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„So etwas gibt es nicht“: Ein Kriminalhauptkommissar über Ermittlungen in einem Fall von satanistisch-rituellem Missbrauch

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Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs empfiehlt bei Twitter den Artikel

Rituelle Gewalt – Eine ausgeblendete Realität

der am Wochenende in der taz erschienen ist und unkritisch das Narrativ vom „rituellen“ Missbrauch in angeblichen Kultgruppen aufgreift.

Vor allem im Kommentarbereich geht es wieder einmal um die vermeintliche Unmöglichkeit polizeilicher Ermittlungen in diesem Bereich („Es gibt keinen Straftatbestand rituelle Gewalt“, „Wie sollte die Polizei das ermitteln?“, „Nur weil wir uns nicht vorstellen wollen dass manche Dinge passieren heißt es nicht das weg schauen und ignorieren hilft“ etc.).

Bei der SkepKon 2018 zeigten wir Ausschnitte aus einem Videointerview mit dem Ersten Kriminalhauptkommissar der Polizei in Braunschweig, Dirk Bosse. Der erfahrene Kriminalist, der sich auch mit der Aufklärung von Straftaten im Bereich von Kinderpornografie befasste, hatte in einem Fall von „satanistisch-rituellem Missbrauch“ ermittelt, mit dem eine Traumatherapeutin ihn im Namen einer Patientin konfrontierte.

Die umfangreichen polizeilichen Untersuchungen erbrachten jedoch keinerlei Beweis für deren Behauptungen.

Vonseiten der „Satanic Panic“-Fraktion wurde uns daraufhin vorgeworfen, dass

… der Herr Dirk Bosse von lediglich einem Fall, den er nun so kennengelernt hat, darauf schließt, dass es immer so sei.

Das tut „der Herr Dirk Bosse“ indes keineswegs, sondern in die Ermittlungen flossen zahlreiche weitere Erkenntnisse sowie grundsätzliche Überlegungen mit ein.

Der ehemalige Kriminalhauptkommissar ist mittlerweile im Ruhestand. Aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir hier das ganze Interview aus dem Skeptiker 2/2018 mit ihm:

„So etwas gibt es nicht“

Skeptiker: Bei einer kirchlichen Fachtagung zum Thema „Rituelle Gewalt“ in Münster forderte die Hauptorganisatorin „eine konzertierte Aktion von Polizei, Justiz, Politik und Hilfeeinrichtungen“, um „Täter dingfest zu machen“, die angeblich in hochvernetzten Satanismus-Kulten ihre „sexuellen und rituellen Gewalt-Phantasien ausleben“. Sie haben in einem solchen Fall ermittelt. Was kam dabei heraus?

Dirk Bosse: Ja, das war eine interessante Geschichte. Vor einiger Zeit meldete sich eine Therapeutin bei uns, die junge Erwachsene in den Wohngruppen einer caritativen Einrichtung betreut. Sie berichtete, dass eine ihrer Patientinnen – eine junge Frau mit psychischen Problemen – einer geheimnisvollen Organisation in die Hände gefallen wäre und bei absonderlichen Riten missbraucht würde.

Wir landeten schließlich bei dem Namen „Der schwarze Orden“.

Nicht gerade originell und vor allem historisch vorbelastet.

Das war nicht das einzige Merkwürdige. Die Therapeutin erklärte uns, dass dieser Orden seit Jahrhunderten existieren und auch Polizisten, Staatsanwälte und Richter zu den Mitgliedern gehören würden. Deshalb sei es so schwierig, dem Treiben dieser Täter auf die Spur zu kommen.

Die konkret was treiben?

Die Dame schilderte uns extreme Gewalttaten, die in diesem satanistischen Umfeld stattfinden würden, etwa Vergewaltigungen und Zwangsschwängerungen. Die Babys würden bei schwarzen Messen geopfert und mitunter auch gegessen.

Wir wollten dann natürlich zunächst einmal mit dem Opfer sprechen, also mit der betroffenen Frau. Und da begannen schon die Probleme mit diesem Fall. Denn die Therapeutin sagte uns, dass ihre Patientin in mehr als 300 Einzelpersönlichkeiten gespalten sei und man nie genau wisse, welche ihrer vielen Identitäten gerade präsent sei.

Das verführte mich zu der Bemerkung, wie sie sich denn die erforderliche Rechtsbelehrung von diesen mehreren Hundert Personen vorstelle. Trotzdem haben wir selbstverständlich Ermittlungen aufgenommen.

Bekamen Sie denn Kontakt zu der Betroffenen?

Ja, allerdings durfte ich nur passiv einem Gespräch der Therapeutin mit der jungen Frau beiwohnen. Sie erklärte ihrer Patientin, dass der Mann dort in der Ecke – also ich – Polizist sei und dass sie nicht ganz sicher sein könne, ob nicht auch ich zum Schwarzen Orden gehören würde. Das führte dazu, dass das angebliche Opfer gar nichts mehr gesagt hat. Das blieb auch in der Folgezeit so.

Alle Informationen kamen nur von der Therapeutin. Sie beschrieb uns weiterhin die schlimmsten Dinge. Zum Beispiel, dass diese Satanistensekte über perfide Methoden der Gedankenkontrolle und Bewusstseinssteuerung verfügen würde, bis hin zu einer sogenannten Selbstmord-Programmierung. Das bedeute, dass das Opfer sich auf bestimmte Trigger hin sofort umbrächte, wenn die Polizei versuchen würde, etwas aus ihr herauszubekommen.

