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Von Demeter bis Waldorfschule: Skeptics in the Pub online aus Wien – jetzt anmelden

| 10 Kommentare

Am Mittwoch (18. November) findet Skeptics in the Pub Wien erstmals online statt – jeder kann überall teilnehmen.

Referent ist André Sebastiani.

Was haben Waldorfschulen und Demeter-Gemüse gemeinsam? Beides sind sogenannte Praxisfelder der Anthroposophie, der esoterischen Weltanschauung des österreichischen Publizisten, Vortragsredners und Gurus Rudolf Steiner (1861-1925).

Steiner behauptete, durch Hellsicht Einblicke in höhere, geistige Welten zu haben, die den herkömmlichen Sinnen verborgen bleiben. Neben den Waldorfschulen, dem Exportschlager der Anthroposophie mit weltweit über 1100 Einrichtungen, und der biologisch-dynamischen Landwirtschaft gibt es die anthroposophische Medizin, die die wissenschaftlich orientierte Medizin um die Erkenntnisse aus den höheren geistigen Welten erweitern will.

Es gibt anthroposophische Kliniken und Hochschulen, anthroposophische Drogeriemärkte, anthroposophische Hersteller von Naturkosmetik und sogar anthroposophische Banken. Die anthroposophischen Unternehmungen finden sich in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen.

Sie ist damit die wohl einflussreichste esoterische Strömung in Europa, und das obwohl oder gerade weil die esoterischen Hintergründe einer breiteren Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind.

In diesem Vortrag wird über die keineswegs immer harmlose anthroposophische Weltanschauung und ihr Menschenbild aufgeklärt.

Los geht’s um 19.30 Uhr. Hier ist der Anmelde-Link.

Zum Weiterlesen:

  • André Sebastiani im Welt-Video: „Waldorfschulen erziehen zum irrationalen Denken“, GWUP-Blog am 1. November 2020
  • Lehrerfortbildung à la Waldorf: Okkulte Anatomie und Mistelesoterik, GWUP-Blog am 5. September 2020
  • André Sebastiani: Anthroposophie. Eine kurze Kritik. Alibri 2019, 168 Seiten, 10 €
  • Hoaxilla/WildMics Special #17 – „Kackhörnchen – Bullshit im Boden“ vom 12. August 2020
  • Das Goldene Brett 2018 fürs Lebenswerk: Demeter
  • Quengelzone“: Esoterisches im Supermarkt und beim Friseur, GWUP-Blog am 22. September 2019

10 Kommentare

  1. Dr. Hartmut Berger
    Webinar: „Von Demeter bis Waldorfschule: Eine kritische Betrachtung der Anthroposophie“
    18.11.2020

    Vorweg: Als Naturwissenschaftler ist mir natürlich völlig klar, wie abwegig wissenschaftlich Steiner’s Anthroposophie ist. Die akribische Definition seiner Weltanschauung im Webseminar war für mich trotzdem durchaus eine fundierte Weiterbildung. Aber ich war trotzdem enttäuscht über die etwas einseitig gerichtete Betrachtung.

    Ich habe vor einigen Jahren einmal einen jungen Mann in seinem sozialen Jahr in einer schottischen Camphill-Einrichtung (von denen es über 100 auf der Welt geben soll!) für einige Tage besucht und dort, zum Beispiel, auch gefrühstückt in der gemeinsamen Runde von vor allem geistig behinderten Kindern und ihren Betreuern, einer internationalen „Mannschaft“ aus Freiwilligen. Ich empfand, dass dort eine sehr liebevolle und auf möglichst Selbstständigkeit orientierte Betreuung statt fand.

    Erst hinterher wurde mir richtig bewußt, dass Camphill eine Bewegung auf der Grundlage der Anthroposophie ist, die davon ausgeht, dass alle Menschen, mit und ohne Behinderung, gleichwertig sind und ein Recht auf ein erfülltes Leben haben.

    Irre ich mich hier in meiner Einschätzung von Camphill? Denn auf einen solchen eventl. positiven Einfluss der Steinerschen Lehre wurde leider im Seminar überhaupt nicht eingegangen.

  2. @Dr. Berger:

    Danke, ich gebe Ihren Kommentar gerne weiter.

    Ich denke aber, bei einer explizit „kritischen“ Betrachtung der Anthroposophie ist keine ausgewogene „Pro und Contra“-Darstellung zu erwarten.

