlässigen Reduktion der Intensität der typischen Erkältungssymptome“.

Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Der OLG-Senat habe klargestellt, dass die Berufung der Firma gegen das Dortmunder Urteil voraussichtlich keinen Erfolg haben werde, schreibt die Süddeutsche. Das Unternehmen habe die Berufung daraufhin zurückgezogen – und das Dortmunder Urteil sei jetzt rechtskräftig:

Die Klage der Verbraucherzentrale NRW war damit erfolgreich.

Im Skeptical Inquirer berichten Norbert Aust und Viktor Weisshäupl über die Lungenkrebs-Studie von Michael Frass:

This incident marks a new low in homeopathy research.

Unter diesem Titel („Ein neuer Tiefpunkt in der Homöopathieforschung“) ist eine deutsche Fassung des Artikels im Skeptiker (4/2022) erschienen.

Zum Weiterlesen:

  • Rechtskräftiges Urteil: Meditonsin-Werbung mit Apotheken-Studie unzulässig, DAZ.online am 3. Mai 2023
  • Urteil untersagt bei Meditonsin bestimmte Werbeaussagen, Süddeutsche am 2. Mai 2023
  • Meditonsin, Umckaloabo, Grippostad: Die Akte Erkältungsmittel, quarks am 31. Januar 2023
  • Meditonsin: Gericht untersagt Werbung mit falschen Gesundheitsversprechen, GWUP-Blog am 14. November 2022
  • Ein Erkältungsmittel – nichts drin, nichts dran, glücklicherweise, Susannchen braucht keine Globuli am 1. November 2017
  • Meditonsin – ein Nachtrag, Susannchen braucht keine Globuli am 4. April 2018
  • Die Meditonsin-Story, Skeptiker 4/2018
  • Homöopathie: „Irreführende Werbung“ für Neurexan? GWUP-Blog am 27. April 2023
  • Homeopathy Research Hits New Low, Skeptical Inquirer Volume 47, No. 3, May/June 2023
  • Eine weitere Vorzeigestudie der Homöopathen endet als Desaster, GWUP-Blog am 26. Oktober 2022

6 Kommentare

  1. Dann müssten jetzt zahlreiche Apotheken ihre diesbezügliche Werbung damit zurückziehen…

  2. @Miriam

    Nicht nur das. Medice muss alle Packungen, auf denen oder in deren Beipackzetteln solche Aussagen getroffen wurden, zurückrufen.

    Das Werbematerial von Medice ist schnell weggepackt. Für die Firma ist so ein Rückruf aber schon aufwendig.

    Mal schauen, müsste eigentlich Donnerstag in den AMK-Nachrichten drin sein.

  3. Hier der Wortlaut des Urteils:

    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/dortmund/lg_dortmund/j2022/25_O_22_22_Urteil_20220923.html

    Das Urteil moniert interessanterweise allein die werblichen Aussagen, es geht z.B. nicht darauf, ob die für die Werbeaussagen bemühte „Studie“ mit den Kundenstimmen überhaupt geeignet ist, eine Wirkung zu belegen.

  4. @Joseph Kuhn:

    Über die „Geeignetheit“ der Studie kann man bekanntlich schon im Susannchen-Artikel aus 2017 mehr erfahren:

    https://susannchen.info/ein-erkaeltungsmittel-nichts-drin-nichts-dran-gluecklicherweise/

    Im Grunde ist es klug vom Gericht, sich inhaltlich nicht mit dieser sogenannten „Studie“ zu befassen, sondern sich darauf zu fokussieren, dass eine Werbung für „zugelassene“ Homöopathika sich auf das zu beschränken hat, was Inhalt der Zulassungsentscheidung war.

    Also den „formalen“ Teil der Causa.

    Gut so. Das verschafft der aktuellen Beschwerde gegen „Neurexan“, über die das Arznei-Telegramm gerade berichtete, entscheidende Erfolgsaussichten.

    Denn hier lag eine nicht ganz so dummdreiste „Anwendungsbeobachtung bei Apothekenkunden“ der beanstandeten Werbung zugrunde, sondern ein Ding, das immerhin auf den ersten Blick den Eindruck einer halbwegs seriösen RCT vermittelte.

    Seien wir froh, wenn – so auch meine Prognose – ein ggf. entscheidendes Gericht (allerdings sind wir hier noch nicht so weit) sich inhaltlich nicht mit diesem Teil auseinandersetzt. Denn sonst rücken wir der berühmten Hand Gottes im Verfahren näher …

    Ich erinnere an Darmstadt und das erste Urteil zu „HCG30“, wo ein offensichtlich homöopathieaffiner Richter außerstande war, das Problem zu erkennen (dabei ging es allerdings nicht um ein Arzneimittel, sondern um Fantasie-Homöopathie).

  5. @ Udo Endruscheit:

    Naja, da u.a. gegen die Sätze „Im Rahmen dieser apothekenbasierten Beobachtungsstudie konnten die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit von A1 erneut eindrucksvoll bestätigt werden“ und „Alle Erkältungsbeschwerden zeigten eine deutliche Besserung“ geklagt wurde, hätte sich das Gericht schon zur Geeignetheit der „Studie“ äußern können.

    Dass es nur auf die Quantifizierung „alle“ in der Werbeaussage abgehoben hat, also auf „ausnahmslos“, gibt der Begründung des Gerichts an dieser Stelle etwas Rabulistisches, es erinnert ein bisschen an den Prozess Bardens gegen Lanka mit der Auslegung „in einer Studie“ als „in 1 Studie“.

    Eine Würdigung der Eignung der „Studie“ als Grundlage für Wirkungsbehauptungen hätte auch die Frage nach der Eignung des homöopathischen „Erkenntnismaterials“ an sich aufgeworfen (dazu z.B. https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2022/11/12/heillose-versprechen-und-das-heilmittelrecht/#comment-122928).

    Das wäre wirklich interessant geworden, auch wenn damit die Berufung gegen das Urteil auf der Agenda gestanden hätte. Insofern hat das Gericht einerseits die konkreten Werbeaussagen ohne langen Prozess gekippt, andererseits die Hersteller auch ein Stück weit geschont, was Grundsatzfragen angeht.

  6. „Gerichtlich bestätigt: Werbung für Meditonsin ist irreführend“:

    https://medwatch.de/weitere-artikel/gerichtlich-bestaetigt-werbung-fuer-meditonsin-ist-irrefuehrend/

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