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Die Parapsychologie und der „Sinneswandel“ eines Skeptikers

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Grenzwissenschaft aktuell vermeldete am Donnerstag einen „Sinneswandel bei prominentem Skeptiker“.

Der britische Psychologe Chris French bezeichne die Parapsychologie nicht länger als Pseudowissenschaft, sondern erkenne sie als Wissenschaft an.

Hintergrund ist ein Artikel von French auf der Webseite The Skeptic:

Allerdings ist dieser „Sinneswandel“ weit weniger spektakulär, als es die explizite Erwähnung in einem Online-Portal für „Anomalistik, Grenz- und Parawissenschaft“ vermuten lässt.

In seinem Aufsatz erkennt French an, dass die heutige Parapsychologie – aus schlechter Erfahrung – methodenkritischer sei als der größte Teil der sonstigen Psychologie. Belastbare Resultate sieht der Londoner Psychologieprofessor trotzdem nach wie vor keine:

I have invested a lot of time and effort over the years in directly testing many paranormal claims, to date without ever obtaining compelling positive evidence to support such claims.

Methodisch korrekte Forschung sei indes möglich:

It would be hard to deny that at those times we are directly engaged in parapsychological investigations – and we are doing so scientifically.

Und hier habe die Parapsychologie durchaus Fortschritte gemacht:

I do not think it would be fair to label parapsychology as a pseudoscience.

Auch neu ist Frenchs Einstellung nicht.

Für das Kapitel „Umdenkprozesse“ in seinem aktuellen Buch „Fakt und Vorurteil“ (mit Ulrike Schiesser) hat Holm Hümmler schon vor einigen Monaten mit dem Wissenschaftler gesprochen. French war lange Zeit selbst von paranormalen Phänomenen fasziniert und wurde maßgeblich durch „Parapsychology: Science or Magic?“ von James Alcock zum Kritiker.

In seiner Zusammenfassung des Interviews mit French schreibt Hümmler (Seite 52/53), dass dessen Blick auf die Parawissenschaften im Laufe der Jahre toleranter geworden sei. French erkenne an, dass …

… zwar die von der Parapsychologie gesuchten Effekte aller Wahrscheinlichkeit nach nicht existieren, dass die dort Forschenden aber überwiegend gute wissenschaftliche Arbeit leisten, durch die man viel über die Psychologie von Glauben und Wahrnehmung, aber auch über die Methodik und Fehlerquellen in anderen Bereichen der Sozialwissenschaft lernen kann.

Das hat French nun noch einmal bekräfigt.

Ein Gespräch mit Holm Hümmler zu „Fakt und Vorurteil“ gibt’s im neuen Skeptiker (3/2021).

Update vom 29. September:

Holm Hümmler hat jetzt selbst Auszüge aus seinem Interview mit Chris French veröffentlicht.

Zum Weiterlesen:

  • Sinneswandel bei prominentem Skeptiker: „Die Parapsychologie ist keine Pseudowissenschaft“, grenzwissenschaft-aktuell am 23. September 2021
  • Why I now believe parapsychology is a science not a pseudoscience, skeptic am 22. September 2021
  • Interview mit Holm Hümmler: „Unsinn verdient Widerspruch“, Skeptiker 3/2021
  • Der Tod der Parapsychologie, GWUP-Blog am 23. Mai 2010

9 Kommentare

  1. Die Hälfte aller Studien in „fringe journals“ enthält negative Studien?

    Verglichen mit den Ergebnissen, die Edzard Ernst neulich auf der Skepkon vorgertragen hat, ist dies bemerkenswert. Sind Parapsychologen also bessere resp. ehrlichere Forscher als Alternativmediziner oder hat sich M-C Mousseau nur die passenderen Journals herausgesucht?

  2. @ nota.bene:

    interessante Frage.

    Falls man davon ausgeht, dass ein Großteil der (publizierenden) Parapschologen eine akademische Ausbildung als Psychologen erfahren hat, und ein Großteil der (publizierenden) Alternativmediziner ein medizinisches Studium absolviert hat:

    Dann wäre es interessant, ob das eine Folge der unterschiedlichen Ausbildungskultur wäre; denn im Psychologiestudium sind Studiendesign, Durchführung und Statistik grundlegende Elemente, in der Medizinausbildung aber weniger.

    Test der Hypothese: wieviele negative Studien werden in „Schul“-Medizin-Journalen veröffentlicht, und wieviele negative Studien in „normalen“ Psychologie Journalen? Verglichen mit den „alternativen“ Zahlen.

  3. Der große Irrtum ist, dass Parapsychologie etwas mit Psychologie zu tun hat. Psychologen sollten sich besser davon fern halten. Gerade weil sie das nicht tun, können sie keine positiven Ergebnisse vorweisen. Ein Teil der paranormalen Fähigkeiten (die jeder Mensch besitzt) sind eine Form der Wahrnehmung. Es ist ja auch sinnlos, wenn Psychologen sich mit der Wahrnehmung über die Augen, oder die Ohren beschäftigen. Die Parapsychologie braucht Physiker, und/oder Mediziner. Keine Psychologen.

  4. @Maria Sand:

    Da liegen Sie ziemlich falsch.

    Gerade weil es „paranormale“ Fähigkeiten offenkundig nicht gibt, sondern die vermeintlichen Phänomene normalpsychologisch erklärbar sind, sind (Wahrnehmungs-)Psychologen die ersten Ansprechpartner dafür.

    Beschäftigen Sie sich gerne mal mit den Experimenten, die Chris French gemacht hat, oder auch:

    https://www.gwup.org/inhalte/63-themen/parapsychologie/999-von-schafen-und-ziegen

  5. ebenfalls @Maria Sand:

    Bernd Harder hat völlig recht.

    Warum das so ist, ist Gegenstand eines wirklich erhellenden Buchs: „Paranormality“ von Richard Wiseman (gibt’s wahrscheinlich auch in einer deutschsprachigen Ausgabe).

  6. Sehr zu empfehlen:

    Der Glaube an Psi – Die Psychologie der paranormalen Überzeugungen

    Andreas Hergovich (Autor), Hogrefe (Verlag), 2. Auflage | erschienen am 23. Januar 2017 | 290 Seiten

    übrigens auch Psychologe

    https://www.schweitzer-online.de/ebook/Hergovich/Glaube-Psi/9783456941905/A40327714/

  7. Ob jemand an „Paraphänomene“ glaubt oder nicht, hängt stark davon ab, was man unter einem Paraphänomen versteht. Ich persönlich stufe das hier durchaus als Paraphänomen ein und bin davon überzeugt, dass es nicht auf Tricks oder Täuschung beruht:

    https://www.youtube.com/watch?v=uwRj4-CdpcA

    https://en.wikipedia.org/wiki/Mirin_Dajo

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