Dieses Verhalten sei den Betroffenen schon in der Kindheit implementiert worden.

Wie soll das funktionieren? Wenn es solche Techniken gäbe, würden doch sämtliche Verbrecherorganisationen auf der ganzen Welt damit arbeiten.

Uns wurde erklärt, dass den Beteiligten sehr früh und ganz gezielt Widersprüchlichkeiten vermittelt würden. Also etwa, dass der Keller sich oben im Haus befinde und der Dachboden unten, dass Rot in Wahrheit Grün sein und Schwarz eigentlich Weiß. Aus diesem Grund klängen die Schilderungen der Opfer des Schwarzen Ordens stets wirr und unlogisch. Deshalb würde ihnen niemand glauben.

Und Sie?

Bei mir entstand eher der Eindruck, dass man sich mit diesen seltsamen Erklärungen von Vorneherein gegen kritische Einwände immunisieren wollte. Und ich fragte mich zunehmend, wer da wen mehr beeinflusst: die Therapeutin die Patientin oder umgekehrt?

Mit dem Opfer selbst durften wir ja nach wie vor nicht sprechen, aber die Therapeutin meldete sich in immer kürzeren Abständen bei uns und informierte uns darüber, wie sehr der Schwarze Orden ihre Patientin bedränge. Warum sie nicht einfach den Polizeinotruf 110 wählte, als die Ordensmitglieder angeblich wieder bei der jungen Frau vor der Tür standen, ist mir bis heute ein Rätsel.

Aber dann wurde es spannend. Der Orden hätte nämlich die Patientin aufgefordert, sich an einem bestimmten Abend um 21 Uhr auf dem ehemaligen Garnisonsfriedhof in Braunschweig einzufinden, einer offenen Grünanlage mit ein paar historischen Grabsteinen und einem steinernen Ehrenmal mit einem Kreuz.

Klingt wieder nach einem recht klischeehaften Einfall.

Nicht nur das. Der Park ist von öffentlichen Einrichtungen wie der Technischen Universität und dem Haus der Wissenschaft umgeben und gut einsehbar.

Also haben wir uns erst mal bei den Anwohnern und Studenten umgehört, was auf dem Garnisonsfriedhof nächtens so vor sich geht. Einiges, war die Antwort. Punker, Obdachlose, alkoholisierte Partygänger und so weiter versammelten sich bei dem Ehrenmal, um zu trinken und zu feiern. Nur von okkulten Handlungen oder irgendwelchen Ordensleuten in schwarzen Kutten wusste keiner etwas.

Trotzdem wollten wir uns diese Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen. Und deshalb observierten wir an dem besagten Abend die Wohnung des vermeintlichen Satanisten-Opfers. Am späten Nachmittag hatte die junge Frau noch eine Trommel-Therapie bei einer anderen Betreuerin. Und wir wussten, dass ihre eigentliche Therapeutin – also unsere Klientin – die Kollegin gebeten hatte, die junge Frau anschließend nach Hause zu fahren, weil diese auf keinen Fall allein herumlaufen sollte.

Als das Auto schließlich vorfuhr, konnten wir beobachten, dass die Patientin sich mit ihrer Trommel-Therapeutin noch länger angeregt unterhielt – während sie mit ihrer angestammten Betreuerin und auch mit uns angeblich kaum sprechen konnte.

Dann ging sie ins Haus. Und dort blieb sie auch.

Es gab also kein Rendezvous mit dem Schwarzen Orden?

Nein. Was es stattdessen gab, war ein Anruf der Therapeutin, die uns aufgeregt mitteilte, dass der Schwarze Orden eben gerade in die Wohnung der jungen Frau eingedrungen sei und sie jetzt mitnehmen wolle, weil sie nicht zu dem vereinbarten Treffen auf dem Friedhof erschienen war. In diesem Moment befand ich mich eine Etage von der Wohnungstür der Patientin entfernt und hatte alles genau im Blick.

Und natürlich hatten wir das Treppenhaus schon vor dem Eintreffen der jungen Frau gesichert. Da war niemand. Zu keinem Zeitpunkt. Kein Schwarzer Orden. Gar nichts.

Grenzt das nicht schon an Irreführung der Rechtspflege?

Für diesen Tatbestand – ebenso wie für falsche Verdächtigungen oder Vortäuschung einer Straftat – ist Vorsatz erforderlich. Den muss ich hier verneinen. Die Therapeutin war augenscheinlich fest von dem überzeugt, was sie uns schilderte. Auch bei anderen Gelegenheiten.

Am Anfang unserer Ermittlungen zum Beispiel informierte sie uns darüber, dass ihre Patientin über ein ganzes Wochenende nach Königslutter im Osten von Niedersachsen entführt worden und dort vom Schwarzen Orden sexuell missbraucht worden sei. Uns war aber bekannt, dass die junge Frau an diesem besagten Wochenende mit ihren Eltern nach Skandinavien gereist war, zur Hochzeit eines nahen Verwandten.

Als wir der Therapeutin dies vorhielten, sprang sie erregt von ihrem Stuhl auf und verlies eilig unsere Räume.

Und wie endete das Ganze?

Je intensiver wir ermittelten, desto mehr verschwand der Schwarze Orden. Die Therapeutin meldet sich irgendwann nicht mehr. Die junge Frau ebenfalls nicht. Der Vorgang wurde schriftlich festgehalten und der Staatsanwaltschaft übergeben. Seitdem haben wir nichts mehr von der Sache gehört.

Was denken Sie über den Fall?

Ich halte diese Geschichte vom Schwarzen Orden für eine Verschwörungsphantasie.