    Die (vermeintlichen oder auch tatsächlichen) Vorzüge der Anthroposophie werden m.E. permanent und in fast allen Medien überbetont.

    die davon ausgeht, dass alle Menschen, mit und ohne Behinderung, gleichwertig sind und ein Recht auf ein erfülltes Leben haben.

    Das ist aber eigentlich allgemeiner Konsens und keine Besonderheit der Anthroposophie.

  3. @Dr. Hartmut Berger:

    Camphill wurde gegründet, um „seelenpflege-bedürftige“ zu betreuen. Diesen Begriff hat der Anthroposophie-Gründer Rudolf Steiner jedoch selbst nie benutzt – Anthroposophen haben ihn postum erfunden, um Steiners Bezeichnungen wie „Trottel-Inkarnationen“, oder „minderwertige Kinder“ für Menschen mit Behinderungen zu vermeiden.

    In der Anthroposophie gelten Krankheiten und besonders Behinderungen als Strafe für Vergehen im vorherigen Leben.

    Laut der führenden anthroposophischen „Medizinerin“ Michaela Glöckler geht die Ursache bis in die vierte vorherige Reinkarnation zurück. Als ein Grund für geistige Behinderungen wird oft das „Lügen“ im Vorleben genannt.

    Zur Reinigung des Karmas ist eine solchermaßen selbst verschuldete und durch die Wiedergeburt in einen kranken Körper auch bewusst gewählte Behinderung tapfer zu durchleben.

    Die Sicht der Anthroposophie auf Behinderungen ist menschenverachtend.

  4. @Bernd Harder: Ich habe den Vortrag zwar nicht angesehen, aber doch: Kritik im skeptischen Sinn heißt für mich nicht nur eine Negativdarstellung, nur weil etwas in den Medien zu positiv dargestellt wird. Eine kritische oder skeptische Sichtweise soll aus meiner Sicht ausgewogen und nicht einseitig sein, sonst würde man nichts anderes tun, was Skeptiker Ideologen vorwerfen würde.

    Und es mag sein, dass die Sichtweise auf Behinderte Konsens ist, aber die Praxis kann ganz anders aussehen. Und wenn die Praxis in einer Camphill-Einrichtung anscheinend einen guten Eindruck macht, dann muss man das, wenn man keine anderen Gegenargumente hat, vielleicht einfach akzeptieren anstatt einzuwenden, dass das doch irgendwie normal oder kein Alleinstellungsmerkmal sei.

    @AnthroBlogger: Es mag sein, dass die Anthroposophie nach Rudolf Steiner eine sehr veraltete, wenn nicht streng genommen gar menschenverachtende, Sicht auf viele Themen hat. Das bedeutet nicht notwendigerweise etwas für die Praxis. Sind Anthroposophie-Einrichtungen bekannt dafür überdurchschnittlich viele Menschenfeinde hervorzubringen?

    Liebe Grüße
    Karl Kloos

  5. @Klar Kloss:

    Eine kritische oder skeptische Sichtweise soll aus meiner Sicht ausgewogen und nicht einseitig sein.

    „Ausgewogenheit“ hilft bei eindeutig geklärten Sachverhalten nicht weiter:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgewogenheit#Falsche_Ausgewogenheit

  6. „Sind Anthroposophie-Einrichtungen bekannt dafür überdurchschnittlich viele Menschenfeinde hervorzubringen?“

    Sie sind dafür notorisch, dass sie Typen prägen denen ihre schreiende Inhumanität nicht mehr einsichtig ist. Vergleichen Sie mal die Position anthroposophischer Ärzte zur Frage der Masern-Schutzimpfung und warum man die Kinder diese Viecherei einer Wildvirusinfektion besser „durchmachen lassen sollte.

  7. @Bernd Harder: Ich habe auch nicht von falscher Ausgewogenheit geschrieben, sondern von Ausgewogenheit. Das kann schon bedeuten, dass am Ende die negativen Argumente überwiegen. Die Kritik sollte sich am Ende aber dann trotzdem an der Realität messen lassen, sonst ist sie einseitig und irreführend.

    Ich halte weder viel von der Anthroprosophie noch von Rudolf Steiner, aber wenn Leute den wissenschaftlichen Skeptizismus missbrauchen, um einseitige oder tendenziöse Bilder zu vermitteln, dann habe ich dafür kein Verständnis.

