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Video: Bioscan- und Zellcheck-Geräte noch immer am Markt

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Nach unserer Zählung zum achten Mal insgesamt im ÖRR und zum zweiten Mal beim NDR-Verbrauchermagazin Markt: „Bioscanner“.

In dem zehnminütigen Beitrag geht es um „Bioscan“– und „Zellcheck“-Apparaturen.

Und leider hat sich seit der Markt-Sendung vom April 2019 nichts geändert. Noch immer bieten Apotheken, Ärzte, Heilpraktiker und Fitness-Studios diesen Nonsens an:

In einer Stichprobe in zwei Apotheken erhielt der Proband nach einer Bioscan-Analyse konkrete Therapie-Empfehlungen auf Basis der vermeintlichen Messwerte – zum Beispiel die Einnahme von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln. In einer Apotheke wurde zum Beispiel wegen eines angeblichen Eisenmangels die dauerhafte Einnahme eines Eisenpräparats empfohlen. Eine Blutanalyse zeigte jedoch, dass kein Eisenmangel bestand.

In einem Prozess vor dem Amtsgericht Reutlingen stellten mehrere Gutachter und Zeugen fest, dass das Bioscan-Gerät keine Messungen durchführen könne. Ende Mai 2022 wurden daraufhin die beiden Geschäftsführer des Bioscan-Herstellers wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz zu Haftstrafen von drei beziehungsweise zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt.

Beide wurden noch im Gerichtssaal verhaftet und in unterschiedliche Haftanstalten gebracht.

Außerdem müssen sie die Brutto-Umsätze aus dem Verkauf der Geräte seit 2015 zurückzahlen – mehr als vier Millionen Euro. Die Vertriebsleiterin kam mit einer Geldstrafe davon. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidiger haben gegen das Urteil Berufung beim Landgericht Tübingen eingelegt.

Einer Haftbeschwerde wurde mittlerweile stattgegeben, beide Männer sind wieder auf freiem Fuß.

Die Zell-Check-Geräte arbeiten nach Angaben der Vermarktungsfirmen auf Basis einer Technologie mit dem Namen Spektralphotometrie. Beim angeblichen Messvorgang werden die Handflächen an vier Punkten mit dem Zell-Check-Gerät abgetastet. Kurze Zeit später erscheint auf dem Computer-Monitor eine Auswertung.

Die Behauptungen sind jedoch nach Ansicht von Experten aus dem Bereich physikalische Chemie wissenschaftlich nicht haltbar, da die meisten der vermeintlich gemessenen Substanzen in dem angegebenen Spektralbereich kein Licht absorbierten.

Folglich könnten die Messwerte somit nicht mit Methoden der Spektralphotometrie bestimmt werden.

Auch in der aktuellen Ausgabe von Gute Pillen – schlechte Pillen (6/2022) gibt es einen Bericht darüber:

Unbeeindruckt von alledem werden die Geräte weiterhin über das Internet verkauft, die Anschaffungspreise liegen zwischen 4.000 und 5.000 Euro. Außerdem finden sich immer noch Anbieter, die Messungen mit solchen Geräten und anschließende Beratungen offerieren.

Zum Weiterlesen:

  • Video: Bioscan, die Siebte, GWUP-Blog am 8. Oktober 2019
  • Edzard Ernst über Bioresonanz-Geräte: „Blinkende Lämpchen und allerhand Regler“, GWUP-Blog am 4. November 2022
  • „Badischer Unternehmerpreis“ geht an esoterischen Schwurbelunternehmer, Sebastian Müllers Blog am 5. Oktober 2022
  • Gewerbsmäßiger Betrug: Zwei „Bioscan“-Geschäftsführer zu Haftstrafen verurteilt, GWUP-Blog am 29. Mai 2022
  • Zell-Check: Abzocke in Apotheken und Arztpraxen, ndr am 6. April 2020
  • „Zellcheck“: Handscan für Diagnosen ungeeignet, medizin-transparent am 24. Oktober 2019
  • Bioresonanz-Geräte von Gericht als Betrug verurteilt, medwatch am 30. Mai 2022

6 Kommentare

  1. Da wird sich so schnell auch nichts dran ändern, da das Recht auf Berufsausübung in Deutschland offenbar über allen Bedenken steht.

    Erst kürzlich haben Tierheilpraktiker (wir erinnern uns, das ist kein echter Beruf, jeder darf sich so nennen) erstritten, dass sie weiterhin nicht für Tiere bestimmte Medikamente (wenn auch nur homöopathische) verordnen dürfen.

    Eigentlich gibt es seit Januar ein Vorbehalt für Tierärzte, Humanarzneimittel (nicht verschreibungspflichtig, da galt das ohnehin) für Tiere zu verordnen.

  2. Dass Geschäftemacher ihren Elektronikschwindel weiter verkaufen wollen, ist die eine Seite. Dass Apotheken das weiterhin anbieten, nach all den Pressemeldungen, und die Kammern schweigen, ist die andere Seite.

    Eine Marktlücke wären übrigens Imbissstände, bei denen der Fleischkäse per Bioscan auf Frische und Lebendigkeit zertifiziert wird (https://link.springer.com/article/10.1007/s15007-019-1859-0).

  3. @Joseph Kuhn:

    Für Otto Normalverbraucher eine echt „wertvolle“ Erkenntnis, die Springer da anbietet: € 39.95! Da ist der gesunde Menschenverstand billiger.

  4. „Teuer und wirkungslos – Apparate zur Bioresonanztherapie „:

    https://medwatch.de/alternativmedizin/teuer-und-wirkungslos-apparate-zur-bioresonanztherapie/

  5. Kaum zu glauben:

    Es gibt tatsächlich eine „Stellungnahme“ der Dr. Rilling GmbH zu dem legendären „Leberkäs“-Test von Prof. Dorsch:

    https://bioscanswa.info/wp-content/uploads/2019/02/Erweiterte-Stellungnahme.pdf

    Allein für solche Sätze hätten die Leutchen schon vor Gericht gehört:

    Stoffliches wirkt mit Energie, Schwingung und Resonanz physikalisch gesehen sind dies sehr kleine Skalar-Wellen (longitudinal Wellen) wie z.B. Homöopathie, Homöopathische Informationen, Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel. Weisheiten und Wünsche, Steine, Silber, Gold etc, Bilder: z.B. glückliche Fotos aus Kinder- oder Jugend-Zeiten.

  6. Ja, kackdreist (man verzeihe mir die derbe Wortwahl), diesen unglaublichen Mist im Netz stehen zu lassen, auch wenn sonst auf der Website von Bioscan nix mehr los ist.

    Die Untersuchungsergebnisse von Daniel Pugge (schade, daß der in der letzten Zeit so abgedriftet ist), wie damals im Blog thematisiert (https://blog.gwup.net/2018/10/25/bioscan-geraete-keine-messung-nachweisbar-zeigt-daniel-pugge-bei-kontrovers/), wurden dabei natürlich unter den Tisch fallen gelassen.

    Übrigens gut, daß Bohr und Schrödinger schon lange tot sind: Mit Meyl in einem Atemzug genannt zu werden, ist glatter Rufmord.

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