Uns wurden immer wieder Situationen geschildert, die es definitiv nicht gegeben hat. Auch die Überprüfung von Telefonkontakten der jungen Frau ergab keinerlei Anhaltspunkte. Natürlich gibt es Satanisten oder Leute, die sich so nennen, und manche mögen sich auch nachts auf Friedhöfen herumtreiben. Das stelle ich überhaupt nicht in Abrede.

Aber ein jahrhundertealter Orden, dem hochrangige Persönlichkeiten angehören, der aber zugleich bunte Bildchen mit hingekrakelten Kreuzen oder Drohbriefe mit aufgeklebten Rasierklingen in die Briefkästen seiner Opfer wirft – also wirklich nicht.

Genau solches „Beweismaterial“ hat uns die Therapeutin aber immer wieder gezeigt und wurde auch zu den Akten genommen.

Wie bewerten Sie die Rolle der Therapeutin? Was genau wollte diese Dame denn überhaupt von der Polizei?

Die Frage habe ich mir auch gestellt. Manchmal denke ich, sie hat Hilfe für sich selbst gesucht, weil sie mit der Situation nicht mehr umgehen konnte. Im Nachhinein führten wir noch einige Gespräche mit der Leitung der Institution, bei der die Therapeutin angestellt war. Aber das brachte keine neuen Erkenntnisse.

Mir kam die Interaktion zwischen Therapeutin und Patientin wie ein Ping-Pong-Spiel vor. Mit jeder Vorlage der einen wurde die Reaktion der anderen darauf ausholender, heftiger, zielsicherer. Aber wer damit angefangen hat – darin haben wir keinen Einblick.

Hat die Patientin ihre Betreuerin von der angeblichen Realität ihrer obskuren Schilderungen überzeugt? Oder hat die Therapeutin ihrer Patientin etwas eingeredet? Ich weiß es nicht.

Spinnen wir die Verschwörungsphantasie doch mal weiter fort. Die Akten befinden sich jetzt beim Staatsanwalt. Der Staatsanwalt ist selbst Mitglied in diesem ominösen Orden. Wäre es nicht grundsätzlich möglich, dass ein geheimes Satanisten-Netzwerk existiert, welches so mächtig ist, dass ein Kriminalhauptkommissar gar nicht dahinter steigt?

Ich arbeite seit 42 Jahren als Polizist. Und hätte ich jemals auch nur den geringsten Anhaltspunkt dafür entdeckt, dass irgendjemand – egal ob aus Politik, Justiz oder der Polizeiführung – in die kriminellen Machenschaften eines okkulten Schwarzen Ordens oder einer ähnlichen Organisation verwickelt ist, dann hätte ich Verfahren eingeleitet und diese auch zu Ende gebracht.

Aus meiner tiefsten Überzeugung heraus: So etwas gibt es nicht.

Aber gehen wir doch mal weg von diesem Phantasieprodukt „Schwarzer Orden“ mit seinem albernen Namen, seiner jahrhundertelangen Pseudo-Historie und seiner offenkundigen Obskurität. Könnte es nicht trotzdem eine große neosatanistische Verschwörung geben, die wesentlich jünger ist und wesentlich professioneller?

Solche grauenvollen Gruppenverbrechen, wie die Therapeutin sie uns geschildert hat, könnte niemand geheim halten.

Stellen Sie sich doch nur einmal vor, was für ein logistischer Aufwand das wäre. Da wird eine junge Frau vergewaltigt und zwangsgeschwängert, sie muss neun Monate lang verborgen gehalten werden, um ihr Kind unbemerkt auszutragen, dann gibt es heimliche Geburt und das Baby wird kurz darauf rituell geopfert. Wie viele Personen wären in diese Ereignisse involviert? Wo gibt es überall Unwägbarkeiten, Unplanbares, Lücken in der Arkandisziplin, individuelle Fehler und Unzulänglichkeiten der Beteiligten und vieles mehr, was das Ganze zum Scheitern bringen könnte?

Seien Sie versichert, in unserer offenen und durchstrukturierten Gesellschaft würde das nicht funktionieren. Schon in einer kleinen Firma sprechen sich vertrauliche Angelegenheiten rasend schnell rum. Und hier sollen wir es jetzt mit brutalen Geheimnissen zu tun haben, die von einer Vielzahl von Mitwissern jahrelang und über Ländergrenzen hinweg bewahrt werden?

Solche Geschichten haben für mich denselben Plausibilitätsgrad wie Ufo-Entführungen.

Bei Marc Dutroux hat es doch auch lange funktioniert.

Dieser Fall in Belgien wird häufig herangezogen, um Verschwörungstheorien über satanisch-rituellen Missbrauch zu begründen. Ja, es gab in Österreich einen Wolfgang Priklopil, der eine junge Frau über acht Jahre lang im Keller gefangen hielt. Bei uns in Braunschweig hatten wir einen Vermisstenfall, bei dem sich am Ende herausstellte, dass die verschwundene Frau 31 Jahre lang untergetaucht war.

Aber das sind immer nur einzelne handelnde Personen oder, wie bei Dutroux, maximal ein Ehepaar. Bei den satanistischen Verschwörungsphantasien geht es aber um schwarze Messen mit zig Leuten und um globale Netzwerke mit zahllosen Akteuren.

Da ist aller Erfahrung nach keine dauerhafte Vertuschung möglich.

Nun könnte man natürlich sagen, dass auch die Geschichte, in der Sie ermittelt haben, ein Einzelfall gewesen ist. Gibt es denn noch andere polizeiliche Untersuchungen in Sachen satanistisch-ritueller Missbrauch?