    @klauszwingenberger: Das beantwortet meine Frage nicht. Schließlich wird es wohl eine ganze Menge von Anthroposophie-Anhänger oder Waldorfschulen-Abgänger geben, die keine Ärzte werden und sonst ein normales Leben führen. Die Vorgehensweise der Kritik erinnert mich an rechtspopulistischer Kritik gegenüber Ausländern. Man nimmt eine Stichprobe oder einen Teil, und glaubt dann über die Gesamtmenge eine generelle Aussage machen zu können.

  8. @Karl Kloos:

    Sorry, aber hier kommen wir halt nicht zusammen – belassen wir es doch dabei.

    Ein kritischer/skeptischer Vortrag informiert per se über die kritischen und „skeptisch“ zu sehenden Aspekte eines Themas, und zwar ohne zu versuchen, das irgendwie mit „pro“-Argumenten aufzuwiegen oder zu relativieren.

    Oder würden Sie ernsthaft von mir erwarten, bei einem Vortrag zum Thema „Verschwörungstheorien“ neben den Gefahren auch auf etwaige „positive“ Aspekte einzugehen (die ich auch nicht finden würde, es sei denn, Sie würden fordern, dass ich als Skeptiker gefälligst auch die positive Selbstwahrnehmung von Verschwörungsgläubigen wiederzugeben hätte)?

    „Pro“-Waldorf-Publikationen gibt es außerdem genügend – kritische Gegenstimmen jedoch kaum. Jede Minute, die man damit bei einem kritischen Vortrag vertun würde, wäre Zeitverschwendung. Oder waren Sie schon mal bei einer Einführungsveranstaltung einer Waldorf-Schule, bei der die Sprecher ausführlich die Kritik der Skeptiker vorgestellt hätten?

    Die Kritik sollte sich am Ende aber dann trotzdem an der Realität messen lassen

    Selbstverständlich – und genau deswegen ist sie eben nicht „einseitig und irreführend“, sondern korrekt und angemessen.

    Ich habe auch nicht von falscher Ausgewogenheit geschrieben, sondern von Ausgewogenheit.

    Und ich habe geschrieben, dass das bei eindeutig geklärten Themen weder möglich noch sinnvoll ist.

  9. Also, da ich die Diskussion hier losgetreten habe, will ich nur noch mal feststellen:

    Die Anthroposophie von Steiner ist eine Irrlehre, darin sind sich wohl alle hier einig. Wenn ich seinerzeit vorher gewusst hätte, dass der von mir oben erwähnte junge Mann sein soziales Jahr in einer „anthroposophischen“ Einrichtung verbringen würde, hätte ich ihm wohl abgeraten.

    Doch entpuppte sich die schottische Camphill-Einrichtung als eine Gemeinschaft, die sehr liebevoll und zweckmäßig mit den behinderten Jugendlichen arbeitete, entgegen der hier in der Diskussion erwähnten Einschätzung „Die Sicht der Anthroposophie auf Behinderungen ist menschenverachtend“.

    Davon, wie überhaupt von Anthroposophie und Steiner, war in der täglichen Arbeit dort nichts zu spüren, und der junge Mann kann heute noch seine dort gemachten Erfahrungen anwenden.

    Waldorf hin und her, mir ging es um Camphill und die Frage, ob ich vielleicht einen falschen Eindruck (aus 1 Einrichtung von 100 Einrichtungen) von Camphill habe – doch diese Frage kann mir offensichtlich niemand beantworten, wohl auch nicht der Referent des Seminares.

    Doch wenn mein Eindruck von Camphill nicht falsch war – wenn man noch dazu weiss, dass Camphill von jüdischen, humanistisch eingestellten Emigranten 1939 gegründet wurde – dann habe auch ich kein Verständnis dafür, „wissenschaftlichen Skeptizismus zu missbrauchen“, um eventl. positive Ergebnisse einer unwissenschaftlichen Irrlehre einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen.

    Gerade ein solcher Widerspruch zwischen Lehre („menschenverachtend“) und Wirklichkeit in einem kleinen, aber doch bemerkenswerten Teilbereich, wäre doch von Interesse für ein solches Seminar gewesen.

  10. @Hartmut Berger:

    um eventl. positive Ergebnisse einer unwissenschaftlichen Irrlehre einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen.

    Es geht aber m.E. nicht um die Frage, ob man das „zur Kenntnis nimmt“ – sondern ob das in einen skeptischen Vortrag mit einem bestimmten Fokus zwingend mit hinein gehört.

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