Die hat es im Bundesgebiet wiederholt gegeben. Bei einer solchen Ermittlung sind auch schon mal ganze Wälder durchsucht worden, weil da die Opfer begraben sein sollten. Ohne etwas zu finden.

In einem anderen Fall kamen die Schilderungen der vermeintlichen Taten sogar von der Oberärztin einer psychiatrischen Klinik, die ihrer Patientin bedingungslos glaubte und die beschriebenen Szenarien mit ihrem medizinischen Sach- und Fachverstand vehement untermauerte.

Allerdings kamen die Kollegen bei ihren Nachforschungen zu einem Ergebnis, das unseren eigenen Erkenntnissen entspricht.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum manche Therapeuten derart distanzlos auf solche Erlebniserzählungen anspringen?

Als Polizist kann ich die Ausbildung und die Qualifikation dieser Leute natürlich nicht beurteilen. Ich zweifele aber an ihrem gesunden Menschenverstand.

Im Zuge unseres Falles habe ich mich mit verschiedenen Aspekten dieser Spekulationen über eine großangelegte satanistische Verschwörung befasst. Darunter war eine ARD-Dokumentation mit dem Titel „Höllenleben“, in der das Opfer durch Burgruinen in Nordrhein-Westfalen geführt wurde und dabei erzählte, was ihr dort bei okkulten Riten alles widerfahren sei.

Ich konnte nur noch den Kopf schütteln. Zieht man alles Reißerische ab, spiegelte auch diese Reportage im Grunde unser Ermittlungsergebnis wider.

Was raten Sie denn Polizisten, die mit so einem Fall konfrontiert werden?

Wenn Ermittlungen eingeleitet werden, möchten wir damit mehr erreichen, als nur zu der Feststellung zu gelangen, dass die Polizei nichts gefunden hat. Solche Schilderungen müssen entweder bewiesen oder aber widerlegt werden – auch Letzteres ist wichtig, um den Betroffenen den Weg zu einem adäquaten Umgang mit ihrer zweifellos vorhandenen seelischen Belastung zu öffnen.

Kollegen von Ermittlungsbehörden würde ich raten, die als Opfer einer Teufelssekte geschilderte Person kurzfristig zu observieren. An die Therapeuten und andere Beteiligte appelliere ich, den Patienten oder die Patientin gut zu beobachten und die ganze Situation kritisch zu betrachten.

Aber bitte, hören Sie auf mit diesem Quatsch von den geheimen Umtrieben der Satanisten und ihren monströsen Massenverbrechen.

Zum Weiterlesen:

  • Ist der taz-Artikel bereits fahrlässig? dissoziationen.de am 14. Februar 2023
  • Der Satanic Panic-Fraktion voll auf den Leim gegangen: Das Radiofeature „False Memory und sexuelle Gewalt“, GWUP-Blog am 6. Februar 2023
  • Videovortrag mit Lydia Benecke: Ritueller Missbrauch, Satanic Panic, falsche Erinnerungen, GWUP-Blog am 1. November 2020
  • Skepkon-Video: Der Mythos vom satanisch-rituellen Missbrauch, GWUP-Blog am 13. Juni 2018
  • Die Rituelle-Gewalt-Theorie, ezw am 1. Januar 2022

21 Kommentare

  1. Die Frage nach der eigenen mentalen Verfassung von TherapeutInnen, die – wie Dirk Bosse zutreffend sagte – ihren gesunden Menschenverstand völlig abschalten, muss gestellt werden.

    Nun gibt es eine Vielzahl von Mechanismen, die Leute dazu bringen, auch an irrationalste und vielfach widerlegte Mythen so fest zu glauben, dass sie Teil des Selbstbildes und damit fast unangreifbar werden. Klar.

    Aber professionelle TherapeutInnen? Das ist noch einmal eine ganz andere Qualität, die zu ernster Besorgnis Anlass gibt. Zudem wäre doch mindestens zu erwarten, dass die unkritische Rezeption dieser Geschichten so, wie es derzeit in D immer noch ist, von intakterem „gesunden Menschenverstand“ ein Regulativ erfahren müsste.

    Zu erwarten, ja. Aber ich erinnere nur an die auch hier im Blog dokumentierte unsägliche Positionierung des Deutschlandfunks und die vielfache Brandmarkung der Skeptiker als „Täterschützer“ in diesem Zusammenhang.

    Ist immer wieder so eine Sache, dieser Glauben an die Menschheit.

  2. Kann es sein, dass dieses aneinander vorbeireden auch darin begründet liegt, dass ihr (gwup & Co) von nicht vorhandener, struktureller Gewalt im Ritual sprecht und eben nicht von sexueller Gewalt um die man ein Ritual baut?

    Ersteres müsste sich ja weltweit und auch breit in rituellen Handlungen solcher Gruppierungen, wie eben dem „Satanismus“ wiederfinden – was ja nicht der Fall zu sein scheint.

    Bsp.: Man kann Kinder auch als Privatmensch mit religiösem Gerede umgeben, von wegen der Liebe Gott sieht uns ja zu und beschwert sich nicht, also mag er es. Aber dadurch wird daraus eben keine rituelle Gewalt in der Religion (analog Satanismus).

    Ein weiterer Punkt bei dem taz-Artikel ist, dass man eben „organisierte“ Gewalt mit ritueller Gewalt vermischt, damit der Artikel irgendwie nachvollziehbar erscheint.

    Folgt man dem, dann sind ja auch Pädophilenringe rituelle Gewalt, sogar struktureller Natur, da es um Macht und Geld und perverse Rituale mit Kindern geht. (Anm.: Ich schreibe generell „Kinder“, da die angesprochenen Fälle ja ein „von Kind an“ gemeinsam haben)

    Interessant fand ich, dass man selbst von „Die Betroffenen ritueller Gewalt werden manipuliert. Ihnen wird unter anderem suggeriert, sie wären auserwählt und der Missbrauch wäre eine Prüfung. Das führt dazu, dass sich die Betroffenen an die Gruppe binden.“ schreibt, aber die Manipultation bei den Therapeut-inn-en so generell auschließt.

    Aber genau das waren doch die Punkte, die in der Doku ausgeführt und kritisiert wurden, diese manipulative „Behandlung“ der Hilfesuchenden – wie eben auch Dirk Bosse ausführt.

  3. Mag nicht mal jemand der Gwuppies einen Artikel in dem Zusammenhang schreiben, wie sich TherapeutInnen dieser Szene verhalten?

    Ansonsten zwei Anmerkungen, die mir auf dem Herzen liegen:

    1. während sie mit ihrer angestammten Betreuerin und auch mit uns angeblich kaum sprechen konnte

    Dies ist nicht zwangsläufig ein Widerspruch, sofern eine Form des Mutismus bei der Klientin vorliegt. Ist bei Erwachsenen eher selten, kann aber vorkommen.

    2. Was in einigen Artikeln immer wieder erwähnt wird, dass solche Straftaten statistisch nicht erfasst würden. Dies widerspricht einer Antwort, die mir die Pressestelle des BKA mal geschickt hat.

    Diese schrieb damals folgendes ….

    […] Im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) werden politisch motivierte Straftaten aus religiöser Motivation erfasst, auch von sog. „neureligiösen Gruppierungen.

    Im Rahmen des KPMD-PMK werden politisch motivierte Straftaten durch die zuständigen Landeskriminalämter an das Bundeskriminalamt übermittelt und in einer zentralen Fallzahlendatei erfasst.

    Ausgehend von den Motiven zur Tatbegehung und den Tatumständen werden politisch motivierte Taten durch die Länder sogenannten „Themenfeldern" zugeordnet, sowie die erkennbaren ideologischen Hintergründe und Ursachen der Tatbegehung in einem staatsschutzrelevanten „Phänomenbereich" (-links-, -rechts-, -ausländische Ideologie-, -religiöse Ideologie-, -nicht zuzuordnen-) abgebildet. […]

    Man mag mich gerne korrigieren, jedoch heißt dies für mich, dass die Taten von Satanisten sehr wohl erfasst werden, wenn auch als Unterkategorie von politisch motivierten Taten.

  4. „‘Ritual abuse’ report is actually from video game“:

    https://www.aap.com.au/factcheck/ritual-abuse-report-is-actually-from-video-game/

  5. @W. Stenzel

    Die leidenschaftliche Höerspielsprecherin Frau Luna Tick hier, leidet wirklich unter Mutismus? Ist das Mutismus ?

    Bin dafür das die Diagnose „DIS“ von vorne bis hinten neu definiert wird. Das doch alles nicht mehr mit anzusehen.

    https://youtu.be/LgdwRufSmBQ

  6. Wow! Was für ein Humbug!

    Da ich mit einer Psychotherapeutin verheiratet bin drängte sich bei der Schilderung sofort der Verdacht auf, dass es sich nicht um eine ausgebildete Therapeutin handeln kann und dass sie selbst schwehre psychische Probleme haben muss. In einer normalen Einrichtung wäre so jemand sofort aufgefallen, in einer kirchlichen Einrichtung allerdings geht es ja bekanntlich um Glauben und nicht um Wissen, zB. in Form einer echten, langwierigen Psychologieausbildung.

    Tatsächlich kann ich auch noch was zum Thema Satanismus beisteuern. Ein Freund von mir ist bekennender Satanist und Mitglied in der Church of Satan. Er hat mir ein Buch des Gründers Anton LaVey Geschenkt.

    Ich habe nur ein bisschen queergelesen, allerdings wird dort von Anfang an betont das irgendwelche Rituale zum Schaden Unschuldiger zutiefst abgelehnt werden und nichts mit echten Satanismus zu tun haben. Auch Gewalt und Dogmatismus wie in anderen Religionen üblich wird abgelehnt. Man versteht sich vielmehr als eine reine Oppositionsbewegung zur Verlogenheit der etablierten Christlichen Kirchen.

    So richtig meins ist das ganze nicht, aber wenn ich entscheiden müsste würde ich wahrscheinlich eher einem Satanisten als einem Christen vertrauen.

  7. @Wilfried Stenzel:

    dass ihr (gwup & Co) von nicht vorhandener, struktureller Gewalt im Ritual sprecht und eben nicht von sexueller Gewalt um die man ein Ritual baut?

    Das könnte sein – aber ist die Frage, ob „sexuelle Gewalt, um die man ein Ritual baut“ dann tatsächlich rituelle oder nicht einfach sexuelle Gewalt ist und bleibt.

    Es gibt bislang keine einheitliche, breit akzeptierte Definition von „ritueller Gewalt“. Einige Beispiele (nach Hasselmann):

    RG hat etwas

    „mit Symbolen und Gruppenaktivitäten“ zu tun, „die einen rituellen, magischen oder übernatürlichen Bezug haben und in dem die ständig wiederholte Beschwörung dieser Symbole oder Aktivitäten genutzt wird“

    oder geht mit

    „wiederkehrenden Symboliken, gleichförmigen Handlungen und kultisch-rituellen Vollzügen“ einher

    oder

    wird „planmäßig und zielgerichtet im Rahmen von Zeremonien ausgeübt“

    oder findet in Gruppen statt, die

    „einer extremen Ideologie verfallen sind“.

    Praktisch nur die letzte Definition ließe sich auf den taz-Artikel anwenden, in dem es heißt:

    Die Tä­te­r:in­nen waren ihr eigener Vater und andere Verwandte, aber auch zahlende Kund:innen. Ihre Familie gehört einer faschistoiden Gruppierung an; der massive Missbrauch geht mit einer Ideologie von Herrschaft und Unterwerfung einher. Es geht dabei vor allem um Macht und Geld.

    Das ist m.E. sowohl in sich widersprüchlich als auch völlig unklar für eine Einordnung.

  8. @Bernd Harder

    Das könnte sein – aber ist die Frage, ob „sexuelle Gewalt, um die man ein Ritual baut“ dann tatsächlich rituelle oder nicht einfach sexuelle Gewalt ist und bleibt.

    Das meinte ich.

  9. @Sebastian

    Insgesamt verstehe ich zumindest das Beschriebene so, dass die Patientin stark ausgeprägte dissozative Symptome gehabt haben wird bzw. kann.

    DIS-Betroffene weisen neben der DIS selbst ohnehin eine komplexe dissozative Symptomatik auf, zu der auch praktisch gesehen gehören kann, mehr oder weniger unbeteiligt anwesend zu sein und dabei nicht zu sprechen. Das ist nicht spezifisch für DIS-Betroffene, ist aber nicht selten bei ihnen.

    Daher würde ich es nicht unbedingt dahingehend wörtlich im engeren Sinne verstehen, dass die damit gemeint war, die Patientin sei nicht in der Lage zu sprechen, sondern eine polizeiliche Vernehmung sei ihr aufgrund ihrer Symptomatik nicht möglich. Zumindest halte ich das für denkbar.

    Allerdings, wenn ich das Beschriebene betrachte, würde ich annehmen, dass auch hier die Interaktion beider zu berücksichtigen ist. Immerhin schloss die Therapeutin ihr gegenüber nicht aus, der Kriminalbeamte Dirk Bosse könnte vom Schwarzen Orden sein. Da fehlen mir eigentlich die Worte.

    Selbst wenn Straftaten von Satanist:innen als solche erfasst werden, bedeutet das damit nicht, es handelt sich um solche im Sinne eines satanistisch-rituellen Missbrauchs in Kulten oder eben so perfekt und heimlich agierender satanistischer Kulte bzw. Sekten, dass es deshalb auch keine Beweise gebe und schon das als Beweis angeführt wird.

    Eigentlich, da dabei regelmäßig auch in dem Zusammenhang als organisierter Missbrauch gesprochen wird, müssten eigentlich solche Taten als organisierte Kriminalität erfasst werden bzw. im Rahmen polizeilicher Ermittlungen müssten speziell solche Tätergruppen auffallen.

    Es ist ja auch unbestritten, dass es organisierten sexuellen Missbrauch von Kindern gibt und es immer wieder Verfahren gibt gegen solche Tätergruppen. Auch ist unbestritten, dass es sexuellen Missbrauch in Sekten gibt und Kirchen. Der Begriff des rituellen Missbrauchs ist weiter gefasst als das, was konkret im Kontext der Satanic Panic mit mit eben solchen Verschwörungserzählungen gemeint ist.

    An dieser Stelle möchte ich auf diesen Blogartikel von Bernd verweisen:

    https://blog.gwup.net/2023/02/06/der-satanic-panic-fraktion-voll-auf-den-leim-gegangen-doku-ueber-false-memory-und-sexuelle-gewalt/

    Ich würde eher sagen, der Umgang mit dem Begriff des rituellen Missbrauchs wird durchaus flexibel gestaltet, sobald es um Kritik an Verschwörungserzählungen in Psychotherapie geht.

  10. Was skeptisch kritisiert wird, ist recht klar negativ abgegrenzt: die Behauptung, es gebe rituellen Missbrauch in größtem, geradezu weltumspannendem Stil, der nicht aufgedeckt werden könne, da

    a) die Opfer einem ausgeklügelten Mind Control durch die Täter unterliegen, das gar deren „Fernsteuerung“ ermöglicht und

    b) diesem „Netzwerk“ so viele einflussreiche Personen einschließlich Mitgliedern von Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden angehören, dass eine weltweite Omerta seit Jahrzehnten aufrechterhalten werden kann.

    DAS ist die Verschwörungserzählung. Und dieses in Therapien vermittelte Narrativ, zu dem sich etliche TherapeutInnen durchaus öffentlich, ob in Schriften, auf Konferenzen oder vor Kameras bekennen, ist Gegenstand der skeptischen Kritik. Und das sind ausgebildete TraumatherapeutInnen inmitten der „offiziellen“ Therapeutenszene.

    Man frage den forensischen Psychiater Frank Urbaniok, der dies in seinen fachkundigen Videos klar bestätigt.

    Und es gibt so etwas, wie wir inzwischen wissen, sowohl in ambulanten als auch in stationären Therapien. Klar, schwer vorstellbar. Wer sich aber einmal mit der Satanic Panic in den USA (der wir gerade 20, 30 Jahre hinterherhinken) näher befasst hat, der kann sich ein Bild machen – vor allem eines der verheerenden Auswirkungen auf Betroffene und Angehörige.

    Herrn Bosses Schilderung auf der Skepkon 2018 beeindruckte tief, besonders als er von den Einzelheiten der Observierung der Betroffenen sprach.

    Sie hatte mehrfach in Absprache mit der Therapeutin (bzw. war es sogar diese selbst) übermittelt, dass sie zu rituellem Missbrauch im geschilderten Sinne zu bestimmten Zeiten an bestimmte Orte „befohlen“ worden war. Wenn ich mich recht erinnere, schilderte sie nach diesen Zeitpunkten gar ihre vorgeblichen Erlebnisse. Die Observierung ergab in all diesen Fällen zweifelsfrei, dass sie ihre Wohnung nicht verlassen hatte.

    Sowohl die Betroffene als auch die Therapeutin beharrten gleichwohl auf ihrer Schilderung.

    Das ist nicht ein Einzelfall nur aus Herrn Bosse Zuständigkeitsbereich. Das ist vielfaches Ergebnis von Ermittlungsarbeiten.

    Es darf auch nicht übersehen werden, dass – vor allem von TherapeutInnenseite – ein klassisches Verschwörungsnetz dadurch geknüpft wird, dass angeblich ungeahnt mächtige Kräfte es zu verhindern wissen, dass solche Dinge aufgedeckt werden. Eine Immunisierungsstrategie zum Schutz der eigenen Überzeugung par excellence.

    Der Nichtbeweis ist der Beweis.

    Also haben diese Leute auch kein positives Wissen, sondern „beziehen“ es aus Schilderungen ihrer PatientInnen. Und da kommen wir zum „false memory syndrome“, das inzwischen als gut belegt gilt. Schilderungen Betroffener, die sich ganz sicher sind, dass diese Vorstellungen nicht realem Erleben entsprechen, sondern diese vielmehr im Rahmen therapeutischer Sitzungen „suggeriert“ bekommen zu haben, gibt es inzwischen genug.

    Wer nicht tief im Thema und vielleicht durchaus überrascht bis befremdet vom Thema ist, dem sei diese – hier schon mehrfach verlinkte – Webseite der Sekteninfo NRW dringend zur Lektüre empfohlen.

    https://sekten-info-nrw.de/information/artikel/esoterik/zersplitterung-nach-therapie—bedenkliche-auswirkungen-der-„rituelle-gewalt-mind-control“-theorie

    Ein zentraler Satz daraus:

    Die starke Polarisierung der beiden Positionen kann dazu führen, dass nicht die Betroffenen und deren therapeutisch hilfreiche Behandlung, sondern die eigene Haltung und Weltanschauung [der TherapeutInnen] im Vordergrund stehen.

    Hier versagt die therapeutische Selbstkontrolle, hier versagt auch Supervision, weil sich leider in der TherapeutInnenszene eine Blase der gegenseitigen Selbstbestätigung gebildet hat.

    Diese Dinge erfordern öffentliche Kritik, weil sie massives Leid und teils unermesslichen Schaden bei Betroffenen und Angehörigen verursachen. In dem Rahmen, den ich hier skizziert habe – die Scheindiskussion, was unter dem kritisierten „rituellen Missbrauch“ zu verstehen sei, soll nur den Fokus auf den Kern der Kritik vernebeln.

  11. Mir scheint die DIS eine Art Zauberstörung zu sein, die alle logischen Brüche erklärt.
    Wie eine Art Wiedergeburt im gleichen Leben. Es wird eine neue Person erzeugt und man kann unbelastet neu anfangen.

    Gut, schweren sexuellen Missbrauch in der Kindheit zu verdrängen, abzuspalten ist für mich glaubhaft.
    Dass man damit super funktioniert, das glaube ich nicht. Man hat dann sicherlich eine verzögerte Entwicklung schon in der Kindheit und Leistungseinbußen in der Schule, eben, weil es viel Kraft kostet, Erlebnisse aus dem Bewußtsein zu drängen.

    Ich würde doch erwarten, dass spätestens in der Pubertät, wenn sich eigene Bedürfnisse entwickeln, Probleme auftreten. Wie können Betroffene schwerster sexualisierter Gewalt ganz normal funktionieren, Sex haben und Kinder bekommen, ohne das ihnen etwas auffällt?
    Und dem Partner fällt auch nichts auf.

    Dann sind es immer nur Frauen. Die belegten Fälle schwerer organisierter, sexueller Gewalt betreffen auch Jungen. Es müsste doch eine Schnittmenge zwischen kriminalistisch belegten Fällen und Therapiefällen geben. Haben die Kinder in kriminalistisch belegten Fällen auch eine DIS?

    Die DIS soll ja so häufig sein, dass sie 1% der Bevölkerung haben. Ich kenne einige Personen mit psychischen Erkrankungen z.B mit Psychosen, Depressionen usw. DIS kenne ich nur aus den Medien. Am Stigma kann es nicht liegen, weil auch Psychosen stigmatisiert sind. Vielleicht hat es aber mit Sensationslust (schillerndes Krankheitsbild + Gewalt) zu tun.

    Was mir auffällt, wenn ich die sozialen Medien Beiträge von Betroffenen lese, ist z.B. ausgeprägtes Leistungsdenken, über seine Grenzen gehen, irgendwann Zusammenbruch.

    Dann überschneiden sich die Symptome von Burnout, PTBS, Depressionen, Angststörungen.

    Körpersymptome wie z.B. Schlaflähmung aufgrund von Schlafstörung werden als Flashbacks von gefesselt sein oder lähmende Drogen bekommen haben gedeutet.

    Es wird viel mit inneren Bildern und Träumen gearbeitet. Die anschließende Deutung hängt von der Diagnose ab. Wenn du dich in einem Tunnel siehst und eine Depression hast, spiegelt dieses Bild deine innere Situation wieder. Hast du eine DIS, dann ist der Tunnel im außen real, denn er passt zum Narrativ des rituellen Missbrauchs.

    Die Webseite der Sekteninfo NRW hat es gut beschrieben.

  12. Bei Verdachtsfällen von Straftaten wird durch die Behörden umfangreich ermittelt und ggf. durch Gerichte eine Beweisaufnahme durchgeführt. Hierfür werden Experten eingeholt und auch unterschiedliche Sachverständige mit der Erstattung von Gutachten beauftragt.

    Wenn nun Therapeuten eine Straftat als erwiesen ansehen und das alleine damit begründen, dass ihre Patient*innen das glaubhaft berichtet hätten, ist das eine ganz schöne Anmaßung: Die gesamte Expertise, die erforderlich ist, umso etwas zu beurteilen, glauben diese Therapeuten in ihrer eigenen Person zu finden.

    Das Gleiche gilt auch, wenn Leser anhand eines Zeitungsartikels zu dem Schluss kommen, dass die Schilderungen wahr sein müssen. Gerichte brauchen zig Aktenordner, um das zu beurteilen – einem Leser reicht ein Zeitungsartikel hierfür? Die Presse hat hier eine ganz entscheidende Verantwortung…umso erschreckender ist es, dass die TAZ und auch die ARD diese Verantwortung einfach ausblenden.

    Zur Rituellen Gewalt sind zahlreiche Untersuchungen durchgeführt worden. Keine einzige Untersuchung konnte auch nur ansatzweise einen Beleg finden. Die TAZ veröffentlicht einen Artikel mit dem Titel „Rituelle Gewalt – Eine verleugnete Realität“. Verfasst von zwei Volontären stellt der Artikel auf Basis von Einzelgesprächen diese Ergebnisse – von Experten, Gesundheitsbehörden etc. erstellt – einfach in Abrede.

    Für „Rituelle Gewalt“ gab es bisher keinen einzigen Nachweis. Aber dass diese Verschwörungstheorie zahlreiche Patienten und Angehörige massivst geschädigt hat, gibt es zahlreiche Belege. Schlimm, dass manche Medien in Deutschland dieser toxischen und destruktiven Materie eine Plattform bieten.

  13. @Valentina

    Was den taz-Artikel angeht:

    Es passt zu einer Form Journalismus, der nach meinem Dafürhalten in Teilen der medialen Zunft und dort besonders unter jüngeren politisch engagierten Personen aktuell sehr en vogue ist und gerne unter dem Begriff „Haltungsjournalismus“ subsumiert wird.

    Die objektive Herangehensweise geht flöten, was in dem genannten Artikel deutlich zu erkennen ist.

    https://www.bedeutungonline.de/was-ist-haltungsjournalismus-bedeutung-definition-erklaerung/

  14. Es liegt ja durchaus im Bereich des Möglichen, dass der eigentliche Missbrauch durch die Therapeutin geschieht.

    Das ist nicht nur ein Fall für die Polizei sondern auch für die zuständige Psychotherapeutenkammer oder eventuell Gesundheitsbehörde, um zu untersuchen, ob es sich da um Missbrauch, Kunstfehler oder irritierende Fehlinformation (einer Patientin gegenüber anzudeuten, ein anwesender Polizeibeamte könnte zu einer satanistischen Sekte gehören ist Absurdistan – das ist manipulativ und verstörend)

    Es klingt so, als wäre es angebracht, dieser Therapeutin die Zulassung zu entziehen.

  15. „Therapeut*innen, welche die Verschwörungsideologie vertreten, sollten dringend bei der Ethikstelle gemeldet werden.

    Die Bundesstelle für Sektenfragen hat das Thema der rituellen Verschwörungsnarrative und der Mind-Control-Theory als dringendes Anliegen vermerkt. Sollten Sie als Patient*in an einen Psychotherapeuten/eine Psychotherapeutin geraten, der/die ihnen versucht, falsche Erinnerungen zu manipulieren, dann können Sie diese*n bei folgenden Anlaufstellen melden:

    Berufsethisches Gremium des ÖBVP

    Ethikkommission – Beschwerdestelle

    Ethik-Kommission der Psychotherapeutenkammer Hamburg“

    https://www.psychotherapie-salzburg.de/satanistische-verschwoerungstheorien-in-der-psychotherapie

  16. Hat die taz denn eigentlich bei der GWUP angefragt oder haben die Autor*innen sich ihr Urteil, das eher einem Strohmann/einer Unterstellung/ bewusstem Missverstehen gleicht, ohne Gespräch gebildet?

  17. @Magda Eckstein:

    Ich weiß, dass verschiedene angefragte Gesprächspartner auf uns verwiesen haben, aber von einer Kontaktaufnahme ist mir nichts bekannt.

  18. @Bernd Harder, danke für die Info.

    Aha…

  19. Gibt es das Interview mit Dirk Bosse auch online als Video? Ich konnte es nicht finden und in der Aufzeichnung des Vortrags bei der Skepkon ist das Interview nicht verlinkt.

  20. @Leonie Mütz:

    Nein, nur die Ausschnitte beim SkepKon-Vortrag.

  21. Pingback: Till R. Amelung & die Satanic Panic - Debunking SRA

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